"Wir sollten unsere Freude und unseren Stolz darüber zeigen, dass

"Wir sollten unsere Freude und unseren Stolz darüber zeigen, dass wir leben können, wie wir
wollen", sagt Margot Käßmann. (Foto: picture alliance / dpa)
Sonntag, 27. März 2016
EKD-Botschafterin warnt vor Gewalt
Käßmann: "Terroristen mit Liebe begegnen"
Die Bilder der Attentate von Brüssel sind noch schmerzhaft präsent - dennoch sollten die Menschen
nach Ansicht der früheren EKD-Ratspräsidentin Margot Käßmann an Ostern nicht nur für die Opfer
beten, sondern auch für die Terroristen.
Die frühere EKD-Ratspräsidentin Margot Käßmann hat davor gewarnt, auf die Bedrohung durch
Terroristen mit Gewalt zu reagieren. "Jesus hat eine Herausforderung hinterlassen: Liebet eure
Feinde! Betet für die, die euch verfolgen! Er hat sich nicht verführen lassen, auf Gewalt mit
Gewalt zu antworten", sagte Käßmann der "Bild am Sonntag". Für Menschen, die meinten, "im
Namen Gottes töten" zu dürfen, sei das "die größte Provokation". "Wir sollten versuchen, den
Terroristen mit Beten und Liebe" zu begegnen, so die Pfarrerin weiter.
Die Nusra-Front, ebenfalls ein Ableger von Al-Qaida im Irak, ist zu dieser Zeit bereits im Krieg
gegen Syriens Regierungstruppen aktiv. Al-Bagdadi erklärt kurz nach Ankunft in Syrien, die NusraFront sei ein Bestandteil seiner Organisation, die er fortan unter dem Namen "Islamischer Staat im
Irak und Großsyrien" (ISIS) führt. Die Nusra-Führungsebene lehnt die Fusion jedoch ab. In der
Folge werden die beiden Gruppen Kontrahenten. Auch die anderen Rebellengruppen entwickeln
sich zu Gegnern der radikalen ISIS. Der brutale Vormarsch der Terroristen der Organisation
Islamischer Staat (IS) im Grenzland zwischen Syrien und dem Irak schockiert in den vergangenen
Monaten die Welt. Durch die Rekrutierung von ehemaligen Anhängern von Saddams Baath-Partei
und anderer kampfbereiter Sunniten gelingt der ISIS ein rascher Vormarsch im Nordirak. Zudem
sind die Regierungstruppen Bagdads durch die jahrelange politische Krise zermürbt und
demoralisiert und überlassen den Terroristen oft kampflos das Feld. Die Vorgabe von Al-Kaida-Chef
az-Zawahiri, nach welcher die Nusra-Front ihre Aktionen auf Syrien und die ISIS auf den Irak
beschränken sollen, lehnt al-Bagdadi ab. Für ihn ist diese Strategie eine indirekte Legitimierung der
"Sykes-Picot-Linie", also der Grenze, die die Bastzungsmächte Großbritannien und Frankreich
1916 nach dem Sieg über das Osmanische Reich in die Karte des Nahen Ostens zogen und so die
Staaten Syrien und Irak erst kreierten. Von Al-Kaida zum Kalifat Der blutige Aufstieg des
"Islamischen Staats"
Die terroristischen Anschläge der vergangenen Monate seien zwar eine "Kampfansage gegen unsere
Freiheit", dennoch meint Käßmann darin auch den Ausdruck von Angst erkannt zu haben. "Ich
würde den Terroristen gerne antworten: Ihr seid die Angstbestimmten! Ihr habt Angst vor unserer
Freiheit - der Freiheit der Frauen, der Homosexuellen oder der Freiheit der liberalen Gesellschaft."
Die Herausforderung sei nun, dem Hass nicht mit Hass zu begegnen. "Als Christin bin ich fest
davon überzeugt, dass, wer den Kreislauf der Gewalt durchbricht, am Ende der Mächtigere ist", so
die Theologin weiter.
Gleichzeitig mahnte Käßmann, die anhaltende Bedrohung durch den Terrorismus dürfe nicht dazu
führen, dass die Freiheiten der Bürger eingeschränkt würden. "Ja, der Staat muss seine Bürger
schützen", sagte sie. Aber er müsse dabei auch die richtige Balance finden. Wichtig sei, sich nicht
einschüchtern zu lassen. "Wir sollten unsere Freude und unseren Stolz darüber zeigen, dass wir
leben können, wie wir wollen. Damit zeigen wir den Terroristen: Wir lassen uns unsere Freiheit
nicht nehmen."
Islamisierung Deutschlands ist "Unsinn"
Bereits in einem früheren Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" hatte die
Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche Ängste vor einer Islamisierung Deutschlands
als Unsinn bezeichnet. Zwei Drittel der Deutschen seien Mitglied einer Kirche, im Land lebten vier
Millionen Muslime, von denen viele säkularisiert seien. "Es gibt auch Extremisten, aber auf allen
Seiten: Die einen werfen Brandsätze auf Flüchtlingswohnheime, andere lassen sich von Salafisten
anwerben", sagte Käßmann im Dezember.
Mit Blick auf die Bewältigung des Flüchtlingszustroms nach Deutschland fügte sie hinzu: "Die
Kraft ist sicher endlich, aber das Engagement muss es nicht sein." Sie wolle die Belastung nicht
kleinreden, teilweise würden aber Befürchtungen geschürt, die sich nicht mit der Erfahrung
deckten.
Quelle: n-tv.de , jug/dpa