GEFANGENE HELFEN JUGENDLICHEN E.V. Jahres- und Wirkungsbericht 2014 JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 NETZWERK. Ashoka Robert Bosch Stiftung Körber-Stiftung Bündnis für Demokratie und Toleranz Subsidium e.V. München Umbra Kunstfabrik Essen Common Purpose Hamburg Art and Prison Berlin Come In Hamburg Norddeutsche Schulen und ca. 100 Freie Träger der Jugendhilfe KOOPERATIONEN. Polizei Elmshorn Jugendbeauftragte der Polizei HH Weisser Ring Landesverband HH Hamburger Ausbildungszentrum e.V. Diakonisches Werk Hamburg Conflictcontrol Social Projects Box School e.V. Anti Gewalt Training SH Netzwerk EVOLUTION. Jugendgruppenbesuche auch mit weiblichen Jugendlichen in der JVA Hahnöfersand Multiplikatorenveranstaltungen Präventionsunterricht in Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen Eiskalt gegen Gewalt (Anti-Gewalt-Training) Deeskalationstraining an Schulen Sportprojekte All diese verschiedenen Projekte machen unsere Arbeit zu einem einheitlichen Gesamtkonzept. |3| INHALT. 07 08 12 13 14 16 17 18 19 20 21 22 23 25 26 27 28 Vorwort. O-Töne. Das gesellschaftliche Problem. Bisherige Lösungsansätze. Unser Lösungsansatz. Unsere Arbeitsbereiche. Zahlen & Fakten. Verbreitung des Lösungsansatzes und Stand der Verbreitung. Indirekte Verbreitung unseres Lösungsansatzes. 2014 im Rückblick. Gesellschaftliche Wirkung: Rückfallquote. Wiederinhaftierungsrate von am Projekt beteiligten Inhaftierten. Evaluation und Qualitätssicherung. Status Quo und Ausblick. Organisation und Team. Einnahmen und Ausgaben. Impressum. Über diesen Bericht Der folgende Bericht bezieht sich auf die Aktivitäten des Vereins Gefangene helfen Jugendlichen e.V. für den Zeitraum vom 01.01.2014– 31.12.2014 Vereinssitz ist die Wandsbeker Königstr. 50 in 22041 Hamburg Eingetragen beim Amtsgericht Hamburg unter VZ 16743 Der Bericht wurde angelehnt an die Vorgaben des SRS erstellt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht. Ansprechpartner: Volkert Ruhe, [email protected] |4| JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 VISION. Abbringen gefährdeter Jugendliche aller Nationalitäten durch Konfrontation mit dem Knastalltag und Gefangenen-Biografien von einer kriminellen Laufbahn. Unterstützung der Gefangenen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Der Verein Gefangene helfen Jugendlichen e.V. arbeitet Arbeit entsteht nicht nur ein Vorteil für die präventiv mit Jugendlichen zwischen 12 und 21 Jahren, die Jugendlichen – auch der Gesellschaft wird am Rande einer kriminellen Laufbahn stehen oder bereits dadurch mehr Sicherheit gegeben. Die straffällig geworden sind. Im Zentrum unserer Arbeit stehen Motivation der Gefangenen zu diesem Konzepte, die auf mehreren Ebenen gleichzeitig ansetzen: Projekt besteht darin, andere vor einem Jugendliche sollen bei der Erarbeitung von Lösungen effektiv ähnlichen Schicksal zu bewahren, die eingebunden werden und die Opfer in den Blick nehmen. Die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten und et- Förderung pro-sozialer Verhaltensweisen und die Vermittlung was von dem wiedergutzumachen, was der von Handlungskompetenzen wird angestrebt. Gesellschaft an Schaden zugefügt wurde. Unsere Projekte sind auf geschlechtsspezifische Probleme Neben den Zielgruppen der Jugendlichen zugeschnitten.Die zwei Grundgedanken sind somit, erstens und Multiplikatoren profitieren auch die gefährdete Jugendliche aller Nationalitäten durch Konfrontati- aktiv am Projekt beteiligten Insassen von on mit dem Knastalltag und mit den Biografien der Gefangenen dieser Präventionsarbeit (Win-Win-Situa- von einer kriminellen Laufbahn abzubringen und zweitens die tion). Dadurch übernehmen die beteiligten Gefangenen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft Insassen einen großen Teil ihrer Resoziali- zu unterstützen. Betroffene Jugendliche sollen vor den gra- sierung selber. vierenden und folgenschweren Konsequenzen von Kriminalität (Isolation, Einsamkeit, Fremdbestimmtheit, emotionale Verarmung, Gewalt, Abschiebung) bewahrt werden. Wir wollen erreichen, dass Jugendliche von Gewaltausübungen absehen und weniger kriminelle Delikte begangen werden. Durch diese |3| PREISE 2007 Präventionspreis der Landespolizei SH 2008 Bündnis für Demokratie und Toleranz Aktiv für Demokratie und Toleranz 2009 startsocial Bundessieger Körber-Stiftung Anstiften 50 Impulse für Hamburg 2010 Bündnis für Demokratie und Toleranz Gegen Extremismus und Gewalt 2011 Deutschland Land der Ideen Ausgewählter Ort Deutscher Engagement Preis Finalist in der Kategorie Publikumspreis 2013 Ashoka Fellowship 2014 Diakonie MitMenschlichkeit Innenansicht Santa Fu JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 |2| |7| VORWORT. