Feindlich oder freundlich – droht ein Ausverkauf

Stuttgarter Zeitung – Stuttgarter Nachrichten, 22.09.2015, Nr. 5 – September 2015
Feindlich oder freundlich – droht ein Ausverkauf deutscher Firmen?
Stuttgart - Wenn die Wirtschaft unter Volldampf läuft, haben auch Firmenübernahmen Hochkonjunktur.
2014 fanden nach Daten der Beratungsgesellschaft PWC im Maschinenbau weltweit 200 große Deals
statt. Blickt man allein auf Werkzeugmaschinenbauer und den deutschen Markt, sinken die Zahlen
natürlich. Experten bezeichnen die M&A-Aktivitäten im langjährigen Vergleich dennoch als „hoch“.
Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Angermann weist für Deutschland acht Übernahmen für
das Jahr 2013 aus. Für 2014 sind es zwölf. Und Anfang 2015 folgte mit der Mehrheitsübernahme des
ehemaligen Gildemeister-Konzerns durch den langjährigen Partner DMG Mori Seiki ein Geschäft, das
allein durch seinen Transaktionswert von knapp 1,4 Milliarden Euro für Furore sorgte.
Knapp die Hälfte der Transaktionstätigkeit findet seit mehreren Jahren rein national statt, das heißt,
deutsche Maschinenbauer kaufen oder beteiligen sich an heimischen Konkurrenten. Eines der
Paradebeispiele der letzten Jahre stellt die Übernahme von Homag durch den Anlagenbauer Dürr aus
dem Jahr 2014 dar. Bei der anderen Hälfte der Deals sind nach Angermann-Daten ausländische Firmen
mit im Boot, entweder als Ziel deutscher Hersteller oder – weit überwiegend – als Käufer hiesiger
Firmen. Sechsmal kamen 2014 ausländische Investoren zum Zug und verleibten sich einheimische
Technologieträger ein.
Von einem „Ausverkauf“ will Nadine Ulrich, Direktorin bei Angermann, nicht reden. Allerdings konstatiert
sie „vermehrte Übernahmen von deutschen Werkzeugmaschinenbauern durch asiatische Unternehmen“.
Fast ein Drittel aller deutschen Firmen wird von chinesischen oder japanischen Investoren erworben,
wobei die Zahl der von Asiaten avisierten Deals weitaus höher ist, wie Ulrich bemerkt. ÜbernahmeChampion sind derzeit allerdings die USA.
Neben der Technologie lockt die Ausländer vor allem der Zugang zum europäischen Markt. Die
deutschen Firmen wiederum können oft dem Reiz des Geldes nicht widerstehen und gehen fremd.
„Ausländische Investoren zahlen oft mehr als deutsche“, sagt Ulrich. Diese legen schon mal das
Zwölffache des operativen Gewinns (Ebit) für ihre Wunschkandidaten auf den Tisch.
Bei den Firmenkäufen geht es übrigens meist recht kultiviert zu. In der mittelständisch geprägten
Branche sind Aktiengesellschaften mit hohem Freefloat die Ausnahme. „Feindliche Übernahmen sind im
Werkzeugmaschinenbau kein Thema“, sagt Beraterin Ulrich. Wro