2014 Doppelzehn-Nationalfeiertag

2014
Republik China (TAIWAN)
Doppelzehn-Nationalfeiertag
Taiwan:
Ein Land der
Kreativität
T
aiwan, ein Land mit 23 Millionen Einwohnern, hat weltweit wegen
seiner Innovation und Kreativität einen guten Ruf. Beispiele für
Taiwans erfolgreiche Unternehmungen sieht man nicht nur in den
zahlreichen einheimischen Firmen und Forschungsinstituten, die
dazu beitragen, die globale technologische Innovation in Bereichen
wie Bio-Treibstoffe, Textilien und tragbare Geräte voranzutreiben, sondern auch in den anhaltend herausragenden Leistungen des Landes
bei internationalen Erfindermessen.
Im Laufe der vergangenen drei Jahre gewann Taiwan im Schnitt
220 Preise jährlich bei der internationalen Messe Ideen—Erfindungen—Neuheiten (iENA) in Nürnberg, bei der internationalen Messe
für Erfindungen in Genf und der Invention and New Product Exposi­
tion (INPEX) im US-amerikanischen Pittsburgh. Taiwans Schwerpunkt
auf Innovation ist außerdem erkennbar an der großen Zahl der in
den USA erteilten Erfinderpatente. 2013 wurden dort 12 118 solche
Patente erteilt, womit Taiwan eine Patentdichte von 518 (Anzahl von
Patenten je Millionen Einwohner) erreichte, die höchste aller Länder
in den USA.
Kreativität ist möglicherweise Taiwans wertvollstes wirtschaftliches Gut. Im ganzen Land sind von einheimischen Unternehmen 178
Zentren für Forschung und Entwicklung (Research and Development,
R&D) eingerichtet worden, und weitere 54 wurden von bekannten
multinationalen Firmen aufgebaut. In einer Zeit, in der viele Länder
danach streben, eine auf Wissen basierende Wirtschaft zu entwickeln, gedeiht der Geist der Innovation weiterhin in jedem Sektor und
Gewerbe in Taiwan, und die Unternehmen können eine große Auswahl kreativer Talente nutzen, um Entwicklungen in ihren jeweiligen
Bereichen voranzutreiben.
Ein frischer Ansatz für Sportbekleidungs-Textilien
A
ngesichts globaler Besorg­nis­se über Umweltproble­me und eines
zunehmenden Bewusstseins der Verbraucher für solche Fragen
strebt eine wachsende Zahl von Firmen danach, Ver­wen­dungen für
Nebenpro­dukte vorhande­ner Her­stellungsprozes­se zu finden. Ein
herausragendes Beispiel für die vielen taiwanischen Unternehmen,
welche diese Herausforderung angenommen haben, ist Singtex Industrial Co., das aus Kaffeesatz
Gewebe herstellt.
Jeden Tag werden weltweit über eine Milliarde Tassen
Kaffee konsu­miert, doch vielen
Menschen ist nicht bewusst,
dass aus dem verbliebenen
Kaffeesatz-Pulver Stoffe gemacht
wer­den können. Die Anregung
für diese Idee kam Anfang 2005,
als Singtex-Vorsitzender Jason
Chen und seine Frau Kaffee in einem Café tranken. Dem Paar fiel
auf, dass jemand den Kaffeesatz
für den Einsatz in Deodorant-Herstellung
einsammelte. Als
Chens Frau laut
darüber nachdachte, ob man
mit Kaffeesatz auch
Textilien produzieren
könne, gab dies dem
Unternehmer den Anstoß, das Konzept zu
erkunden.
Jason Chen, Vorsitzender
von Singtex In­dust­rial Co.,
präsentiert Sportbekleidung
aus umweltfreundlichen
Stoffen, die seine Firma
aus Kaffeesatz herstellt.
(Foto: Huang Chung-hsin)
N a c h
meh­re­ren anfänglichen Fehlschlägen gelang es Chen im Jahr 2009,
Kaf­fee­satz in miteinander verflochtene Fasern einzuweben und damit
Stoff zu gewinnen. Mit dem Gewebe können umweltfreundliche Kleider
her­gestellt werden, und es hat schnell trocknende, geruchsabweisende Eigenschaften und hält UV-Strahlung ab. Mit dieser einzigartigen
Technologie gewann Singtex Dutzende von Preisen, darunter Goldmedaillen bei den drei größten internationalen Erfindermessen, und
die Firma erhielt Bestellungen von 110 der bekanntesten Sport- und
Freiluftwaren-Hersteller der Welt. Heute wird umweltfreundliche Kleidung, die aus diesem Stoff genäht wurde, von Teilnehmern an großen
internationalen Sportveranstaltungen getragen.