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer, die Idee zu dem Verein Gefangene helfen Jugendlichen entstand 1996 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, genannt „Santa Fu“, durch die Initiative von drei Inhaftierten. Die Projektkonzeption „Santa Fu für Jugendliche“ wurde in Zusammenarbeit mit der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung und der Justizbehörde erarbeitet. Nach einer Erprobungsphase im Jahr 1998 hat sich das Projekt der JVA - Besuche mit Jugendlichen durchgesetzt und wird seitdem als Kernprojekt des Vereins betrieben. Gefangene helfen Jugendlichen e.V. ist seit 2001 ein eingetragener Verein und hat seit 2005 die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe. Die Einzigartigkeit besteht darin, dass Gefangene von „drinnen“ mit den Jugendlichen „draußen“ Kontakt aufnehmen. Den Schwerpunkt des Besuchs vor Ort legt das Team von Gefangene helfen Jugendlichen e.V. in das Gespräch zwischen delinquenten Jugendlichen und ausgewählten, verantwortungsvollen Insassen, die ihre Taten bereuen. Der Besuch soll die Gedanken und Lebensplanungen der Jugendlichen erreichen. Er soll Irritationen in die Klischees und Stereotype der Jugendlichen von Kriminalität, Gefängnis und Gewalt bringen – es ist ein Denkanstoß – Denken und Handeln müssen die Jugendlichen selbst. Starke Kooperationspartner, zuverlässige Förderer und ein beständiges Team haben es uns möglich gemacht, dass wir bereits über 5.000 Jugendliche durch den Besuch in den Justizvollzugsanstalten und über 11.500 Schüler durch den Präventionsunterricht erreichen konnten. Hamburg, 20. April 2015 Herzlichst Ihr Volkert Ruhe JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 |8| „Ich grüße alle die an diesem Projekt mitarbeiten, schade dass es so etwas in unserer Region nicht gibt. Es würde so manchen Jugendlichen vor schlimmeren bewahren. Es grüßt euch eine betroffene Mutter.“ (Renger Marion aus Bayreuth) Das Team in der JVA „Ein Gefängnisplatz kostet ca. 90-100 am Tag, das wären ca. 34.000,- € pro Jahr. So gesehen überschreitet Gefangene helfen Jugendlichen e.V. den Break-Even, wenn sie mit Ihrem Jahresetat von TEUR 30 nur EIN Knastjahr pro Geschäftsjahr verhindern. Und es dürften aber deutlich mehr Jugendliche pro Jahr (konservativ angenommen einer pro Gruppe = 24 p.a.) sein, die diesen Weg zunächst nicht – oder hoffentlich nie antreten. Ersparnis für die Öffentlichkeit: € 816.000,- p.a. Das wäre dann ein ROI (Return on Investment) von 2.720 % p.a. Unter Annahme dieser Bedingungen wäre die Stadt/der Staat ein Investmentgenie, würde er Gefangene helfen Jugendlichen e.V. voll finanzieren. Der soziale langfristige ROI dürfte allerdings noch erheblich größer ausfallen.“ (E-Mail eines Vereinsmitglieds aus 2005) Zellentrakt JVA Fuhlsbüttel |9| „GHJ ist der wohl einzige Verein in Deutschland, der es geschafft hat, das durchweg negativ überzeichnete Bild des Strafgefangenen in den Medien auch einmal positiv zu besetzen. GHJ ist fast die einzige Möglichkeit für weibliche und männliche Strafgefangene in Hamburg, während ihrer Haftzeit etwas Sinnvolles zu tun. GHJ erreicht Jugendliche, die sonst auf keinen mehr hören.“ (Stefan Herbert) „Ich wollte meinen damals jugendlichen Sohn schützen. Gewalt unter Jugendlichen schien ihm ganz normal zu sein. Ich bin dem Verein dankbar, dass er Jugendlichen aufzeigt, wohin diese „Normalität“ führen kann - und wie sich das anfühlt, im Knast zu sein.“ (Dennis Teubner APERSO e. K.) Ausblick Santa Fu Büroarbeit bei GHJ Vorbereitungsgespräch mit Jugendlichen JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 10 | Mädchen auf dem Weg ins Frauengefängnis sehr nützlich ich würde das „ich fand das projekt ghj für mich e Vergangenheit baten und ihr auch anderen raten die eine schlecht macht ich bedanke mich bei den werdet euch schon freuen wen ihr das die Jugend machen echt krass leute gefangenen sehr das sie so was für kkkkkkkkkkkkk am anfang denkt ihr die sind ehrlich cool macht das okkk euch dabei täuschen das ist was witziges aber ihr werdet osdorf 53 bedankt sich“ (keko) | 11 | Einfahrt Frauengefängnis Elbinsel Hahnöfersand „Erstmal dicken respekt Volker!!! JUngz ich sags nicht zum spass geht dahin und ihr werdet schon die Finger von scheissebauen lassen!! Ich war letztens da und sag euch es ist korrekt und hat echt spass gemacht!! wer nicht packt,viel spas :-;“ (King OfHH) O-TÖNE von Jugendlichen, die am Projekt im Knast teilgenommen haben. „So habe ich mir das nicht vorgestellt, hier möchte ich nie landen.“ „Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich keine Scheiße gebaut.“ JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 12 | DAS GESELLSCHAFTLICHE PROBLEM. Fast täglich erobern Berichte zu dem Thema Jugendgewalt die Schlagzeilen der Presse. Gewalttätige Kinder und Jugendliche, kaum ein anderes Thema Auch bei Betrachtung der Opferstatistik, hat zuletzt in der Öffentlichkeit für so viel Aufsehen gesorgt wie die vornehmlich Gewalthandlungen betrifft, dieses. Fast täglich erobern Berichte zu dem Thema Jugend- wird deutlich, dass auch hier die Jugend- gewalt die Schlagzeilen der Presse. Dass Jugendliche Grenzen lichen im Vergleich zu ihrem Anteil an der austesten, ist normal – es gehört zum Erwachsen werden dazu. Bevölkerung überrepräsentiert sind. Das Aber was steckt dahinter, wenn jemand zuschlägt, weil ein an- Verhältnis zwischen Opfern und Tätern in derer blöd guckt? Wie leben Jugendliche ihre Frustration, ihre dieser Altersgruppe zeigt einen