M. Keller

Erfahrungsbericht Montpellier
Erster (und bleibender) Eindruck
An meine Ankunft in der Cité universitaire de Boutonnet werde ich mich immer gerne zurückerinnern. Ich war nie zuvor in Südfrankreich gewesen und äußerlich war schon einmal
alles genauso, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht hatte: Sonnenschein, strahlend blauer
Himmel, eine schöne -wenn auch trockene- Grünanlage. Zugegeben, der Anblick meines
spontan winzig wirkenden Zimmers (ohne Bad höchstens 8-9 m²) hat mich zunächst ein wenig geschockt, aber hier schon vorab: da gewöhnt man sich dran!
Da ich mit dem Auto gekommen war, hatte ich den (aus jetziger Sicht) Fehler begangen, viel
zu viel einzupacken, sodass ich nach der ersten Zimmerbesichtigung unzählige Male allein
wieder die drei Etagen runter- plus die 500 m bis zum Tor hätte laufen müssen, um, mit immer wieder neuen Kisten bewaffnet, meine Chambre langsam, aber sicher völlig zu überfrachten. Schon bei dem ersten Rückweg bot mir einer der anderen Wohnheimsbewohner seine Hilfe an, was ich zwar dankbar zur Kenntnis nahm, aber in gewohnt deutschselbstständiger Manier ablehnte. Als mich, wenige Gänge später, jemand direkt am Auto fragte, ob man mir helfen könne, war ich nicht mehr so dumm. Zusammen waren wir schnell fertig und als ich mich herzlich bedankte, hat er mich direkt eingeladen, mit ihm und seinen
Freunden zu den Estivales zu gehen: es handelt sich um ein jährlich stattfindendes Fest, das
im Juli und August jeden Freitag an dem größten und lebendigsten Platz Montpelliers, der
Place de la Comédie, gefeiert wird. Mein Ankunftstag war zugleich der letzte Tag der Estivales und so war ich sehr froh, direkt mit jemandem dahingehen zu können; alle waren ausgesprochen gut gelaunt und gesprächig – und ich erleichtert, direkt Anschluss gefunden zu haben und mich von Anfang an so willkommen zu fühlen.
Den ersten Tag habe ich so ausführlich geschildert, weil ich daran exemplarisch wichtige Erfahrungen festmachen kann, die ich mit meinem Jahr in Montpellier verbinde. Oben habe ich
schon anklingen lassen, dass ich diese zuvorkommende Art als wenig selbstverständlich
wahrgenommen habe, und, ohne in einen unzutreffenden -da viel zu platten- Vergleich nach
dem Schema „Franzosen: hilfsbereit – Deutsche: unabhängig...“ abdriften zu wollen, kann ich
wohl folgende Tendenzen bemerken: Franzosen sind im Alltag freundlicher, aufmerksamer
und um Welten höflicher als der Durchschnitts-Deutsche, sie bedanken sich öfter und legen
Wert auf gute Manieren.
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Indem man sie als „heuchlerisch“ o.Ä. bezeichnet, wird ihnen das gerade von uns Deutschen
oft implizit vorgeworfen, doch meiner Ansicht nach entspringt diese Annahme einem Missverständnis der typisch französischen Verhaltensweise: nur weil Franzosen eher bereit sind,
Fremde von Anfang an zu integrieren, und einen oft bereits ungewohnt früh zu Unternehmungen einladen, heißt das nicht, dass sie einen bereits zu ihren Freunden (nach der Bedeutung,
die wir diesem Wort normalerweise beimessen) zählen. Darüber muss man sich klar sein und
man sollte es wertfrei annehmen; dann kann man sich immer noch überlegen, welche Umgangsform einem sympathischer ist und einem selber mehr liegt. Ich persönlich war für diese
Offenheit sehr dankbar, da es einfach so leicht ist, mit Franzosen in Kontakt zu treten; wer
einen tatsächlich besonders schätzt, sieht man dann über die Zeit an kleineren Gesten.
