Angelika Bolte Zeitbewusstsein und Selbstmanagement

Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.
Herrnstr. 53 · 90763 Fürth
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Zeit Bindung: Wissenschaftliche Jahrestagung, Hannover, 24.–26. September 2015
Arbeitsgruppe D6: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Ausschreibungstext: Die in den 80er Jahren als Alternative zur Zeit-Plan-Technik entwickelte „Zeitberatung Dr. Plattner“ betrachtet den Menschen als einen aktiv Handelnden, der in einer ihm eigenen Weise und nicht losgelöst von bestimmten Gegebenheiten und inhaltlichen
Komponenten zeitbezogener Anforderungen Zeit erlebt und mit Zeit umgeht. Zeitprobleme
entstehen nicht nur durch und in beruflichen und privaten Situationen, sondern entwickeln und
verschärfen sich auch durch persönliche Merkmale. Zeitprobleme sind nicht mit einer auf UhrZeiten reduzierten Zeitplanung in den Griff zu bekommen, sondern bedürfen einer bewussten
und aktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln in der Zeit. In der „Zeitberatung
Dr. Plattner“ geht es deshalb darum, Zeit (wieder) als Bestandteil der eigenen Persönlichkeit
mit seinen positiven wie negativen Wirkungen zu erkennen und sich bewusst darüber zu werden, wie und warum in bestimmten Situationen mit Zeit umgegangen wird. Persönliche Stärken und Schwächen im Umgang mit Zeit werden auf ihren Nutzen hin analysiert und es wird
herausgearbeitet, welche Handlungsmöglichkeiten ein selbstbewusster Umgang mit Zeit bietet. Die Teilnehmer/innen des Workshops werden auf der Grundlage dieses ganzheitlichen
Zeitverständnisses angeregt, sich mit Ihrem Handeln in der Zeit auseinanderzusetzen.
Einstimmung
Das einzige Mittel, Zeit zu haben ist, sich Zeit zu nehmen!
Bertha Eckstein-Diener, österreischiche Schriftstellerin, 1974-1948
Jutta Bauer: Selma (1997): Es war einmal ein Schaf. Das fraß jeden Morgen bei Sonnenaufgang etwas Gras, lehrte bis Mittag die Kinder sprechen, machte nachmittags etwas Sport, fraß
dann wieder Gras, plauderte abends etwas mit Frau Meier, schlief nachts tief und fest. Gefragt, was es tun würde, wenn es mehr Zeit hätte, sagte es: „Ich würde bei Sonnenaufgang
etwas Gras fressen. Ich würde mit den Kinder reden, mittags! Dann etwas Sport machen.
Fressen. Abends würde ich gern mit Frau Meier plaudern. Nicht zu vergessen: ein guter fester
Schlaf.“ „Und wenn Sie im Lotto gewinnen würden?“ „Also, ich würde viel Gras fressen, am
liebstewn bei Sonnenaufgang, viel mit den Kindern sprechen, dann etwas Sport machen, am
Nachmittag Gras fressen, abends würde ich gerne mit Frau Meier plaudern. Dann würde ich in
einen tiefen festen Schlaf fallen.“
Wenn wir es machten wie Selma, wäre es ganz einfach. Aber ...
Angelika Bolte, Diplom-Supervisorin, Supervisorin DGSv, Lehrsupervisorin
ProfilPASS-Beraterin und –Multiplikatorin, Systemische Aufstellerin, Zeitberaterin nach Plattner
Praxis für Supervision, Coaching, Beratung & Fort- und Weiterbildung
HORIZONTE Göttingen  Institut für Supervision, Coaching & Systemische Organisationsberatung
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Wir leben beschleunigt - Zeit ist ein wichtiger ökonomischer Faktor Fortschritt mit Schnelligkeit verknüpft.
Das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben, ist bei vielen Menschen ständig präsent, selbst im Freizeitbereich, was nicht selten zu innerer Unruhe, Gereiztheit, psychosomatischen Beschwerden und Burn out führt.
Göttinger Tageblatt (19./20.9.2015): Ein Land im Wohlfühlzwang: Faulenzen, Trödeln,
Nichtstun. Kommt nicht infrage! Heute relaxen wir. Wir chillen. Wir schalten in den „Ich tu jetzt
mal was für mich“-Modus. Und zwar mit vollem Einsatz. Wir beißen die Zähne zusammen und
entspannen uns. ... Seht her, ich bin erfolgreich, denn ich bin tiefenentspannt. Ich fühle mich
wohl. Wohlfühlen ist das neue Statussymbol der deutschen Mittelklasse. Wer sich wohlfühlt,
der hat etwas richtig gemacht. Und wer etwas richtig macht, der hat Erfolg. ... Schlimm ist das
nicht, nur anstrengend. Für alle. Denn längst ist die Komfortzone dem zum Opfer gefallen, wovor sie eigentlich Schutz bieten sollte: Leistungsdruck, Kontrolle, Kommerz. ... Nichts anderes
liegt dem Wellness-Trend als Gegenbewegung zu einem kräftezehrenden, hektischen, fremdbestimmten Karrierealltag zugrunde als die Hoffnung, durch kluge Körperpflege diesen Alltag
im Griff zu behalten. ... Mit dem Wohlgefühl des Körpers kommt die Befreiung der Seele. Alles
ist wieder im Lot. Und einsatzbereit. Das Ziel der wohltuenden Mühen ist am Ende also gar
nicht Entspannung – sondern die Wiederherstellung der Kraft, um besagten anstrengenden
Alltag zu bestehen. Gesundheit, Zufriedenheit und wirtschaftlicher Erfolg sind der Lohn. Und
da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn die gewonnene Kraft wird schnell wieder verbraucht. ... Auf die erfolgreiche Wiederherstellung allumfassender Harmonie folgt unweigerlich
der alltägliche Zwang zum reibungslosen Funktionieren, bis irgendwann aus der Lust am
Wohlfühlen der Zwang zum Wohlfühlen geworden ist. Weil an der Stelle der Entspannung
auch am Feierabend das Bedürfnis nach Kontrolle tritt, nach Perfektionierung von Körper und
Gemüt. Dann flitzt die berufstätige Mutter zwischen Dienstschluss und Abendbrot noch ins
Fitnessstudio für eine Runde Hatha Yoga. ... Dann wird Wellness zum Stressfaktor. ... Weil
man sich in seinem Zwang, alles richtig zu machen, selbst nicht vergessen kann. Kinder können das, sich selbst und die Zeit vergessen. ... Es geht auch einfacher. Sich selbst fühlen,
statt sich wohlfühlen. Sich ausruhen, wenn man müde ist. Sich räkeln, wenn man aufwacht.
