Welche Rolle spielt die Hygiene unter besonderer

Welche Rolle spielt die Hygiene unter besonderer
Berücksichtigung der Antiseptik bei der Behandlung
chronischer Wunden
Axel Kramer
Institut für Hygiene und Umweltmedizin der
Universitätsmedizin Greifswald
Gliederung
1. Infektionsgefährdung der Wunde
2. Infektionsprävention bei chronischen Wunden
MRE-Screening
Aseptik beim Wechsel von Wundauflagen
Antiseptik der infektionsgefährdeten bzw. mit
MRE oder kritisch kolonisierten bzw. infizierten
Wunde
Was verhindert die Wundheilung?
Systemische Faktoren
Herabgesetzte Immunantwort
Erkrankungen der Blutgefäße mit herabgesetzter
Sauerstoffversorgung
verminderte Energiebereitstellung auf Grund einer
Stoffwechselerkrankung oder durch Mangelernährung
Mangel an Gerinnungsfaktoren
Anämie
Arzneimittel (Zytostatika, Corticoide, Antikoagulantien…)
Lokale Faktoren
Fremdkörper
abgestorbenes Gewebe
kritische Kolonisation oder Infektion
Druck
Hypothermie
Austrocknung
Dormantzustand der chronischen Wunde
Kontaminationsrisiken
Erreger von Wundinfektionen können
von der
körpereigenen Flora des Patienten
(endogen) oder
von außen (exogen) in die Wunde
gelangen.
Wegen des Risikos der exogenen Infektion
ist jeder Wechsel von Wundauflagen
mit besonderer Sorgfalt durchzuführen.
Infektionsgefährdung primär
heilender Wunden
Die primär heilende Wunde ohne
Drainage gilt nach 24 h als
verschlossen und ist nicht mehr
exogen infektionsgefährdet.
Eine antiseptische Prävention ist nur
bei erhöhtem Infektionsrisiko, eine
antiseptische Behandlung nur bei
infizierten Wunden indiziert.
Infektionsgefährdung sekundär
heilender Wunden
Die sekundär heilende Wunde ist abhängig von
der Ätiopathogenese unterschiedlich stark
infektionsgefährdet.
- Offen versorgte akute Wunden (traumatisch,
Bisswunde usw.) sind weniger gefährdet als
thermische Wunden (Infektionsrisiko nimmt ab dem
4. Tag der Heilung deutlich ab).
- Bei thermischen und auch bei chronischen Wunden
besteht solange ein erhöhtes Infektionsrisiko, bis die
stagnierende Heilung durch einen fortschreitenden
Heilungsverlauf abgelöst wird.
Entnahmestelle von Mesh Graft ist nicht
infektionsgefährdet (nicht antiseptische Wundauflage
ist ausreichend)
Abschätzung des Infektionsrisikos
Obwohl jede Wunde kontaminiert sein kann (ist), entwickelt
nicht jede kontaminierte Wunde eine Infektion.
Entscheidungshilfe für den Einsatz von Antiseptika gibt der
Wounds at Risk Score. Nach Addition unterschiedlich
gewichteter Gefährdungsursachen ist ab 3 Punkten die
Antiseptik indiziert.
Weitere Indikationen für die Wundantiseptik sind die klinisch
manifeste Wundinfektion und die Wundkolonisation mit
multiresistenten Erregern.
Konsensus von Experten aus D, UK, AU, I:
Dissemond J, Assadian O, Gerber V, Kingsley A, Kramer A, Leaper DJ,
Mosti G, Piatkowski de Grzymala A, Riepe G, Risse A, Romanelli M,
Strohal R, Traber J, Vasel-Biergans A, Wild T, Eberlein T. Classification
of wounds at risk and their antimicrobial treatment with polihexanide: a
practice-oriented expert recommendation. Skin Pharmacol Physiol
2011; 24(5) 245-55.