kaum vor- Aggressionen aus? Fest steht: „Strafen“ bzw. schulrechtliche handenen Unterschied. So liegt der Anteil Sanktionen im Sinne von Erziehungsmaßnahmen allein sind kei- der unter 21-Jährigen an den Opfern bei ne Lösung, da sie keine Antwort auf das fehlende Einfühlungs- etwa 19,1 % und ist somit zwölf Prozent- vermögen der Täter und ihre massiven Rechtfertigungs- und punkte höher als ihr Anteil an der Wohnbe- Verharmlosungsstrategien geben und damit auch keine dauer- völkerung (7,1 %). haften Verhaltensänderungen erlauben. Nicht nur ihr Anteil an den Tatverdächti- A. 01 19 % gen ist sehr hoch, auch die Rückfallquote 19,1 % registrierte Tatverdächtige registrierte Opfer Bevölkerungsanteil von bereits entlassenen Jugendlichen aus Jugendstrafen und –arresten (ohne eine anschließende Bewährung) liegt bei ca. 70 %. Auch die Wiederinhaftierungsrate von 7,1 % Erwachsenen zeigt ein erschreckendes Ergebnis: Auch hier kehren mehr als die Hälf- 14 bis unter 21-Jährige te aller entlassenen Strafgefangenen in den Junge Menschen zwischen 14 und unter 21 Jahren haben einen Anteil von 19 % an allen im Jahr 2013 registrierten Tatverdächtigen. Strafvollzug zurück.Die erfassten Zahlen Da sie aber lediglich knapp 7,1 % der Bevölkerung ausmachen, kann durchaus davon ausgegangen werden, sind sie damit in Relation zu ihrem Anteil an der Bevölkerung dass das Dunkelfeld, also die nicht bekannt stark überrepräsentiert. Hinzu kommt die Tatsache, dass mehr gewordene Kriminalität, die statistisch er- als ein Viertel der jugendlichen Tatverdächtigen mehrfach (2 bis fassten Zahlen übertrifft. 5 Mal) als Tatverdächtige zu verzeichnen sind. spiegeln lediglich das Hellfeld wieder. Es | 13 | BISHERIGE LÖSUNGSANSÄTZE. Das jetzige vorherrschende „Vollzugsdenken“ muss überwunden werden. 90 % aller zur Verfügung stehenden Resozialisierungskosten sie im Kern einen rein pädagogischen An- werden z.Zt. Für den Vollzug aufgewandt. Das bedeutet, dass le- satz. An diesem ist vorerst nichts auszu- diglich 10 % für ambulante Dienste der Justiz verwendet werden. setzen. Versetzt man sich nun aber in die Einen kausalen Zusammenhang schafft somit die Wiederinhaftie- Lage eines Jugendlichen, der etliche dieser rungsrate von Jugendlichen und Erwachsenen. Scheinbar schla- Maßnahmen durchgemacht hat, stellt sich gen die resozialisierenden Ansätze der Justizvollzugsanstalten in dieser Hinsicht eventuell eine Art Resi- nicht an. Statistisch belegt wird dies durch die Untersuchung des gnation ein. Den Jugendlichen fehlt es an Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Der zu- dieser Stelle an Authentizität; an Personen, folge wird lediglich bei 30 % der Entlassenen die Reststrafe zur die sowohl die methodische Kompetenz Bewährung ausgesetzt. Bei dieser Personengruppe, egal ob es mitbringen als auch eine Identifikationsfi- sich um Jugendliche oder Erwachsene handelt, liegt die Rück- gur darstellen und somit das Arbeiten auf fallquote deutlich niedriger. 70 % werden folglich nicht weiter einer anderen Ebene zulassen. durch ambulante Dienste der Justiz betreut. Die Wahrscheinlichkeit in ein „Entlassungsloch“ zu fallen und wieder kriminell Ebenfalls hoch umstritten ist die Prävention zu agieren, ist dadurch immens hoch. im Kindesalter. Durch präventive Ansätze in jungen Jahren wird nicht nur eine Stigmati- Auch die zahlreichen Projekte der freien Straffälligenhilfe sierung von Kindern riskiert, sondern auch könnten bei dieser Problematik zwar mit professioneller und eine Kriminalisierung. Vergessen dabei wird hilfreicher Arbeit Abhilfe schaffen. Sie sind aber zum größten aber häufig, dass bereits die Förderung von Teil strukturell unterfinanziert und somit existenziell bedroht. pro-sozialen Handlungsweisen, also z. B. Das Fehlen von Landesresozialisierungsgesetzen, die eine der richtige Umgang miteinander, präven- strukturelle Absicherung gewährleisten könnten, wird hier be- tive Erfolge in späteren Jahren aufweisen sonders deutlich. Um das Abrutschen in kriminelle Handlungs- kann. Hierzu gilt es weitaus mehr Angebote weisen zu verhindern, bevor es zu Konsequenzen kommt, gibt es für Kinder und Eltern z. B. in Kindergärten zu viele freie Träger der Jugendhilfe. Diese bieten verschiedenste etablieren. präventive Angebote in Form von Anti-Gewalt und Anti-Aggressionskursen, sowie Coolnesstrainings und soziale Trainingskurse. Auch diese Einrichtungen sehen sich grundsätzlich mit der strukturellen Unterfinanzierung bedroht. Zudem verfolgen JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 14 | UNSER LÖSUNGSANSATZ. Im Rahmen unserer Arbeit geht es darum, bei den Jugendlichen eine höhere Sensibilität für andere zu entwickeln und Hilfsbereitschaft sowie positives Verhalten zu fördern, in dem sie auf die Folgen ihres Handelns für eine andere Person hingewiesen werden, also Zusammenhänge hergestellt und eigenes Fehlverhalten einsichtig gemacht wird. Ein wesentliches Mittel zur Verhinderung gewalttätiger Aus- Die Praxis hat gezeigt, dass es ihnen nicht einandersetzungen ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur mehr so leicht fällt, die Faust in