Sich Freiheit gönnen vom Funktionieren. ... Der Wellnessexperte von morgen lässt Drachen
steigen. Oder macht einfach gar nichts.
Die Uhr, nicht die Dampfmaschine, ist die wichtigste Maschine des Industriezeitalters.
Nach einer Untersuchung des US-Soziologen Robert Levine (1999) zum Lebenstempo in 31
Ländern ist die Wirtschaft die wichtigste Determinante für das Lebenstempo einer Kultur.
Wirtschaftlicher Wohlstand bringt einen höheren Lebensstandard, wird aber mit Zeitnot bezahlt. Gibt es keinen Ausgleich für den Stress, also keine freie Zeit, macht uns die Knappheit
unzufriedener oder auch krank (70% aller Krankheiten haben primär und sekundär Zeitnotund Stressursachen).
Wo am schnellsten gelebt wird: 1. Schweiz, 2. Irland, 3. Deutschland, 4. Japan
(16. USA), 29. Brasilien, 30. Indonesien, 31. Mexiko
Um einen bewussteren und effizienteren Umgang mit Zeit zu ermöglichen, sind seit Mitte der
1980er die Techniken des Zeitmanagements entwickelt worden.
Das klassische Zeitmanagement basiert auf einem quantitativen Ansatz.
Ein umfassendes „Systems der Erfolgsverursachung“ betrachtet Zeit
vor allem nach materiellen Aspekten.
Um die Zeitverwendung bewusst zu steuern und die Selbstdisziplin zu schulen, gehört z.B.
das Führen eines Zeit-Plan- Buches dazu. Ein typischer Vertreter dieser Zeit war Lothar Seiwert mit seiner Aussage:
Heute ist der 1. Tag vom Rest Ihres Lebens!
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Leisten Sie sich 8 Minuten täglich, um Ihre berufliche und private Zeit besser in den Griff
zu bekommen! Beginnen Sie bereits heute!
Die Erfahrung aber hat gezeigt,
dass der Umgang mit Zeit individuell unterschiedlich ist.
Wir entwickeln damit auch individuell ausgeprägte Zeitprobleme.
Zudem ist das Erleben von und der Umgang mit Zeit nie unabhängig von fremdgesetzten zeitlichen Strukturierungen und Organisationsabläufen, Unvorhergesehenem und Störungen und
dem Umgang anderer mit ihrer Zeit. Auch die jeweilige Lebensgeschichte und Lebenssituation
beeinflusst unseren Umgang mit Zeit. Eine nur auf die objektiven Verpflichtungen und Anforderungen abgestimmte Zeitplanung ist damit langfristig nicht erfolgversprechend.
Der Umgang mit Zeit und Zeitproblemen erfordert eine
bewusste und aktive Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln in der Zeit.
Ilse E. Plattner
Ausgehend davon, dass Zeitprobleme mit einer auf Uhr-Zeiten reduzierten Zeitplanung nicht
wirklich „in den Griff“ zu bekommen sind, hat Frau Prof. Dr. Ilse E. Plattner in den 1980er Jahren im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit die Zeitberatung Dr. Plattner als Alternative zur ZeitPlan-Technik entwickelt.
Die Zeitberatung Dr. Plattner ist ein sozialwissenschaftlich fundiertes, praxisbezogenes,
individuumsorientiertes Konzept,
das den Menschen als einen aktiv Handelnden betrachtet.
In der Zeitberatung geht es darum, zu verstehen, welche Einflussfaktoren auf unser Zeitverständnis und unser Zeiterleben wirken, das persönliche Zeitprofil zu erfassen und Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Zeit und Zeitproblemen aufzuzeigen. Ziel der Zeitberatung
ist es, Stärken und Schwächen im Umgang mit Zeit zu analysieren und zu verstehen, Zeit
(wieder) als Bestandteil der eigenen Persönlichkeit mit seinen positiven und negativen Wirkungen zu erkennen und zu einem selbst-bewussten und selbst-bestimmten Umgang mit Zeit
zu finden.
Ich mache mit Ihnen also kein klassisches Zeitmanagement. Ich werde Ihnen so kurz wie
möglich, etwas über die Entwicklung unseres Zeitverständnisses und zum Zeiterleben
erzählen, mit Ihnen Ihr persönliches Zeitprofil erfassen und Handlungsmöglichkeiten im
Umgang mit Zeit und Zeitproblemen aufzeigen. Wenn Sie sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen möchten, können Sie sich an dem von mir eingerichteten Büchertisch orientieren, eine Arbeitsmappe erstehen und ein Seminar oder eine Einzelberatung bei mir buchen.
Frau Dr. Plattner behauptet, dass der Umgang mit Zeit auch mit persönlichen Merkmalen zusammenhängt. Ob sie mit Ihren Vorgaben richtig liegt, möchte ich Ihnen anhand einer kleinen
Übung (Arbeitsblatt „Unangenehme Dinge“) zeigen. Wenn die Dinge etwas zu tun haben mit
Entscheidungen, Perfektionismus, Nein-Sagen, Delegieren, Aussortieren und Wegwerfen, Alles-gleichzeitig-erledigen-wollen, Dinge-nicht-zu-Ende-bringen-und-halbfertigliegen-lassen, Kleinkram hat Ihr Umgang mit Zeit mit Persönlichkeitsmerkmalen zu tun!
