Jahres u. Wirkungsbericht 2014 - Gefangene helfen Jugendlichen eV

GEFANGENE HELFEN JUGENDLICHEN E.V.
Jahres- und Wirkungsbericht 2014
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
NETZWERK.
Ashoka
Robert Bosch Stiftung
Körber-Stiftung
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Subsidium e.V. München
Umbra Kunstfabrik Essen
Common Purpose Hamburg
Art and Prison Berlin
Come In Hamburg
Norddeutsche Schulen und ca. 100 Freie Träger der Jugendhilfe
KOOPERATIONEN.
Polizei Elmshorn
Jugendbeauftragte der Polizei HH
Weisser Ring Landesverband HH
Hamburger Ausbildungszentrum e.V.
Diakonisches Werk Hamburg
Conflictcontrol
Social Projects
Box School e.V.
Anti Gewalt Training SH Netzwerk
EVOLUTION.
Jugendgruppenbesuche auch mit weiblichen Jugendlichen in der JVA Hahnöfersand
Multiplikatorenveranstaltungen
Präventionsunterricht in Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen
Eiskalt gegen Gewalt (Anti-Gewalt-Training)
Deeskalationstraining an Schulen
Sportprojekte
All diese verschiedenen Projekte machen unsere Arbeit zu einem einheitlichen Gesamtkonzept.
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INHALT.
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Vorwort.
O-Töne.
Das gesellschaftliche Problem.
Bisherige Lösungsansätze.
Unser Lösungsansatz.
Unsere Arbeitsbereiche.
Zahlen & Fakten.
Verbreitung des Lösungsansatzes und Stand der Verbreitung.
Indirekte Verbreitung unseres Lösungsansatzes.
2014 im Rückblick.
Gesellschaftliche Wirkung: Rückfallquote.
Wiederinhaftierungsrate von am Projekt beteiligten Inhaftierten.
Evaluation und Qualitätssicherung.
Status Quo und Ausblick.
Organisation und Team.
Einnahmen und Ausgaben.
Impressum.
Über diesen Bericht
Der folgende Bericht bezieht sich auf die Aktivitäten des Vereins Gefangene helfen Jugendlichen e.V.
für den Zeitraum vom 01.01.2014– 31.12.2014
Vereinssitz ist die Wandsbeker Königstr. 50 in 22041 Hamburg
Eingetragen beim Amtsgericht Hamburg unter VZ 16743
Der Bericht wurde angelehnt an die Vorgaben des SRS erstellt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige
Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für
beiderlei Geschlecht.
Ansprechpartner: Volkert Ruhe, [email protected]
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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
VISION.
Abbringen gefährdeter Jugendliche aller Nationalitäten durch Konfrontation mit dem
Knastalltag und Gefangenen-Biografien von einer kriminellen Laufbahn.
Unterstützung der Gefangenen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
Der Verein Gefangene helfen Jugendlichen e.V. arbeitet
Arbeit entsteht nicht nur ein Vorteil für die
präventiv mit Jugendlichen zwischen 12 und 21 Jahren, die
Jugendlichen – auch der Gesellschaft wird
am Rande einer kriminellen Laufbahn stehen oder bereits
dadurch mehr Sicherheit gegeben. Die
straffällig geworden sind. Im Zentrum unserer Arbeit stehen
Motivation der Gefangenen zu diesem
Konzepte, die auf mehreren Ebenen gleichzeitig ansetzen:
Projekt besteht darin, andere vor einem
Jugendliche sollen bei der Erarbeitung von Lösungen effektiv
ähnlichen Schicksal zu bewahren, die
eingebunden werden und die Opfer in den Blick nehmen. Die
eigene Vergangenheit aufzuarbeiten und et-
Förderung pro-sozialer Verhaltensweisen und die Vermittlung
was von dem wiedergutzumachen, was der
von Handlungskompetenzen wird angestrebt.
Gesellschaft an Schaden zugefügt wurde.
Unsere Projekte sind auf geschlechtsspezifische Probleme
Neben den Zielgruppen der Jugendlichen
zugeschnitten.Die zwei Grundgedanken sind somit, erstens
und Multiplikatoren profitieren auch die
gefährdete Jugendliche aller Nationalitäten durch Konfrontati-
aktiv am Projekt beteiligten Insassen von
on mit dem Knastalltag und mit den Biografien der Gefangenen
dieser Präventionsarbeit (Win-Win-Situa-
von einer kriminellen Laufbahn abzubringen und zweitens die
tion). Dadurch übernehmen die beteiligten
Gefangenen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft
Insassen einen großen Teil ihrer Resoziali-
zu unterstützen. Betroffene Jugendliche sollen vor den gra-
sierung selber.
vierenden und folgenschweren Konsequenzen von Kriminalität (Isolation, Einsamkeit, Fremdbestimmtheit, emotionale
Verarmung, Gewalt, Abschiebung) bewahrt werden. Wir wollen
erreichen, dass Jugendliche von Gewaltausübungen absehen
und weniger kriminelle Delikte begangen werden. Durch diese
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PREISE
2007
Präventionspreis der Landespolizei SH
2008
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Aktiv für Demokratie und Toleranz
2009
startsocial Bundessieger
Körber-Stiftung
Anstiften 50 Impulse für Hamburg
2010
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Gegen Extremismus und Gewalt
2011
Deutschland Land der Ideen
Ausgewählter Ort
Deutscher Engagement Preis
Finalist in der Kategorie Publikumspreis
2013
Ashoka Fellowship
2014
Diakonie MitMenschlichkeit
Innenansicht Santa Fu
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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VORWORT.
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
die Idee zu dem Verein Gefangene helfen Jugendlichen entstand 1996 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, genannt
„Santa Fu“, durch die Initiative von drei Inhaftierten.
Die Projektkonzeption „Santa Fu für Jugendliche“ wurde in Zusammenarbeit mit der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung und der Justizbehörde erarbeitet. Nach einer Erprobungsphase im Jahr 1998 hat sich das Projekt der JVA - Besuche
mit Jugendlichen durchgesetzt und wird seitdem als Kernprojekt des Vereins betrieben. Gefangene helfen Jugendlichen e.V.
ist seit 2001 ein eingetragener Verein und hat seit 2005 die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe.