Wound at risk Score
Risiko
je Risiko
immunsuppressive Erkrankung (z. B. D. mellitus)
medikamentöse Immunsuppression
solider Tumor
hämatologische Erkrankung
postop. Wundheilungsstörung mit Sekundärheilung
durch Lokalisation besonders erregerbelastete
Wunde (z. B. Perineum, Genitale)
problematische Umfeldhygiene (z. B. Messie)
Lebensalter > 80 bzw. < 1 Jahr
Wunddauer > 1 Jahr
Wundgröße > 10 cm2
chronische Wunden aller Kausalitäten >1,5 cm tief
stationärer Aufenthalt des Patienten > 3 Wochen
1 Punkt
schwerer erworbener Immundefekt (z. B. AIDS)
Stich- und Schusswunde 1,5 - 3,5 cm tief
2 Punkte
Wound at risk Score
Risiko
akzidentelle Kontamination mit
Infektionsgefährdung
ausgedehntes verschmutztes Trauma
Verbrennung > 15 % Körperoberfläche
Wunde mit direkter Verbindung zu Organen
oder Funktionsstrukturen (z. B. Gelenke) bzw.
die körperfremdes Material enthalten
schwerste angeborene Immundefekte (z.B.
Agammaglobulinämie)
penetrierende Bisswunde
Stich- und Schusswunde > 3,5 cm tief
je Risiko
3 Punkte
Screening auf MRE bei chronischen Wunden
In der Literatur kein Konsens über Screening bei
chronischen Wunden.
In jedem Fall auf MRSA
Screening auf ESBL und VRE erscheint
hinsichtlich der steigenden Prävalenzen sinnvoll
bei chron. Wunden in Risikobereichen (ITS,
Stationen mit Immunsupprimierten)
in Ausbruchsituationen
bei pos. MRE- Anamnese
bei Kontaktpersonen (Rachen- und
Rectalabstrich, ggf. Wundabstrich) falls ESBL +
Carbapenemresistenz; ansonsten ist Screening
von Mitpatienten je nach Kolonisationsort und
Risikofaktoren zu entscheiden
bei Pat. aus Regionen mit hoher Prävalenz
(Indien, Griechenland, Israel, bekannte
Ausbruchsregion)
Zielsetzung der Wundbehandlung aus
hygienischer Sicht
Verhinderung von Kolonisation oder
Infektion einer Wunde
durch
MRE
andere Pathogene
Distanzierung + aseptische Arbeitsweise bei
der Wundreinigung, beim Wechsel von
Wundauflagen und ggf. durch präventive
Antiseptik
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Hygienestandards
und Wundinzidenz/Erregerspektrum?
Ist für SSI gesichert
Bei chronischen Wunden Evidenz nur für
Kolonisation/Infektion durch MRE
Zweck des Wechsels von Wundauflagen
(Verbandwechsel)
Reinigung, ggf. antiseptische Behandlung +
Beobachtung des Wundheilungsverlaufs
Unterstützung der Wundheilung durch
angepasste Auswahl der Wundauflage (ärztliche
Anordnung)
Entfernen von Drainagen, Fäden oder Klammern
bei Auftreten klinischer Zeichen einer Infektion,
bei Durchfeuchtung, Verschmutzung oder bei
Lageverschiebung des Verbands sowie jeder
anderen Komplikation sofortiger Wechsel
Wechsel von Wundauflagen bei
hospitalisierten Patienten
OP-Wunde
Der erste Wechsel von Wundauflagen ist aus
hygienischer Sicht frühestens nach 24 bis 48 h
sinnvoll. Kürzere Zeitspannen erhöhen das
Infektionsrisiko, vorausgesetzt, dass keine
septische Wunde vorliegt.
Durchgeblutete, feuchte oder nicht richtig
sitzende Wundauflagen sofort wechseln.
Ob bei primär verschlossenen Wunden ein
Verband noch 48h nach OP notwendig ist und
ob sich Duschen bzw. Baden nachteilig auf die
Heilung auswirken, ist nicht bekannt.
Hygienische Grundsätze
Bei der Wundversorgung ist durch hygienisches Verhalten ein
Erregereintrag in die Wunde zu vermeiden.
Septische Wunden sind mit der gleichen hygienischen Sorgfalt zu
versorgen wie aseptische Wunden.
Patienten mit infizierten Wunden sollten in anderen Zimmern als
Patienten mit aseptischen Wunden untergebracht werden.
Auch in Ambulanzen werden zweckmäßigerweise aseptische
Wunden in anderen Räumen versorgt als infizierte Wunden.
Der Wechsel von Wundauflagen ist in folgender Reihenfolge
vorzunehen:
aseptische Wunden
(potentiell) kontaminierte Wunden
infizierte Wunden
Verbandwechsel sind bei erhöhter Infektionsanfälligkeit der Wunde
in deutlichem Zeitabstand (> 1 h) zu Reinigungsarbeiten oder
anderen Tätigkeiten mit vermehrter Luft-/ Staubaufwirbelung
durchzuführen.