Entwicklung unseres Zeitverständnisses und Zeiterlebens
Zeitverständnis, Zeiterleben und unser Umgang mit Zeit sind das Ergebnis
geschichtlich-gesellschaftlicher sowie persönlich-individueller Entwicklung.
Geschichtlich-gesellschaftliche Entwicklung: Ende des 13. Jahrhundert suchten erstmals
theologische Philosophen Möglichkeiten, den Menschen die Zeit erfahrbar zu machen (William von Ockham: Wenn die Zeit objektiv existiert, muss es auch möglich sein, sie dem Menschen subjektiv zugänglich zu machen). Etwa zur selben Zeit wurde die mechanische Räderuhr erfunden, während es bis dahin nur Sonnen- und Wasseruhren gab, die astronomischen
Zwecken und Kalenderberechnungen dienten (die Menschen fingen an, sich Gedanken über
die vergehende Zeit zu machen). 1511 folgte die fabrikmäßige Herstellung von Taschenuhren.
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Mit dem Aufkommen der Industrialisierung und Technisierung ab Mitte des 17. Jahrhunderts
(in Deutschland ab 1815) erkannten Arbeitgeber schnell, dass man die Menschen auch nach
Uhr-Zeiten arbeiten lassen konnte, und nicht wie vorher nach Jahres- und Tageszeiten. Damit
kam Zeit mit Geld in Berührung und wurde zu einem „kostbaren Gut“ (das Wort „pünktlich“ ist
aus dem 17. Jahrhundert, die Stechuhr wird Anfang des 20. Jarhunderts konstruiert, kurze
Zeit später entwickelt Ford die Fließbandarbeit, Entwicklung erster Rechenmaschinen 1837
und erster Kleincomputer 1941).
Dieses Streben nach dem Zeitnutzen wurde besonders unterstützt von der protestantischen
Kirche und ihrem Verständnis von der „wertvollen Zeit im Hier und Jetzt“, die man mit Blick auf
den Tod und das Jenseits nicht „verschwenden“, „vergeuden“ und „vertun“ soll.
Persönlich-individuelle Entwicklung: Der Umgang mit Zeit und Zeitstress hat wesentlich mit
Persönlichkeitsmerkmalen zu tun, die sich im Verlauf des individuellen biografischen Werdegangs entwickeln (insbesonder durch Erfahrungen mit sich und anderen)
... und beeinflusst durch
bio- & psychologisch beeinflusste Wahrnehmungsprozesse sowie
chemisch & hormonell gesteuerte Hirnprozesse
Biologisch beeinflusste Wahrnehmungsprozesse: 1. Unsere Körpertemperatur bewegt
sich nach einem eigenen innerem Rhythmus (innere Uhren/ Biorhythmus) während eines
Tages vorhersehbar und unabhängig von äußeren Einflüssen auf und ab (d.h. alle vegetativen
Tagesrhythmen bleiben auch dann erhalten, wenn Zeitgeber der „äußeren Uhren“, z.B. Tageslicht ausgeschaltet sind; wie steil diese Hitzewelle ansteigt und abfällt und wann sie ihren Höhepunkt oder ihre Talsohle erreicht, ist so individuell wie unser Fingerabdruck und unterscheidet Menschen in Morgen- und Abendtypen); 2. In Experimenten konnte der deutsche Biologe und Verhaltensphysiologe und Mitbegründer der Chronobiologie Jürgen Aschoff (19131998) nachweisen, dass wir 25-Stunden als „natürliche“ Dauer eines Tages empfinden
(diese sogenannte Vorspannung macht unsere innere Uhr flexibel und Evolution möglich, d.h.
je größer die Vorspannung, desto größer der Druck auf die Evolution: durch die Verlangsamung der Rotationsgeschwindigkeit der Erde – beeinflusst durch die Gezeiten - wird alle Million Jahre der äußere Tag um 16 Sekunden länger, d.h. in 225 Millionen Jahren, wenn der
Tag 25 Stunden hat, wird es keine Weiterentwicklung mehr geben).
Psychologisch beeinflusste Wahrnehmungsprozesse: 1. Der vorwärts- und rückwärtsschauende Blick (viele Ereignisse verkürzen unsere Zeitwahrnehmung im vorwärtsschauender und dehnen die Zeit im rückwärtsschauenden Blick); 2. Die gefühlsmäßige Befindlichkeit (im Glückszustand achten wir nicht auf die Zeit, im Angstzustand können Minuten „endlos“ lange dauern); 3. das Interesse an einer Sache (Freude und Spaß verkürzen unsere
Zeitwahrnehmung, Warten und Langeweile verlängern die Zeit); 4. das Lebensalter (je älter
man ist, desto schneller scheint die Zeit zu vergehen; Kinder entwickeln im Übrigen erst ab
dem 7. Lebensjahr ein Zeitbewusstsein).
Chemisch und hormonell gesteuerte Hirnprozesse: 1. Durch das Feuern der Nervenzellen
im Gehirn entsteht ein 3-Sekunden-Taktschlag, in dem wir Dinge als Einheit oder Gegenwart
wahrnehmen (innerhalb dieser 3 Sekunden hat die menschliche Zeit keine Richtung, d.h.: das
Jetzt beträgt 3 Sekunden); dieser 3-Sekunden-Rhythmus ist für unsere Wahrnehmung und
inneren Bewegungsabläufe äußerst wichtig, beeinflusst unbewusst z.B. auch die Dichtkunst
und ist unabhängig von der Kultur; 2. Die Zirbeldrüse steuert durch die Ausschüttung von
Melatonin die zeitlichen Rhythmen unseres Organismus und alle großen Lebensprozesse, wie
Pubertät und Menopause. Je jünger jemand ist und je dunkler es ist, desto mehr Melatonin
wird produziert. Je mehr Melatonin sich im Blut befindet, desto höher ist das Schlafbedürfnis.