Administratives
Was die ganzen administrativen Dinge angeht, möchte ich auf den Erfahrungsbericht von
Franka Hessenthaler verweisen – ich glaube nicht, dass man das irgendwie besser oder ausführlicher machen könnte und deswegen bemühe ich mich erst gar nicht, hier aus dem Gedächtnis eine halb so gute Version aufzuschreiben.
Vielleicht aber noch kurz zum Wohnen in Boutonnet: Im Großen und Ganzen war ich zufrieden damit, in einem Studentenwohnheim gewohnt zu haben, und v.a. war es schön, direkt mit
mehreren Heidelbergern dicht zusammen zu wohnen. Wer aber den Sprachlerneffekt maximieren möchte, sollte sich wirklich eine französische WG suchen, denn anderenfalls ist man
gerade anfangs sehr verleitet, einen großen Teil der Zeit mit seinen deutschen Freunden zu
verbringen. Ich selbst bereue es letztlich aber, wie gesagt, nicht, denn die Zeit ist sehr intensiv
und ich bin sehr froh, neben den vielen geknüpften Kontakten zu Menschen aus ganz Europa
und Nordafrika auch enge Freundschaften mit nach Hause mitnehmen zu können.
Kurse
Dass es sich bei den meisten der in Frankreich angebotenen Kurse im wahrsten Sinne des
Wortes um Vorlesungen handelt, hat sich inzwischen wohl herumgesprochen: Der Professor
monologisiert prinzipiell die volle Zeit vor sich hin und trägt sein Skript teilweise wortwörtlich vor. Mündliche Mitarbeit wird kleingeschrieben, Gesetzestexte kann man im Hörsaal
vergeblich suchen und in keiner der von mir besuchten Veranstaltungen wurden Fälle gelöst;
Praxisbezug wurde insofern nur über Beispiele aus der Rechtsprechung hergestellt. Hier
zeichneten sich gute Professoren dadurch aus, dass sie ausreichend auf den dem Urteil zu2
grundeliegenden Sachverhalt eingingen – leider bekam man die Formeln der Rechtsprechung
aber oft komplett abstrakt aufgetischt.
Für uns hört sich das in vielfacher Hinsicht ziemlich lasch an und es ist mit Sicherheit richtig,
dass wir in unserem Studium in der Regel eine größere Transferleistung erbringen müssen.
Dennoch blicken meiner Ansicht nach Viele ein bisschen zu herablassend auf das französische System und die Leistung der französischen Studenten. Die französischen Jura-Studenten
sind, meiner Erfahrung nach, sehr fleißig und mit ihrem Studium mehr als ausgelastet, da sie
neben den Vorlesungen auch mehrere so genannte Travaux Dirigés (TDs), vergleichbar mit
unseren AGs, besuchen. Auch wenn das für Erasmus-Studenten in Montpellier nicht vorgesehen ist, habe ich mich auf Anfrage in verschiedene TDs gesetzt und dort habe ich feststellen
müssen, dass die commentaires d’arrêt, ähnlich wie unser Gutachtenstil, einer bestimmten
methodologischen Vorgehensweise folgen, an der man auch als Muttersprachler ganz schön
zu knabbern hat. Die in den TDs erbrachten Leistungen (mündliche Mitarbeit, abgegebene
Urteilskommentare und Referate) fließen in die Licence- bzw. Master-Note der Franzosen
ein; dazu kommen die so genannten Partiels zur Semestermitte sowie die Abschlussprüfungen
am Ende des Semesters. Also: man sollte sich bewusst machen, dass die Meisten ein recht
ordentliches Pensum absolvieren (und deswegen leider oft auch weniger an Unternehmungen
und Partys interessiert als die Studenten anderer Fächer); welches System mehr das eigene
Denken fördert und fordert sei mal dahingestellt.
