NUTZTIERE Auf Zweinutzungsrasse wechseln? EIN BERECHNUNGSBEISPIEL der UFA-Revue bestätigt, dass Zweinutzungskühe dank hoher Schlachttiererlöse und tiefer Direktkosten pro Tier wirtschaftlich interessante Resultate bringen können. Aufgrund der tieferen Milchleistung pro Kilogramm Körpergewicht setzt eine Zweinutzungskuh das Futter aber weniger effizient um. Verstärkt für Milchtypen spricht auch das neue Direktzahlungssystem. Zwar sind in letzter Zeit wegen der Trockenheit wieder mehr Metzgkühe auf den Markt gekommen. Längerfristig könnte es wegen den steigenden Milchleistungen aber an Kuhfleisch mangeln. Als Lösungsansatz wird diskutiert, die Milchproduktion mit Zweinutzungsrassen voranzutreiben. Für die gleiche Milchmenge wären dazu mehr Kühe erforderlich und pro Kuh würde mehr Fleisch anfallen. Bei tiefen Milchpreisen gewinnen die Schlachterlöse an Bedeutung. Differenz von 200 Fr. je Tränker Original Braunvieh (OB), Simmental, Montbéliarde und Co. produzieren neben Milch auch passable Fleischmengen. Am Beispiel Braunvieh bedeutet dies, dass Brown Swiss (BS) Verarbeitungskühe laut Yvan Meuwly, Anicom, meist in der Klasse A2 landen, während es OB-Kühe in die Klasse T+3 schaffen. Bei einem Preisunterschied von 1.20 Fr. pro Kilogramm Schlachtgewicht (SG) und einem mittleren SG der Kuh von gut 305 kg resultiert eine Differenz von Tabelle: Jahreskosten und -erträge in CHF Hügelregion, Aufzucht im Vertrag, Original Braunvieh 650 kg Kuhgewicht Pro Kuh Pro Betrieb Milcherlös 3665 82 500 Erlös Tränkerverkauf 1/2 385 8661 Schlachterlös Kuh 1/3 606 13 641 RAUS/BTS 284 6391 Kompensation benötigte Futterfläche Aufzuchtkosten 778 17 519 Stallkosten (Abschreibung, Zins) 900 20 258 Ergänzungsfutterkosten 4 522 11 750 Übrige Direktkosten 4 324 7293 Differenz Erlös - Kosten 2416 54 372 Annahmen Erstkalbealter (Monate) 5 33.40 Monatspauschale Aufzucht (Fr.) 95.00 Investitionskosten je Kuhplatz (Fr.) 18 000.00 Milchpreis (Fr./kg) 0.55 Lieferrecht (kg Milch/Jahr) 150 000.00 Milch für Kalb (kg/Tier) 480.00 Anzahl Kühe 22.56 Nutzungsdauer (Jahre) 5 4.08 Vermarktete Milch je Kuh und Laktation (kg) 6664.00 Deckungsbeitrag Heuverkauf (pro ha) 4 Brown Swiss Pro Kuh Pro Betrieb 4125 82 500 244 4887 557 11 133 284 5684 5428 799 15 981 900 18 000 706 14 120 358 7160 2447 54 371 31.80 95.00 18 000.00 0.55 150 000.00 480.00 20.00 3.78 7500.00 2231.00 Differenz Pro Kuh Pro Betrieb – 460 0 140 3774 49 2508 0 706 – 5428 – 21 1539 0 2258 – 184 – 2370 – 34 133 – 32 0 Durchschnittliche Schlachttiererlöse gemäss Anicom 2 (Anzahl Geburten - 5 % Kälberverlust - Remontierung) * Erlös dividiert durch Nutzungsdauer 4 gemäss Agridea-Deckungsbeitragskatalog (Laktationsleistung 7000 bzw. 8000 kg, Silozone) 5 Durchschnitte gemäss Braunvieh Schweiz 1 3 56 rund 370 Fr. Die Tendenz ist gemäss Meuwly eher noch höher. Bei den Tränkern geht man von einem mittleren Preisunterschied von 2.80 Fr. übers Jahr und einem Gewicht von 70 kg aus, was einen Preisunterschied von rund 200 Fr. pro Tränker ergibt. Auch hier sei die Tendenz eher leicht steigend. Langlebiger, aber oft spätreifer Zweinutzungsrassen gelten als robust, langlebig und stellen geringere Anforderungen ans Futter. Aufgrund der tieferen Milchleistung pro Kilogramm Körpergewicht setzt eine Zweinutzungskuh das Futter weniger effizient in Milch um. Zur Erreichung eines bestimmten Lieferrechts braucht es mehr Zweinutzungs- als Milchtypenkühe. Fleischige Rinder sind eher spätreifer, was Futter9 2015 · UFA-REVUE NUTZTIERE bedarf und Aufzuchtkosten erhöht beziehungsweise den Vorteil einer längeren Nutzungsdauer aufheben kann. Der Arbeitsaufwand pro Milchtypenund Zweinutzungsherde ist ähnlich hoch. Bei Zweinutzungskühen entsteht Mehraufwand durch die höhere Tierzahl (mehr Melkungen, Klauenschneiden usw.), um die gleiche Milchmenge zu produzieren. Milchtypen ihrerseits stellen unter Umständen an die Beobachtung und Betreuung höhere Anforderungen. Mastrassen-Stiere ein (und der Zweinutzungkuh-Betrieb nicht), sinkt die benötigte Mehrleistung der Milchtypen – bei sonst unveränderten Zahlen – auf 500 bis 600 kg. Wer will, kann auch die Fleischigkeit seiner Schlachtkühe