Probelesen

Handy e-doc
Derzeit bestehen bundesweit 59 Millionen Mobilfunkverträge – Tendenz steigend.
Gleichzeitig kommt es bei der Durchführung dieser Verträge immer häufiger zu
Problemen. Diese entstehen insbesondere bei
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der Abrechnung der gesprächsabhängigen Gebühren
der Kündigung des Vertragsverhältnisses (durch den Netzbetreiber oder den
Kunden)
Verlust des Mobilfunktelefons
Beteiligung Dritter am Vertragsverhältnis
1. Fehler bei der Handyrechnung
Der Telekommunikationssektor hat sich in den letzten 15 Jahren grundlegend
gewandelt. So wurden Rechnungen zu Zeiten des Monopolisten Deutsche Post
noch „amtlich“ durch die Bundesbehörde erstellt. Mittlerweile wird diese Aufgabe von
privaten Unternehmern übernommen. Und dabei ist kaum noch etwas „amtlich“.
Kein Wunder: Die Mobilfunkanbieter stehen heute unter einem enormen Konkurrenzund Kostendruck. Die hohen Investitionen in den Aufbau neuer Netzstrukturen
(UMTS) und in die Bildung strategischer Partnerschaften müssen wieder
erwirtschaftet werden – und dazu scheint jedes Mittel recht zu sein.
Die meisten Probleme entstehen daher durch fehlerhafte Abrechnungen. Auch
gegen ein vorzeitiges Entlassen der Kunden aus dem Vertragsverhältnis wehren sich
die Netzbetreiber mit allen Tricks. Denn ein vorzeitig beendeter Vertrag bedeutet in
der Regel ein Minusgeschäft - und das können und wollen sich die meisten Anbieter
nicht leisten.
Hinzu kommt folgendes: Von jedem dieser 59 Millionen Mobilfunkanschlüsse werden
im Durchschnitt etwa 100 Verbindungen geführt. Diese Verbindungsdaten müssen
zudem mindestens 80 Tage aufbewahrt werden. Bei dieser Datenmenge können sich
leicht kleinere oder größere Fehler in die Abrechnungen einschleichen. Es empfiehlt
sich daher, jede Telefonrechnung genauestens zu prüfen. Der Gesetzgeber hat die
Problematik bereits lange erkannt und auch diesen Lebensbereich detailliert
geregelt. Für den Endverbraucher, egal ob gewerblich oder privat, ist in diesem
Zusammenhang die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) das
wichtigste Regelwerk. Sie ist im Internet in ihrer jeweils aktuellen Fassung zu finden
unter: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/tkv_1998/gesamt.pdf
Hier sind alle Problemfelder geregelt. Nach der TelekommunikationsKundenschutzverordnung (TKV) ist der Netzbetreiber verpflichtet, die
Verbindungsdaten 80 Tage nach Rechnungsversand aufzuheben. Demnach besteht
für den Kunden die Möglichkeit, 80 Tage nach Erhalt der Rechnung Einspruch gegen
die Rechnung zu erheben. Sollte der Netzbetreiber diese Daten bereits vor dieser
Frist gelöscht haben, so stehen die Chancen gut, sich gegen die unberechtigte
Inanspruchnahme zu wehren.
1.1 Falschabrechung von gesprächsabhängigen Gebühren
Grundsätzlich sind die Rechungen der Netzbetreiber penibel zu prüfen. So hat etwa
ein großer Netzbetreiber anlässlich der Euro-Umstellung gleich zwei Mal hingelangt.
Zunächst wurden die einzelnen Tarifarten zu Gunsten des Netzbetreibers
aufgerundet. Dann wurden die auf dieser Basis erstellten Rechnungen noch ein
weiteres Mal aufgerundet. Unter dem Deckmantel der Euro-Umrechnung rechnete
sich so einer der Top-4-Netzbetreiber Deutschlands den Euro schön. Inzwischen ist
aber gerichtlich festgestellt worden, dass die praktizierte Umrechnung von DM auf
Euro nicht zulässig gewesen ist. Ein solcher Fehler fällt allerdings nur auf, wenn
nachgerechnet wird und diese Rundungsdifferenzen entdeckt werden.
Sind Sie der Ansicht, dass die Rechnung nicht korrekt ist, sollten Sie unbedingt den
Verbindungsnachweis von dem Netzbetreiber anfordern. Sie erhalten diesen
üblicherweise zusammen mit der Rechnung.
Problem: Einzelverbindungsnachweis
Bisweilen verzichten einige Kunden auf eine detaillierte Aufschlüsselung ihrer
Rechnung nach Einzelverbindungen. Dies führte in Streitfragen bisher häufig zu
Problemen. Die Netzbetreiber haben dann gerne argumentiert, dass sie zum
sofortigen Löschen der Daten verpflichtet gewesen seien. So konnten die
Einzelverbindungsnachweise nicht mehr nachträglich angefordert werden. Und der
Kunde geriet hinsichtlich der geführten Gespräche in Beweisnot.