das Gesicht Empathie. Die meisten gewalttätigen Jugendlichen haben kaum des anderen Menschen zu schlagen; sie Schuldgefühle und sind wenig bereit, ihr Verhalten zu reflektie- verlieren den „Spaß“ an der Gewalt. ren und zu ändern. Auf Vorwürfe reagieren sie mit Rechtfertigungen und Verharmlosungen. Aggressionen hat jeder Mensch. Dies kann, muss aber nicht zu aggressivem Verhalten Die Opfer sind ihr großes Tabuthema – und das aus gutem führen. Die Ursachen aggressiven Verhal- Grund: Das Nachdenken über die Opfer, das Einfühlen in ihr Leid, tens sind vielschichtig. Unbestritten tragen verdirbt den Kick beim Ausüben physischer und psychischer gesellschaftliche Benachteiligung, Selbst- Gewalt. Empathie mit einem anderen Menschen bedeutet, sich in wertverletzungen und Frustrationen zur dessen Lage zu versetzen und sich darüber klar zu werden, was Entstehung von Aggressionen bei. Viele Ju- der andere fühlen könnte, die eigenen Gefühle zu erkennen und gendliche suchen durch ihre Gewalt nach angemessen zu reagieren. Selbstbestätigung. Sie verteidigen ihre Ehre, verschaffen sich Respekt, demonstrieren UNSER ZIELE Stärke und Durchsetzungsfähigkeit, stellen- KONFRONTIEREN DISKUTIEREN INFORMIEREN SENSIBILISIEREN Die meisten Lernpsychologen vertreten die Hierarchien her und suchen Anerkennung. Auffassung, dass aggressives Verhalten erlernt und somit auch wieder verlernt werden kann. Unsere Arbeit verfolgt vor allem das Ziel, dass beim Auftreten einer kritischen Situation der Blick zuerst nach innen gewandt Wiederholtes Konfrontieren mit den Folgen der eigenen Gewalt- wird und somit ein Selbstregulierungspro- tat, wie auch die Perspektivenübernahme, bei der man sich in zess entsteht. Ziel ist es, Routinemuster und die Rolle und Position eines anderen hineinversetzt und die Welt Automatismen aufzulösen, Handlungsalter- versucht aus dessen Sicht zu sehen, wirkt sich nachweislich nativen zu entwickeln und eine dauerhafte aggressionshemmend auf die Gewaltbereitschaft der Täter aus. Verhaltensänderung herbeizuführen. | 15 | GEFANGENE HELFEN JUGENDLICHEN IST ANERKANNTER TRÄGER DER FREIEN JUGENDHILFE. Konflikte gehören zum Leben; ohne Streit und Auseinanderset- tenden sozialen Normen im Elternhaus und zung kommt keine zwischenmenschliche Beziehung aus. in der Schule. Wenn ihnen hier hilfreiches Verhalten nicht vorgemacht wird und ihnen Auffällig aber ist bei aggressiven Jugendlichen, dass diese selbst auch keine ausreichenden Reakti- außer Beleidigungen und Tätlichkeiten wenig Konfliktbewäl- onsgelegenheiten gegeben werden, dann tigungsstrategien zu bieten haben. Dabei ist das eigene Kon- können sie Hilfeverhalten kaum erproben fliktverhalten oft eine Kopie dessen, was man sich bei seinen und auch keine pro-sozialen Kompetenzen Vorbildern, z. B. bei den Eltern oder in der Peer-Group, also entwickeln; auch an der nötigen Motivation unter Gleichgesinnten angeeignet hat und wird somit schon in zum Eingreifen dürfte es fehlen. jungen Jahren geprägt. Daher ist es zunächst erforderlich, die eigene Rolle in der Auseinandersetzung und die oft unbewussten Interessen, die konstruktiven oder destruktiven Anteile der eigenen Person zu erkennen. Eine faire Konfliktlösung setzt voraus, dass die eigenen Interessen und Bedürfnisse nicht mit allen Mitteln verfolgt werden und dass die Interessen anderer als gleichberechtigt anzuerkennen sind. Gefangene helfen Jugendlichen soll den Jugendlichen dabei helfen, Konfliktsituationen rechtzeitig zu erkennen und einzuschätzen und durch deeskalierende Konfliktlösungsstrategien zu vermeiden. Präventionsunterricht Pro-soziales Verhalten ist jede Handlung, die das Ziel hat, einem anderen Menschen Gutes zu tun und bedeutet, den Egoismus um des anderen Willen zurückzustellen. Empathie spielt bei der Ausbildung pro-sozialer Verhaltensweisen eine große Rolle. Besorgniserregend in der heutigen Ellbogengesellschaft ist die zunehmende Rücksichtslosigkeit in der Durchsetzung der eigenen Interessen. Kinder erlernen die in der Gesellschaft gel- Gespräch mit Häftlingen JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 16 | UNSERE ARBEITSBEREICHE. Unsere Arbeit beruht auf fünf unterschiedlichen Säulen. Besuch einer JVA für männliche und weibliche Jugendliche. Gefährdete und delinquente Jugendliche erhalten über einen Eiskalt gegen Gewalt. Besuch der Justizvollzugsanstalt (JVA) die Möglichkeit, die Le- Das Projekt „Eiskalt gegen Gewalt“ verbin- bensbedingungen in einer Haftanstalt kennenzulernen und mit det verschiedene Maßnahmen wie das An- dort Inhaftierten zu sprechen. Dieser Besuch erfolgt gemeinsam ti-Gewalt-Training, den Besuch einer Justiz- mit Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern von Jugendhilfeeinrich- vollzugsanstalt, sowie die Nachbetreuung in tungen (Jugendgerichtshilfe, Jugendwohnungen, Häusern der Form von Sport-Workshops, Bewerbungs- Jugend) oder mit Lehrkräften von Schulen. Der Besuch der JVA training und Ausbildungsplatzvermittlung wird in eine inhaltliche Vor- und Nachbereitung eingebettet, wo- zu einem einheitlichen Gesamtkonzept. Un- bei die betreuenden Fachkräfte der