Die Einzigartigkeit besteht darin, dass Gefangene von „drinnen“ mit den Jugendlichen „draußen“ Kontakt aufnehmen.
Den Schwerpunkt des Besuchs vor Ort legt das Team von Gefangene helfen Jugendlichen e.V. in das Gespräch zwischen
delinquenten Jugendlichen und ausgewählten, verantwortungsvollen Insassen, die ihre Taten bereuen. Der Besuch soll die
Gedanken und Lebensplanungen der Jugendlichen erreichen. Er soll Irritationen in die Klischees und Stereotype der Jugendlichen von Kriminalität, Gefängnis und Gewalt bringen – es ist ein Denkanstoß – Denken und Handeln müssen die Jugendlichen selbst.
Starke Kooperationspartner, zuverlässige Förderer und ein beständiges Team haben es uns möglich gemacht, dass wir bereits
über 5.000 Jugendliche durch den Besuch in den Justizvollzugsanstalten und über 11.500 Schüler durch den Präventionsunterricht erreichen konnten.
Hamburg, 20. April 2015
Herzlichst
Ihr Volkert Ruhe
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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„Ich grüße alle die an diesem
Projekt mitarbeiten, schade dass
es so etwas in unserer Region
nicht gibt. Es würde so manchen
Jugendlichen vor schlimmeren
bewahren. Es grüßt euch eine
betroffene Mutter.“
(Renger Marion aus Bayreuth)
Das Team in der JVA
„Ein Gefängnisplatz kostet ca. 90-100 am Tag, das wären ca. 34.000,- € pro Jahr.
So gesehen überschreitet Gefangene helfen Jugendlichen e.V. den Break-Even,
wenn sie mit Ihrem Jahresetat von TEUR 30 nur EIN Knastjahr pro Geschäftsjahr verhindern.
Und es dürften aber deutlich mehr Jugendliche pro Jahr
(konservativ angenommen einer pro Gruppe = 24 p.a.) sein,
die diesen Weg zunächst nicht – oder hoffentlich nie antreten.
Ersparnis für die Öffentlichkeit: € 816.000,- p.a.
Das wäre dann ein ROI (Return on Investment) von 2.720 % p.a.
Unter Annahme dieser Bedingungen wäre die Stadt/der Staat ein
Investmentgenie, würde er Gefangene helfen Jugendlichen e.V. voll finanzieren.
Der soziale langfristige ROI dürfte allerdings noch erheblich größer ausfallen.“
(E-Mail eines Vereinsmitglieds aus 2005)
Zellentrakt JVA Fuhlsbüttel
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„GHJ ist der wohl einzige Verein in Deutschland,
der es geschafft hat, das durchweg negativ überzeichnete Bild
des Strafgefangenen in den Medien auch einmal positiv zu besetzen.
GHJ ist fast die einzige Möglichkeit für weibliche und männliche Strafgefangene in
Hamburg, während ihrer Haftzeit etwas Sinnvolles zu tun. GHJ erreicht Jugendliche,
die sonst auf keinen mehr hören.“
(Stefan Herbert)
„Ich wollte meinen damals jugendlichen Sohn
schützen. Gewalt unter Jugendlichen schien
ihm ganz normal zu sein. Ich bin dem Verein
dankbar, dass er Jugendlichen aufzeigt, wohin
diese „Normalität“ führen kann - und wie sich
das anfühlt, im Knast zu sein.“
(Dennis Teubner APERSO e. K.)
Ausblick Santa Fu
Büroarbeit bei GHJ
Vorbereitungsgespräch mit Jugendlichen
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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Mädchen auf dem Weg ins Frauengefängnis
sehr nützlich ich würde das
„ich fand das projekt ghj für mich
e Vergangenheit baten und ihr
auch anderen raten die eine schlecht
macht ich bedanke mich bei den
werdet euch schon freuen wen ihr das
die Jugend machen echt krass leute
gefangenen sehr das sie so was für
kkkkkkkkkkkkk am anfang denkt ihr
die sind ehrlich cool macht das okkk
euch dabei täuschen
das ist was witziges aber ihr werdet
osdorf 53 bedankt sich“
(keko)
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Einfahrt Frauengefängnis Elbinsel Hahnöfersand
„Erstmal dicken respekt Volker!!!
JUngz ich sags nicht zum spass geht dahin und ihr werdet
schon die Finger von scheissebauen lassen!!
Ich war letztens da und sag euch es ist korrekt und hat echt
spass gemacht!! wer nicht packt,viel spas :-;“
(King OfHH)
O-TÖNE
von Jugendlichen, die am Projekt im Knast
teilgenommen haben.
„So habe ich mir das nicht
vorgestellt, hier möchte ich nie
landen.“
„Wenn ich das vorher gewusst
hätte, hätte ich keine Scheiße
gebaut.“
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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DAS GESELLSCHAFTLICHE
PROBLEM.
Fast täglich erobern Berichte zu dem Thema Jugendgewalt die Schlagzeilen der Presse.
Gewalttätige Kinder und Jugendliche, kaum ein anderes Thema
Auch bei Betrachtung der Opferstatistik,
hat zuletzt in der Öffentlichkeit für so viel Aufsehen gesorgt wie
die vornehmlich Gewalthandlungen betrifft,
dieses. Fast täglich erobern Berichte zu dem Thema Jugend-
wird deutlich, dass auch hier die Jugend-
gewalt die Schlagzeilen der Presse. Dass Jugendliche Grenzen
lichen im Vergleich zu ihrem Anteil an der
austesten, ist normal – es gehört zum Erwachsen werden dazu.
Bevölkerung überrepräsentiert sind. Das
Aber was steckt dahinter, wenn jemand zuschlägt, weil ein an-
Verhältnis zwischen Opfern und Tätern in
derer blöd guckt? Wie leben Jugendliche ihre Frustration, ihre
dieser Altersgruppe zeigt einen kaum vor-
Aggressionen aus? Fest steht: „Strafen“ bzw. schulrechtliche
handenen Unterschied. So liegt der Anteil
Sanktionen im Sinne von Erziehungsmaßnahmen allein sind kei-
der unter 21-Jährigen an den Opfern bei
ne Lösung, da sie keine Antwort auf das fehlende Einfühlungs-
etwa 19,1 % und ist somit zwölf Prozent-
vermögen der Täter und ihre massiven Rechtfertigungs- und
punkte höher als ihr Anteil an der Wohnbe-
Verharmlosungsstrategien geben und damit auch keine dauer-
völkerung (7,1 %).
haften Verhaltensänderungen erlauben.