Die Rechtslage hat sich jedoch mittlerweile geändert. Die TKV verlangt jetzt eine
Speicherung der Daten von 80 Tagen. Erfolgt innerhalb dieser Frist eine
Reklamation, ist der Netzbetreiber beweisbelastet. Das heißt: Er muss nachweisen,
dass und welche einzelnen Verbindungen zustande gekommen sind.
Praxisbeispiel:
Auch bei Verzicht auf Datenspeicherung hat der Netzbetreiber die einzelnen
Gespräche nachzuweisen. Nur diese sind zu zahlen. Ein Verweis, dass der Kunde
beim Abschluss des Vertrages auf die Speicherung verzichtet habe, ist laut dem
Landgericht Memmingen (AZ: 1 S 297 / 01) nicht ausreichend. Das Einverständnis
des Kunden zur sofortigen Löschung der Daten sei nur dann wirksam, wenn dieser
eindeutig auf die für ihn nachteiligen Folgen hingewiesen worden sei. Sollte der
Kunde die Rechnung nachträglich anzweifeln, muss der Anbieter normalerweise
nachweisen können, dass die fraglichen Gespräche wirklich geführt worden sind.
Dazu dürfen die Mobilfunkunternehmen Daten 80 Tage lang speichern. Sollte der
Kunde auf diese Speicherung verzichten, muss er beweisen, ob er ein Gespräch
geführt hat oder nicht. Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Eine Mobilfunkkundin
soll für DM 4.600 Auslandsgespräche geführt haben. Sie zweifelte die Rechnung an.
Ihrer Ansicht nach sei nur die Hälfte der geforderten Summe zu zahlen.
Bisher haben sich alle Mobilfunkdienstleister über einen so genannten
Einwendungsausschluss abgesichert. Diese Klausel besagte, dass ähnlich wie bei
Banken bis zu vier Wochen nach Erhalt der Rechnung die Möglichkeit zur
schriftlichen Reklamation besteht. Nach Ablauf dieser Frist wurden Reklamationen
durch die Mobilfunkdienstleister nicht mehr anerkannt. Gleichzeitig wurden dann
unverzüglich sämtliche Telefonverbindungsdaten gelöscht, so dass eine
nachträgliche Überprüfung durch den Kunden nicht mehr möglich war. Auch dieses
Vorgehen wurde mittlerweile durch die Gerichte gestoppt. Die Mobilfunkdienstleister
sind gemäß der TKV verpflichtet, die Einzelverbindungsdaten mindestens 80 Tage
aufzubewahren. Somit hat sich auch der Einwendungsausschluss dementsprechend
verlängert. Die Mobilfunkdienstleister hatten hier nämlich einseitig Fristen verkürzt.
Problem: Beweis des ersten Anscheins
Eine weitere Ausrede der Netzbetreiber ist der Beweis des ersten Anscheins. Die
zentrale Frage bei falschen Handyrechnungen lautet ja: Wie lässt sich die fehlerhafte
Abrechnung nachweisen? Die Netzbetreiber argumentieren mit dem so genannten
ersten Anschein. Danach gewährleiste bereits die permanente Prüfung und
Zertifizierung der Abrechnungs-EDV die Richtigkeit der Rechnung. Während eines
Prozesses werden dann seitenlange Gutachten über die Qualität und
Unbeeinflussbarkeit der Abrechungssysteme aus bereits beendeten Verfahren
vorgelegt.
Tipp:
Meist reicht die bloße ‚Androhung’, ein erneutes Gutachten einzuholen, um dem
Prozess ein Ende zu bereiten. Netzbetreiber scheuen die hohen Kosten und lassen
sich nicht gerne in die Karten schauen. Lassen Sie sich diesbezüglich von einem auf
Telekommunikationsrecht spezialisierten Anwalt beraten.
Praxisbeispiel:
Der Anschein für die Korrektheit der Rechnung kann bei richtiger Argumentation
häufig in Frage gestellt werden. So hat das Landgericht Berlin (AZ: 5 O 68 / 95)
geurteilt: Die Tatsache, dass teure Auslandsgespräche geführt worden sind, sei nicht
wahrscheinlicher als ein technischer Fehler oder eine falsche Gebührenerfassung.
Hintergrund des Rechtsstreits: Einem Mobilfunkkunden wurden innerhalb von vier
Tagen (während des Wochenendes) rund DM 20.000 an Gebühren berechnet.
Problem: nicht erhaltene Einspruchschreiben
Immer wieder verschwinden auf mysteriöse Weise Schreiben bei Netzbetreibern. Ein
Einspruch ohne Zugangsnachweis gelangt in der Regel nicht zu seinem Empfänger.
Diese traurige Erfahrung zeigt, wie wichtig es ist, Reklamationen nur per
Einwurf/Einschreiben an den Mobilfunkdienstleister zu versenden.
Merke:
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Einwendungen sind innerhalb der Einwendungsfrist (jetzt neu 80 Tage) beim
Netzbetreiber zu machen.
Der Netzbetreiber ist verpflichtet, die Einzelverbindungen 80 Tage zu
speichern.
Jeder Schriftwechsel sollte per Einwurf/Einschreiben erfolgen