Jugendlichen bzw. die Koo- ter Anwendung lerntheoretischer Methoden peration mit den Jugendbeauftragten der Polizei eingehen. wird eine Verhaltensveränderung bewirkt, die die Teilnehmer befähigen soll, in Kon- Präventionsunterricht an Schulen fliktsituationen besonnen zu reagieren und oder Jugendhilfeeinrichtungen. ein gewaltfreies Leben zu führen. Über Besuche der Mitarbeiter des Vereins wird Präventionsarbeit an Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen in Hamburg und Umge- Suchtprävention . bung geleistet. Dort werden Jugendliche, Schüler und Lehrkräfte Bei der Suchtprävention vermitteln und über Haftbedingungen, das Leben in Haft, das Abrutschen in das verdeutlichen ehemalige Haftinsassen den kriminelle Milieu, Jugendgewalt und über Erfahrungen ehema- Schulklassen und Jugendgruppen, welche liger Inhaftierter informiert. Konsequenzen durch die Sucht- und Drogenproblematik entstehen können. Dabei wird Multiplikatorenveranstaltungen. auf die finanziellen, beruflichen, familiären, Der Verein und die Gefangenen veranschaulichen Mitarbeitern psychischen und physischen Folgen einge- von interessierten Einrichtungen vor Ort in „Santa Fu“ bzw. in gangen, u. a. mit Hilfe eines ehemaligen Ab- den Vereinsräumen, u. a. wie der Gefängnisalltag aussieht und hängigen und von Rollenspielen soll die Ein- was mit den Besuchen der Jugendgruppen in der JVA bewirkt sichtsbereitschaft der Jugendlichen noch werden soll. erhöht werden. | 17 | ZAHLEN & FAKTEN. Entwicklung Anzahl Teilnehmer & Präventionsunterricht an Schulen von 1998 bis 2014 A. 02 5.000 Weibliche und männliche Teilnehmer 4.500 in den Hamburger JVA‘s 4.700 3.500 2.300 980 80 300 1998 2001 20042007 2010 2012 2013 2014 A. 03 Präventionsunterricht an Schulen und 10.000 Jugendhilfeeinrichtungen 10.800 11.500 7200 5200 1800 600 2000 2003 2006 2009 2012 20132014 | 18 | JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 VERBREITUNG DES LÖSUNGSANSATZES UND STAND DER VERBREITUNG. Direkte Verbreitung durch Aufbau von GhJ-Aktivitäten an verschiedenen Standorten. Im vergangenen Jahr haben wir Kontakt mit der Justizvoll- Erste Kontakte sind auch nach Remscheid zugsanstalt Hannover aufgenommen, um auch dort das Pro- aufgenommen worden und konkretisie- jekt Gefangene helfen Jugendlichen zu installieren. Eine ren sich zur Zeit. Der Start in NRW erfolgt Kick-Off-Veranstaltung ist für Ende April 2015 geplant. voraussichtlich im Sommer 2015. Weiterhin wird GhJ in Zusammenarbeit mit dem Hauptstandpunkt Hamburg in den Städten Bremen und SchleswigHolstein (Neumünster) bereits erfolgreich durchgeführt. Neumünster Seit 2009 Hamburg Seit 1998 Bremen Seit 2005 Hannover Start: 30.04.2015 NRW-Remscheid Start: Juni 2015 | 19 | INDIREKTE VERBREITUNG UNSERES LÖSUNGSANSATZES. Durch erfolgreiche Netzwerkarbeit sind wir in der Lage Veränderungen, sowohl auf politischer als auch gesellschaftlicher Ebene, anzustreben und zu bewirken. Die Arbeit auf gesellschaftlicher Ebene muss auch die Arbeit geprägte Diskursfähigkeit auf. Auch durch auf politischer Ebene beinhalten. Sie sorgt für gesellschaftliche unsere zahlreichen Kooperationspartner- Veränderungen und bietet sowohl die Möglichkeit zur Positionie- schaften verbreiten wir unseren Lösungs- rung als auch zur Diskussion und Darstellung. Zu diesem Zweck ansatz. Durch die verschiedenen Arbeitswei- sind wir in der gesellschaftlichen Entwicklung auf politischer sen werden wir nicht nur zu gegenseitigen Ebene aktiv. Multiplikatoren unserer Arbeit, sondern können unsere Arbeit dadurch auch weiter- Robert Bosch Stiftung: Die Verantwortlichen entwickeln. Als Mitglied im Dachverband Die Verantwortlichen arbeiten in vielen unterschiedlichen Pro- des Diakonisches Werks Hamburg haben jekten aus den Themenbereichen Bildung, Völkerverständigung, wir die Möglichkeit unsere Arbeit zu verbrei- Wissenschaft, Gesundheit, Gesellschaft und Kultur. Sie unter- ten; sowohl mit den anderen Institutionen stützen benachteiligte Jugendliche, helfen bei der Integration von des Dachverbands oder aber auch mit den Migranten oder betreuen Demenzpatienten. Meist sind es kleine Diakonischen Werken anderer Bundesländer lokale Initiativen, teilweise haben sie – wie die Tafeln – auch über- in Deutschland. regional Bedeutung und Bekanntheit gewonnen. Nicht weniger als unsere KooperationspartKörber-Stiftung: Die Beweger ner und unser Dachverband sind die Justiz- Im Programm »Die Beweger« versammelt die Körber-Stiftung behörden, Justizvollzugsanstalten und ihre einen exklusiven Kreis von herausragenden Vertretern der Bür- Leitungen für die indirekte Verbreitung un- gergesellschaft. Bei den Teilnehmern handelt es sich um bürger- serer Arbeit wichtig. Uns bereits bekannte gesellschaftliche Vorreiter, die sich persönlich für gesellschaft- Justizvollzugsanstalten erleichtern und er- liche Veränderung engagieren und die sich mit ihren »bottom up« möglichen uns den Kontakt und die Bereit- entwickelten Projekten oder gemeinnützigen Initiativen bereits schaft zur Teilnahme an unseren Projekten einen Namen gemacht haben. Sie sind Gründer/in oder Ge- bei weiteren Leitungen von Justizvollzugs- schäftsführer/in einer gemeinnützigen Organisation und verfü- anstalten. gen über ein politisches Selbstverständnis und weisen eine aus- JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 20 | 2014 IM RÜCKBLICK. Es handelt sich dabei um Frauen und Männer, die mit innovativen, replizierbaren Konzepten gesellschaftliche Probleme lösen. 