2/2015 Corporate Law Newsletter Neueste Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Corporate Law Brennpunkt Legal Compliance Ecke 4Kapitalschutz bei Entnahmen aus dem Vermögen einer GmbH & Co. KG 6Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zur Abwendung kartellrechtlicher Geldbußen 28 Haftung des Geschäftsleiters für „Compliance-Schäden“ der Gesellschaft 30 Neuer Straftatbestand: Bestechung im Gesundheitswesen 8Unternehmerische Entscheidungen der Geschäftsführung und die fehlerfreie Ausübung des Ermessensspielraumes Aktuelle Meldungen 10 Umsetzung der geänderten EU-Transparenzrichtlinie 12 Gendergesetz: Deutschland greift EU-Regelungen vor 14 Wettbewerbsverbot bei Austritt eines Gesellschafters aus einer GmbH 32 Unklarer Gesellschafterbeschluss zur Befreiung von § 181 BGB nicht eintragungsfähig 32 Gesetzgeber plant Änderung des Insolvenzanfechtungsrecht 33 Nachtrag 16 Verbandsklagerecht für Datenschutzverstöße Rechtsprechung aktuell 35 Ansprechpartner 18 Auflösungsbeschluss: Keine generelle Zustimmungspflicht der GmbH-Gesellschafter 20 Zeitpunkt des Zuflusses von Ausschüttungen an GmbH-Gesellschafter 22Abberufung eines Vorstandsmitglieds nur bei Unzumutbarkeit des weiteren Verbleibs 24Haftung des Herstellers für potenzielle Produktfehler 26 Anforderungen an den Zustimmungsbeschluss des Aufsichtsrats Corporate Law Newsletter 2/2015 | 3 Brennpunkt Gendergesetz: Deutschland greift EU-Regelungen vor Nach anfänglichem Zögern ist in Deutschland im Eiltempo eine Geschlechterquote von 30 Prozent für große börsen notierte Unternehmen verabschiedet worden. Ein erweiterter Adressatenkreis wird dazu verpflichtet, Zielgrößen für den Frauenanteil in Vorstand, Aufsichtsrat und den obersten Führungsebenen festzulegen. Die Neuerungen im Überblick Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren für das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Regelung für Aufsichtsrat Vorstand Oberste Führungsebenen unterhalb des Vorstands 12 | Corporate Law Newsletter 2/2015 Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (Bundestagsdrucksachen 18/3784 und 18/4227) hat mit dem Verzicht des Bundesrates auf Einberufung eines Vermittlungsausschusses am 27.03.2015 seinen formalen Abschluss gefunden. Während viele privatwirtschaftliche Unternehmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Selbstverpflichtung betroffen sind (ca. 3.500 Unternehmen), findet die gesetzlich festgelegte „Aufsichtsratsquote“ nur für einen kleinen Kreis an Unternehmen Anwendung (108 Unternehmen). Für den öffentlichen Dienst des Bundes sind im Wesentlichen äquivalente Bestimmungen etabliert worden. Börsennotierung und paritätische Mitbestimmung Börsennotierung oder Mitbestimmung Gesetzliche Genderquote von mindestens 30 Prozent Selbstbestimmte Zielgröße (eigene Festlegung) Selbstbestimmte Zielgröße (Festlegung durch Aufsichtsrat) Selbstbestimmte Zielgröße (Festlegung durch Vorstand) Die Quotenregelung § 96 Abs. 2 AktG n.F. schreibt vor, dass sich der Aufsichtsrat börsennotierter Unternehmen, für welche das Mitbestimmungs gesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und Männern zusammenzusetzen hat. Grundsätzlich ist diese Quote durch den Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen. Bei einem Widerspruch von Seiten der Anteilseigner oder der Arbeitnehmerseite gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden ist die Quote jeweils von beiden Bänken gesondert einzuhalten. Bei der Berechnung der konkreten Mindestanzahl von Frauen bzw. Männern ist mathematisch auf- oder abzurunden. Die Quote ist bei jeder Wahl oder Entsendung ab dem 01.01.2016 zu berücksichtigen. Sofern die neu zu besetzenden Positionen für die Erreichung der Quote nicht ausreichen, sind alle zukünftigen Vakanzen sukzessive zwingend genderbezogen zu besetzen. Alle bereits vor dem 01.01.2016 besetzten Mandate können bis zu ihrem regulären Ende wahrgenommen werden. Bei Nichterfüllung der Quote ist die quotenwidrige Wahl oder Entsendung nichtig und die Aufsichtsratssitze bleiben rechtlich un besetzt (sog. „leerer Stuhl“). Gemäß § 108 Abs. 2 AktG bleibt der Aufsichtsrat aber beschlussfähig. Zukünftig ist nach § 289a Abs. 2 Nr. 5 HGB n.F. in der Erklärung zur Unternehmensführung anzugeben, ob die Quote im Bezugszeitraum eingehalten wurde. Diese Pflicht besteht für Lageberichte, die sich auf Geschäftsjahre mit einem nach dem 31.12.2015 liegenden Bilanzstichtag beziehen. Bei Nichterreichen der Quote sind die Gründe offenzulegen. Die Verpflichtung zur Selbstverpflichtung Börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen – dies erweitert den Kreis der Adressaten um jene Unternehmen, die dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegen – haben nach § 76 Abs. 4 AktG sowie § 111 Abs. 5 AktG n.F. für den Aufsichtsrat, den Vorstand und die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands verbindliche Zielvorgaben für den Frauenanteil festzu legen. Dem Vorstand obliegt die Festlegung der Zielgrößen für die Führungsebenen. Der Aufsichtsrat definiert seine eigene Zielgröße (sofern nicht quotiert) und die Zielgröße für den Vorstand. Liegt der aktuelle Frauenteil unterhalb von 30 Prozent, so bildet der Status quo die Mindestzielgröße (Verschlechterungsverbot). Konkretere Vorgaben zur Höhe der Zielgrößen bestehen nicht, womit grundsätzlich auch eine Quote von 0 Prozent möglich ist. Diese Regelung gilt für die erstmalige wie für zukünftige Fest setzungen. Erstere hat bis 30.09.2015 zu erfolgen und muss mit einer Frist bis spätestens 30.06.2017 versehen werden. Danach haben die Gesellschaften ihre Zielgrößen mindestens alle fünf Jahre zu aktualisieren. Die betroffenen Unternehmen haben über die festgelegten Zielgrößen, die zugehörigen Fristen und deren Einhaltung in der Erklärung zur Unternehmensführung zu berichten. Im Falle des Nichterreichens hat der Vorstand nachvollziehbar darzulegen, warum die ergriffenen Maßnahmen nicht zum Erfolg geführt haben. Die Offenlegungspflicht besteht für alle Lageberichte, welche zu einem Bilanzstichtag nach dem 30.09.2015 zu erstellen sind. Das Gendergesetz sieht keine speziellen Sanktionen in Bezug auf die selbst zu definierenden Zielgrößen vor. Konsequenzen für die Praxis – Ausblick Für den gesamten Anwenderkreis sind für die Besetzung der Unternehmensorgane sowie der obersten Führungsebenen durch die (Flexi-)Quote erstmalig konkrete Gendervorgaben sowie neue Berichtspflichten zu beachten. Die neuen Bestimmungen gehen für einen Teil der von der Neuregelung betroffenen Unternehmen deutlich über die bislang anzuwendenden (weichen) Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) hinaus. Da mithin konkretere gesetzliche Verpflichtungen entstanden sind, ist davon aus zugehen, dass der DCGK noch vor Inkrafttreten der neuen Offenlegungspflicht an die Gesetzeslage angepasst werden wird. Doch auch weiterhin wird Gender Diversity weit oben auf der politischen Agenda verbeiben. So darf das Schicksal des europäischen Anlaufs mit Spannung abgewartet werden, welcher den Mindestanteil des unterrepräsentierten Geschlechts im Aufsichtsrat für große börsennotierte Unternehmen bis 2020 auf 40 Prozent steigern könnte. Interessant ist auch die nationale Umsetzung der EU-Berichterstattungspflichten zu nichtfinanziellen Informationen, die ggf. weitere genderbezogene Anforderungen hervorbringen könnte. Autor Daniela Mattheus Corporate Governance Board Services | Assurance Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft | Berlin Telefon +49 30 25471 19736 [email protected] Corporate Law Newsletter 2/2015 | 13 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young G lobal Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Man danten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2015 Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft All Rights Reserved. BKR 1505-379 ED None Bildquellen: Corbis, iStockphoto Ernst & Young Law GmbH Die Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerbe ratungsgesellschaft (EY Law) berät als Full Service-Kanzlei in allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Interdisziplinäres Arbeiten ist aufgrund der Zugehörigkeit zur EY-Gruppe eine Selbstverständlichkeit. Sie arbeitet eng mit anderen Spezialisten aus den Bereichen Corporate Finance, Steuerberatung, Transaction Services und Wirtschaftsprüfung zusammen. Durch die Präsenz an elf deutschen Standorten gewährleistet sie Mandantennähe, denn kurze und direkte Wege können für eine zeitnahe und effiziente Umsetzung von Projekten entscheidend sein. In Deutschland finden Sie sie daher in allen großen Ballungsräumen, um Sie bei Bedarf schnell und unkompliziert unterstützen zu können. Zugleich steht den Mandanten für jedes konkrete Mandat das spezialisierte Knowhow der entsprechenden Praxisgruppen standortübergreifend zur Ver fügung. Bei grenzüberschreitenden Transaktionen und Fragestellungen arbeiten wir mit über 1400 Professionals in 61 Jurisdiktionen weltweit zusammen. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Voll ständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publi kation nicht den besonderen U mständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verant wortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesell schaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. www.de.ey.com
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