Als Erasmus-Studenten haben wir es da natürlich deutlich entspannter und bei vielen Professoren reicht es tatsächlich, wenn man ohne großes Verständnis für die Zusammenhänge die
Mitschriften rezitiert. Lernweise und auch -inhalte können einen dabei ganz schön frustrieren
(je nach Professor wird z.B. erwartet, dass man zahlreiche Urteile mit mehr oder weniger präziser Datumsangabe auswendig kennt). An dieser Stelle kann ich nur raten: fangt rechtzeitig
an! Selbst wenn ihr die Kurse an sich einfach findet: am Ende ist das geballt immer mehr, als
man denkt. Aber meiner Erfahrung nach wird auch in Frankreich globales Verständnis weitaus mehr geschätzt als auswendig gelernte Fakten (Vorsicht! – sicheren Quellen zufolge bildet Mme Picheral da eine Ausnahme). Und wer sich inhaltlich nicht ausgelastet fühlt, sollte
einfach direkt in Licence 3- oder Master I-Kurse gehen, das ist teilweise schon nochmal deutlich anspruchsvoller.
Ich habe im Laufe beider Semester die folgenden Kurse belegt:
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Droit de la CEDH I & II (M1, WS & SS)
Mein absoluter Lieblingskurs! Das Studium im Ausland eignet sich selbstverständlich sehr
gut dazu, sich mit dem internationalen Recht auseinanderzusetzen – das Recht der EMRK
fand ich wahnsinnig interessant und Prof. Sudre ist tatsächlich ein hoch angesehener Spezialist in diesem Rechtsgebiet, der gerne mal Anekdoten in seine Vorlesung einstreut. Er ist sich
seiner Expertise allerdings auch sehr bewusst und durchaus anspruchsvoll: so zögert er nicht,
Erasmus-Studenten massenweise durch die Prüfungen fallen zu lassen, wenn sie die Prinzipien der Konvention nicht verstanden und/ oder nichts gelernt haben. Ich selber konnte mir
die Massen an Details auch nicht merken, aber Prof. Sudre schätzt es im Großen und Ganzen
doch mehr, wenn man die sogenannten grandes lignes verstanden hat, und dann kommt man
auch mit einer zumindest passablen Note durch die Prüfung. Bemerkenswert ist auch, wie
unerwartet positiv er auf meine Anfrage reagierte, ob ich bei ihm eine Studienarbeit schreiben
könne; er scheint zwar recht unnahbar zu sein, aber, wie wohl viele Professoren, die ganz von
ihrem Fachgebiet eingenommen sind, freut er sich aufrichtig über Interesse daran.
Zum Thema Studienarbeit: Leider wird es ab dem kommenden Jahr keine Möglichkeit mehr
geben, eine wissenschaftliche Arbeit in Montpellier zu verfassen! Das ist unheimlich schade,
weil ich persönlich es sehr gut fand, neben den ganzen auswendigzulernenden Skripten auch
ein tiefergehendes Projekt zu haben, und ich könnte einen Roman dazu schreiben, wie lange
wir in der Luft gehangen haben, bevor uns das letztlich doch noch gestattet wurde, aber das
führt wohl zu nichts: Fakt ist, Mme Crouzet aus dem Bureau des Relations Internationales
wird jedem an den Hals springen, der sie danach fragt, ob er oder sie eine(n) Professor(in) auf
das Projekt Studienarbeit ansprechen darf – ich würde es gar nicht erst probieren.
Das Problem ist, dass (anders als bzgl. der schriftlichen Prüfungen zwecks Erwerbs des
Scheins im öffentlichen Recht bspw.) keine Kooperationsvereinbarungen zwischen Heidelberg und Montpellier bestehen, die uns deutschen Studenten das Recht auf Korrektur einer
wissenschaftlichen Arbeit einräumen. Montpellier kann dieses Ansinnen daher formal korrekt
verweigern und wird es in Zukunft tun, da man nicht einsieht, dass wir Heidelberger durch die
Inanspruchnahme der Professoren einen Sonderstatus gegenüber allen anderen ErasmusStudenten und sogar den Franzosen gewährt bekommen sollen. Aus Heidelberg wird man hier
keine Unterstützung erfahren. Deswegen sollte euch klar sein: wenn ihr unbedingt eine wissenschaftliche Arbeit in Frankreich schreiben wollt, geht nicht nach Montpellier!