Zeit ist definiert durch Wissenschaft/Gesetz, Physik, Philosophie, Psychologie
Gesetz: Nach wissenschaftlicher und gesetzlicher Festlegung (Deutschland: Gesetz über
die Zeitbestimmung vom 25.7. 1978; offizieller Zeitgeber: Atomuhr Braunschweig) hat jede
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Stunde 60 Minuten und jeder Tag 24 Stunden - für alle gleich verteilt -, und die verrinnen mit
absoluter Gleichförmigkeit, egal wie wir uns verhalten. „Zeit ist so ziemlich das einzige Gut,
das unter den Menschen gleichmäßig verteilt ist: Jeder Mensch verfügt prinzipiell über die
gleiche Zeitmenge pro Tag. Ob sie genügt ist keine Frage dieser Menge, sondern eine Frage
der Prioritäten, sie zu nutzen.“ (Johann Ceh). Man kann keine Zeit geschenkt bekommen,
kann sie niemanden stehlen, sie ist nicht billig oder teuer, man kann sich die Zeit nicht vertreiben, wir können sie nicht festhalten, sie kann uns nicht weglaufen, niemand kann Zeit sparen
oder sammeln oder einfangen oder gewinnen, Zeit kann nicht verfliegen oder schneller vergehen, ich kann nicht zu viel oder zu wenig Zeit haben - Zeit ist! Wir stehen immer mitten drin
in der Zeit.
Physik: Albert Einstein (in Deutschland geborener theoretischer Physiker, 1879-1955): Zeit ist
eine relative, objektiv messbare Gegebenheit.
Philosophie: Aristoteles (griechischer Philosoph, 384-322 v. Chr.): Zeit ist das Maß einer Bewegung von einen Vorher zu einem Nachher, die auch dann existiert, wenn niemand sie
wahrnimmt.
Psychologie: Zeit ist das, was subjektiv als Veränderung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit den Sinnesorganen wahrgenommen wird.
Da der Umgang mit Zeit individuell unterschiedlich ist, entwickeln wir auch indivuell ausgeprägte Zeitprobleme, weil uns nicht nur die gemeinsame gesellschaftliche Geschichte prägt,
sondern auch unsere individuelle Geschichte, also unsere biographischen Erfahrungen, unsere persönlichkeitsspezifischen Merkmale, unsere Fähigkeiten und Kompetenzen sowie die
Bedingungen, in denen wir leben und arbeiten und die damit verbundenen Anforderungen
und Menschen, mit denen wir es zu tun haben. Dr. Plattner behauptet deshalb, dass der Umgang mit Zeit oft weniger mit Zeitplanung und Zeiteinteilung zu tun hat als vielmehr mit Faktoren, die auf den ersten Blick wenig mit Zeit zu tun haben: Persönlichkeitsspezifische Merkmale, Fähigkeiten und Kompetenzen, berufliche und private Anforderungen.
Der Umgang mit Zeit hat oft weniger mit Zeitplanung und Zeiteinteilung zu tun, als mit
persönlichkeitsspezifischen Merkmalen, Fähigkeiten und Kompetenzen,
beruflichen und privaten Anforderungen
Und weil es in der „Zeitberatung Dr. Plattner“ nicht darum geht, Zeit gut zu managen, sondern
den Umgang mit dem eigenen Handeln in der Zeit zu thematisieren, hat sie einen Fragebogen
zur Ermittlung des persönlichen Zeitprofils entwickelt.
Aktive Pause mit dem Fragebogen zur Ermittlung des persönlichen Zeitprofils
Auseinandersetzung mit dem persönlichen Zeitprofil
Erläuterungen/Handlungsmöglichkeiten
Zeitplanung: ■
Selbstmanagement und Arbeitsorganisation: ▲
Selbstmanagement und Gesundheitsprophylaxe: 
Zeitplanung: Menschen, die sagen „Unter Zeitdruck kann ich gut arbeiten“, sagen dies meist
erst nach Abschluss der Arbeit. Während des Arbeitens unter Zeitdruck ergeht es ihnen oft
nicht gut. Sie ärgern sich, dass sie mal wieder „auf den letzten Drücker“ angefangen haben
und denken ständig, „Hoffentlich schaffe ich es“. Andererseits erledigt man manches erst unter Zeitdruck und für Manches wendet man unter Zeitdruck weniger Zeit auf.
Zeitplanung: Zeitplanung und Perfektionismus
Unter Zeitdruck kann ich gut arbeiten, d.h. in kurzer Zeit hervorragende Arbeit leisten.
Unter Zeitdruck erledige ich Dinge, an die ich oft denke, aber ungern bearbeite.
Unter Zeitdruck wende ich für Einzelnes weniger Zeit auf als ohne Zeitdruck.
Zeitdruck ist nicht per se negativ. Zeitdruck ist erst dann ein Problem, wenn er dauerhaft ist.
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Sich unter Zeitdruck setzen hat unbewusst oft mit dem eigenen Perfektionsanspruch zu tun
(dem Perfektionismus die Zeit nehmen).: Manches erledigt man erst unter Zeitdruck und für
Manches wendet man unter Zeitdruck weniger Zeit auf.
Fallbeispiel: Frau A, freie Mitarbeiterin in einem Verlag, weiß bewusst, dass die Qualität ihrer
Arbeit ausreicht, auch wenn sie weniger lange daran arbeitet, und sie weiß unbewusst, dass
sie in jedem Fall bis zur letzten Minute an ihrer Arbeit feilen wird, um sie noch perfekter zu
machen. Mit dem Arbeiten „auf den letzten Drücker“ spart sie Zeit. Gleichzeitig kann sie die
„gesparte“ Zeit nicht genießen oder für andere Dinge verwenden, weil sie vor und nach der
aktiven Arbeit in Gedanken mit der Erledigung des Auftrags beschäftigt ist.