Kaffeesatz ist nicht das einzige Abfallprodukt, das auf diese
Weise genutzt wird. Mehrere taiwanische Unternehmen erregten unlängst internationale Aufmerksamkeit, weil sie gebrauchte Plastikflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) zur Herstellung von Textilien
für leichte, atmungsaktive Sportkleidung verwendeten. Laut einem
Bericht der französischen Tageszeitung Le Figaro gewann Taiwan bei
der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien quasi eine Weltmeisterschaft anderer Art, als mehrere der teilnehmenden Mannschaften
Trikots trugen, welche mit Stoffen
aus recyceltem PET made in Taiwan genäht worden waren.
Landwirtschaft mit modernster LED-Technologie kombiniert
T
LED-Beleuchtungskontrollsysteme verbessern das Pflanzenwachstum, den Saataufgang,
den Ertrag und die Qualität (links). (Foto mit freundlicher Genehmigung von ITRI)
aiwanische Forscher bündeln
zudem ihre Kräfte mit Firmen,
um eine technologische Revolu­
tion im landwirtschaftlichen Sektor zu entfesseln. Erdbeerfarmen
im Bezirk Xiangshan der nordtaiwanischen Stadt Hsinchu haben
2014
Doppelzehn-Nationalfeiertag
Beleuchtungskontrolltechnologie mit Leuchtdioden (Light-emitting
Diodes, LED) eingeführt, dank der örtliche Erdbeerpflanzen mehr
Früchte erzeugen können und daneben eine höhere Widerstandskraft gegen Schädlinge und Krankheiten aufweisen.
Das Forschungsinstitut für industrielle Technologie (Industrial
Technology Research Institute, ITRI), eine staatlich gesponserte Forschungsorganisation, versorgt die Bauern mit dieser Technologie.
Das Institut vermerkte, dass im Gegensatz zu chemischen Pestiziden
die LED-Beleuchtungstechnologie eine natürlichere Methode zur
Stimulierung von Pflanzenwachstum böte. In Zusammenarbeit mit
den Beerenbauern haben ITRI-Forscher intelligente LED-Beleuchtungskontrollsysteme installiert, welche die Lichtmenge und –qualität
von den LEDs regulieren, um ein ideales Umfeld für die wachsenden
Erdbee­ren zu schaffen.
Dies ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, das Potenzial der landwirtschaftlichen Gewerbe durch Einsatz innovativer Technologien
zu verbessern. Ähnliche LED-Technologie wurde auch beim Anbau
von Trauben, Wasserbambus und anderem Obst und Gemüse angewandt, wodurch das Pflanzenwachstum, der Saataufgang, die
Ertragsmenge und Qualität mit Erfolg verbessert werden konnten.
Förderer von Präzisionsmaschinen
W
ährend modernste
Verbrauchertechnologien wie tragbare Computer
häufig wegen
ihrer technologischen Fortschritte hervorgehoben werden,
bleibt Innovation
in allen Abschnitten des industriellen ProdukEric Y. T. Chuo ist der Vorsitzende von Hiwin Technologies Corp.,
einem globalen Führer bei Komponenten für Präzisionsmaschinen.
tionsablaufes
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Hiwin Technologies Corp.)
wesentlich. In
Taiwan sind mehrere Unternehmen ansässig, die dafür bekannt sind,
einige der größten und einflussreichsten Technologiefabrikanten der
Welt mit wegbereitenden modernen Werkzeugen und Maschinenkomponenten zu beliefern.
Hiwin Technologies Corp. produziert mehrere Arten von unverzichtbaren Komponenten für Präzisionsmaschinen wie Kugelgewindetriebe, Linearmotoren und Aktoren, und die Firma ist ein Beispiel
für die zentrale Rolle, welche taiwanische Unternehmen in der globalen Herstellungskette spielen. Intel Corp., Samsung Electronics Corp.
und Taiwan Semiconductor Ma­nufacturing Co. (TSMC), die drei wich­
tigsten Halb­leiterhersteller der Erde, sie alle verwenden von Hiwin
produ­zierte Teile und Tech­nologie.