Die Intimsphäre des Patienten muss beim Verbandwechsel gewahrt
werden.
Sofern Patienten aus dem Krankenhaus vor Abschluss der
Wundheilung entlassen werden, kann die postoperative
Wundversorgung vom Patienten selbst, von häuslichen
Pflegediensten oder in ambulanten Einrichtungen erfolgen. Es gibt
keine sicheren Daten, die einen Zusammenhang zwischen früher
Entlassung und erhöhtem Risiko für SSI zeigen.
Wundspülung mit NaCl oder Ringer
oder Wasser?
Bei ausgiebiger Anwendung von NaCl besteht Risiko der
Elektrolytverschiebung im Wundgebiet.
Bezüglich Zytotoxizität unterscheiden sich NaCl versus
Ringer nicht.
Es wurden auch mit Wasser günstige klinische Ergebnisse
erzielt.
Welche Substanz sowohl zur Reinigung als auch zur
Wundinfektionsprophylaxe die Geeignetste ist, kann
auf Grund des fehlenden klinischen Vergleichs mit
einheitlichen Studiendesign nicht beantwortet werden.
Verbandwagen
Verbandwechsel in Untersuchungsräumen oder im Patientenzimmer
vorzugsweise mit Verbandwagen, da der Verbandwechsel mit Tablett
organisatorisch schwieriger sein kann - z.B. falsch eingeschätzter
Materialbedarf, fehlende Abstellfläche
Für aseptische und infizierte Wunden kein unterschiedlicher
Verbandwagen erforderlich
entscheidend ist der Schutz des Wagens vor
Kontamination
nach Versorgung infizierter Patienten desinfizieren
Abfälle in Abwurfbehälter entsorgen, der separat zum Verbandwagen
steht und möglichst per Fußbedienung zu öffnen ist; dieser kann für die
gesamte Verbandvisite benutzt werden. Zwischen den sterilen/
keimarmen Materialien und dem Abwurf Abstand von mindestens 0,5 m
einhalten.
benutztes Instrumentarium unmittelbar nach Gebrauch in
Entsorgungbehälter ablegen
Vorbereitung des Verbandwagens
Wischdesinfektion der Arbeitsfläche
vor Zusammenstellen der benötigten Materialien
hygienische Händedesinfektion
Sterilverpackung der Materialien auf Ablaufdatum
und Unversehrtheit prüfen und erst unmittelbar
vor Gebrauch öffnen
ob für den Verbandwechsel 2 Personen erforderlich
sind, wird in Abhängigkeit von der Art und
Ausdehnung der Wunde entschieden
Vorbereitung des Teams
alle am Verbandwechsel Beteiligten legen Ringe,
Armbänder + Uhren ab
vor Beginn des Verbandwechsel hygienische
Händedesinfektion
Arztkittel (langärmlig) vor jedem Verbandwechsel ablegen
in Abhängigkeit von Art und Ausdehnung der Wunde
Schutzkleidung (Einmalschürze, Mund-/Nasen-Schutz,
ggf.Haarschutz) anlegen
Schutzkleidung immer dann, wenn Risiko der
Kontamination der Dienst- bzw. Bereichskleidung
Schutzkleidung ist zwingend erforderlich, wenn der
Patient Träger eines isolierungspflichtigen Erregers
Wechsel der Schutzkleidung nach jedem Verbandwechsel
bei Patienten mit infizierter Wunde und nach
Kontamination mit erregerhaltigem Material
Wechsel von Wundauflagen
Phase 1 ( nicht aseptisch)
Fenster schließen
ausreichende Beleuchtung schaffen
sachgerechte Lagerung des Patienten
Bettschutz einlegen
hygienische Händedesinfektion
Anlegen des Mund-Nasen-Schutzes
Anlegen des Schutzkittels
Anziehen keimarmer Einmalhandschuhe
Wechsel von Wundauflagen
alten Verband entfernen und ohne
Zwischenlagerung in separaten Abfallbehälter
entsorgen
Inspektion des alten Verbands (Durchfeuchtung,
Blut-, Eiterauflagerungen)
Wundinspektion, ggf. Wundabstrich
Einmalhandschuhe ausziehen und direkt in den
Abwurf geben
Wechsel von Wundauflagen
Phase 2 (aseptisch)
hygienische Händedesinfektion
sterile Handschuhe anziehen oder Non-touch-Technik
ggf. Wundreinigung, Wundspülung, Wundantiseptik
Wundreinigung erforderlich bei Belägen, Vorhandensein von
Verband- und Blutresten
bei notwendiger Säuberung der Wundumgebung
Wundumgebung mit sterilem Tupfer mit Antiseptikum (auf
Basis von Octenidin oder Polihexanid) reinigen
Säuberung der Wundumgebung muss so erfolgen, dass
Erregerverbreitung vermieden wird!