Nicht nur ihr Anteil an den Tatverdächti-
A. 01
19 %
gen ist sehr hoch, auch die Rückfallquote
19,1 %
registrierte Tatverdächtige
registrierte Opfer
Bevölkerungsanteil
von bereits entlassenen Jugendlichen aus
Jugendstrafen und –arresten (ohne eine
anschließende Bewährung) liegt bei ca. 70
%. Auch die Wiederinhaftierungsrate von
7,1 %
Erwachsenen zeigt ein erschreckendes Ergebnis: Auch hier kehren mehr als die Hälf-
14 bis unter 21-Jährige
te aller entlassenen Strafgefangenen in den
Junge Menschen zwischen 14 und unter 21 Jahren haben einen Anteil von
19 % an allen im Jahr 2013 registrierten Tatverdächtigen.
Strafvollzug zurück.Die erfassten Zahlen
Da sie aber lediglich knapp 7,1 % der Bevölkerung ausmachen,
kann durchaus davon ausgegangen werden,
sind sie damit in Relation zu ihrem Anteil an der Bevölkerung
dass das Dunkelfeld, also die nicht bekannt
stark überrepräsentiert. Hinzu kommt die Tatsache, dass mehr
gewordene Kriminalität, die statistisch er-
als ein Viertel der jugendlichen Tatverdächtigen mehrfach (2 bis
fassten Zahlen übertrifft.
5 Mal) als Tatverdächtige zu verzeichnen sind.
spiegeln lediglich das Hellfeld wieder. Es
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BISHERIGE
LÖSUNGSANSÄTZE.
Das jetzige vorherrschende „Vollzugsdenken“ muss überwunden werden.
90 % aller zur Verfügung stehenden Resozialisierungskosten
sie im Kern einen rein pädagogischen An-
werden z.Zt. Für den Vollzug aufgewandt. Das bedeutet, dass le-
satz. An diesem ist vorerst nichts auszu-
diglich 10 % für ambulante Dienste der Justiz verwendet werden.
setzen. Versetzt man sich nun aber in die
Einen kausalen Zusammenhang schafft somit die Wiederinhaftie-
Lage eines Jugendlichen, der etliche dieser
rungsrate von Jugendlichen und Erwachsenen. Scheinbar schla-
Maßnahmen durchgemacht hat, stellt sich
gen die resozialisierenden Ansätze der Justizvollzugsanstalten
in dieser Hinsicht eventuell eine Art Resi-
nicht an. Statistisch belegt wird dies durch die Untersuchung des
gnation ein. Den Jugendlichen fehlt es an
Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Der zu-
dieser Stelle an Authentizität; an Personen,
folge wird lediglich bei 30 % der Entlassenen die Reststrafe zur
die sowohl die methodische Kompetenz
Bewährung ausgesetzt. Bei dieser Personengruppe, egal ob es
mitbringen als auch eine Identifikationsfi-
sich um Jugendliche oder Erwachsene handelt, liegt die Rück-
gur darstellen und somit das Arbeiten auf
fallquote deutlich niedriger. 70 % werden folglich nicht weiter
einer anderen Ebene zulassen.
durch ambulante Dienste der Justiz betreut. Die Wahrscheinlichkeit in ein „Entlassungsloch“ zu fallen und wieder kriminell
Ebenfalls hoch umstritten ist die Prävention
zu agieren, ist dadurch immens hoch.
im Kindesalter. Durch präventive Ansätze in
jungen Jahren wird nicht nur eine Stigmati-
Auch die zahlreichen Projekte der freien Straffälligenhilfe
sierung von Kindern riskiert, sondern auch
könnten bei dieser Problematik zwar mit professioneller und
eine Kriminalisierung. Vergessen dabei wird
hilfreicher Arbeit Abhilfe schaffen. Sie sind aber zum größten
aber häufig, dass bereits die Förderung von
Teil strukturell unterfinanziert und somit existenziell bedroht.
pro-sozialen Handlungsweisen, also z. B.
Das Fehlen von Landesresozialisierungsgesetzen, die eine
der richtige Umgang miteinander, präven-
strukturelle Absicherung gewährleisten könnten, wird hier be-
tive Erfolge in späteren Jahren aufweisen
sonders deutlich. Um das Abrutschen in kriminelle Handlungs-
kann. Hierzu gilt es weitaus mehr Angebote
weisen zu verhindern, bevor es zu Konsequenzen kommt, gibt es
für Kinder und Eltern z. B. in Kindergärten zu
viele freie Träger der Jugendhilfe. Diese bieten verschiedenste
etablieren.
präventive Angebote in Form von Anti-Gewalt und Anti-Aggressionskursen, sowie Coolnesstrainings und soziale Trainingskurse. Auch diese Einrichtungen sehen sich grundsätzlich mit
der strukturellen Unterfinanzierung bedroht. Zudem verfolgen
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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UNSER LÖSUNGSANSATZ.
Im Rahmen unserer Arbeit geht es darum, bei den Jugendlichen eine höhere Sensibilität für
andere zu entwickeln und Hilfsbereitschaft sowie positives Verhalten zu fördern, in dem sie auf die Folgen ihres
Handelns für eine andere Person hingewiesen werden, also Zusammenhänge
hergestellt und eigenes Fehlverhalten einsichtig gemacht wird.
Ein wesentliches Mittel zur Verhinderung gewalttätiger Aus-
Die Praxis hat gezeigt, dass es ihnen nicht
einandersetzungen ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur
mehr so leicht fällt, die Faust in das Gesicht
Empathie. Die meisten gewalttätigen Jugendlichen haben kaum
des anderen Menschen zu schlagen; sie
Schuldgefühle und sind wenig bereit, ihr Verhalten zu reflektie-
verlieren den „Spaß“ an der Gewalt.
ren und zu ändern. Auf Vorwürfe reagieren sie mit Rechtfertigungen und Verharmlosungen.
