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Hauptsache Gesund
Hormone - Rettung oder Risiko?
Wiederholung der Sendung: Immer freitags um 10.45 Uhr
Hormone sind lebensnotwendig. Sie übermitteln Informationen an unsere Zellen und Organe, die
mit Hilfe dieser Botschaften ihre biologischen Prozesse optimieren. Deshalb werden Hormone auch
als Botenstoffe bezeichnet. Fehlt ein Hormon oder wird zuviel davon produziert, kann es zu
schweren Stoffwechselstörungen kommen. Ein Mangel des Hormons Insulin hat zum Beispiel die
gefährliche Zuckerkrankheit zur Folge.
Die Wechseljahre (Klimakterium)
Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern die Folge des natürlichen Alterungsprozesses. Die
Funktion der Eierstöcke, die Östrogen und Gestagen produzieren, erlöschen nach und nach. Der
Hormonspiegel sinkt langsam. Diese Veränderungen im Hormonhaushalt können verschiedene
Beschwerden auslösen: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Herzbeschwerden, Nervosität, Gelenkund Muskelbeschwerden gehören ebenso wie depressive Verstimmungen und Schlafstörungen zu
den typischen Wechseljahres-Symptomen.
Um diese Beschwerden zu lindern, verordnen viele Ärzte in den Wechseljahren Hormonpräparate.
Sie sollen die verringerte Produktion weiblicher Hormone ersetzen. Gleichzeitig haben diese
Hormone eine positive Auswirkung auf Herz-Kreislauferkrankungen und Osteoporose
(Knochenschwund).
Knochenschwund - Frauen in den Wechseljahren können davon besonders
betroffen sein.
Die US-amerikanische Studie der "Women' s Health Initiative" zur Hormonersatztherapie
Die Studie sollte in einem Zeitraum über mindestens acht Jahren die Auswirkungen einer Einnahme
von Hormonen in und nach den Wechseljahren erfassen. Dadurch sollten mögliche Risiken und
Nutzen einer Therapie besser abgeschätzt werden. Vor allem sollte die Wirkung von Hormonen auf
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Knochenschwund untersucht werden.
An der Studie waren etwa 16.608 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren beteiligt. Ein Teil von ihnen
erhielt ein Kombinationspräparat aus einem Östrogen und einem Gestagen, der andere Teil ein
Scheinpräparat (Placebo).
Nach fünf Jahren wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Nach einer durchschnittlichen
Beobachtungszeit von 5,2 Jahren waren in der Hormongruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe
deutlich mehr Brustkrebsfälle, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Lungenembolien oder Thrombosen
aufgetreten. Der erhoffte Schutz vor Herz-Kreislauf-Krankheiten konnte nicht bewiesen werden.
Stattdessen erhöhen sie offenbar das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken und einen Herzinfarkt und
Schlaganfall zu erleiden. Die Probandinnen erhielten deshalb den Rat, die Hormone sofort
abzusetzen.
Auf der anderen Seite traten bei den behandelten Frauen weniger Knochenbrüche durch
Osteoporose auf – ein bekannter positiver Effekt der Hormone. Die Frage ist, ob diese Vorteile
durch das erhöhte Krebsrisiko teuer erkauft werden.
Häufiger Brustkrebs durch Hormontherapie?
Kritik an der Studie
Deutsche Mediziner kommentieren den Abbruch der amerikanischen Studie zurückhaltend. Wie die
ernüchternden Ergebnisse der Studie zu werten sind, darüber wird in der Fachwelt kontrovers
diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Ergebnisse auf Europa und Deutschland
übertragbar sind.
Vor allem der Aufbau der Studie wird in diesem Zusammenhang kritisiert. Denn es wurden
undifferenziert Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren die gleiche Menge an Hormonen verabreicht,
ob sie diese benötigten oder nicht. In Europa dagegen bekommen nur Frauen eine
Hormonersatztherapie, wenn sie diese etwa wegen Wechselbeschwerden auch benötigen. Die
verabreichte Hormonkombination ist zudem in Deutschland wenig gebräuchlich.
Außerdem waren die untersuchten Amerikanerinnen durchschnittlich älter als deutsche Frauen, die
mit Hormonen behandelt werden.
Dagegen sehen die eher kritischen Fachleute Konsequenzen auch für Deutschland. Nach ihrer
Meinung sind Hormonpräparate nur noch bei ausgeprägten Wechseljahresbeschwerden und für
einen überschaubaren Zeitraum vertretbar.
Um sämtliche Aspekte klären zu können, besteht sicherlich weiterer Forschungsbedarf. Die
Diskussion darüber ist noch nicht abgeschlossenen.
Vor einer Hormontherapie: ausführlich mit dem Arzt reden!
Nutzen und Risiken einer Hormonersatztherapie individuell abschätzen
Nicht alle Frauen müssen wegen starker Wechseljahrsbeschwerden Hormonpräparate einnehmen.
Nutzen und Risiken einer solchen Behandlung müssen im Einzelfall sorgfältig gegeneinander
abgewogen werden. Deshalb ist es wichtig, dass eine Hormonersatztherapie immer von den
individuellen Beschwerden ausgeht und nicht wahllos als vorbeugende Therapie eingesetzt wird. Ob
eine Hormonbehandlung notwendig ist, sollte die betroffene Frau mit ihrem Arzt besprechen und
sich aufgrund ihrer persönlichen Situation individuell entscheiden.
Dosierung und Einnahmedauer der Mittel sollten dabei möglichst niedrig gehalten werden.
Bei bestimmten Krankheiten darf keine Hormonbehandlung erfolgen. Zu ihnen gehören Brustkrebs,
Krankheiten oder Geschwülste, die durch Sexualhormone ungünstig beeinflusst werden,
Lebererkrankungen, bestehende Thrombosen oder Embolien in Venen und Arterien (Herzinfarkt,
Schlaganfall, Lungenembolie), schwere Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus mit bereits
entwickelten Gefäßschäden und nicht abgeklärte Blutungen aus der Scheide.
Außerdem muss vor der Behandlung eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.