Technologie stellt beim Einstieg ins Präzisions­ma­schinen-Ge­
wer­be ein besonderes Hindernis dar. Um seine Position als einer der
technologischen Führer in dem Bereich beizubehalten, arbeitet Hiwin
seit 1991 mit einigen der weltweit führenden Hochschulen zusammen. Bislang hat die Firma R&D-Zentren in Deutschland, Großbritannien, Israel, Japan, Russland und Taiwan eingerichtet und hält fast
1500 Patente. Die anhaltenden Verbesserungen der Firma bei ihren
Abläufen und Produktqualität, etwa die Erzeugung von Kugelgewindetrieben, die schneller laufen und weniger Reibung verursachen,
ermöglichten es Hiwin, sich auf dem Präzisionsmaschinen-Markt eine
Führungsrolle zu sichern.
Republik China (TAIWAN)
Durchbruch bei der Produktion von
Bio-Treibstoffen
S
troh, Sägemehl, Bagasse und sogar Laub und Zweige gelten
gemeinsam als mögliche alternative Energiequelle, die dabei
helfen könnte, den Gebrauch fossiler Brennstoffe zu vermindern oder
zu ersetzen. Taiwans ITRI entdeckte neue Methoden, diese verbreiteten Abfallprodukte aus den Landwirtschafts- und Forstgewerben
in den Biotreibstoff Biobutanol umzuwandeln. Diese bahnbrechende
Technologie erhielt den R&D 100 Awards des Jahres 2013 und erregte das Interesse mehrerer Firmen,
die auf der Fortune 500-Rangliste
vertreten sind.
Anders als Äthanol, ein bekannterer Biotreibstoff, der durch
die Fermentation und Dehydrierung von Mais oder Zucker gewonnen wird, wird Bio­butanol mit Zellstoffen aus Landwirtschafts- und
Forstabfällen hergestellt und hat
daher keine Auswirkungen auf die
Das Forschungsinstitut für industrielle Tech­no­
lo­gie (ITRI) ver­besserte die Technologie, mit der
Butanol produziert wird, eine umweltfreundliche
Alternative zu Treibstoffen aus Mineralöl. (Foto mit
freundlicher Genehmigung von ITRI)
Nahrungsmittelproduktion. Der ITRI-Durchbruch stellt eine beträchtliche Verbesserung der aktuellen Biobutanol-Herstellungstechnologie
dar, indem der Erzeugungsablauf auf nur zwei Tage verkürzt wird. Die
neue Methode gestattet überdies die gleichzeitige Umwandlung von
Kohlendioxid aus dem Fermentationsprozess, so dass der Ausstoß
kohlenstoffhaltiger Schadstoffe auf Null sinkt.
Die innovative Technologie wurde nun der Green Cellulosity
Corp. übergeben, einem im Februar 2014 von ITRI mit einem Kostenaufwand von 150 Millionen NT$ (3,62 Millionen Euro) gegründeten
Unternehmen. Green Cellulosity wird die Massenproduktion und die
nachfolgende Kommerziali­sierung von Biobutanol fördern, was eine
neue Gelegenheit bei der globalen Energieentwicklung eröffnet.
Die Früchte von Innovation teilen
T
aiwan belegte im WEF-Bericht über globale Wettbewerbs­fähigkeit
2013–2014 Rang 12. Die Autoren des Berichts vermerkten, einer
der Hauptgründe für diese Einstufung sei die Fähigkeit taiwa­nischer
Unternehmen zu Innovation, in dieser Kate­gorie kam Taiwan auf Platz
8. Taiwans unge­brochenes Glänzen bei Innovation kann dem Einfallsreichtum seiner Menschen zugeschrieben werden, die unablässig
neue Ideen aufnehmen und diese auf einen weiten Bereich praktischer Lösungen anwenden.
Als erste ethnisch chinesische Gesellschaft, die Demokratie verwirklichte, ist Taiwan frei, pluralistisch und durch seine Förderung von
Bildung gekenn­zeichnet. Dadurch wurde Taiwan zu einer Wiege für
kreatives Denken.
Als Hochburg der Hightech-Gewerbe der Welt und als unverzichtbares Bindeglied in der globalen industriellen Kette strebt
Taiwan überdies aktiv nach regionaler wirtschaftlicher Integration
und bemüht sich um Aufnahme in die Transpazifische Partnerschaft
(Trans-Pacific Partnership, TPP) und die Regionale Umfassende Wirtschaftspartnerschaft (Regional Comprehensive Economic Partnership, RCEP). Solche Verbindungen werden Taiwans Handelspartner
in die Lage versetzen, an den Früchten der Innovationskultur des
Landes teilzuhaben.