bei Reinigung und Antiseptik mit jedem Tupfer nur einmal
wischen, um eventuell vorhandene Mikroorganismen nicht zu
verbreiten
benutzte Instrumente direkt in Entsorgungsbehälter
geben
Wundbehandlung nur nach ärztlicher Anordnung
Wechsel von Wundauflagen
Auflegen und Fixieren der sterilen Wundauflage
mit sterilen Instrumenten oder mit sterilen
Handschuhen
benutzte Instrumente in Entsorgungsbehälter
geben oder sterile Handschuhe ausziehen und
direkt in den Abwurf geben
sterile Wundauflage fixieren
hygienische Händedesinfektion
Dokumentation des Verbandwechsels
Serieller Verbandwechsel
Sind an einem Patienten mehrere Verbände zu wechseln, ist
folgendermaßen vorzugehen:
Reihenfolge:
von aseptisch über (potentiell) kontaminiert nach infiziert
sind nur aseptische Wunden vorhanden, von cranial nach caudal
Durchführung:
Jede Wunde vom Entfernen der alten bis zum Aufbringen der
neuen Wundauflage einzeln versorgen, ansonsten Risiko der
Kreuzinfektion
Das sterile Instrumentarium (Pinzetten, Scheren) muss unter
folgenden Bedingungen gewechselt werden:
nach Berührung der Wunde, von kontaminiertem Material
oder des Patienten
bei Kolonisation oder Infektion des Patienten mit
multiresistenten Erregern.
Steriles Instrumentarium ist - solange es weiter verwendet
werden kann - aseptisch abzulegen.
Zwischen dem Anlegen mehrerer Verbände an einem Patienten
ist vor jeder neuen Wundversorgung ein Handschuhwechsel
erforderlich. Unter folgenden Bedingungen ist wegen des
reibungslosen schnelleren Ablaufs eine Desinfektion der
behandschuhten Hand möglich:
keine Kolonisation oder Infektion mit multiresistenten Erregern
keine mutmaßliche oder bemerkte Perforation des Handschuhs
keine Kontamination des Handschuhs mit Blut oder anderen Sekreten
kein Feuchtigkeitsstau im Handschuh.
Überwachung und Dokumentation
Wundbeurteilung
Wundgröße
Umgebung, Wundrand, Wundgrund
Exsudat
Fotodokumentation zur Ergänzung (Verlauf, u.U. juristische
Gründe)
chronische Wunden nach aktuellen Skalen beurteilen und
dokumentieren
Täglich Merkmale einer Wundinfektion kontrollieren und
dokumentieren
Fieber
klopfende Schmerzen
Rötung, Schwellung
Bewegungseinschränkungen
erhöhte Blutsenkung
Leukozytose
Jeder Verbandwechsel wird mit Datum und Unterschrift des
Ausführenden dokumentiert. Aus formal-rechtlichen Gründen
empfiehlt sich zusätzlich Angabe der Uhrzeit bzw. Dienstschicht
Entfernen von Fäden und
Klammern
Material bereitstellen
hygienische Händedesinfektion
sofern Blutkontakt nicht auszuschließen , unsterile
Handschuhe
ggf. Verband entfernen
Wundinspektion, bei Auffälligkeit Arzt informieren
Antiseptik ( Auftragen mit sterilem Tupfer oder
Aufsprühen)
Fäden oder Klammern mit sterilem Instrumentarium
entfernen, das kontaminierte, auf der Haut liegende
Fadenende nicht durch Stichkanal ziehen, Fäden auf
Vollständigkeit überprüfen
Erneute Antiseptik (Alkohol basiertes Hautantiseptikum)
Dokumentation
Antiseptik der infektionsgefährdeten bzw. mit
MRE oder kritisch kolonisierten bzw.infizierten
Wunde
Auswahlkriterien für Antiseptika
Chirurgischer Aphorismus
Gib nichts in die Wunde
was Du nicht ins Auge geben kannst.
