Handout Dr. med. Jan Gysi «Traumatischer Stress in Organisationen

22.10.2015
Traumatischer Stress in Organisationen –
Diagnose und Behandlung
Jan Gysi
Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, Bern
1. Chronischer Stress
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2. «Man kann eine volle Tasse
nicht füllen»
Zen Sprichwort
Sekundäre Traumatisierung
Mitgefühlserschöpfung
Co-Traumatisierung
Helfer-Burnout
Stellvertretende Traumatisierung
3. Traumatischer Stress in
Organisationen
Grundannahmen:
a) Organisationen funktionieren in mancher
Hinsicht wie Organismen.
b) Organisationen können wie Menschen
traumatischen Stress erleiden (mit Hyperarousal,
Kampf, Flucht, Unterwerfung).
c) Die Behandlung von traumatischem Stress in
Organisationen beinhaltet ähnliche Elemente
wie diejenige bei traumatisierten Menschen.
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Hypervigilanz
 Angst davor, Fehler zu machen (auch Angst vor
juristischen Folgen)
 Misstrauen, Angst vor Patienten, erhöhte Wachsamkeit
 Rückzug vor Patienten
 Misstrauen, Angst vor Angehörigen, Behörden,
Zuweisern, etc.  Distanz
Hypervigilanz
 Angst vor dem eigenen Versagen und der eigenen
Ohnmacht und Hilflosigkeit
„Ein Supervisor sagt dazu: Therapeuten müssen
auch hinnehmen, dass sie scheitern, dass sie nichts
ausrichten können, (…). Viele Helfer können die
Tragik, die in dem Schicksal des Patienten liegt,
nicht akzeptieren, sie haben keinen Sinn für die
Tragik der menschlichen Existenz überhaupt und
können damit nicht umgehen. Sie sind so naiv
liebenswürdig, (…). Sie leben in der Illusion, man
könne eine heile Welt schaffen für die Patienten“
Christian Pross: «Verletzte Helfer»
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Hypervigilanz
 Chronischer Stress beim Personal
 Psychosomatische Krankheiten (Rückenschmerzen,
Schulterschmerzen, Kopfschmerzen, chronische
Müdigkeit, Schlafstörungen, etc.), Bluthochdruck, etc.
 Mehr Arbeitsausfälle  Mehr Stress für
verbleibendes Personal
Flucht
 Flucht in administrative Arbeiten
 Vermeiden von Kontakt mit PatientInnen  Türen zum
Stationsbüro schliessen, Gespräche reduzieren.
 Zunahme von Suchtthemen beim Personal (Alkohol,
Nikotin, Medikamente, etc.)
 Bei PatientInnen Aktivierung von
Vernachlässigungsthemen  weitere negative Folgen
 Beim Personal: Innere Kündigung, reale Kündigung
 manche psychiatrische Abteilungen haben viele
Wechsel der Mitarbeitenden
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Kampf
Gegenüber Patientinnen und Patienten:
• Vorwürfe, Anschuldigungen, Zynismus gegenüber
Patienten
• Rückzug vor Patienten (z.B. geschlossene Türen) 
Patienten erfahren z.T. Wiederholungen von
Zurückweisung und Vernachlässigung.
• Polypharmazie, damit Patienten ruhig sind  Probleme
mit Compliance (“Adherence”), Nebenwirkungen
Kampf
Gegenüber Patientinnen und Patienten:
•
•
•
Angebot von Therapien, die
• Überfordern (z.B. zu frühe/inadäquate
psychotherapeutische Konfrontationen,
überfordernde alternative Behandlungsformen)
• Unterfordern (fehlendes Programm, Langeweile,
etc.)
Provozieren von verbaler oder physischer Aggression
von Patienten  ev. um Zwangsmassnahmen zu
provozieren  um sich später sicherer zu fühlen vor
Patienten.
Besessen- und Fasziniertsein vom Schrecklichen  zu
frühe Traumakonfrontationen  Destabilisierung.
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Kampf
Gegenüber sich selbst und KollegInnen:
•
•
•
•
Überhöhte Ansprüche an sich selbst  Insuffizienz-,
Schuld- und Schamgefühle, wenn diese Ansprüche
nicht erfüllt werden.
Überhöhte Ansprüche an KollegInnen (ausgesprochen
oder non-verbal)  Vorwürfe an Kollegen, wenn diese
Ansprüche nicht erfüllt werden  Mehr Hypervigilanz
Kämpfe darum, “wer Recht hat.”
