Wie verändern sich die realen Pro-Kopf-Einkommen? Tiefe Liberalisierung Abschließend werfen wir einen Blick auf die Effekte einer tief greifenden Liberalisierung zwischen der EU und den USA. Die dadurch ausgelösten Handelsschaffungseffekte sind, wie schon am Beispiel EU27 beschrieben, um Größenordnungen stärker als bei einer reinen Eliminierung der Zölle. Damit fallen zwangsläufig auch die Handelsumlenkungseffekte stärker aus. Die Länder, die außen vor bleiben, verlieren der Tendenz nach noch deutlicher. Allerdings ist klar, dass durch die stärkere Belebung der transatlantischen Wirtschaft auch die Nachfrageeffekte für die Drittstaaten prononcierter ausfallen können. Abbildung 8 zeigt die errechneten Effekte. Wie in den bereits besprochenen Simulationen handelt es sich immer um Ceteris-paribus-Effekte, das heißt, um allein auf das transatlantische Abkommen zurückzuführende Effekte. Im Fall nicht tarifärer Barrieren ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass viele Länder, vor allem die traditionellen Handelspartner der EU und der USA, Standards und Regulierungen übernehmen. Es ist unter Umständen sogar realistisch, dass Länder, die mit der EU oder den USA bereits Freihandelsabkommen unterhalten, indirekt bei den Verhandlungen zwischen der EU und den USA mit am Tisch sitzen und ihre Belange berücksichtigt werden. Dies geht nicht in die Berechnungen ein. Negative Wohlfahrtseffekte könnten daher übertrieben dargestellt sein. Sie geben aber eine Tendenz klar wider – und sie zeigen Handlungsbedarf auf. Es zeigt sich mehr noch als im Zollszenario, dass die traditionellen Handelspartner Europas und der USA durch das Abkommen Schaden erleiden. Die Verluste Kanadas, Mexikos, Japans, Australiens, von Chile oder Norwegen sind nun beträchtlich. Diese Länder haben hohe Anreize, den Abbau nicht tarifärer Barrieren zwischen der EU und den USA nachzuvollziehen, beziehungsweise die teilweise bestehenden bilateralen Abkommen mit USA und EU nachzubessern oder solche zu schließen. Vieles deutet darauf hin, dass genau solche Bemühungen nun in Gang kommen. Für die Welt insgesamt bedeutet die tiefe Liberalisierung zwischen EU und USA einen Anstieg des durchschnittlichen realen Einkommens um 3,27 Prozent. Damit liegt genug Geld auf dem Tisch, um die Verlierer zu kompensieren. Man kann hoffen, dass das Abkommen die Bereitwilligkeit von Entwicklungs- und Schwellenländern, Kompromisse in der Doha-Entwicklungsrunde zu schließen, steigert. Gleichzeitig sollten auch die Industriestaaten zu Kompromissen bereit sein, weil eine deutliche Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der EU die Ressourcen dafür bereitstellt. 29
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