2014 war ein ereignisreiches Jahr für unseren Verein, wodurch heit einer Beratungsstelle für (ehemalige) wir von positiven Entwicklungen profitieren konnten. Neben 18 Inhaftierte. Die Durchführung wird voraus- Jungen- und Mädchengruppen, die die Vollzugsanstalten be- sichtlich im Sommer 2014 beginnen. sucht haben, konnten wir 55 Schulklassen und Gruppen in Präventions- und Informationsver-anstaltungen die Konsequenzen Auch in Hannover hat sich vieles getan: kriminellen Handelns veranschaulichen. Unseren Anti-Ge- Nachdem die Gespräche für eine Umset- walt-Kurs „Eiskalt gegen Gewalt“ haben in zwei Durchgängen 11 zung für die Gefängnisbesuche vor einiger Jugendliche erfolgreich abgeschlossen. Die Nachfrage seitens Zeit begonnen haben, haben sich die Ideen der Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen ist weiterhin sehr und Umsetzungsvorschläge konkretisiert. groß, sodass wir bereits im Dezember 2014 weitestgehend bis Mitarbeiter und Insassen wurden aufwändig zum Sommer 2015 ausgebucht sind. Bereits 2013 eingeführte geschult und auf die Arbeit vorbereitet. Eine Evaluationsbögen bestätigen unsere Arbeit. Vorläufige Ergeb- Kick-Off-Veranstaltung findet Ende April nisse sind in diesem Wirkungsbericht zu finden. 2015 statt. Auch in diesem Jahr ist es uns gelungen einen weiteren In- Unser Geschäftsführer ist bereits 2013 auf- haftierten im offenen Vollzug eine Vollzeitbeschäftigung zu grund seiner Präventionsarbeit, die Dialoge schaffen, welcher bereits seit 2007 die Jugendlichen in Santa Fu auf Augenhöhe mit (ehemaligen) Gefange- betreut hat. Seit Mai 2014 ist er als Stellvertreter für unseren nen ermöglicht, als „Fellow“ bei Ashoka Verein an der Frieda-Stoppenbrink-Schule tätig. Seine Arbeit ernannt worden. Durch ein damit einher- dort sieht die präventive Beratung der auffälligen Schülerinnen gehendes Stipendium konnte sich der Ge- und Schüler vor. Inzwischen haben wir auch eine weitere ehe- schäftsführer vermehrt den Skalierungs- malige Inhaftierte auf geringfügiger Basis eingestellt. Beide sind prozessen in NRW und Hannover widmen. zur Entlastung des Geschäftsführers vorgesehen, sodass dieser sich auf die bundesweite Skalierung unserer Projekte konzentrieren kann. Die Standorte in Bremen und Neumünster laufen bereits seit mehreren Jahren eigenständig. 2013 hat sich außerdem ein Team in Nordrhein-Westfalen zusammengefunden. Während beide Säulen unserer Arbeit (Prävention & Resozialisierung) unterstützt werden, birgt der neue Standort auch die Besonder- Ashoka ist die erste und weltweit führende Organisation zur Förderung von Social Entrepreneurship (Sozialunternehmertum). | 21 | GESELLSCHAFTLICHE WIRKUNG: RÜCKFALLQUOTE. Eine wissenschaftlich korrekte Evaluation in dem Sinne einer Bei jedem auffällig gewordenen Delin- Überprüfung der Nachhaltigkeit der Arbeit von GhJ ist schwer- quenten, bei jedem Kontakt, müssten diese lich zu 100% möglich. Nachhaltigkeit meint hier, ob die Jugend- einen Datenabgleich vornehmen, um zu lichen, die das Programm durchlaufen, dadurch eine Abkehr überprüfen, ob diese Person zur Klientel ihres bisherigen (kriminellen) Lebensweges vollziehen, oder ob von GhJ gehört. Keine Dienststelle würde sie so weiter machen und rückfällig werden. das leisten können. A. 04 Deshalb kann eine Evaluation im oben ge- Evaluation der Polizei Elmshorn nannten Sinne einerseits nur punktuell erfolgen, wie durch die Auswertung des Polizeireviers Elmshorn in Kooperation mit dem AWO – „Stromhaus Elmshorn“.Aufgrund Teilnehmer Nicht Rückfällig 52 % Teilnehmer Rückfällig 13 % dessen wurde die Dienststelle durch die Kooperation mit GhJ mit dem Präventionspreis der Landespolizei Schleswig Holstein 2007 ausgezeichnet. Erhebungszeitraum: 2002 bis 2007 In der Dienststelle Elmshorn Um das stringent überprüfen zu können, bedürfte es einer kommunikativen Vernetzung und eines ständigen Datenabgleichs über die Jugendlichen mit allen Polizeidienststellen und allen Gerichten im Wirkungskreis von GhJ. Nicht nur allein das Datenschutzgesetz steht dem entgegen. Es würde zudem einen erheblichen materiellen und personellen Aufwand bei den behördlichen Stellen bedeuten. Anti-Gewalt-Training JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 22 | WIEDERINHAFTIERUNGSRATE VON AM PROJEKT BETEILIGTEN INHAFTIERTEN. A. 05 ein positiver Effekt des Projekts auf die Inhaftierten feststellen. Für mitwirkende Wiederinhaftierungsrate inhaftierte Frauen muss noch eine Analyse erfolgen. Es ist aber davon auszugehen, Nicht wieder inhaftiert 21 Wieder inhaftiert 7 Keine Aussage 5 dass bei den anderen Standorten ähnliche Auswirkungen auf die Inhaftierten zu erwarten sind. Während in Deutschland eine sehr hohe Rückfallquote herrscht, sind im Laufe des Projekts 21 von 33 (63,64%) Inhaftierten