Vorbereitung Für die Bewerbung um einen Erasmus-Platz ist es wichtig, dass man sich schon recht früh Gedanken macht, wo man hinmöchte. Ich entschied mich für die Université Montpellier III Paul Valéry in Südfrankreich, wo eine Partnerschaft der Geographie-Institute besteht, weil ich vor allem mein mündliches Französisch verbessern wollte und die Idee, ein Semester am Mittelmeer zu verbringen, sehr ansprechend fand. Informieren kann man sich auf der Seite der Universität, für das Kursangebot ist vor allen die Seite des Instituts (http://ufr3.univmontp3.fr/spip.php?rubrique15) interessant. Dort kann man unter Organisation pégagogique Informationen zu den angebotenen Modulen finden, um sich im Voraus ein Bild von den Kursen machen zu können und um das Learning Agreement zu planen. Formalitäten Um sich vor Ort ein wenig Aufwand zu ersparen, ist es eine gute Idee, schon im Deutschland wichtige Dokumente zu besorgen, die man bei den administrativen Aufgaben zu Beginn des Semesters benötigt. Dazu gehören neben den Unterlagen auf der Liste von der Uni Montpellier (Kopien von Versicherungskarte, Personalausweis usw.) viele Passfotos für die diversen Ausweise, die man beantragen muss und eine beglaubigte Übersetzung der deutschen Geburtsurkunde ins Französische für das Wohngeld (dazu gibt es auf der Seite des CAF eine Liste von Übersetzern, die das für ca. 30€ machen können). Nach der Ankunft benötigt man dann ein Bankkonto, um Gebühren beim Abheben zu vermeiden, für die obligatorische Wohnungsversicherung und für das Wohngeld. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern, die ähnliche Konditionen für Studentenkonten haben. Ich habe mir die Bank LCL ausgesucht, wo mein Konto 1€ und die Versicherung monatlich 5€ gekostet hat und hatte keine Probleme damit. Das französische Wohngeld CAF bekommt normalerweise jeder, der in Frankreich studiert. Neben der Übersetzung der Geburtsurkunde muss man für die Anmeldung ein Online-Formular ausfüllen und Kopien von der Versicherungskarte, dem Personalausweis, der Bestätigung des Besitzes eines französischen Bankkontos und des Mietvertrages einreichen. Wenn man einen Wohnheimsplatz bekommt ist die Anmeldung für CAF wesentlich einfacher als bei privaten Wohnungen. Generell lässt sich sagen, dass sich der Prozess oft hinziehen kann, weil die Bearbeitung recht lange dauert. Ich habe häufig davon gehört, dass Studenten mehrmals zu den CAF-Büros gehen mussten weil Dokumente verloren gegangen sind. Privatversicherte hatten besondere Probleme, in diesem Fall habe ich gehört, dass man eine schriftliche Bestätigung von der Versicherung auf Französisch benötigt. Der Aufwand lohnt sich allerdings, da man bis zu einem Drittel der Mietkosten zurückerstattet bekommt. Universität Der Campus der Université Paul Valéry liegt ein wenig außerhalb der Altstadt. Um aus der Innenstadt hinzukommen kann man die Tramlinie 1 nehmen, oder ca. 15 Minuten mit dem Fahrrad fahren. Obwohl die Uni leider nicht so geschichtsreich wie die UM1 ist, der Uni für Medizin, Jura und Politik, und somit nicht in der Altstadt ist, ist der Campus schön, mit vielen Wiesen, Cafeterien und einem Theater. Am ersten Tag muss man sich anmelden und den Studentenausweis beantragen. Dabei muss man darauf achten, alle Dokumente und das passende Geld dabei zu haben, sonst muss man sich nochmal ganz hinten in der sehr langen Schlange anstellen. An den nächsten Tagen folgen Orientierungsveranstaltungen, die einen allgemeinen Überblick über die Universität (auf Französisch und Deutsch), den eigenen Fachbereich (Unité de formation et recherche), und das Institut geben. Der Kontakt mit dem Erasmus-Koordinator funktioniert gut, da dieser sehr hilfsbereit ist. Ich habe drei Module der Geographie aus dem Angebot des zweiten und dritten Studienjahrs gewählt. Prinzipiell darf man als Erasmus-Student alle Licence-(Bachelor) und einige MasterKurse belegen. Das System in Montpellier bietet weniger Wahlmöglichkeiten der Kurse, da die Studenten anders als in Bremen keine Wahlpflichtmodule haben, sondern einen festgelegten Stundenplan für jedes Semester. Dafür wählen sie ab dem zweiten Studienjahr aus den Möglichkeiten Aménagement (eher Humangeographie) und Géographie (eher 1 physische Geographie) einen Schwerpunkt. Ich habe überwiegend Kurse aus dem physischgeographischen Bereich gewählt, da ich diese für ein ähnliches Wahlpflichtmodul in Bremen anrechnen lassen wollte. Ich würde einige dieser Kurse (z.B. Diagnostic Géomorphologique, Hydrosystèmes) empfehlen, weil der Professor hier sehr gut war und man hier kostenlos an mehreren eintägigen Exkursionen teilnehmen kann. Diese sind eine sehr gute Möglichkeit, um mehr von der Region zu sehen und um die französischen Kommilitonen besser kennenzulernen. Die Kurse und Klausuren waren komplett auf Französisch, eine Herausforderung, die mir vor allem zu Beginn des Semesters große Probleme bereitet hat. Die Professoren haben immer recht klar und deutlich gesprochen, allerdings musste ich mir erst die vielen Fachbegriffe aneignen, um überhaupt den Kursen folgen zu können. Das Problem wird dadurch verstärkt, dass die meisten Vorlesungen ohne PowerPointPräsentation oder Skript stattfinden, sodass man selbst mitschreiben muss. Da mir das recht schwer fiel, habe ich zum Teil meine Kommilitonen um Hilfe gebeten, diese waren alle sehr offen und haben ihre Unterlagen mit mir geteilt. Ansonsten habe ich einige Kurse, die speziell für Erasmus-Studenten waren, besucht. Dazu gehörte ein Sprachkurs am Institut d’études françaises pour étrangers (IEFE), der zwar 120€ gekostet hat, aber eine meiner Meinung nach eine gute Wiederholung von Grammatik, Textverständnis usw. bietet. Als zweiten Sprachkurs habe ich einen Tandem-Kurs besucht, bei dem man mit französischen Deutschstudenten aus dem ersten Semester das freie Sprechen üben sollte. Ansonsten gab es ein Kurs als Einführung in die französische Kultur und Geschichte, der sehr interessant war. Die Informationen für die Bezahlung und dem Einstufungstest des Sprachkurses und der Anmeldung zu den anderen Kursen hat man in der Einführungsveranstaltung erhalten. Ansonsten kann man mit einem Sportkurs ECTS sammeln. Vor der Anmeldung muss man zu einem Arzt gehen und ein Certificat medical holen, indem man 25€ zahlt und ein paar Übungen macht, um zu zeigen, dass man keine gesundheitlichen Probleme hat. Mit diesem Schein kann man dann am Tag der Anmeldung zum SUAPS-Büro gehen und sich für die gewünschten Kurse eintragen (früh kommen lohnt sich, weil sich alle an diesem Tag anmelden!). Ich habe einen Kletterkurs besucht, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde, da wir jede Woche bei gutem Wetter in das Gebirge nördlich Montpelliers, die Cevennen, gefahren sind um in der tollen Natur zu klettern. Die Kurse sind für jeden offen, auch Anfänger, und bieten eine sehr gute Möglichkeit, außerhalb der Uni Franzosen kennenzulernen. Der Studentenausweis dient auch als Karte für die Bibliothek und die Mensa. Ich fand das Essen in der Mensa gut, für 3,20€ konnte man aus einem großen Angebot ein Hauptgerichten (während ich da war wurde auch ein vegetarisches Essen eingeführt), eine Vorspeise und einen Nachtisch wählen. Ich hatte keine Probleme mit dem Campus-WLAN, da wie in Bremen „eduroam“ verwendet wird, sodass man sich eigentlich automatisch anmeldet, wenn man sich in Bremen bereits angemeldet hat. Stadt Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um nach Montpellier zu kommen. Ich bin mit dem Zug hin- und zurückgefahren, was zwar recht lang dauert, dafür aber eine gute Möglichkeit ist, relativ viel Gepäck mitzunehmen und mit Bahncard ca. 70€ pro Fahrt kostet. Andere Möglichkeiten sind nach Montpellier oder Béziers zu fliegen (Ryanair fliegt während des Sommers günstig nach Béziers), oder ein Auto zu nehmen. Montpellier hat eine sehr schöne Altstadt, die fast ausschließlich eine Fußgängerzone ist. In den verwinkelten Gassen gibt es viele schöne kleine Cafés, Bars und Läden. Ich fand es bis zum Ende meiner Zeit toll, einfach durch sie Stadt zu spazieren und neue Seitenstraßen zu entdecken. In Montpellier gibt es in der Altstadt einige Diskos, die allerdings alle recht teuer sind. Mit der Pass Culture, für die ich 9€ bezahlt habe, bekommt man gute Angebote für viele Kulturveranstaltungen der Stadt. Dazu gehören Kinotickets für 3,90€ in den Kinos Utopia, in der Nähe der Uni Paul Valéry, oder Diagonal in der Innenstadt, oder reduzierte Konzert-, Theater- und Operntickets. Es gibt eine private Organisation, ESN, die viele Veranstaltungen zum Kennenlernen veranstaltet. So gibt es viele Erasmus-Partys, Veranstaltungen wie Bubble-Football und Ausflüge in andere Städte, vor allem während der Anfangszeit, an denen man kostengünstig teilnehmen kann. Das Wetter war während des Wintersemesters, das ich da verbracht habe (SeptemberDezember), recht wechselhaft. Die ersten sechs Wochen waren sehr warm