Editiorial Sich berühren lassen Als an dem lauen Sommerabend im August der Fahrradfahrer am Rheinufer buchstäblich vor meine Füße stürzte, überlegte ich nicht lange. Ich versuchte so gut es ging, das Blut aus der Wunde an seinem Augenlid zu stillen und sprach beruhigend auf ihn ein bis der Rettungswagen kam. Hatte ich mich berührt gefühlt in diesem Augenblick? Ich hatte eigentlich nur getan, was gerade notwendig war. Für die vorliegende Contacts-Ausgabe haben wir uns inspirieren lassen vom Gleichnis des Barmherzigen Samariters, der sich berührt fühlte von dem Anblick des Reisenden, der unter die Räuber gefallen war, ihm spontan hilft und zu einer Herberge bringt, wo er gepflegt werden kann. Wir haben die Autoren dieser Ausgabe gebeten zu schildern, was sie ganz persönlich berührt und zum Handeln motiviert. Was ihnen Kraft und Lebensfreude gibt. Was sie unterstützt in Situationen, in denen sie sich zunächst hilflos fühlen. Und wo sie vielleicht auch die Gegenwart Gottes spüren. Herausgekommen sind ganz persönliche Texte, die in ihrer Aufrichtigkeit beeindrucken. Sich berühren zu lassen, so AGEH-Geschäftsführer Michael Steeb, kann sich nicht in kurzfristiger Betroffenheit erschöpfen. Er plädiert für eine spirituelle Grundlage entwicklungspolitischer Arbeit und meint damit, wenn der Mensch im Mittelpunkt unseres Handelns stehe, müssen wir uns von seiner Not berühren lassen. Spiritualität und Berührbarkeit haben nicht allein etwas mit religiösen Übungen zu tun hat, sondern entwickeln sich in der Auseinandersetzung mit dem Alltag. Dies ist eine Gemeinsamkeit fast aller Beiträge. Ein Priester aus Kolumbien schildert zum Beispiel, wie sich sein Verständnis von Entwicklungsarbeit von einer eher paternalistischen hin zu einer basisorientierten Herangehensweise entwickelt hat und dadurch auch seine Rolle und sein Selbstverständnis als Geistlicher. Von der Veränderung ihres Glaubens und ihres Gottesbildes erzählt eine Psychologin aus Uganda. Ein Arzt berichtet vom Krankenhausalltag in Tansania, der durch die Machtlosigkeit gegenüber vermeintlich harmlosen Erkrankungen sehr viel schwerer erträglich ist als in Deutschland und schildert, welchen tiefen Eindruck die Erfahrung bei ihm hinterlassen hat, vom Helfenden zum Getrösteten zu werden. Spiritualität und Berührbarkeit müssen nicht zwingend etwas mit Religiosität zu tun haben. Berühren können auch ein Blick, ein Wort, eine Begrüßung. Davon erzählt eine Fachkraft aus Ruanda. Der Theologe Prof. Hermann Steinkamp weist im Gespräch mit Contacts noch auf eine weiteren Aspekt hin. Wenn wir uns vom Leid eines anderen anrühren lassen und uns ihm zuwenden, bekommen wir selbst etwas geschenkt. Wir können in der Zuwendung zu unserem Nächsten Gott begegnen. Dass wir nicht von selbst aufmerksam oder berührbar sind, meint der Hamburger Relionspädagoge Prof. Fulbert Steffensky. Diese Dinge müssen wir in gewisser Weise lernen. Eine Möglichkeit ist es, sich regelmäßig Zeiten der Stille und des Gebetes zu nehmen. Die Vielfalt dessen, was uns im Alltag berührt, ist so verschieden wie die Autoren, die für Contacts geschrieben haben. Dass Sie sich durch die Lektüre für ihren eigenen spirituellen Weg gestärkt fühlen mögen, wünscht Ihnen verbunden mit den besten Wünschen für ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest Katharina Engels
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