Die Lösung, trotz hohem Perfektionsanspruch nicht in Zeitstress zu geraten:
Lösung
Perfektionsanspruch akzeptieren
sich vor der Erledigung fragen:
Wie gut muss es werden? Wie wichtig ist es (mir), dass es besonders gut wird?
Entscheidungen treffen
sich bei der Fertigstellung fragen:
Reicht es (mir), so wie es jetzt ist? Wie wichtig ist es (mir), dass es noch besser wird?
Perfektionismus ist ein Persönlichkeitsmerkmal, und es macht keinen Sinn, unperfekter werden zu wollen. Der Umgang mit Zeit hat immer mit Entscheidungen zu tun, z.B. über Prioritäten (und in in der Regel weiß man ohne große Überlegungen, welche Angelegenheiten oberste Priorität haben), zeiliche Abfolgen und Arbeitsqualität. Entscheidungen sollten Ratio und
Emotion miteinander ins Gleichgewicht bringen, und Entscheidungen machen nur Sinn, wenn
man sie befolgt („Binden“ Sie sich an Ihre Entscheidung!).
Unangemessene oder fehlende Zeitschätzung (zu viel für zu wenig Zeit, sich in Details „verlieren“) kann ebenso wie ein hoher Perfektionsanspruch (es ist nie gut genug) zu Zeitproblemen
führen. In dieser Kombination kommt dies häufig bei Menschen vor, die sich selbst als langsam empfinden.
Zeitplanung: Zeitplanung und Zeitschätzung
Wenn ich etwas erledige, brauche ich oft länger als ich gedacht/geplant hatte.
Fallbeispiel: Herr B, Lehrer, steckt viel Zeit in seine Unterrichtsvorbereitung und Korrekturarbeiten, Zeit für Familie und Freizeit bleibt kaum. Er hält sich für gründlich und gewissenhaft
und will alles ganz genau machen. Er taucht ganz in die Details ein und vergisst darüber sich
selbst und die Zeit. In seiner Arbeitsweise konzentriert er sich auf Inhalt und Qualität, macht
sich aber keine Gedanken darüber, wie lange etwas braucht (Zeit gerät in den Hintergrund
des Bewusstseins). Zudem bereitet er meist mehr vor als nötig. Diese Schwächen hängt bei
Herrn B. einerseits mit seinem Selbstbild (fleißig, aber nicht tüchtig, brauche für alles länger
als andere, ständig auf der Suche nach Fehlern, Ungereimtheiten und Angriffspunkten), andererseits mit seinem Anspruch an Perfektion zusammen.
Lösung
Perfektionsanspruch akzeptieren, Entscheidungen treffen,
Selbsteinschätzung überprüfen, Zeitschätzung schulen
sich vor der Erledigung fragen: Wie lange wird es dauern? Wann will ich damit fertig sein?
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Kleinkram wird als „ineffektive“ Verpflichtung
und „Zeitfresser“ empfunden, gleichsam „sitzt“ uns vor sich hergeschobener Kleinkram „im
Nacken“, macht ein „schlechtes Gewissen“ und erledigt sich in der Regel nicht von selbst.
Auch das Aussortieren und Wegwerfen fällt den meißten außerordentlich schwer, denn man
könnte das Entsorgte ja irgendwann noch einmal brauchen (wir sind immer noch wie in der
Steinzeit Sammler/innen). Die Folge sind Berge von Papieren, Zeitschriften, Kleidungsstücken, Baumaterialien etc. (= Kleinkram). Menschen mit einer überbordenden Sammelleiden
schaft, die zum Selbstzweck wird, nennt man „Messies“.
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation:
Kleinkram, Aussortieren, Wegwerfen
Wenn der ganze „Kleinkram“ nicht wäre, hätte ich Zeit.
Das gezielte, zeitlich geplante Wegarbeiten, Aussortieren und Wegwerfen wird meist als sehr
entlastend erlebt. Bei Problemen mit Aussortieren und Wegwerfen ist es wichtig, sich zu entscheiden. Manchmal fällt dies leichter, wenn noch jemand mit dabei ist.
Lösung
Sich ab und zu ungestörte Zeit für „Kleinkram“ nehmen
Überflüssiges (möglichst zeitnah) aussortieren/wegwerfen
sich fragen: Brauche ich das wirklich?
Was mache ich, wenn ich es später brauchen sollte und nicht mehr habe?
Wer seinen „effektiven“ Verpflichtungen ohne Zeitprobleme nachkommen will, braucht ein gutes Selbstmanagement. Menschen mit Neigung zum Chaos beschäftigen sich gern gleichtzeitig mit mehreren komplexen Dingen, agieren inmitten von Papierbergen, Aktenordnern, Zeitschriften etc. und sind immer in Gefahr, Doinge anzufangen und nicht zu Ende zu bringen.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Perfektion und Chaos
Es kommt vor, dass ich etwas anfange und nicht zu Ende bringe.
Wenn ich von einer Sache zur nächsten "springe" und Angefangenes unfertig liegen lasse, ist
mir das bewusst.
Chaoten sind meist Menschen mit einem hohen Perfektionsanspruch, möchten Komplexität
durchschaubar machen, schätzen Sorgfalt und Genauigkeit und suchen auch im Chaos Perfektion. Das „Springen“ von einer Sache zur nächsten (insbesondere, wenn die Gedanken
bereits bei neuen reizvollen Aufgaben sind) führt aber dazu, dass Angefangenes oft halbfertig
liegen bleibt, was wiederum dem Anspruch an Perfektion widerspricht und dazu führt, dass die
Umsetzung des Geplanten oftmals nicht zeitnah erfolgt bzw. Angelegenheiten nicht rechtzeitig
delegiert werden. Nichts zu Ende zu bringen, macht unzufrieden (weil nichts fertig geworden
ist).
Chaoten verzichten nicht auf individuelle (kreative) Strukturen und Ordnungssysteme (in der
Regel finden sie mit verblüffender Zielsicherheit, was sie suchen) und haben außerdem gute
Fähigkeiten zu planerischem/or-ganisatorischem Handeln, aber eben Probleme bei der Umsetzung.