Trifft zu für:
Polihexanid 0,04 % (2004 Einführung zur präop.
Augenantiseptik)
Hansmann F, Kramer A, Ohgke H, Strobel H, Geerling G (2004)
Polyhexamethylbiguanid (PHMB) as preoperative antiseptic
for cataract surgery . Ophthalmol 101: 377-383.
Hansmann F; Kramer A; Ohgke H; Strobel H; Muller M; Geerling G
(2005) Lavasept as an alternative to PVP-iodine as a
preoperative antiseptic in ophthalmic surgery. Randomized,
controlled, prospective double-blind trial. Ophthalmol 2005,
102(11):1043-6, 1048-1050.
Octenidin < 0,05 % (Schweineauge) - Octenilin
PVP-Iod 1 % (Anwendungskonz. auf Wunden 10 %)
Chlorhexidine <0,006 %
Trifft nicht zu für:
Silbersulfadiazin
Zweite Prämisse
Wende keine Wirkstoffe auf Wunden an,
die in Quantitäten resorbiert werden, die
mit dem Risiko von Nebenwirkungen verbunden
sein können
trifft zu für:
PVP-Iod
Silberverbindungen
bzw. die zu kritischen Verbindungen gegiftet
werden können
trifft zu für:
Chlorhexidin (p-Chloranilin)
Weiteres Kriterien zur Wirkstoffauswahl
Biokompatibilitätsindex (BI)
Quotient aus IC50 und RF >lg 3, getestet in FBS
BI [30 min]
Wirkstoff
Octenidin
Polihexanid
Chlorhexidindigluconat
PVP-I (bezogen auf I2)
Triclosan
Ag-Protein (bezogen auf Ag)
Ag(I)-Sulfadiazin,AgNO3
L929/E. coli
L929/ S. aureus
1.73
1.51
0.83
0.68
0.23
0.22
nicht kalkulierbar
2.11
1.36
0.98
0.68
0.46
0.11
nicht kalkulierbar
Müller G, Kramer A. J Antimicr Chemother 2008; 61(5)
Merkmale von Octenidin
Merkmale
BI > 1
wirksamstes Antiseptikum inklusive
Biofilme +rasche Wirkung
Remanenz + postantisept. Effekt
nicht zytotoxisch (wie Ringer)
kein Eiweiß- und Blutfehler
keine Resistenzentwicklung
keine Resorption
keine allergischen, toxischen +
ökotoxischen Risiken
Kontraindikationen
kein Einbringen
unter Druck in
Stichverletzungen
knorpeltoxisch
Peritonealspülung
Stimulation von Phagocytose und PDGF
Koburger, Hübner, Braun, Siebert, Kramer. Standardized comparison of antiseptic efficacy
of triclosan, PVP–iodine, octenidine dihydrochloride, polyhexanide and chlorhexidine
digluconate. JAC 2010; 65: 1712–1719
Octenidin - Indikationen
Wirkstoff der ersten Wahl für akute
kontaminierte traumatische einschließlich
mit MRE kolonisierte Wunden Wunden:
Octenisept enthält 0,1 % Octenidin
Wirkstoff der Wahl für chronische Wunden:
Octenilin enthält 0,05 % Octenidin
Hübner, Siebert, Kramer. Octenidine dihydrochloride, a
modern antiseptic for skin, mucous membranes and
wounds. Skin Pharmacol 2010;23:244–58
Vor- und Nachteile von Polihexanid
Merkmale
BI > 1, wirksam gegen Biofilme
und Fibrinplaques
Remanenz + postantisept. Effekt
langsamer Wirkungseintritt
keine Resistenzentwicklung
kein Eiweiß- und Blutfehler
knorpelverträglich (<0,005%)
keine allergischen + toxischen
Risiken, keine Resorption
Hemmung der Bildung reaktiver
NO- und O-Radikale
Förderung der Wundheilung
Kontraindikationen
Peritonealspülung
iv. Applikation
Allergie
Anwendung auf hyalinem
Knorpel > 0,005%
ZNS, Mittel-, Innenohr,
Innenauge
Hübner, Kramer. Review on the efficacy, safety and
clinical applications of polihexanide, a modern wound antiseptic.