Zynismus
Kampf
Gegenüber Vorgesetzten, Behörden, Gesellschaft:
•
Überhöhte und/oder unrealistische Ansprüche an
Vorgesetzten, Institution, Behörden  Vorwürfe,
Spaltungen, etc.
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Kampf
Gegenüber Vorgesetzten, Behörden, Gesellschaft:
•
«Opfernarzissmus»
(Zitat eines Beraters): «In der Helferszene ist so eine
realitätsferne Jammer- und Dramatisierungskultur»
Christian Pross: «Verletzte Helfer»
Kampf
Gegenüber Vorgesetzten, Behörden, Gesellschaft:
•
«Helfernarzissmus»
„(…) er nennt es den ´Helferkampf´: Es ist dieses mit allem
Engagement sich reinzuschmeissen, aber nicht die Realitäten
zu sehen und dann innerhalb dieser Realitäten zu kämpfen“
Christian Pross: «Verletzte Helfer»
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Unterwerfung
• Verstummen
• Depersonalisation, Derealisation
Analyse von traumatischem Stress
in Organisationen
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Die Trinität von Trauma
ANP Ignoranz
EP Fragilität
EP Kontrolle
Die Trinität von Trauma –
in Organisationen
Führung Ignoranz
Mitarbeitende
Fragilität
Mitarbeitende
Kontrolle
Teamkonflikte
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Teamkonflikte
Viel Verantwortung an
Patienten übergeben
Klare Grenzen setzen und
umsetzen
Verträge individuell
handhaben
Verträge sehr genau
umsetzen
Fokus auf Vergangenheit &
Ursachen
Fokus auf Gegenwart und
Symptombehandlung
Fokus auf Psychotherapie
Fokus auf
Pharmakotherapie
Die Trinität von Trauma –
in Organisationen
Führung Ignoranz
Vermeidende Führung:
• Hauptfokus: Wirkung nach Aussen
• Etablierung einer «anscheinenden Normalität»
•Mitarbeitende
Vermeidung eines vertieftenMitarbeitende
Dialoges mit
Fragilität
Mitarbeitenden Kontrolle
• Keine inhaltlichen Zielvorgaben und Visionen
(ausser finanzielle
Vorgaben)
Teamkonflikte
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Behandlung
 Erhöhung der integrativen Kapazität
Behandlung
Innere
Kommunikation
Personifikation
Präsentifikation
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Behandlung
Empathische
Führung
• Transparente & realistische Strategie und Visionen
(Ziele für Team, Institution, Unternehmung)
• Transparente & realistische Anweisungen (operative
Mitarbeitende
Mitarbeitende
Ebene)
Fragilität
Kontrolle
• Analytisches Zuhören
• Geduld, Mittragen, Verstehen
• Anbieten von tragfähigen therapeutischen
Beziehungen in Krisen, können Pat. „durch
Krisen tragen“.
• Hohe Kreativität bezüglich
FührungOptimierungen in
der Behandlung
• Individuelles Anpassen von Behandlungen
Behandlung
Mitarbeitende
Vision,
Kreativität,
Prozess
Mitarbeitende
Kontrolle
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Behandlung
• Frühes Erkennen von Frühwarnzeichen
bei drohender Gewalt
• Hohe Sensibilität für Umsetzen von
Verträgen,
Regeln, etc.
Führung
• Setzen von Grenzen zur Aktivierung
und Autonomisierung von Pat.
Mitarbeitende
Vision,
Kreativität,
Prozess
Mitarbeitende
Schutz
Klarheit
Transparenz
Bern
18. Januar 2016
13.15 – 18.15h
«Sexuelle Gewalt: Optimales interdisziplinäres
Vorgehen»
Symposium für Strafverfolgung, Medizin,
Beratung, Sozialarbeit, Pflege und Psychotherapie
zum fachgerechten Vorgehen nach sexueller Gewalt
www.estd-symposium.ch
• Therese Burri, Opferberatungsstelle Lantana Bern
• Christine Bartsch, Rechtsmedizin, Zürich
• Angela Ohno, Stadtpolizei Zürich
• Myriam Ernst, Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl
• Regula Schwager, Casagna Zürich
• Jan Gysi, Bern
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Bern
7. – 11. November 2017
«Child Abuse and Neglect: Challenges for
Therapy, Prevention and Justice»
Kongress für Strafverfolgung, Medizin,
Beratung, Sozialarbeit, Pflege und Psychotherapie
www.estd2017.org
Pre-Conference Workshops:
• Ellert Nijenhuis
• Karlheinz Brisch
• Dolores Mosquera
Traumatischer Stress in Organisationen –
Diagnose und Behandlung
Jan Gysi
Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, Bern
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