Lösung
Perfektionsanspruch akzeptieren, Entscheidungen treffen,
sich an Entscheidungen binden, Spontaneität und Flexibilität bewusst einsetzen,
Fähigkeit zum Planen, Organisieren und Delegieren nutzen
Wenn sich liegengebliebene und nicht zu Ende gebrachte Dinge häufen und die Anforderungen nicht mehr mit einem Blick erkenn- und überschaubar sind, entwickelt sich auch für Chaoten ein unerträgliches Wirrwarr.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Perfektion und Chaos
Es kommt vor, dass mir der „Durchblick“ fehlt und ich nicht weiß,
womit ich zuerst anfangen soll.
Ich habe Schwierigkeiten mit einem aufgeräumten (Arbeits-) Umfeld oder Schreibtisch.
Ein fehlender „Durchblick“ wird wesentlich auch durch das räumliche (Arbeits-)Umfeld beeinflusst (wenn wir konzentriert arbeiten wollen, werden wir unbewusst durch Unordnung im Arbeitsumfeld abgelenkt). Wenn wir die Dinge, mit denen wir uns jetzt nicht beschäftigen wollen,
aus dem Blickfeld nehmen würden, könnten wir uns gedanklich besser auf das aktuell zu Erledigende einlassen, unsere ganze und ungeteilte Aufmerksamkeit diesem einen Vorgang
widmen. Wenn ein aufgeräumtes (Arbeits-)Umfeld aber nicht dem eigenen Persönlichkeitstyp
entspricht (meist steht hinter dem Chaos die Angst, etwas Wichtiges zu vergessen), sollte
man sich mit gutem Gewissen ein gewisses Maß an räumlicher Unordnung zugestehen und
für konzentriertes Arbeiten an einem leeren Tisch arbeiten.
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Lösung
Sich Chaos- und Ruhezonen schaffen
Für konzentriertes Arbeiten (Arbeits-)Umfeld ordnen/an einem leeren Tisch arbeiten
Fähigkeit zum Planen, Organisieren und Delegieren nutzen
Arbeitserleichterungen überlegen
Erledigungslisten können eine sinnvolle Ordnungsfunktion haben, zum „Durchblick“ beitragen
und dabei helfen, konkrete Zeitpläne zu erstellen, wenn das zum persönlichen Stil gehört. Mit
einem konkreten Zeitplan kann festgelegt werden, was in welcher Reihenfolge und in welcher
Zeit erledigen werden soll, insbesondere wenn vieles gleichzeitig zu erledigen ist.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Erledigungslisten und Zeitpläne
Ich mache mir keine Erledigungslisten, weil sie sowieso nicht helfen.
Wenn Erledigungslisten und Zeitpläne nicht weiterhelfen, kann eine Ursache darin liegen,
dass im Zeitplan vieles ohne Bezug zu einer realistischen Zeitschätzung aufgeführt wird (z.B.
weil man am liebsten alles auf einmal wegarbeiten möchte oder man nicht bewusst darüber
nachdenkt, wie viel Zeit die Erledigung einzelner Dinge erfordern oder man die erforderliche
Zeit unterschätzt bzw. Unvorhergesehenes nicht eingeplant wird). Hilfreich ist es, keine starren
Erledigungslisten (durchgestrichenes Erledigtes vermittelt ein Erfolgserlebnis) und Zeitpläne
(nicht an Uhrzeiten, sondern besser nach Vormittag, Nachmittag und Abend strukturieren) zu
erstellen, sondern immer zu berücksichtigen, dass Unvorhergesehenes dazwischen kommen
kann (Paredo-Regel 60:20:20: 60% Geplantes, 20% Psychosoziales/Störungen, 20% Unvorhergesehenes). Menschen, die gut mit kleinen Zetteln zurechtkommen, können das Risiko,
sich zu „verzetteln“ minimieren, wenn sie ihre Zettel an einem dafür bestimmten Ort sammeln
(Zettelhalter, Pinnwand etc.).
Lösung
Erledigungslisten erstellen, die helfen,
den Überblick zu behalten und konkrete Zeitpläne zu erstellen
Wenn vieles gleichzeitig zu erledigen ist, sich fragen: Was geht am schnellsten?
Und das dann möglichst zuerst erledigen.
Ohne Terminkalender sind wir heute kaum noch in der Lage, unseren beruflichen und privaten
Alltag zu gestalten. Er hilft, den Überblick nicht zu verlieren und Terminüberschneidungen zu
vermeiden.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Terminkalender
Es kommt vor, dass ich zur gleichen Zeit an zwei Orten sein muss,
weil ich vergessen hatte, meine verschiedenen Terminkalender abzugleichen.
Mehrere Terminkalender machen nur dann Sinn, wenn Tagesbereiche deutlich voneinander
getrennt sind (z.B. Arbeitskalender, Familienkalender).
Lösung
Ich führe möglichst nur einen Terminkalender
Unbedachte Terminzusagen können zu Zeitproblemen führen.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Terminzusagen
Ehe ich einen Termin zusage, mache ich mir Gedanken über die Folgen.
Termine sollten nach Möglichkeit großzügig geplant werden, weil immer etwas dazwischenkommen kann (60:20:20-Regel). Hilfreich ist es, sich eine Zeit lang bewusst zu beobachten,
um die durchschnittliche „Störungszeit“ zu errechnen.
Lösung
Sich vor einer Terminzusage fragen: Muss der Termin tatsächlich am so-und-so-vielten stattfinden oder geht auch ein späterer Termin? Was ist parallel dazu noch einzuhalten, was wird
durch die Zusage zusätzlich dazu kommen, was kann an unvorhergesehenen Dingen
passieren und wie lange brauche ich für die Erledigung des Zugesagten?
