Prof. Dr. iur. Marc Bungenberg, LL.M. – Übung im Öffentlichen Recht Fall 2 Der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. C betreibt seit 2007 eine kleine Praxis für Privatpatienten in Düsseldorf. Da der Umsatz seinen Vorstellungen nicht entspricht, beschließt er, eine private Klinik mit geschlossener Abteilung für Menschen mit schweren psychischen und seelischen Krankheiten („Geisteskranke“) in einer kürzlich geerbten Villa in einem NobelStadtteil zu eröffnen – er verspricht sich so besonders wohlhabende Patienten. Er hört von Kollegen, für den Betrieb einer Privatklinik werde eine gewerberechtliche Erlaubnis benötigt; eine solche beantragt er im Februar 2015 bei der zuständigen städtischen Behörde. Nach einem Gespräch mit dem zuständigen Beamten der Stadtverwaltung wird C am Nachmittag des 26.03.2015 ein Schreiben zugestellt, mit dem sein Antrag abgelehnt wird. Zur Begründung wird angeführt, C sei nicht geeignet, eine Privatklinik zu betreiben. Der Behörde sei nämlich bekannt geworden, dass C vor der Eröffnung seiner Praxis aus mehreren Kliniken „herausgeflogen“ sei, da er als angestellter Arzt Patienten desöfteren „unter der Hand“ behandelt und privates Honorar abgerechnet hatte. Überdies habe C seit 2 Jahren Teile der Sozialversicherungsbeiträge seiner Angestellten nicht abgeführt, die Schulden gegenüber den Sozialversicherungsträgern beliefen sich inzwischen auf über 30.000 €. C habe zudem im Jahr 2006 zur Hypnose eines Patienten mit verbotenen Substanzen experimentiert und sei infolgedessen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ferner sei die Villa durch ihre örtliche Lage zum Betrieb einer Nervenklinik nicht geeignet; von ihr gingen – spätestens wenn z.B. Patienten des C aus der geschlossenen Abteilung ausbrechen sollten – für die Nachbarschaft erhebliche Nachteile und Gefahren aus. C zeigt sich überrascht, denn im Gespräch hatte die Behörde keinerlei Bedenken geäußert. Er ist der Meinung, dass er ein verfassungsmäßig garantiertes Recht habe, die Klinik zu betreiben. Es gebe genügend andere Unternehmer, die auch Steuer- und Beitragsschulden hätten. Es könne außerdem nicht sein, dass ihm seine Verfehlungen ein Leben lang angelastet würden, die Bewährungszeit sei – ohne weitere Gesetzesverstöße – längst abgelaufen (was zutrifft). Und schließlich sei ihm noch nie ein Patient „abgehauen“ (was ebenfalls zutrifft). Um die gewerberechtliche Erlaubnis für seine Privatklinik zu erhalten, erhebt C deshalb am Montag, den 27.04.2015 beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage. Bearbeitervermerk: Untersuchen Sie die Erfolgsaussichten der von C erhobenen Klage. Es ist – ggf. hilfsgutachtlich – auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Probleme einzugehen. Bitte beachten Sie auch die unten abgedruckten Gesetzesauszüge. Seite 1 von 2 Prof. Dr. iur. Marc Bungenberg, LL.M. – Übung im Öffentlichen Recht § 110 JustG NRW (1) 1Vor Erhebung einer Anfechtungsklage bedarf es einer Nachprüfung in einem Vorverfahren abweichend von § 68 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht, wenn der Verwaltungsakt während des Zeitraums vom 1. November 2007 bis zum 31. Oktober 2015 bekannt gegeben worden ist. 2Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage bedarf es einer Nachprüfung in einem Vorverfahren abweichend von § 68 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht, wenn die Ablehnung der Vornahme des Verwaltungsaktes innerhalb des in Satz 1 bezeichneten Zeitraumes bekannt gegeben worden ist. […] § 222 ZPO (1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. § 187 BGB (1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters. § 188 BGB (1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. (3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Seite 2 von 2
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