nicht wieder inhaftiert worden. Während von 5 Personen keine Aussage getroffen Erhebungszeitraum: 1996 bis 201 werden kann (z.B. aufgrund von Abschiebungen), sind 7 (21,21%) wieder inhaftiert In einem Zeitraum von 1996 bis heute haben 33 männliche In- worden. Es lässt sich somit feststellen, dass haftierte am Projekt Gefangene helfen Jugendlichen in Ham- dies weniger als 1/3 der am Projekt beteili- burg mitgewirkt. Durch eine interne Analyse lässt sich auch gten Inhaftierten ausmacht. | 23 | EVALUATION UND QUALITÄTSSICHERUNG. „Drei Viertel der Jugendlichen betonen, dass sie nach dem Besuch an diesen zurückgedacht hätten. Fast die Hälfte sagt sogar, dass sie durch die Teilnahme an dem Projekt vom Verüben einer Straftat abgehalten worden sei. Hier zeigt das Projekt seine Stärke: der Eindruck ist auch noch Wochen nach dem Besuch in den Köpfen der Jugendlichen verankert. Das belegen auch die Noten, die die Jugendlichen dem GhJ-Projekt geben. Ihre Antworten fallen durchweg positiv aus: Die Jugendlichen sind mit dem Projekt mehr als sehr zufrieden.“ (Diplom-Kriminologin Agnes Thimm) Um unsere Arbeit stetig verbessern und anpassen zu können, „Gute Aspekte bei der Arbeit von „Gefange- haben wir für alle angebotenen Projekte Evaluationsbögen ent- nen helfen Jugendlichen e.V.“ sind der Ver- wickelt. Dabei haben wir sowohl welche für die Jugendlichen gleich der Biographien, die Respekt einflö- als auch für ihre Lehrer/Innen und Betreuer/Innen konzipiert. ßende Wirkung der Straftaten der Mitglieder Sie sollen in erster Linie zur Verbesserung und Feststellung der und der Sprachgebrauch der Mitglieder. Nachhaltigkeit dienen. Auch helfen sie uns bei der individuellen Auch ist die direkte Art der Mitglieder von Entwicklung weiter. Die folgenden Auszüge aus Diplom- und Ab- Vorteil. Sie treten den Jugendlichen offen schlussarbeiten bestätigen unsere Arbeit ebenfalls. gegenüber und verlangen diese Offenheit auch von ihnen. Das Gespräch ohne Betreuer ist ebenfalls ein guter Ansatz, da ich feststellen konnte, dass die Anwesenheit der Betreuer (besonders von Lehrern) eine hemmende Wirkung auf die Offenheit der Jugendlichen hat.“ „Bei einigen Jugendlichen hatte ich den Eindruck, dass der Besuch von Santa Fu sie in ihrem Beschluss, sich von der Kriminalität abzuwenden, endgültig bekräftigte.“ (Isabelle Klauck, Diplompädagogin am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg) (Isabelle Klauck, Diplompädagogin am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg) JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 24 | „Für die inhaftierten Mitglieder von GhJ ist das Projekt eben- „Somit können dem Projekt „Santa Fu falls von Bedeutung. Sie haben die Möglichkeit ihre Taten und für Jugendliche“ Erfolge zugesprochen ihr früheres Verhalten zu reflektieren und sich selbst zu re- werden, auch wenn diese nicht bei jedem sozialisieren, indem sie durch die Jugendlichen gezwungen einzelnen Jugendlichen Früchte tragen. sind, sich ihre Taten immer wieder vor Augen zu führen und ihr In Verbindung mit den anderen Projekten, Verhalten zu überdenken. Somit kann sich bei diesem Projekt wie den Präventionsunterrichten und dem eine doppelte präventive Wirkung zeigen. Einmal aufseiten der Anti – Gewalt – Training „Eiskalt gegen Ge- Jugendlichen und auf der anderen Seite bei den Gefangenen. walt“ kann der Verein einen entscheidenden Insgesamt halte ich dieses Projekt für ein sehr gutes präven- Beitrag zur Eindämmung der Jugend- tives Angebot für delinquente Jugendliche und ein gutes Bei- delinquenz in Hamburg beitragen.“ spiel für pädagogische Präventionsarbeit. Die Konsequenzen kriminellen Verhaltens werden anschaulich und lebensnah den Jugendlichen aufgezeigt. Eine repräsentative Evaluation des Projektes wäre ein nächster Schritt, dessen Umsetzung sich allerdings schwierig erweist.“ (Isabelle Klauck, Diplompädagogin am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg) (Katja Ehrke, MA-Bildungs- und Erziehungswissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität) | 25 | STATUS QUO UND AUSBLICK. Hierdurch könnten wesentlich mehr Jugendliche auch in anderen Bundesländern erreicht und noch mehr Strafgefangene bei der Resozialisierung unterstützt werden. Unsere Stärken Inhaftierte und Jugendliche profitieren gleichermaßen von dem tential der Nachhaltigkeit der Projekte ist Projekt, dadurch entsteht eine Win-Win-Situation. Dem Verein noch nicht ausgeschöpft – hier gibt es viele steht ein kompetentes, interdisziplinäres Team zur Verfügung. Ideen im Team. Es ist eine Herausforderung, Die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und mit dem Vor- qualifizierte ehrenamtliche Mitarbeiter in stand ist sehr wertschätzend. ausreichendem Maße zu gewinnen. Nicht zu erwarten, aber ein potenzielles Risiko: Der Gefängnisbesuch ist Prävention und Erlebnispädagogik zu- Justizbehörde(n) verschlechtert/n die Rah- gleich und damit ein Catcher, der die Jugendlichen zur länger- menbedingungen für die Zusammenarbeit fristigen Mitarbewit anspornt. Der GF hat durch seine 10 Jahre mit den JVAs. lange Erfahrung die besondere Fähigkeit