Aggressionen hat jeder Mensch. Dies kann,
muss aber nicht zu aggressivem Verhalten
Die Opfer sind ihr großes Tabuthema – und das aus gutem
führen. Die Ursachen aggressiven Verhal-
Grund: Das Nachdenken über die Opfer, das Einfühlen in ihr Leid,
tens sind vielschichtig. Unbestritten tragen
verdirbt den Kick beim Ausüben physischer und psychischer
gesellschaftliche Benachteiligung, Selbst-
Gewalt. Empathie mit einem anderen Menschen bedeutet, sich in
wertverletzungen und Frustrationen zur
dessen Lage zu versetzen und sich darüber klar zu werden, was
Entstehung von Aggressionen bei. Viele Ju-
der andere fühlen könnte, die eigenen Gefühle zu erkennen und
gendliche suchen durch ihre Gewalt nach
angemessen zu reagieren.
Selbstbestätigung. Sie verteidigen ihre Ehre,
verschaffen sich Respekt, demonstrieren
UNSER ZIELE
Stärke und Durchsetzungsfähigkeit, stellen-
KONFRONTIEREN ­
DISKUTIEREN
INFORMIEREN
SENSIBILISIEREN
Die meisten Lernpsychologen vertreten die
Hierarchien her und suchen Anerkennung.
Auffassung, dass aggressives Verhalten erlernt und somit auch wieder verlernt werden
kann. Unsere Arbeit verfolgt vor allem das
Ziel, dass beim Auftreten einer kritischen Situation der Blick zuerst nach innen gewandt
Wiederholtes Konfrontieren mit den Folgen der eigenen Gewalt-
wird und somit ein Selbstregulierungspro-
tat, wie auch die Perspektivenübernahme, bei der man sich in
zess entsteht. Ziel ist es, Routinemuster und
die Rolle und Position eines anderen hineinversetzt und die Welt
Automatismen aufzulösen, Handlungsalter-
versucht aus dessen Sicht zu sehen, wirkt sich nachweislich
nativen zu entwickeln und eine dauerhafte
aggressionshemmend auf die Gewaltbereitschaft der Täter aus.
Verhaltensänderung herbeizuführen.
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GEFANGENE HELFEN
JUGENDLICHEN
IST ANERKANNTER TRÄGER
DER FREIEN JUGENDHILFE.
Konflikte gehören zum Leben; ohne Streit und Auseinanderset-
tenden sozialen Normen im Elternhaus und
zung kommt keine zwischenmenschliche Beziehung aus.
in der Schule. Wenn ihnen hier hilfreiches
Verhalten nicht vorgemacht wird und ihnen
Auffällig aber ist bei aggressiven Jugendlichen, dass diese
selbst auch keine ausreichenden Reakti-
außer Beleidigungen und Tätlichkeiten wenig Konfliktbewäl-
onsgelegenheiten gegeben werden, dann
tigungsstrategien zu bieten haben. Dabei ist das eigene Kon-
können sie Hilfeverhalten kaum erproben
fliktverhalten oft eine Kopie dessen, was man sich bei seinen
und auch keine pro-sozialen Kompetenzen
Vorbildern, z. B. bei den Eltern oder in der Peer-Group, also
entwickeln; auch an der nötigen Motivation
unter Gleichgesinnten angeeignet hat und wird somit schon in
zum Eingreifen dürfte es fehlen.
jungen Jahren geprägt. Daher ist es zunächst erforderlich, die
eigene Rolle in der Auseinandersetzung und die oft unbewussten
Interessen, die konstruktiven oder destruktiven Anteile der eigenen Person zu erkennen.
Eine faire Konfliktlösung setzt voraus, dass die eigenen Interessen und Bedürfnisse nicht mit allen Mitteln verfolgt werden und
dass die Interessen anderer als gleichberechtigt anzuerkennen
sind. Gefangene helfen Jugendlichen soll den Jugendlichen dabei
helfen, Konfliktsituationen rechtzeitig zu erkennen und einzuschätzen und durch deeskalierende Konfliktlösungsstrategien zu
vermeiden.
Präventionsunterricht
Pro-soziales Verhalten ist jede Handlung, die das Ziel hat, einem
anderen Menschen Gutes zu tun und bedeutet, den Egoismus
um des anderen Willen zurückzustellen. Empathie spielt bei
der Ausbildung pro-sozialer Verhaltensweisen eine große Rolle. Besorgniserregend in der heutigen Ellbogengesellschaft ist
die zunehmende Rücksichtslosigkeit in der Durchsetzung der
eigenen Interessen. Kinder erlernen die in der Gesellschaft gel-
Gespräch mit Häftlingen
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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UNSERE ARBEITSBEREICHE.
Unsere Arbeit beruht auf fünf unterschiedlichen Säulen.
Besuch einer JVA für männliche und
weibliche Jugendliche.
Gefährdete und delinquente Jugendliche erhalten über einen
Eiskalt gegen Gewalt.
Besuch der Justizvollzugsanstalt (JVA) die Möglichkeit, die Le-
Das Projekt „Eiskalt gegen Gewalt“ verbin-
bensbedingungen in einer Haftanstalt kennenzulernen und mit
det verschiedene Maßnahmen wie das An-
dort Inhaftierten zu sprechen. Dieser Besuch erfolgt gemeinsam
ti-Gewalt-Training, den Besuch einer Justiz-
mit Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern von Jugendhilfeeinrich-
vollzugsanstalt, sowie die Nachbetreuung in
tungen (Jugendgerichtshilfe, Jugendwohnungen, Häusern der
Form von Sport-Workshops, Bewerbungs-
Jugend) oder mit Lehrkräften von Schulen. Der Besuch der JVA
training und Ausbildungsplatzvermittlung
wird in eine inhaltliche Vor- und Nachbereitung eingebettet, wo-
zu einem einheitlichen Gesamtkonzept. Un-
bei die betreuenden Fachkräfte der Jugendlichen bzw. die Koo-
ter Anwendung lerntheoretischer Methoden
peration mit den Jugendbeauftragten der Polizei eingehen.
wird eine Verhaltensveränderung bewirkt,
die die Teilnehmer befähigen soll, in Kon-
Präventionsunterricht an Schulen
fliktsituationen besonnen zu reagieren und
oder Jugendhilfeeinrichtungen.
ein gewaltfreies Leben zu führen.