und fast ohne Regen. Im Oktober kommt es allerdings regelmäßig zu sehr starken Gewittern, während ich da war gab es sogar eine Überschwemmung in der ganzen Stadt bei der die Uni mehrere Tage geschlossen wurde. Abgesehen davon gab es aber überwiegend sonnige und warme Tage, selbst im Dezember. Ich habe die warme Zeit zu Beginn des Semesters für Strandbesuche genutzt. Hierzu fährt man mit der Tramlinie 3 bis zur Endstation und nimmt entweder den kostenlosen Shuttle bis zum Strand, der allerdings nur bis Mitte September fährt, oder einen Regionalbus oder geht ca. 20 Minuten zu Fuß. In der Region gibt es viele weitere Möglichkeiten für Ausflüge. Hat man Lust auf Natur, so kann man in die Cevennen zum Wandern oder Kajaken auf den vielen schnellen Flüssen. Um Städte in der Nähe zu besichtigen lohnen sich beispielsweise Sète, eine Hafenstadt, Nîmes, eine römische Stadt mit Kolosseum oder Aigues-Mortes, eine mittelalterliche Stadt mit beeindruckender Stadtmauer. Weiter entfernt, aber trotzdem gut mit dem Zug erreichbar, sind Carcassonne, Toulouse, Lyon, Marseille und Paris. Wenn man plant, öfters Ausflüge mit dem Zug zu machen, lohnt sich sehr schnell der Kauf einer Carte jeune für 50€, die bis zu 50%-Rabatt in Zügen gibt. Unterkunft Wenn man die Zusage für den Erasmus-Platz hat, sollte man bereits aus Deutschland mit der Wohnungssuche anfangen, also sich entweder um einen Platz im Wohnheim bewerben (man bekommt dazu alle Informationen per Email) oder auf Seiten wie leboncoin.fr oder appartager.fr nach privaten Wohngemeinschaften suchen. Ich habe einen Platz im Wohnheim Vert Bois bekommen. Generell lässt sich sagen, dass Wohnheime die günstigste (ich habe ohne Wohngeld 290€ bezahlt) und organisatorisch einfachste Möglichkeit zum Wohnen darstellen, da man im Voraus alles online organisieren kann. Mein Wohnheim lag direkt am Campus meiner Uni und hatte ein Café, ein Waschsalon, einen Tennisplatz und eine schöne Anlage. Mein Zimmer war mit eigener Küche und Bad ausgestattet und obwohl es nicht besonders gemütlich war, war es in Ordnung für die vier Monate. Insgesamt bereue ich es allerdings ein wenig im Wohnheim gewohnt zu haben, weil ich es recht schwer fand, andere Studenten dort kennenzulernen. Da ich es keine wirklichen Gemeinschaftsräume gibt habe ich meine direkten Nachbarn nie wirklich kennengelernt. Später habe ich zufällig andere Erasmus-Studenten oder Franzosen kennengelernt, die auch da gewohnt haben. Wenn ich alles nochmal machen könnte, würde ich also mir die Mühe machen, eine WG mit Franzosen zu finden. Von anderen Erasmus-Studenten, die das so gemacht haben, habe ich gehört dass der ganze Prozess recht aufwendig und anstrengend sein kann, aber dafür hatten sie häufig schon durch ihre WGs Kontakt zu Franzosen und wohnten direkt in der Altstadt. Falls man erst ohne Wohnung in Montpellier ankommt, gibt es zwei Jugendherbergen, von denen ich aber gehört habe, dass sie vor allem während des Sommers sehr begehrt sind. Öffentliche Verkehrsmittel Montpellier besitzt ein gut ausgebautes Straßenbahnnetz, mit der man eigentlich überall hinkommt und das vergleichsweise günstig ist (10€ für 10 Fahrten und ca. 30€ für eine Monatskarte, die man sich im TAM-Büro am Hauptbahnhof besorgen muss). Allerdings habe ich mir ein Fahrrad von einem französischen Bekannten gekauft, weil ich Geld sparen wollte und weil man in Montpellier auch so überall gut hinkommt, auch wenn Fahrradwege nicht besonders verbreitet sind. Auf dem Sonntags-Flohmarkt in Mosson, Endstation der Linie 1, gibt es viele günstige, wenn auch vermutlich geklaute, Fahrräder. Obwohl mir Montpellier kaum gefährlicher als eine deutsche Stadt vorkam, habe ich von mehreren Freunden von Kriminalität in der Straßenbahn gehört. So gab es häufiger Vorfälle bei denen Handys in vollen Bahnen aus der Tasche genommen wurden, oder dass Handys aus der Hand des Besitzers geschnappt wurden und die Diebe schnell aus der Bahn gerannt sind. Fazit Die Zeit in Montpellier betrachte ich als tolle Erfahrung, bei der ich eine sehr schöne Stadt in einer interessanten Region und wirklich gute Freunde aus verschiedenen Ländern kennengelernt habe. Ich denke nicht, dass man von einem Auslandssemester erwarten kann, für sein Studienfach viel mitzunehmen, da es meines Erachtens nicht möglich ist, Kurse auf hohem Niveau auf einer anderen Sprache so abzuschließen, wie man es auf Deutsch getan hätte.
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