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Organisations européennes (L1, WS)
Diesen Kurs empfehle ich jedem, der sich anfangs nicht allzu sicher fühlt: M. Maubernard
spricht sehr verständlich und so dezidiert, dass man mit dem Schreiben verhältnismäßig gut
mitkommt. Zudem ist es ein nur zweistündiger Licence 1-Kurs, für den man gut und relativ
schnell lernen kann. In der Prüfung stellt M. Maubernard mitunter auch Fragen mit einem
politischen Einschlag und fordert gewisse Transferleistungen, aber das ist alles sehr machbar!
V.a. ist er sehr sympathisch; das nimmt gerade am Anfang ein wenig den Druck, den man mit
seinem eher weniger umwerfenden Französisch in den Prüfungssituationen empfindet.
Droit administratif (L2, WS)
Wenn euer Herz nicht gerade für das Verwaltungsrecht schlägt, rate ich euch von diesem Kurs
ab. Ich habe ihn gewählt, weil ich zu dem damaligen Zeitpunkt den Schein im öffentlichen
Recht machen wollte und es mir weniger interessant und zu billig schien, mir diesen mit Verfassungsrecht zu sichern. Im Nachhinein muss ich sagen: es ist schon interessant gewesen, die
Systematik des französischen Verwaltungsrechts kennenzulernen (diese Einsicht kam bei mir
erst kurz vor den Prüfungen, als ich endlich mal etwas mehr verstanden hatte), aber durch die
Vorlesungen habe ich mich einfach nur gequält. Mme Ribot ist an und für sich sehr sympathisch, aber sie rattert den Stoff in einem Tempo herunter, das einen nur frustrieren kann. Tut
euch das nur mit der entsprechenden Motivation an!
Théorie générale des libertés fondamentales (L3, WS)
M. González ist ein Original – er ist nicht nur ein Fan davon, zweideutige (bzw. eher überaus
eindeutige...) Witze zu erzählen und seine völkerrechtlichen Fälle aus Droit international
pénal (M1, SS) auf die Namen bekannter Thriller zu taufen, sondern er ist auch ansonsten tiefenentspannt: jede Vorlesungsstunde (die in Frankreich immer um Viertel nach beginnt)
taucht er zuverlässig erst um halb auf, da kann man die Uhr nach stellen, und nachdem er ein
paar Erasmus-Studenten ordentlich geprüft hat, verlässt ihn die Laune und die restlichen fragt
er allen Ernstes „Vous voulez me parler de quoi ?“. Das war schon eine herrliche Prüfung –
kleiner Tipp: merkt euch ein paar Fun-Facts über deutsche EGMR-Fälle; er hat uns reihenweise gefragt, ob wir wissen, wie der deutsche Schauspieler aus dem Axel-Springer-Urteil
hieß, und als ich ihm in der Schilderung eines Falls ein Detail genannt habe, das er noch nicht
kannte, hat er es während der Prüfung gegooglet und war anschließend ganz begeistert.
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Wie der Titel des Kurses vermuten lässt, ist der Stoff teilweise ein bisschen schwammig und
zudem recht geschichts- und philosophieorientiert (man beginnt mit dem Begriff der Menschenrechte, Hobbes, Rousseau etc.), aber gerade Letzteres hat mir sehr gefallen und zudem
ist der Stoff überschaubar!
Droit institutionnel de l’Union européenne (L3, WS)
Der Auslandsaufenthalt ist eine gute Gelegenheit, um sich mit dem Europarecht zu beschäftigen, und alle, die das vorhaben, sollten diesen Kurs als Basis für den Kurs Droit matériel de
l’Union européenne I (s.u.) belegen. Die Vorlesungen bei M. Coutron waren allerdings wirklich anstrengend, u.a. deswegen, weil er teilweise selbst für die Franzosen zu schnell redet
und außerdem in den dreistündigen Veranstaltungen gerne mal anderthalb Stunden am Stück
spricht (also den Studenten nicht nach 60 Minuten, wie üblich, eine fünfminütige Pause
gönnt) - wahrscheinlich, um selber eine längere Zigarettenpause zu haben (und vielleicht
auch, weil er es genießt, dass sich alle Welt nach ihm richten muss). Zumindest unsere Aufmerksamkeitsspanne hat er dabei weit überschritten. Sein Buch hingegen ist ein literarischer
Genuss, seine Sprache ist sehr blumig, sodass ich mir einen Spaß daraus gemacht habe, eine
„Best of Coutron“-Vokabelliste zu erstellen. Ich empfehle daher jedem, der feststellt, dass er
bei den Vorlesungen absolut nicht mitkommt, einfach sein Buch zu lesen; das ist ein bisschen
Arbeit, aber meiner Ansicht nach lohnt es sich sowohl in inhaltlicher als auch in sprachlicher
Hinsicht und für die Prüfung ist man damit bestens vorbereitet!
