Gedankenexperiment von Tida

Stelle dir vor, du wachst eines Morgens auf, und du bist allein.
Ganz allein… .
Ein Text von Tida-Marie Jaiteh
So langsam wurde mir klar, dass ich der einzige Mensch in Münster bin. Ich blieb
stehen und die erste Träne floss über meine Wange, das war zu viel für mich.
Dennoch strömte Adrenalin durch meinen ganzen Körper, mir gingen tausend Dinge
durch den Kopf, was ich alles machen könnte. Mein Blick viel direkt auf Zara, Mango
und Clockhouse, und es fühlte sich an, als wenn man tausend Gefühlsausbrüche
gleichzeitig hätte. Ich rannte zu Zara, brach auch dort kriminell ein und kaufte - ich
meine: ich packte (ohne zu bezahlen, natürlich) alles ein, bis mir auffiel, dass ich gar
nichts außer mein Fahrrad hatte, mit dem ich die Sachen mit transportieren konnte.
Also ging ich auf die Straße. Dort fiel mein Blick auf einen schönen weißen
Landrover, ich öffnete ihn mit Gewalt setzte mich vor das Steuer, und mein Blick fiel
auf das Radio. Doch nichts, keine Uhrzeit, kein Datum... Aber egal, der Schlüssel
steckte, das Auto war also bereit. War ich es auch? JAA, DEFINITIV! Ich drückte
auf das Gas und versuchte langsam loszufahren. Nach einigem Probefahren klappte
es schon ganz gut, also stopfte ich meine 10 Tüten in das Auto.
Nach Clockhouse, Mango und weiteren Läden fuhr ich mit dem Auto auf die
Autobahn, Richtung Hamburg. Auf dem Weg hielt ich bei einem Supermarkt an und
nahm mir das, was mir zustand (als Entschädigung dafür, dass ich anscheinend der
einzigste Mensch weit und breit war). Alleeeeesss.
In Hamburg angekommen, suchte ich dort eine ganze Woche lang nach Menschen
(gründlich suchen wollte ich gar nicht, denn die Enttäuschung wäre zu groß
gewesen, dass ich wirklich alleine bin). Dort fand ich aber auch niemanden, also bin
ich in die Stadt gefahren und war dort auch nochmal „einkaufen“, um mein Gefühl
wieder aufzubessern. Ich nahm mir dort das größte Haus, das es dort gab, denn
mein Auto wurde allmählich zu klein für meine ganzen Klamotten: Schminke, Schuhe
und so weiter. Na klar fühlte ich mich des Nachts alleine und einsam und fragte mich,
warum gerade ich, warum nicht jemand anders, und wo die Menschenspezies war.
War es eine Alieninvasion, und ich habe überlebt? Ich konnte es mir nicht erklären...
Ich gab nicht auf, und selbst wenn noch jemand überlebte, wusste ich, dass es nie
wieder unsere Spezies geben würde. Nicht so wie in der Bibel, dass alleine Adam
und Eva unsere Menschheit zum Leben erwecken würden. Ich glaube an die
Wissenschaft, was ich sowieso logischer finde, denn laut der Bibel wären wir alle
Geschwister. Also zurück zum Shoppen. Alle ihr normal weit entwickelten
kaufsüchtigen Frauen und Mädels, ihr hättet genau dasselbe gemacht. An einem Tag
wollte ich dann in den Zoo, weil es mir erst jetzt aufgefallen war, dass keine Vögel
zwitscherten, und ich befürchtete, dass die Tiere auch verschwunden waren. Leider,
zu meiner Enttäuschung war es so, keine Tiere weit und breit.
So langsam war ich auch am Ende, und ich wusste, dass Reichtum nicht das
ausmacht, was einen glücklich macht. Auf einer Weise war ich trotzdem froh, dass es
die Spezies Mensch, die versuchte, die Welt kaputt zu machen, nicht mehr gab. Es
gibt Menschen auf der Welt, die arm sind, kein Geld haben, keine Elektronikartikel
haben, kein festes Haus, aber dennoch glücklicher sind als wir. Warum?
Weil sie nie das Materielle hatten wie wir und sich nicht gegenseitig maßen, wer
mehr Reichtum hat, sie lebten miteinander und zerstörten nicht die Natur, sondern
lernten mit ihr zu lieben und leben.
4 Jahre später. Nun bin ich 19, ich schreibe weiter, es ist immer noch keiner
Meinesgleichen aufgetaucht. Ich sitze in meinem Zimmer in Münster. Auch wenn ich
nicht ganz genau weiß, ob ich wirklich alleine bin, ergibt es kein Sinn, ohne meine
Familie und Freunde zu leben. Ich weiß, dass ich nicht mehr glücklich werde. Ich
weiß nicht, ob es Zufall oder Schicksal ist, dass gerade ich lebe.
Das ist meine Geschichte und mein Leben, mehr habe ich nicht mehr zu sagen.
Und Danke an die Person, die mir diese wertvolle und respektvolle Erfahrung
ermöglichte.