Skin Pharmacol Physiol 2010;23(suppl 1):17–27
Polihexanid - Indikationen
Wirkstoff der Wahl zur Infektionsprävention
ausgedehnter traumatischer kontaminierter
Verletzungen (0,04 %)
Wirkstoff der Wahl für infizierte akute Wunden
(initial 0,04 %, fortsetzen mit 0,02 %)
Wirkstoff der Wahl für infizierte chronische
Wunden und Verbrennungswunden (0,02%)
Wirkstoff der Wahl in antiseptischen
Wundauflagen wegen Wundheilungsförderung
Kramer, Hübner, Assadian, Mulder. Polihexanide –
perspectives on clinical wound antisepsis. Skin
Pharmacol Physiol 2010;23(suppl 1):1–3
Vor- und Nachteile von Iodophoren
Merkmale
hohe
Sofortwirkung, z.
T. virozid,
BI < 1
knorpelverträglich
Resorption in die
Wunde
Inaktivierung
durch Blut(>20 %)
Anwendungseinschränkungen/Nachteile
bei traumatischen verschmutzten
Wunden nicht wirksamer als Ringer
kein postantiseptischer Effekt
Iodresorption! Kontraindikationen
hohe Sensibilisierungsrate (bis 20 %)
fehlende Remanenz
zytotoxisch, inkompatibel für Peritoneum
Blutfehler (ab 20 % unwirksam)
PVP Wassergefährdungsklasse 2
Kramer, Reichwagen Heldt, Widulle, Nürnberg. Iod und
Iodophore. In: Kramer A, Assadian O (Hrsg) Praxis der
Sterilisation, Desinfektion, Antiseptik und Konservierung.
Thieme: Stuttgart,New York, 2008, 737-43
PVP-Iod - Indikationen
ungeeignet zur Antiseptik chron.
Wunden
- wegen Resorptionstoxizität + Zytotoxizität
kein Einfluss auf SSI-Rate zur Erstversorgung
verschmutzter traumatischer Wunden
Mittel der ersten Wahl bei Stich-, Schnitt- (mit
HBV-, HCV- bzw. HIV-Infektionsgefährdung)
und Bissverletzungen nach Phase des
induzierten Blutens - die benötigte virozide
Wirkung und die intrazelluläre Wirkung
überwiegen das Risiko der
Schilddrüsengefährdung
Vor- und Nachteile von Silberverbindungen
Merkmale
BI << 1, d.h.
nahezu kompletter
Wirkungsverlust
durch Eiweiß- und
Blutbelastung
Anwendungseinschränkungen/Nachteile
keine antiinfektive Wirkung (3
Metanalysen), aber
Wundheilungsverzögerung
ggf. Resorption
kein postantiseptischer Effekt
Risiko der Resistenzentwicklung
in vitro und in vivo mutagen
fertilitätshemmend
tumorigen am Applikationsort
Bioakkumulation + hohe
aquat.Toxizität
Guggenbichler, Kramer, Reichwagen. Metalle und Metallverbindungen.
In: Kramer A, Assadian O (Hrsg) Praxis der Sterilisation, Desinfektion,
Antiseptik und Konservierung. Thieme: Stuttgart, New York, 2008, 788-98
Chronische Wunden mit Merkmalen kritischer
Kolonisation - verändertes Granulationsgewebe, erhöhte
Blutungsneigung, Wundgeruch und/oder Exsudation
antiseptische feuchte Wundauflagen mit
Wirkstofffixierung (z.B. Suprasorb X + PHMB
oder CHITOSKIN®)
Alternativ zu antiseptischen feuchten
Wundauflagen (Kostenfaktor) feuchtes
Wundmilieu schaffen ohne okklusive Verbände
Antiseptische Gele (z.B. Polihexanid-Gel,
Octenilin) oder mit Antiseptikum
getränkte Tamponaden, Schäume oder
hydrophobe Wundverbände
bei Nachweis von Pseudomonaden
Octenilin
mindestens täglich Verbandwechsel (außer
Vakuumverbände)
Fazit
Jede akute Wunde ist so zu behandeln,
dass sie ohne nachfolgende Wundinfektion
per primam heilt.
Jede chronische Wunde ist die
Herausforderung, sie ohne Infektion oder
mittels therapeutischer Abntiseptik in eine
heilende Wunde zu überführen.
Bei jeder chirurgischen Wundbehandlung
sind die Aseptik und Antiseptik zum
Infektionsschutz der Wunde zu
gewährleisten.