Über Besuche der Mitarbeiter des Vereins wird Präventionsarbeit
an Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen in Hamburg und Umge-
Suchtprävention .
bung geleistet. Dort werden Jugendliche, Schüler und Lehrkräfte
Bei der Suchtprävention vermitteln und
über Haftbedingungen, das Leben in Haft, das Abrutschen in das
verdeutlichen ehemalige Haftinsassen den
kriminelle Milieu, Jugendgewalt und über Erfahrungen ehema-
Schulklassen und Jugendgruppen, welche
liger Inhaftierter informiert.
Konsequenzen durch die Sucht- und Drogenproblematik entstehen können. Dabei wird
Multiplikatorenveranstaltungen.
auf die finanziellen, beruflichen, familiären,
Der Verein und die Gefangenen veranschaulichen Mitarbeitern
psychischen und physischen Folgen einge-
von interessierten Einrichtungen vor Ort in „Santa Fu“ bzw. in
gangen, u. a. mit Hilfe eines ehemaligen Ab-
den Vereinsräumen, u. a. wie der Gefängnisalltag aussieht und
hängigen und von Rollenspielen soll die Ein-
was mit den Besuchen der Jugendgruppen in der JVA bewirkt
sichtsbereitschaft der Jugendlichen noch
werden soll.
erhöht werden.
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ZAHLEN & FAKTEN.
Entwicklung Anzahl Teilnehmer & Präventionsunterricht an Schulen von 1998 bis 2014
A. 02
5.000
Weibliche und männliche Teilnehmer
4.500
in den Hamburger JVA‘s
4.700
3.500
2.300
980
80
300
1998 2001 20042007 2010 2012 2013 2014
A. 03
Präventionsunterricht an Schulen und
10.000
Jugendhilfeeinrichtungen
10.800
11.500
7200
5200
1800
600
2000
2003
2006
2009
2012
20132014
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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
VERBREITUNG DES
LÖSUNGSANSATZES UND
STAND DER VERBREITUNG.
Direkte Verbreitung durch Aufbau von GhJ-Aktivitäten
an verschiedenen Standorten.
Im vergangenen Jahr haben wir Kontakt mit der Justizvoll-
Erste Kontakte sind auch nach Remscheid
zugsanstalt Hannover aufgenommen, um auch dort das Pro-
aufgenommen worden und konkretisie-
jekt Gefangene helfen Jugendlichen zu installieren. Eine
ren sich zur Zeit. Der Start in NRW erfolgt
Kick-Off-Veranstaltung ist für Ende April 2015 geplant.
voraussichtlich im Sommer 2015.
Weiterhin wird GhJ in Zusammenarbeit mit dem Hauptstandpunkt Hamburg in den Städten Bremen und SchleswigHolstein (Neumünster) bereits erfolgreich durchgeführt.
Neumünster
Seit 2009
Hamburg
Seit 1998
Bremen
Seit 2005
Hannover
Start: 30.04.2015
NRW-Remscheid
Start: Juni 2015
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INDIREKTE
VERBREITUNG UNSERES
LÖSUNGSANSATZES.
Durch erfolgreiche Netzwerkarbeit sind wir in der Lage Veränderungen, sowohl auf politischer
als auch gesellschaftlicher Ebene, anzustreben und zu bewirken.
Die Arbeit auf gesellschaftlicher Ebene muss auch die Arbeit
geprägte Diskursfähigkeit auf. Auch durch
auf politischer Ebene beinhalten. Sie sorgt für gesellschaftliche
unsere zahlreichen Kooperationspartner-
Veränderungen und bietet sowohl die Möglichkeit zur Positionie-
schaften verbreiten wir unseren Lösungs-
rung als auch zur Diskussion und Darstellung. Zu diesem Zweck
ansatz. Durch die verschiedenen Arbeitswei-
sind wir in der gesellschaftlichen Entwicklung auf politischer
sen werden wir nicht nur zu gegenseitigen
Ebene aktiv.
Multiplikatoren unserer Arbeit, sondern
können unsere Arbeit dadurch auch weiter-
Robert Bosch Stiftung: Die Verantwortlichen
entwickeln. Als Mitglied im Dachverband
Die Verantwortlichen arbeiten in vielen unterschiedlichen Pro-
des Diakonisches Werks Hamburg haben
jekten aus den Themenbereichen Bildung, Völkerverständigung,
wir die Möglichkeit unsere Arbeit zu verbrei-
Wissenschaft, Gesundheit, Gesellschaft und Kultur. Sie unter-
ten; sowohl mit den anderen Institutionen
stützen benachteiligte Jugendliche, helfen bei der Integration von
des Dachverbands oder aber auch mit den
Migranten oder betreuen Demenzpatienten. Meist sind es kleine
Diakonischen Werken anderer Bundesländer
lokale Initiativen, teilweise haben sie – wie die Tafeln – auch über-
in Deutschland.
regional Bedeutung und Bekanntheit gewonnen.
Nicht weniger als unsere KooperationspartKörber-Stiftung: Die Beweger
ner und unser Dachverband sind die Justiz-
Im Programm »Die Beweger« versammelt die Körber-Stiftung
behörden, Justizvollzugsanstalten und ihre
einen exklusiven Kreis von herausragenden Vertretern der Bür-
Leitungen für die indirekte Verbreitung un-
gergesellschaft. Bei den Teilnehmern handelt es sich um bürger-
serer Arbeit wichtig. Uns bereits bekannte
gesellschaftliche Vorreiter, die sich persönlich für gesellschaft-
Justizvollzugsanstalten erleichtern und er-
liche Veränderung engagieren und die sich mit ihren »bottom up«
möglichen uns den Kontakt und die Bereit-
entwickelten Projekten oder gemeinnützigen Initiativen bereits
schaft zur Teilnahme an unseren Projekten
einen Namen gemacht haben. Sie sind Gründer/in oder Ge-
bei weiteren Leitungen von Justizvollzugs-
schäftsführer/in einer gemeinnützigen Organisation und verfü-
anstalten.
gen über ein politisches Selbstverständnis und weisen eine aus-
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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2014 IM RÜCKBLICK.
