Letzte Zeit hat mich viel Zeit und Kraft gekostet

Interview mit Pfarrer Joachim Haas
„Letzte Zeit hat mich viel Zeit und Kraft gekostet“
Pfarrer Joachim Haas zieht Ende Juni nach Erbach nahe Ulm – Kirchenrenovierung läuft weiter wie bisher
Kressbronn - Nach fünfeinhalb Jahren verlässt Pfarrer Joachim Haas Kressbronn und zieht Ende Juni nach Erbach nahe Ulm. SZ-Redakteurin
Britta Baier hat sich mit dem Geistlichen über seine Zeit in der Seelsorgeeinheit Seegemeinden unterhalten und nachgefragt, ob die kritische
Auseinandersetzung mit der Kirchenrenovierung in Kressbronn der Grund für seinen Wegzug ist.
SZ: Sitzen Sie schon auf gepackten Kisten, Herr Pfarrer Haas?
Joachim Haas: Ja, es sieht schlimm aus (lacht). Etwa die Hälfte ist in Kisten verstaut, der Rest ist in den nächsten Tagen dran. Am 18. Juni
rollt dann der Umzugswagen vor.
Was zieht Sie nach Erbach?
Bevor ich nach Kressbronn gekommen bin, war ich zehn Jahre lang Pfarrer in einem Teilort von Ulm. Von daher habe ich aus dieser Zeit
Bekannte dort und kenne die Gegend sehr gut. Außerdem leben meine drei Geschwister im Großraum Ulm. Ich habe mir die Entscheidung
nicht leicht gemacht und lange darüber nachgedacht. Doch gute freie Stellen sind selten – und hier haben mich die geschilderten Umstände
gereizt, mich zu bewerben.
Die vergangenen Monate waren nicht die ruhigsten in ihrer Kressbronner Amtszeit - die geplante Altarversetzung in der Kirche Maria
Hilfe der Christen hat im Rahmen der Kirchensanierung für viele kritische Stimmen gesorgt. Ein Grund für Sie, sich neu zu
orientieren?
Die Leute vermuten das teilweise auch. Natürlich war diese letzte Zeit aufregend und hat mich viel Zeit und vor allem Kraft gekostet. Aber die
Kritik hat sich nicht gegen mich gerichtet, sondern immer auf den Umbau hin. Inzwischen hat sich die Situation zwar beruhigt, aber nicht richtig.
Durch die Ankündigung meines Weggangs ist alles noch einmal hochgekocht, weil einige verunsichert sind, wie es nun weitergeht.
Und wie geht es weiter mit der Kirchensanierung?
Die Renovierung ist nicht an mich als Person geknüpft, das heißt, sie wird wie geplant weiterlaufen und auch ohne mich stattfinden. Natürlich
ist das jetzt ein unglücklicher Zeitpunkt zu gehen, aber es ist immer irgendwie ungünstig. Es gibt nicht „diesen“ richtigen Zeitpunkt. Aber es
war mir wichtig, dass diese große Entscheidung zur Kirchenrenovierung noch während meiner Amtszeit gefällt wurde – jetzt kann ich ein
bisschen leichter Abschied nehmen.
Wie sieht die Situation für Kressbronn aus – ist schon ein Nachfolger in Sicht?
Es gibt einen Interessenten, aber das muss man abwarten. Für eine Prognose ist es noch zu früh – die Bewerbungsfrist geht ja noch bis Mitte
Juni. Außerdem möchten Interessenten sich gerne ein Bild vor Ort machen – - und das ist noch nicht geschehen.
Was werden Sie vermissen? Was haben Sie während ihrer Zeit in Kressbronn besonders geschätzt?
Was ich wirklich schätze, ist das Engagement der Ehrenamtlichen. Ich konnte mich immer auf sie verlassen, das war eine sehr gute
Zusammenarbeit – nicht nur mit den Kirchengemeinderäten. Gerade bei dieser besonderen Struktur der Seelsorgeeinheit Seegemeinden, bei
der man in sechs verschiedenen Kirchengemeinden (Eriskirch, Mariabrunn, Langenargen, Oberdorf, Kressbronn und Gattnau, Anm. der Red.)
sein muss, tut diese Entlastung gut.
Die Betreuung der Seegemeinden haben Sie sich mit ihrem Kollegen, Pfarrer Ulrich Steck, geteilt. Waren Sie ein gutes Team?
Die Zusammenarbeit mit Pfarrer Steck war in Ordnung. Wir haben von Anfang an geschaut, dass beide Pfarrer für alle Gemeinden
gleichermaßen zuständig waren. In Kressbronn gab es dafür anfangs Kritik, weil hier Pfarrer Sigbert Baumann viele Jahre lang jeden Sonntag
den Gottesdienst geleitet hat. Als Ulrich Steck und ich anfingen, haben wir die Gottesdienste im Wechsel abgehalten, damit eben jeder in jeder
Gemeinde Gottesdienste gestaltete. Doch durch dieses „mal hier, mal dort“ brauchte es für alle Beteiligten ein bisschen länger, sich daran zu
gewöhnen – auch für uns Pfarrer zum Einleben.
Gab es einen besonders bewegenden Moment in ihrer Amtszeit?
Es gab viele schöne Feste und Gottesdienste – auch Familiengottesdienste mit den Halleluja-Singers, die mir immer viel Freude bereitet
haben. Ein besonderer Moment war sicherlich die Einweihung der Festhalle. Ich habe es von der Gemeinde schön gefunden, dass die Kirchen
hier miteinbezogen wurden – zum einen beim offiziellen Festakt wie auch mit einem ökumenischen Gottesdienst. Gerne hätte ich noch die
Einweihung der Aussegnungshalle miterlebt, denn auch hier sind wir im Vorfeld mit einbezogen worden.