entwickelt (aus Sicht der Jugendlichen) eine Vorbildfunktion, Autorität und Vertrau- Entwicklungspotenziale ensperson zugleich darzustellen. Ehemalige Inhaftierte können Vor allem die Ausbreitung des Projekts in in die Vereinsarbeit integriert werden, damit Resozialisierung andere Bundesländer steht momentan im stattfindet und der Verein noch mehr Jugendliche erreichen Fokus. Hierzu müssen die Justizvollzugsan- kann. Mit dem außergewöhnlichen Konzept des Vereins werden stalten, -ministerien und -senate gewonnen viele Förderpreise gewonnen. Die öffentliche Resonanz ist sehr werden. Zur Realisierung dieses Vorhabens positiv. Die Justizbehörde ist dem Projekt sehr gewogen und müssen motivierte Inhaftierte in den JVAs trägt es dauerhaft mit. gefunden werden. Die Mobilisierung weiterer finanzieller Ressourcen und der Ausbau des Herausforderungen und Risiken in den Teams zur Entlastung des Geschäftsführers nächsten Entwicklungsschritten sind daher wichtige Schritte. Unterstüt- Besondere Kompetenz und Vereinsorganisation obliegt zur Zeit zend wirken könnte hierbei unter anderem vorwiegend dem Geschäftsführer. Der Verein ist aktuell aufgrund eine prominente Person als Schirmherr der personellen und finanziellen Situation nur eingeschränkt (z. B. Boxen, Musik), um für Aufmerksam- expansionsfähig. Eine weitere Diversifizierung der Einnahmen keit zu sorgen und dadurch zur Auswei- wird angestrebt, um finanziell unabhängiger zu werden. Das Po- tung von unseren Projekten beitragen. JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014 | 26 | ORGANISATION UND TEAM. Derzeit hat der Verein drei Vollzeitkräfte – den Geschäftsführer und zwei Inhaftierte, die sich im offenen Vollzug befinden – und zwei geringfügig Beschäftigte angestellt. Die weitere Arbeit wird von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus der JVA, ehemaligen Inhaftierten und dem ehrenamtlichen Vorstand unterstützt. Letzteres unterstützt uns nicht nur mit seiner Expertise, sondern dient dem Verein und der Geschäftsführung gleichzeitig als Kontrollorgan. Volkert Ruhe Geschäftsführung, AGT Trainer, Administration, Projektleitung Henry-Oliver Jakobs stellv. Geschäftsführung, AGT Trainer, Administration, Projektleitung Digde Girgin angehende Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin, Buchhaltung-Fundraising-Öffentlichkeitsarbeit Halil Sener stellv. Projektleitung an der FriedaStoppenbrink-Schule A. 06 Karsten Kneip EDV (Honorarkraft) Organigramm Bahar Toraman stellv. Projektleitung u. a. für das Mädchenprojekt „Hahnöfersand“ Mitgliederversammlung Dennis Teubner Dipl. Kaufmann, Coaching-BeratungMediation (Ehrenamtlich) Ulrike Anna Kindler Dipl. Sozialarbeiterin / Schulische Gewaltprävention (Ehrenamtlich) Vorstand Stefan Herbert Rechtsanwalt (Ehrenamtlich) Geschäftsführung Verwaltung Team in der JVA Ehrenamtliche Brigitta Maren Balz ehrenamtlich im Bereich der Administrationsarbeit Honorarkräfte Die JVA Teams 10 Inhaftierte, werden hier nicht namentlich erwähnt, um eine Stigmatisierung zu verhindern. Ebenfalls viele ehemalige Inhaftierte, die uns weiterhin ehrenamtlich bei der Arbeit unterstützen. | 27 | EINNAHMEN UND AUSGABEN. A. 07 Einnahme,- Überschussrechnung Einnahmen 2012 2013 2014 Zuwendungen / Spenden 69.480,31 € 99.015,31 € 75.798,00 € Zuschüsse Behörden Honorare Mitgliedsbeiträge Mieterträge Zinserträge 8.390,00 € 18.798,30 € 1.050,00 € 10.401,15 € 64,57 € 8.390,00 € 22.390,42 € 897,50 € 9.000,00 € 40,58 € 8.390,00 € 26.396,79 € 900,00 € 9.000,00 € 26,22 € 108.184,33 € 139.733,81 € 120.511,01€ 69.634,22 € 24.842,06 € 11.550,15 € 67.634,14 € 27.419,09 € 23.510,22 € 62.571,46 € 28.026,89 € 22.960,08 € 106.026,43 € 118.572,45 € 113.558,43 € 2.157,90 € 21.161,36 € 6.952,58 € Summe Ausgaben Personalkosten / Honorare Mietkosten sonstige Kosten Summe G/V Durch Einsparungen und zuverlässige Spender, konnten wir im winn für das Jahr 2014 nicht ganz so hoch Jahr 2012 einen Gewinn für den Verein verzeichnen. 2013 konn- ausgefallen. te durch zuverlässige Spender, die Fellowmitgliedschaft des Geschäftsführers bei Ashoka und durch die Förderung unserer Weiterhin ist an dieser Stelle zu erwähnen, Projekte durch Stiftungen (und ähnlichem) ein hoher Gewinn für dass der Verein zum größten Teil aus Spen- unseren Verein verzeichnet werden. den finanziert wird. Ein kleiner Teil wird durch die Behörde bezuschusst. Des Weite- Durch eine einmalige Spendensumme im Jahr 2013 für drei ren trägt sich der Verein über einen kleinen AGT-Kurse von der Robert-Bosch Stiftung konnte für das Jahr Mitgliederkreis und seine Honorare für an- ein hohes Plus erreicht werden. Dementsprechend ist der Ge- gebotene Projekte. KONTAKT GEFANGENE HELFEN JUGENDLICHEN E. V. Wandsbeker Königstraße 50 22041 Hamburg Telefon +49 40 386 14-390 Fax -462 E-Mail: [email protected] www.gefangene-helfen-jugendlichen.de Mit freundlicher Unterstützung von ASHOKA SPENDENKONTO EDG Bank Kiel (Evangelische Darlehnsgenossenschaft) Konto-Nr.: 488526 Bankleitzahl: 21060237 IBAN: DE48 2106 0237 0000 4885 26 BIC: GENODEF1EDG Grafik: wn8.de
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