Es handelt sich dabei um Frauen und Männer, die mit innovativen,
replizierbaren Konzepten gesellschaftliche Probleme lösen.
2014 war ein ereignisreiches Jahr für unseren Verein, wodurch
heit einer Beratungsstelle für (ehemalige)
wir von positiven Entwicklungen profitieren konnten. Neben 18
Inhaftierte. Die Durchführung wird voraus-
Jungen- und Mädchengruppen, die die Vollzugsanstalten be-
sichtlich im Sommer 2014 beginnen.
sucht haben, konnten wir 55 Schulklassen und Gruppen in Präventions- und Informationsver-anstaltungen die Konsequenzen
Auch in Hannover hat sich vieles getan:
kriminellen Handelns veranschaulichen. Unseren Anti-Ge-
Nachdem die Gespräche für eine Umset-
walt-Kurs „Eiskalt gegen Gewalt“ haben in zwei Durchgängen 11
zung für die Gefängnisbesuche vor einiger
Jugendliche erfolgreich abgeschlossen. Die Nachfrage seitens
Zeit begonnen haben, haben sich die Ideen
der Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen ist weiterhin sehr
und Umsetzungsvorschläge konkretisiert.
groß, sodass wir bereits im Dezember 2014 weitestgehend bis
Mitarbeiter und Insassen wurden aufwändig
zum Sommer 2015 ausgebucht sind. Bereits 2013 eingeführte
geschult und auf die Arbeit vorbereitet. Eine
Evaluationsbögen bestätigen unsere Arbeit. Vorläufige Ergeb-
Kick-Off-Veranstaltung findet Ende April
nisse sind in diesem Wirkungsbericht zu finden.
2015 statt.
Auch in diesem Jahr ist es uns gelungen einen weiteren In-
Unser Geschäftsführer ist bereits 2013 auf-
haftierten im offenen Vollzug eine Vollzeitbeschäftigung zu
grund seiner Präventionsarbeit, die Dialoge
schaffen, welcher bereits seit 2007 die Jugendlichen in Santa Fu
auf Augenhöhe mit (ehemaligen) Gefange-
betreut hat. Seit Mai 2014 ist er als Stellvertreter für unseren
nen ermöglicht, als „Fellow“ bei Ashoka
Verein an der Frieda-Stoppenbrink-Schule tätig. Seine Arbeit
ernannt worden. Durch ein damit einher-
dort sieht die präventive Beratung der auffälligen Schülerinnen
gehendes Stipendium konnte sich der Ge-
und Schüler vor. Inzwischen haben wir auch eine weitere ehe-
schäftsführer vermehrt den Skalierungs-
malige Inhaftierte auf geringfügiger Basis eingestellt. Beide sind
prozessen in NRW und Hannover widmen.
zur Entlastung des Geschäftsführers vorgesehen, sodass dieser
sich auf die bundesweite Skalierung unserer Projekte konzentrieren kann.
Die Standorte in Bremen und Neumünster laufen bereits seit
mehreren Jahren eigenständig. 2013 hat sich außerdem ein
Team in Nordrhein-Westfalen zusammengefunden. Während
beide Säulen unserer Arbeit (Prävention & Resozialisierung) unterstützt werden, birgt der neue Standort auch die Besonder-
Ashoka ist die erste und weltweit führende Organisation zur Förderung von Social Entrepreneurship
(Sozialunternehmertum).
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GESELLSCHAFTLICHE
WIRKUNG: RÜCKFALLQUOTE.
Eine wissenschaftlich korrekte Evaluation in dem Sinne einer
Bei jedem auffällig gewordenen Delin-
Überprüfung der Nachhaltigkeit der Arbeit von GhJ ist schwer-
quenten, bei jedem Kontakt, müssten diese
lich zu 100% möglich. Nachhaltigkeit meint hier, ob die Jugend-
einen Datenabgleich vornehmen, um zu
lichen, die das Programm durchlaufen, dadurch eine Abkehr
überprüfen, ob diese Person zur Klientel
ihres bisherigen (kriminellen) Lebensweges vollziehen, oder ob
von GhJ gehört. Keine Dienststelle würde
sie so weiter machen und rückfällig werden.
das leisten können.
A. 04
Deshalb kann eine Evaluation im oben ge-
Evaluation der Polizei Elmshorn
nannten Sinne einerseits nur punktuell erfolgen, wie durch die Auswertung des Polizeireviers Elmshorn in Kooperation mit dem
AWO – „Stromhaus Elmshorn“.Aufgrund
Teilnehmer Nicht Rückfällig 52 %
Teilnehmer Rückfällig
13 %
dessen wurde die Dienststelle durch die
Kooperation mit GhJ mit dem Präventionspreis der Landespolizei Schleswig Holstein
2007 ausgezeichnet.
Erhebungszeitraum: 2002 bis 2007
In der Dienststelle Elmshorn
Um das stringent überprüfen zu können, bedürfte es einer kommunikativen Vernetzung und eines ständigen Datenabgleichs
über die Jugendlichen mit allen Polizeidienststellen und allen Gerichten im Wirkungskreis von GhJ. Nicht nur allein das
Datenschutzgesetz steht dem entgegen. Es würde zudem einen
erheblichen materiellen und personellen Aufwand bei den behördlichen Stellen bedeuten.
Anti-Gewalt-Training
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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WIEDERINHAFTIERUNGSRATE
VON AM PROJEKT
BETEILIGTEN INHAFTIERTEN.
A. 05
ein positiver Effekt des Projekts auf die
Inhaftierten feststellen. Für mitwirkende
Wiederinhaftierungsrate
inhaftierte Frauen muss noch eine Analyse erfolgen. Es ist aber davon auszugehen,
Nicht wieder inhaftiert 21 Wieder inhaftiert
7 Keine Aussage 5 dass bei den anderen Standorten ähnliche
Auswirkungen auf die Inhaftierten zu erwarten sind. Während in Deutschland eine sehr
hohe Rückfallquote herrscht, sind im Laufe
des Projekts 21 von 33 (63,64%) Inhaftierten
nicht wieder inhaftiert worden.