In Phasen, in denen sich besonders viele Verpflichtungen und Anforderungen häufen, kann
der Eindruck aufkommen, als müsste man alles gleichzeitig bewältigen. Konkret zeigt sich das
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
oft daran, dass man an einer Sache arbeitet und an eine andere denkt. Die Konzentration für
die zu bewältigende Angelegenheit ist dadurch beeinträchtigt und es fällt schwer, bei der Sache zu bleiben. Am Ende des Tages quält dann oft das Gefühl, „mal wieder zu gar nichts gekommen“ zu sein, weil tatsächlich keine Aufgabe zum Abschluss gebracht wurde.
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation:
Alles-gleich-zeitig-erledigen-wollen
In manchen Situationen habe ich den Eindruck,
dass ich alles gleichzeitig erledigen muss.
Das Gefühl, dass die Zeit viel zu knapp ist, besteht dann mehr denn je. Um dem entgegenzuwirken, muss entschieden werden, welche Dinge vorranging und welche nachrangig sind.
Lösung
Prioritäten setzen
z.B. mit Hilfe von Paredo-Prinzip, ALPEN-Mthode, ABC-Analyse
Sich fragen, wenn vieles gleichzeitig zu erledigen ist:
Wie wichtig ist es (mir), dieses und jenes jetzt zu machen
und was passiert, wenn ich dieses oder jenes später mache?
Paredo-Prinzip: 60-20-20-Regel; Alpen-Methode: A: Aktivitäten auflisten (Arbeiten/Aufgaben, Termine); L: Länge der Tätigkeiten schätzen (Erfahrungswerte); P: Pufferzeit reservieren
(Unvorhergesehenes, Störungen); E: Entscheidung treffen (Prioritäten setzen, delegieren,
verschieben etc.); N: Nachkontrolle über Erledigtes und Unerledigtes; ABC-Analyse: A = Aufgaben höchster und hoher Wichtigkeit (15% aller Aufgaben); B = Aufgaben mittlerer Wichtigkeit (20% aller Aufgaben); C = Aufgaben geringer Wichtigkeit (65% aller Aufgaben)
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Unangenehme Aufgaben
Es belastet mich, dass ich unangenehme Dinge vor mir herschiebe.
Besonders schwer fällt in der Regel die Erledigung unangenehmer Dinge, die wir gern „vor
uns herzuschieben“ (was sich häufig mit unangenehmen Gedanken und Gefühlen verbindet).
Würde man unangenehme Dinge schnellstmöglich erledigen, hätte man keine belastenden
Gedanken und Gefühle und könnte sich konzentriert und unbelastet den angenehmen Dingen
zuwenden. Eine Hilfe ist es, sich die Unlust zuzugestehen und dennoch – trotzdem – das Unangenehme zu erledigen. Unterstützend kann auch eine anschließende „Belohnung“ sein.
Lösung
Unangenehmen Dinge schnellstmöglich erledigen
Bei mir unangenehmen Angelegenheiten sage ich mir:
Ich habe zwar keine Lust, aber ich mache es jetzt trotzdem.
Wenn ich Unangenehmes erledige, frage ich mich:
Was gönne ich mir hinterher Schönes?
Wenn dennoch unangenehme Dinge „jetzt nicht“ bearbeitet werden sollen, sollte konkret
festgelegt werden, wann sie erledigt werden (dann erledigen ohne sich eine weitere Verschiebung zu erlauben).
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Nein-Sagen
Es fällt mir allgemein schwer, Nein zu sagen ... besonders gegenüber
Vorgesetzten, Mitarbeiter/innen, Kolleg(innen, kund/innen, Klient/innen, Patient/innen, Partner/in, Kinder/n, sonstiger Familie, Freund/innen
Nein zu sagen birgt immer die Gefahr, als egoistisch „gescholten“ zu werden, obwohl es im
Grunde darum geht, sich zu positionieren. Aber: Nur wer bereit ist, sich mit seiner Meinung zu
präsentieren (wer nicht Nein sagen kann, kann auch nicht wirklich Ja sagen), kann sich mit
seinem Gegenüber als Erwachsene begegnen, die miteinander verhandeln können (über alles), wenn sie und Ihr Gegenüber das wollen. Wichtig ist, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Zentrierung auf andere und der Zentrierung auf sich selbst, immer wieder für das
eigene Wohlbefinden und die eigene Ausgeglichenheit zu sorgen (d.h. sich selbst lieben –
trotzdem). Wenn Sie wissen, was Sie wollen, ermöglicht Ihnen dies ein gezielteres und auch
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
für andere eindeutig erkennbares Handeln. Stehen Sie auch dazu, sich nichts ungefragt „aufhalsen“ zu lassen.
Lösung
Entscheiden Sie sich bewusst dafür, NEIN zu sagen,
wenn Sie NEIN meinen.
Fragen sie sich (z.B. bei Telefonaten): Wie wichtig ist es (mir), dass ich ihm/
ihr jetzt zuhöre? Oder wenn mich andere um etwas bitten: Bin ich bereit,
dafür anderes zurückzustellen und was passiert, wenn ich das nicht mache?
Nicht immer kann man es sich leisten, Nein zu sagen. Oft werden jedoch Zusagen gegeben
(aus Gewohnheit, aus Abhängigkeit, aus Unsicherheit, aus ...), ohne über die Konsequenzen
und Folgen nachzudenken
Selbstmanagement & Arbeitsorganisation: Delegieren
Ich mache nach Möglichkeit alles selbst.
Besonders Menschen mit einem hohen Perfektionsanspruch oft Schwierigkeiten im Delegieren und in der Abgabe von Verantwortung haben, z.B. weil es schneller geht. Delegieren an
Dritte setzt zudem ein gewisses Maß an Vertrauen in deren Leistung und Kompetenz voraus.
Delegieren verschafft (langfristig) Freiräume.
Lösung
Sich im loslassen, vertrauen und delegieren schulen
Sich fragen, wenn bestimmte Dinge auf mich zukommen:
Wie wichtig ist es (mir), dass ich sie selbst erledige?
