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D A S I N S T I T U T I O N E L L E FA C H M A G A Z I N V O N I N V E S T O R PA R T N E R S
Thema Komplexität
Ausgabe 1 I März 2016
Komplexität
hinterfragen
Private Debt: Mittelstand Westeuropa I Kreditfonds I
Besicherte Unternehmenskredite – Basis für CLOs I
VAG-Aufsichtsrecht I Prozessfinanzierung I Kommunale SSD
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SCHADENSERSATZFORDERUNGEN VON INVESTOREN
Schadensersatzforderungen
von Investoren
STEFFEN HENNIG // FIDERES CAPITAL
Durchsetzung von Rechtsansprüchen als Teil der Wahrung von Treuhandpflichten.
Hintergrund und Entwicklung
Insbesondere seit der Finanzkrise hat sich bei Vermögensverwaltern die Einsicht verstärkt, dass Verluste aus
Kapitalmarktinvestments nicht immer nur Resultat
von „Pech“, einem „ungünstigem Marktumfeld“ oder
einer „falschen Einschätzung“ sind, sondern anderen
Parteien zumindest teilweise hierfür eine Mitverantwortung tragen. Obwohl bereits in den Jahren 20052007 eine zunehmende Bereitschaft von institutionellen Investoren zu beobachten war, auch den Rechtsweg
zur Wiedergutmachung von erlittenen Schäden zu beschreiten, hat sich dieser Trend gerade im Zusammenhang mit den Verlusten aus US Subprime, CDOs/ABS
und anderen strukturierten Produkten deutlich verstärkt. Parallel hierzu sind eine Anzahl europäischer
Investoren aktiv um Ansprüche insbesondere in den
USA geltend zu machen, die sich aus der verzögerten
Veröffentlichung von kursrelevanten Informationen
oder aus falschen oder irreführenden Tatsachendarstellungen ergeben. Nachdem in den letzten 10–15
Jahren in vielen europäischen Ländern der rechtliche
Rahmen geschaffen wurde (z.B. in Deutschland durch
das vierte Finanzmarktförderungsgesetz (2004) oder
in Großbritannien durch den Financial Services and
Markets Act (2000), werden mittlerweile auch in Europa Schadensersatzklagen mit diesem Hintergrund
von Investoren verfolgt. Die größte Hürde hierbei stellt
derzeit jedoch noch das Fehlen eines Instrumentariums, wie z.B. das der Sammelklage nach US Vorbild,
zur effektiven Bündelung und gemeinschaftlichen
Durchsetzung derart gleichgerichteter Ansprüche dar.
In den letzten Jahren wurden jedoch auch hier einige
erste Fortschritte erzielt, z.B. durch das in Deutschland mögliche KapMuG Verfahren.
Problembewusstsein und neuere Trends
Nachdem also zumindest ein rudimentärer Rahmen
vorhanden ist, innerhalb dessen Investoren Schadensersatzforderungen in Bezug auf Kapitalmarktinvestments gelten machen können, ist es erstaunlich, warum Vermögensverwalter in dieser Frage anscheinend
sehr unterschiedliche Herangehensweisen verfolgen.
Eine kleinere Gruppe institutioneller Investoren,
besonders aus den skandinavischen Ländern und
den Beneluxstaaten, verfolgt in dieser Hinsicht einen
sehr aktiven Ansatz, der in vielen Fällen direkt in den
Regeln zur Corporate Governance des jeweiligen
Unternehmens verankert ist. Demgegenüber scheint
es, dass sich eine Reihe von Fondgesellschaften und
Vermögensverwaltern bisher sehr mit der Verfolgung
von Rechtsansprüchen zurückgehalten hat.
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Die beschriebene Problematik hat in den letzte Jahren wiederum dazu geführt, dass mehr und mehr
institutionelle Kapitalsammelstellen, Pensionsfonds
und Versicherungen bzw. deren Investment Consultants, intern oder bei der Vergabe von Fremdmandaten zur Vermögensverwaltung verpflichtende Vorgaben zum „Legal Monitoring“ und zur Verfolgung von
Schadensersatzansprüchen vereinbaren. Neben dem
Erzielen einer nachweislich verbesserten Investmentperformance steht für die Manager von Investmentgesellschaften, die eine aktive Durchsetzung von Ansprüchen verfolgen, insbesondere auch die Wahrung
ihrer Treuhandpflichten gegenüber ihren Kunden und
den durch sie vertretenen Anlegern oder Aktionären
im Vordergrund.
Treuhandpflichten von Vermögensverwaltern
und Managern
Vermögensverwaltern und Investment Managern, aber
auch den Vorständen von Versicherungen und Pensionskassen obliegt neben der Mehrung des überantworteten Vermögens insbesondere auch die Abwehr von
Vermögensschäden. Dies hat zur Konsequenz, dass die
Prüfung der Möglichkeiten eventueller Schadensersatzansprüche und der Versuch der Wiedereinbringung
dieser Ansprüche essentieller Bestandteil davon ist,
diesen Verpflichtungen nachzukommen. Eine ungerechtfertigte oder bewusste Entscheidung dies nicht
zu tun bzw. fahrlässige Unkenntnis solcher Ansprüche
können entsprechende Regressforderungen gegen den
Manager oder die Verantwortlichen und deren Unternehmen nach sich ziehen.
Auf der anderen Seite müssen sich Portfoliomanager
und Vorstände gegebenenfalls aber auch umgekehrt
verantworten, nämlich dann, wenn sie mögliche Ansprüche verfolgt haben, hierfür entsprechende Kostenrisiken und finanzielle Verpflichtungen eingegangen
sind, jedoch die Bemühungen letztendlich nicht erfolgreich waren oder die Ansprüche abgelehnt wur-
den. Gerade bei möglichen Rechtsansprüchen liegt die
Herausforderung für die Verantwortlichen darin, dass
dem Erlangen einer „unsicheren“ Ausgleichszahlung
die Notwendigkeit weitere, oft nicht unerhebliche Ausgaben einzugehen gegenüber steht.
Prozessfinanzierung zur Risikosteuerung
Zum Management dieses Risikos hat sich die Zusammenarbeit mit Prozessfinanzierern als probates Mittel
erwiesen. Hierbei können mögliche Anspruchsberechtigte das Kostenrisiko einer Rechtsstreitigkeit an
einen spezialisierten Financier abgeben, wobei dieser
im Gegenzug bei Erfolg einen Anspruch auf einen Teil
der erlösten Schadensersatzsummer oder Vergleichszahlung erhält. Auch die Gefahr, neben den eigenen
Anwalts- und Prozesskosten auch mögliche Kosten
der Gegenseite zu tragen, können über einen Prozessfinanzierer oder in Kombination mit einer entsprechenden Versicherungslösung gesteuert werden.
Daneben bieten einige Prozessfinanzierer auch Lösungen für das kontinuierliche Monitoring von Investmentportfolien nach möglichen Problemfällen oder
die praktische Unterstützung bei eventuellen Zweifelsoder Streitfällen. //