durch eine vorgängige Ausmast verbessern (siehe Kasten). Beiträge schaffen neue Voraussetzungen Zur Zeit der alten Agrarpolitik (bis 2013) hätte es im Hügelgebiet wegen den tierbezogenen Handlungsspielraum in der Fütterung Im Grundsatz gelten für Milchtypen und Zweinutzungsrassen die gleichen Fütterungsregeln. Rund ums Abkalben wird ein hoher Verzehr gefördert und eine hohe Nährstoffdichte angeboten. Ende Laktation muss bei der Zuteilung des Ergänzungsfutters die Körperkondition beachtet werden. Anders sind die Vorzeichen, wenn die Kuh geschlachtet werden soll. Bei hoher Kuhfleischnachfrage und vorhandenen Raufutterreserven kann es sinnvoll sein, die Fütterung zu intensivieren, um eine gute Klassierung zu erzielen. Am einfachsten gelingt die Ausmast, wenn die Kühe erst galt gestellt werden. Wo eine Separierung möglich ist, führt eine maisreiche Ad-Libitum-Ration rasch zu den erwünschten Zunahmen. Eine Alternative besteht darin, Ausmastkühen je nach Ergebnis im Fütterungsplan «UFA W-FOS» mehr langsam fermentierbare Energie mit «UFA 246» oder mehr schnell und mittelschnell fermentierbare Energie mit «UFA 145» (expandiert), «UFA 145F» (Flocken und Würfel expandiert) oder «UFA 245» (Würfel, expandiert) zuzuteilen. Osi Arnold, Milchviehspezialist im UFA-Beratungsdienst, 6210 Sursee ein ähnliches Bild wie zur Zeit vor dem aktuellen Direktzahlungssystem. Momentane Situation Die durchschnittliche Laktationsleistung über alles Braunvieh liegt laut Zuchtverband bei 7059 kg. BS-Kühe erreichen im Schnitt 7104 kg, OB-Kühe 6209 kg, wobei Einzeltiere beider Rassen durchaus Laktationsleistungen bis über 10 000 kg erreichen können. Eine Erklärung für den relativ tiefen Schnitt beim OB ist, dass diese hangtauglichen, flinken Tiere oft gealpt werden. Benötigte Futterfläche einkalkulieren Die grobe Kosten-Erlös-Schätzung in der Tabelle bestätigt am Beispiel von OB und BS, dass auf Einzelkuh-Basis vor allem die Milchleistungen, Tränkererlöse und Direktkosten ins Gewicht fallen. Auf Betriebs- ebene zeigen sich auch bei den Schlachtkuh-Erlösen, Stallbaukosten und insbesondere bei der benötigen Futterfläche grössere Unterschiede. Kompensation mit Spermasexing Bei fixer Milchablieferungsmenge sind Milchtypen gemäss dieser Berechnung ab einer Laktationsleistungsdifferenz von 800 bis 900 kg Milch rentabler als Zweinutzungstypen. Setzt der Milchtypen-Betrieb auf Zuchtkühe gesextes Sperma und auf die restlichen Kühe UFA-REVUE · 9 2015 Raufutterverzehrer-Beiträgen (450 Fr./ GVE) und den Beiträgen für Tierproduktion unter erschwerten Produktionsbedingungen (TEP, 260 Fr./GVE) im Tabellenbeispiel noch zwischen 1000 und 1100 kg mehr vermarktete Milch je Laktation gebraucht, damit die Milchtypen gleich abgeschnitten hätten wie Zweinutzungstypen (wenn in beiden Fällen vom Erhalt der Beiträge für die graslandbasierte Produktion ausgegangen wird). Der Wegfall der tierbezogenen Beiträge ist denn auch ein Grund, weshalb manche Betriebe seit der neuen Agrarpolitik stärker denn je auf eine Vollgas-Strategie mit frühem Erstkalbealter und hohen Milchleistungen setzen. Wo die Kühe gealpt werden, ergibt sich beim Vergleich zwischen Zweinutzungsrassen und Milchtypen Fazit Je nach Genetik, Tiergesundheit, Futtergrundlage und Stall variieren die detaillierten Zahlen. Die Berechnung zeigt lediglich Tendenzen auf und bestätigt, was die Milchviehhalter bei ihrer Rassenwahl längst umsetzen. Wer in der Tal- oder Hügelzone eine gesunde Milchtypenherde mit guter Tiergesundheit besitzt, sollte bei seiner Strategie bleiben und mit der Produktion von Mastrassen-Tränkern und allenfalls der Ausmast von Schlachtkühen das finanzielle Ergebnis optimieren. Bei weniger vorteilhafter Futtergrundlage oder Dauerproblemen mit der Kuhgesundheit könnte ein Wechsel auf eine Zweinutzungsrasse sinnvoll sein. Aber auch hier ist die Rentabilität nur gegeben, wenn eine gewisse Milchleistung erreicht wird. m Die Rassenwahl kann im Hinblick auf das wirtschaftliche Ergebnis entscheidend sein. Bild: agrarfoto.com Autor Matthias Roggli, UFA-Revue, 3360 Herzogenbuchee www.ufarevue.ch 9 · 15 57
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