Der US-amerikanische Psychiater, Psychotherapeut und Schriftsteller Morgan Scott Peck
(1936-2005) führte ein sehr volles und geschäftiges Leben, und manchmal wurde er gefragt:
„Scotty, wie schaffst Du das nur alles?“ Darauf gab er verschiedene Antworten, unter anderem
die, dass er mit einem ausgezeichneten Team arbeite. Aber die aufschlussreichste Antwort,
die ihm einfiel, war diese: „Weil ich mindestens zwei Stunden am Tag überhaupt nichts tue.“
Ironischerweise sagten die Fragesteller daraufhin fast immer, dass sie für so etwas keine Zeit
hätten.
Selbstmanagement & Gesundheitsprohylaxe: Nichts-tun
Manchmal wünsche ich mir, einfach nichts mehr tun zu müssen.
Das „Nichts-Tun“ – im Sinne von nicht effektiv arbeiten – ist notwendig zur körperlichen, geistigen und seelischen Erholung, um gesund, leistungsfähig und kreativ zu bleiben oder es wieder zu werden. Zeitliche Freiräume zum „Nichts-Tun“ oder „Faulenzen“ sind daher von besonderer Bedeutung. Es stellt sich die Frage, ob es trotz der Bewältigung der täglich anfallenden
Aufgaben und Verpflichtungen möglich bleibt, sich zeitliche Freiräume für sich selbst und damit auch zur geistigen und körperlichen Erholung zu schaffen.
Lösung
Ent-Spannung als wichtig begreifen
Ich schaffe mir zeitliche Freiräume nur für mich selbst und sage mir:
Jetzt ist meine Zeit, jetzt brauche ich nichts zu tun.
Menschen, die sich unter permanenten Zeitstress gesetzt fühlen, haben Schwierigkeiten, das
sogenannte Nichts-Tun zu ertragen oder es gar zu genießen aus Angst, in ein „Loch“ zu fallen. Sie haben den Anspruch, immer etwas Zweckorientiertes zu tun, und so verpflichten sie
sich von einer Aktivität zur nächsten, auch im Freizeitbereich. Manche erwecken dabei den
Eindruck, als „flüchteten“ sie vor sich selbst (z.B. um sich der fehlenden Selbstzufriedenheit
sowie den beruflichen und privaten Problemen nicht stellen zu müssen).
Selbstmanagement & Gesundheitsprohylaxe: Genießen
Wenn ich zu nichts Lust habe, bin ich ganz unzufrieden mit mir.
Wenn Entspannung nicht genossen werden kann, bleibt die Entspannung aus.
Lösung
Ent-Spannung als wichtig begreifen
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Angelika Bolte: Zeitbewusstsein und Selbstmanagement
Ich kann die „Zeit nur für mich selbst“ genießen.
Wenn ich mir „Zeit nur für mich selbst“ nehme,
habe ich kein „schlechtes“ Gewissen.
Abschluss
Ziel der Zeitberatung Dr. Plattner
Erkennen, dass der Umgang mit Zeit wesentlich zu tun hat mit
Entscheidungs- & Delegationsfähigkeit
Anspruchsniveau
Motivation & Konzentration
Nein-sagen können
Selbstvertrauen, Selbstbehauptung & Selbstsicherheit
Selbstbewusst und selbstbestimmt mit Zeit umzugehen heißt ...
im Kontext der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz und im Kontext privater Beziehungen zu sich
selbst zu stehen, sich zu behaupten, Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse ernst zu nehmen,
Wünsche und Ziele formulieren und zu ändern, was belastet
Zu sich selbst stehen heißt, sich zu trauen, sich zu vertrauen und sich mit seinen Stärken und
Schwächen anzunehmen („Ich ändere nur das, was mich belastet“), auf eigene Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse zu hören, sie ernst zu nehmen und im Alltag zu berücksichtigen,
sich selbst zu behaupten („Ich akzeptiere ein Mindestmaß an persönlichem Egoismus, der
mich davor schützt, mich für andere und ihre Zeit psychisch und körperlich aufzuarbeiten!“),
sich seine Wünsche und Ziele (unabhängig davon, ob sie nach außen hin vertretbar sind oder
nicht) zuzugestehen und zu versuchen, sie mit der eigenen Lebensgestaltung in Einklang zu
bringen („Ich erlaube mir, bereits beschlossene Ziele zu verändern, wenn das eigenen Bedürfnissen entspricht.“)
Ein selbst-bewusster und souveräner Umgang mit Zeit setzt voraus,
sich in einzelnen Anforderungssituationen bewusst zu fragen:
Was mache ich gerade? Wie denke ich darüber? Was ist mir wichtig?
Was will ich wirklich?
Selbstbewusstsein im Umgang mit Zeit bedeutet, sich des eigenen Handelns in der Zeit bewusst zu sein.
Einen selbstbewussten Umgang mit Zeit unterstützen durch
Fragen an sich selbst, Erstnehmen von Entscheidungen, Ernstnehmen des eigenen Willens,
Freundliche Selbstansprache, Tagesplanung am natürlichen Tagesrhythmus
Ein selbstbewusster Umgang mit Zeit ist nicht gleichzusetzen mit Selbstdisziplin und
die Zeit perfekt im Griff haben!
Zeit ist kostbar. Sie ist unser einziger Besitz. Und jeder von uns hat reichlich davon – nämlich
sein ganzes Leben. Man kann sie nicht sparen. Gesparte Zeit ist paradoxerweise verlorene
Zeit. Zeit lebt nur dann, wenn man sie verbraucht, wenn man sie umarmt, mir ihr tanzt, sie in
den Himmel hebt, sie verehrt und ihr Liebeserklärungen macht. Zeit ist nur ein anders Wort für
Leben, und das Leben will nur eines: Gelebt werden. Sekunde um Sekunde, Tag für Tag, Jahr
um Jahr – ganz langsam und aufmerksam.
M.Miethe
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