Droit matériel de l’Union européenne I (L3, SS)
Dieser Kurs baut auf den strukturellen Kenntnissen des Vorsemesters auf und ist uneingeschränkt empfehlenswert. Mme Vial ist nicht nur ausgesprochen sympathisch und firm in der
Rechtsprechung des EuGH, sondern zudem aufrichtig daran interessiert, dass das, was sie
sagt, auch wirklich verstanden wird. Dadurch wurden in diesem aus meiner Sicht recht anspruchsvollen Kurs mit relativ wenigen Studenten viele Fragen gestellt, für deren Beantwortung sie notfalls weit ausgeholt hat und dadurch das Verständnis der Zusammenhänge sehr
gefördert hat. Sie arbeitet hier öfters mit Schaubildern an der Tafel, was ich persönlich sehr
hilfreich fand. Die TD wurde in diesem Jahr von M. Maubernard (s.o.) gegeben und stellte
eine gute Ergänzung dar; wer hier also wirklich viel mitnehmen möchte, sollte einfach mal
nett bei dem jeweiligen Professor fragen, ob er die TD mitbesuchen darf.
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Droit public international général & approfondi (L3, WS & SS)
Wer sich sehr für Völkerrecht interessiert, kann in den beiden Kursen auf jeden Fall grundlegendes Wissen mitnehmen. Mme Blay-Grabarzyk ist in ihren Prüfungen zwar nicht ungnädig,
aber anspruchsvoll. Insgesamt glaube ich, dass man die Themen und Fälle wohl deutlich interessanter verpacken und v.a. auch diskutieren könnte; hier wurde jedenfalls alles durchweg
frontal vorgestellt.
Droit privé comparé (M1, SS)
Diesen Kurs kann ich allein schon deswegen empfehlen, weil M. Cabrillac ein derart liebenswerter Professor ist, der sich sehr für seine Studenten interessiert und den Kurs so interaktiv
wie möglich gestaltet. Der Stoff ist ausgesprochen umfangreich, da man zwar hauptsächlich
das angelsächsische, das französische und das deutsche Recht in den Blick nimmt, dazu aber
immer drei Vorschläge zur Vereinheitlichung des Schuldrechts in Europa sowie einzelne andere Lösungen aus anderen Zivilrechtkodizes treten.
Prinzipiell fand ich den rechtsvergleichenden und –harmonisierenden Ansatz sehr interessant,
hätte mir aber gewünscht, dass er weniger auf die vermeintlich vollumfängliche Stoffvermittlung setzt als auf eine vertiefte Besprechung, z.B. anhand von Fällen – so stand Vieles einfach
aneinandergereiht und für die Prüfung muss man definitiv früh anfangen, wenn man sich das
halbwegs merken will. Zudem wird man über BGB-Paragraphen stolpern, von denen man
relativ sicher zu wissen meint, dass da nicht das drinsteht, was er vorher erzählt hat, und man
könnte und müsste sich länger daran aufhalten, manche Unstimmigkeit in seinem Buch nachzugucken; dafür fehlt einem gegen Ende auf jeden Fall die Zeit.