Während
von 5 Personen keine Aussage getroffen
Erhebungszeitraum: 1996 bis 201
werden kann (z.B. aufgrund von Abschiebungen), sind 7 (21,21%) wieder inhaftiert
In einem Zeitraum von 1996 bis heute haben 33 männliche In-
worden. Es lässt sich somit feststellen, dass
haftierte am Projekt Gefangene helfen Jugendlichen in Ham-
dies weniger als 1/3 der am Projekt beteili-
burg mitgewirkt. Durch eine interne Analyse lässt sich auch
gten Inhaftierten ausmacht.
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EVALUATION UND
QUALITÄTSSICHERUNG.
„Drei Viertel der Jugendlichen betonen, dass sie nach dem Besuch an diesen zurückgedacht
hätten. Fast die Hälfte sagt sogar, dass sie durch die Teilnahme an dem Projekt vom Verüben einer Straftat abgehalten worden sei. Hier zeigt das Projekt seine Stärke: der Eindruck ist auch noch Wochen nach dem Besuch in den Köpfen der Jugendlichen verankert. Das
belegen auch die Noten, die die Jugendlichen dem GhJ-Projekt geben. Ihre Antworten fallen
durchweg positiv aus: Die Jugendlichen sind mit dem Projekt mehr als sehr zufrieden.“
(Diplom-Kriminologin Agnes Thimm)
Um unsere Arbeit stetig verbessern und anpassen zu können,
„Gute Aspekte bei der Arbeit von „Gefange-
haben wir für alle angebotenen Projekte Evaluationsbögen ent-
nen helfen Jugendlichen e.V.“ sind der Ver-
wickelt. Dabei haben wir sowohl welche für die Jugendlichen
gleich der Biographien, die Respekt einflö-
als auch für ihre Lehrer/Innen und Betreuer/Innen konzipiert.
ßende Wirkung der Straftaten der Mitglieder
Sie sollen in erster Linie zur Verbesserung und Feststellung der
und der Sprachgebrauch der Mitglieder.
Nachhaltigkeit dienen. Auch helfen sie uns bei der individuellen
Auch ist die direkte Art der Mitglieder von
Entwicklung weiter. Die folgenden Auszüge aus Diplom- und Ab-
Vorteil. Sie treten den Jugendlichen offen
schlussarbeiten bestätigen unsere Arbeit ebenfalls.
gegenüber und verlangen diese Offenheit
auch von ihnen. Das Gespräch ohne Betreuer ist ebenfalls ein guter Ansatz, da ich
feststellen konnte, dass die Anwesenheit
der Betreuer (besonders von Lehrern) eine
hemmende Wirkung auf die Offenheit der
Jugendlichen hat.“
„Bei einigen Jugendlichen hatte ich den Eindruck, dass der Besuch von Santa Fu sie in ihrem
Beschluss, sich von der Kriminalität abzuwenden,
endgültig bekräftigte.“
(Isabelle Klauck, Diplompädagogin am Fachbereich
Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg)
(Isabelle Klauck, Diplompädagogin am
Fachbereich Erziehungswissenschaft der
Universität Hamburg)
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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„Für die inhaftierten Mitglieder von GhJ ist das Projekt eben-
„Somit können dem Projekt „Santa Fu
falls von Bedeutung. Sie haben die Möglichkeit ihre Taten und
für Jugendliche“ Erfolge zugesprochen
ihr früheres Verhalten zu reflektieren und sich selbst zu re-
werden, auch wenn diese nicht bei jedem
sozialisieren, indem sie durch die Jugendlichen gezwungen
einzelnen Jugendlichen Früchte tragen.
sind, sich ihre Taten immer wieder vor Augen zu führen und ihr
In Verbindung mit den anderen Projekten,
Verhalten zu überdenken. Somit kann sich bei diesem Projekt
wie den Präventionsunterrichten und dem
eine doppelte präventive Wirkung zeigen. Einmal aufseiten der
Anti – Gewalt – Training „Eiskalt gegen Ge-
Jugendlichen und auf der anderen Seite bei den Gefangenen.
walt“ kann der Verein einen entscheidenden
Insgesamt halte ich dieses Projekt für ein sehr gutes präven-
Beitrag zur Eindämmung der Jugend-
tives Angebot für delinquente Jugendliche und ein gutes Bei-
delinquenz in Hamburg beitragen.“
spiel für pädagogische Präventionsarbeit. Die Konsequenzen
kriminellen Verhaltens werden anschaulich und lebensnah
den Jugendlichen aufgezeigt. Eine repräsentative Evaluation
des Projektes wäre ein nächster Schritt, dessen Umsetzung
sich allerdings schwierig erweist.“
(Isabelle Klauck, Diplompädagogin am Fachbereich
Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg)
(Katja Ehrke, MA-Bildungs- und Erziehungswissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität)
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STATUS QUO
UND AUSBLICK.
Hierdurch könnten wesentlich mehr Jugendliche auch in anderen Bundesländern erreicht und noch
mehr Strafgefangene bei der Resozialisierung unterstützt werden.
Unsere Stärken
Inhaftierte und Jugendliche profitieren gleichermaßen von dem
tential der Nachhaltigkeit der Projekte ist
Projekt, dadurch entsteht eine Win-Win-Situation. Dem Verein
noch nicht ausgeschöpft – hier gibt es viele
steht ein kompetentes, interdisziplinäres Team zur Verfügung.
