10. Februar 2016 Zinswende: Bereits wieder auf der langen Bank? Neben der nachlassenden Konjunkturdynamik in China und dem reifen Wirtschaftszyklus in den USA werden die Märkte vor allem durch den tiefen Ölpreis beherrscht. Ein Cocktail, welcher nicht zuletzt die kaum begonnene Zinsnormalisierung gefährdet. Was an den Aktienmärkten für einem denkbar schlechten Jahresauftakt gesorgt hat, dürfte die Anleger auch in den kommenden Monaten weiterhin beschäftigen. So sollte sich die anhaltende Abschwächung der chinesischen Konjunkturdynamik auch im laufenden Jahr weiter fortsetzen. Ebenfalls bestehen bleibt die Sorge über den bereits sehr weit fortgeschrittenen Konjunkturzyklus der US-Wirtschaft. Bereits 2016 dürften wir mit einer nachlassenden Wirtschaftsdynamik in den Staaten konfrontiert sein. Überangebot trifft Nachfrageschwäche Auch am Ölmarkt zeichnet sich keine Entspannung ab. Die weltweit schwächelnde Nachfrage belastet die Ölnotierungen. Dazu kommt das weiterhin extrem hohe Produktionsvolumen bei praktisch allen ölfördernden Ländern hinzu. Der einstmals heiss begehrte Rohstoff ist nun buchstäblich in Hülle und Fülle vorhanden– in den USA kletterten die Rohöllagerbestände diese Woche auf den höchsten Stand seit 1930. Dieser Überfluss an Schwarzem Gold übt in viererlei Hinsichten entscheidenden Einfluss aus. Erstens wirkt der niedrige Ölpreis sozusagen als umfangreicher konjunktureller Stimulus. Er beschert den Verbrauchern zusätzliche Kaufkraft. Zweitens haben ölfördernde Staaten und Ölunternehmen (sowohl Förderer als auch Zulieferer und Ausrüster) mit den tiefen Preisen erheblich zu kämpfen. Sie sehen sich teilweise sogar in ihrer unmittelbaren Existenz bedroht. So steht etwa Venezuela am Rande des Staatsbankrottes, während die Risikoprämien und somit die Ausfallwahrscheinlichkeit von amerikanischen Energie-High-Yield-Bonds weiter ansteigen. Drittens reagieren die Aktienmärkte bei einem Ölpreis von rund 30 Dollar pro Fass ungewöhnlich sensitiv auf die Bewegungen bei den Ölnotierungen – aktuell herrscht eine beinahe perfekt positive Korrelation vor. Und viertens drückt der anhaltend tiefe Ölpreis die Inflation und die Inflationserwartungen nach unten und damit weiterhin deutlich ausserhalb der Reichweite der von den Zentralbanken anvisierten Marke. Zinsnormalisierung auf der langen Bank Dies dürfe sich vor allem auf den weiteren Pfad der Zinsnormalisierung der Fed auswirken. Denn während die Zeichen bei der EZB auf anhaltender Expansion stehen, gingen die Fed-Vertreter noch im Dezember von bis zu vier Zinsschritten im aktuellen Jahr aus. Doch setzen sich die Unsicherheiten an den Aktienmärkten weiter fort und verliert die amerikanische Konjunkturdynamik an Fahrt, während der Ölpreis gleichzeitig die Inflationsrate belastet, dürfte für die Fed die Luft für weitere Zinsschritte zusehends dünner werden. Die Zinsnormalisierung wäre damit auf die lange Bank geschoben, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Natalie Jeker, Finanzberaterin, Raiffeisenbank Wandflue
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