Sprachkurs F.L.E. (Français Langue Étrangère)
Am Institut d’Études Françaises pour Étrangers werden Französisch-Sprachkurse für Erasmus-Studenten angeboten. Ich fand meinen Kurs an und für sich gut, auch wenn man aufgrund der Menge an Teilnehmern sehr wenig gesprochen hat und sich sehr auf die Grammatik
und den schriftlichen Ausdruck konzentriert hat. Wer sich hier sicher fühlt und mehr an dem
Mündlichen arbeiten möchte, sollte sich lieber früh viel mit französisch-sprachigen Freunden
treffen oder sich beim Tandemprogramm des Heidelberg-Hauses anmelden; die Kurse finden
nämlich zweimal wöchentlich von 18:15 bis 20:15 Uhr statt und wenn man dann nicht das
lernt, was man eigentlich wollte, ärgert man sich am Ende.
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Freizeit
Ehrlich gesagt war ich in meiner Freizeitgestaltung während des Jahres relativ unspektakulär;
ich war untypisch wenig reiselustig und habe es neben dem Besuch der zahlreichen Soirées
im Freundeskreis v.a. sehr genossen, so wenige Verpflichtungen und dementsprechend viel
Zeit für meine Interessen und einfach zum Entspannen zu haben. Aufgrund der Nähe bietet es
sich sehr an, mit einer Mitfahrgelegenheit nach Barcelona zu fahren (das haben wir nahezu
alle gemacht), und das nahegelegene Fischerdorf Sète hat mir sehr gefallen.
Beim S.U.A.P.S. (Service Universitaire des Activités Physiques et Sportives) würde ich mich
auf jeden Fall anmelden, v.a., wenn ihr zwei Semester bleibt. Es kostet nur 40 € und insbesondere das Fitnessprogramm bei einer bestimmten Frau, deren Name mir entfallen ist, aber
die vorwiegend in P.U.S. Kurse gibt, ist wirklich super! Außerdem werden im Sommer richtig
tolle Angebote gemacht, für die man sich einfach frühzeitig anmelden muss, um noch einen
Platz zu bekommen; z.B. waren wir Kanu-Fahren in Palavas.
Absolutes Muss für jeden ist der Pass Culture, den man z.B. in Boutonnet erwerben kann:
man zahlt 9 € und bekommt Karten für Konzerte, Ballett-Aufführungen, die Oper und insbesondere manche Kinos zu einem erheblich reduzierten Preis. Ich war noch nie so oft und gerne im Kino wie im Diagonal, bei der Place de la Comédie: ganz entgegen aller Behauptungen, die Franzosen seien einzig und allein auf ihre Sprache fixiert, liefen dort sämtliche Filme
(und wirklich gute!) auf der Originalsprache mit französischen Untertiteln. Überdies zahlt
man gerade einmal 3,90 €. Toll ist auch, wie preiswert man zu Marktzeiten an der Promenade
bei der Comédie literarische Klassiker sowie Bücher über Philosophie, Kunstgeschichte etc.
erwerben kann. Museumsbesuche gibt es für Menschen im Alter von unter 26 Jahren in
Frankreich generell entweder gratis oder zu einem sehr moderaten Preis – ich kann nur sagen:
ein Hoch auf die französische Kulturversessenheit!
Alles in allem...
spricht der Bericht wahrscheinlich für sich: liebe Leute, geht nach Frankreich! Montpellier ist
hier definitiv eine gute Wahl. Es wird ein besonderes Jahr werden und selbst, wenn man viele
Dinge schon weiß oder sich zurechtvermutet hat über Land, Kultur, Denkweise und Umgangsformen der Franzosen, ist es immer etwas Anderes, dies alles wirklich zu erfahren.
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Ich würde nicht behaupten, dass das Jahr zwangsläufig das beste eures Leben wird, wie das
einem oft vorher eingeredet wird, denn das muss es nicht und mit überhöhten Erwartungen an
etwas heranzugehen ist ja generell nicht sinnvoll. Dennoch: die Kombination aus derart viel
Freiheit, wie wir sie im letzten Jahr hatten, verbunden mit einem so breiten Spektrum an Möglichkeiten, wie eine so lebendige Stadt wie Montpellier sie bietet, spricht schon sehr dafür,
dass es auch für euch ein gelungenes Jahr werden wird.
Ich wünsche euch also ganz viel Erfolg bei der Bewerbung!
Magda Keller
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