Ideen im Team. Es ist eine Herausforderung,
Die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und mit dem Vor-
qualifizierte ehrenamtliche Mitarbeiter in
stand ist sehr wertschätzend.
ausreichendem Maße zu gewinnen. Nicht
zu erwarten, aber ein potenzielles Risiko:
Der Gefängnisbesuch ist Prävention und Erlebnispädagogik zu-
Justizbehörde(n) verschlechtert/n die Rah-
gleich und damit ein Catcher, der die Jugendlichen zur länger-
menbedingungen für die Zusammenarbeit
fristigen Mitarbewit anspornt. Der GF hat durch seine 10 Jahre
mit den JVAs.
lange Erfahrung die besondere Fähigkeit entwickelt (aus Sicht
der Jugendlichen) eine Vorbildfunktion, Autorität und Vertrau-
Entwicklungspotenziale
ensperson zugleich darzustellen. Ehemalige Inhaftierte können
Vor allem die Ausbreitung des Projekts in
in die Vereinsarbeit integriert werden, damit Resozialisierung
andere Bundesländer steht momentan im
stattfindet und der Verein noch mehr Jugendliche erreichen
Fokus. Hierzu müssen die Justizvollzugsan-
kann. Mit dem außergewöhnlichen Konzept des Vereins werden
stalten, -ministerien und -senate gewonnen
viele Förderpreise gewonnen. Die öffentliche Resonanz ist sehr
werden. Zur Realisierung dieses Vorhabens
positiv. Die Justizbehörde ist dem Projekt sehr gewogen und
müssen motivierte Inhaftierte in den JVAs
trägt es dauerhaft mit.
gefunden werden. Die Mobilisierung weiterer
finanzieller Ressourcen und der Ausbau des
Herausforderungen und Risiken in den
Teams zur Entlastung des Geschäftsführers
nächsten Entwicklungsschritten
sind daher wichtige Schritte. Unterstüt-
Besondere Kompetenz und Vereinsorganisation obliegt zur Zeit
zend wirken könnte hierbei unter anderem
vorwiegend dem Geschäftsführer. Der Verein ist aktuell aufgrund
eine prominente Person als Schirmherr
der personellen und finanziellen Situation nur eingeschränkt
(z. B. Boxen, Musik), um für Aufmerksam-
expansionsfähig. Eine weitere Diversifizierung der Einnahmen
keit zu sorgen und dadurch zur Auswei-
wird angestrebt, um finanziell unabhängiger zu werden. Das Po-
tung von unseren Projekten beitragen.
JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014
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ORGANISATION UND TEAM.
Derzeit hat der Verein drei Vollzeitkräfte – den Geschäftsführer
und zwei Inhaftierte, die sich im offenen Vollzug befinden – und
zwei geringfügig Beschäftigte angestellt. Die weitere Arbeit
wird von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus der JVA, ehemaligen
Inhaftierten und dem ehrenamtlichen Vorstand unterstützt.
Letzteres unterstützt uns nicht nur mit seiner Expertise,
sondern dient dem Verein und der Geschäftsführung gleichzeitig
als Kontrollorgan.
Volkert Ruhe
Geschäftsführung, AGT Trainer,
Administration, Projektleitung
Henry-Oliver Jakobs
stellv. Geschäftsführung, AGT Trainer,
Administration, Projektleitung
Digde Girgin
angehende Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin, Buchhaltung-Fundraising-Öffentlichkeitsarbeit
Halil Sener
stellv. Projektleitung an der FriedaStoppenbrink-Schule
A. 06
Karsten Kneip
EDV (Honorarkraft)
Organigramm
Bahar Toraman
stellv. Projektleitung u. a. für das
Mädchenprojekt „Hahnöfersand“
Mitgliederversammlung
Dennis Teubner
Dipl. Kaufmann, Coaching-BeratungMediation (Ehrenamtlich)
Ulrike Anna Kindler
Dipl. Sozialarbeiterin / Schulische Gewaltprävention (Ehrenamtlich)
Vorstand
Stefan Herbert
Rechtsanwalt (Ehrenamtlich)
Geschäftsführung
Verwaltung
Team in der JVA
Ehrenamtliche
Brigitta Maren Balz
ehrenamtlich im Bereich der
Administrationsarbeit
Honorarkräfte
Die JVA Teams
10 Inhaftierte, werden hier nicht namentlich erwähnt, um eine Stigmatisierung
zu verhindern. Ebenfalls viele ehemalige
Inhaftierte, die uns weiterhin ehrenamtlich
bei der Arbeit unterstützen.
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EINNAHMEN UND AUSGABEN.
A. 07
Einnahme,- Überschussrechnung
Einnahmen
2012
2013
2014
Zuwendungen / Spenden
69.480,31 €
99.015,31 €
75.798,00 €
Zuschüsse Behörden
Honorare
Mitgliedsbeiträge
Mieterträge
Zinserträge
8.390,00 €
18.798,30 €
1.050,00 €
10.401,15 €
64,57 €
8.390,00 €
22.390,42 €
897,50 €
9.000,00 €
40,58 €
8.390,00 €
26.396,79 €
900,00 €
9.000,00 €
26,22 €
108.184,33 €
139.733,81 €
120.511,01€
69.634,22 €
24.842,06 €
11.550,15 €
67.634,14 €
27.419,09 €
23.510,22 €
62.571,46 €
28.026,89 €
22.960,08 €
106.026,43 €
118.572,45 €
113.558,43 €
2.157,90 €
21.161,36 €
6.952,58 €
Summe
Ausgaben
Personalkosten / Honorare
Mietkosten
sonstige Kosten
Summe
G/V
Durch Einsparungen und zuverlässige Spender, konnten wir im
winn für das Jahr 2014 nicht ganz so hoch
Jahr 2012 einen Gewinn für den Verein verzeichnen. 2013 konn-
ausgefallen.
te durch zuverlässige Spender, die Fellowmitgliedschaft des
Geschäftsführers bei Ashoka und durch die Förderung unserer
Weiterhin ist an dieser Stelle zu erwähnen,
Projekte durch Stiftungen (und ähnlichem) ein hoher Gewinn für
dass der Verein zum größten Teil aus Spen-
unseren Verein verzeichnet werden.
den finanziert wird. Ein kleiner Teil wird
durch die Behörde bezuschusst. Des Weite-
Durch eine einmalige Spendensumme im Jahr 2013 für drei
ren trägt sich der Verein über einen kleinen
AGT-Kurse von der Robert-Bosch Stiftung konnte für das Jahr
Mitgliederkreis und seine Honorare für an-
ein hohes Plus erreicht werden. Dementsprechend ist der Ge-
gebotene Projekte.
KONTAKT GEFANGENE HELFEN JUGENDLICHEN E. V.
Wandsbeker Königstraße 50
22041 Hamburg
Telefon +49 40 386 14-390 Fax -462
E-Mail: [email protected]
www.gefangene-helfen-jugendlichen.de
Mit freundlicher Unterstützung von ASHOKA
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