So funktionieren Stickstoffstabilisatoren

So funktionieren
Stickstoffstabilisatoren
Düngung Als „stabilisierte Dünger“ bietet der Handel etliche Produkte an. Sie wirken
ganz unterschiedlich. Wir erklären, worauf Sie dabei achten sollten und was künftig mit
der geplanten Düngeverordnung und der neuen NEC-Richtlinie gefordert wird.
Schneller Überblick
•• Nitrifikationshemmer halten das
Ammonium länger im Boden. Das
vermeidet Nitratauswaschungen.
•• Die Stickstoffgaben lassen sich
daher zusammenlegen.
•• Das funktioniert bei Harnstoff­
dünger mit Urease-Inhibitor nicht.
Der Dünger muss aber nicht gleich
eingearbeitet werden.
•• Harnstoffhemmer verhindern,
dass Ammoniakgas entsteht, vor
allem bei höheren Temperaturen.
S
tabilisierte Stickstoff(N)-Dünger
lassen sich nach dem Wirkmechanismus in zwei Gruppen einteilen:
Düngemittel mit Ammoniumstabilisator einerseits und Produkte mit
Urease-Inhibitor andererseits. Die Wirkstoffe, die den Düngern jeweils zugesetzt
sind, greifen in unterschiedliche biochemische Vorgänge ein (siehe Grafik „An
diesen Stellen wirken unterschiedliche Stickstoffstabilisatoren“). Wann aber kommt
welcher Wirkungsmechanismus zum Einsatz?
hängig vom Boden und von der Temperatur in der Vegetationszeit 10 bis 14 Tage.
Durch den Zusatz des Nitrifikationshemmstoffs zu ammonium- oder auch
harnstoffhaltigen Düngern verlängert sich
die Ammoniumphase im Boden. Die Aktivität von Nitrosomonas-Bakterien wird
verzögert. Diese Nitrifikationsbremse hält
je nach Bodentemperatur und Bodenart
etwa vier bis acht Wochen. Ansteigende
Bodentemperatur verkürzt die Wirkungsdauer.
Wenn sich die Nitratanlieferung aus
dem Ammoniumvorrat der Düngung verzögert, ermöglicht das eine bedarfsgerechte Versorgung der Pflanzen. Denn auch
das Pflanzenwachstum hängt von der Temperatur ab. Gleichzeitig lässt sich die Pflanze damit auf eine teilweise Ammoniumernährung einstellen.
Das Risiko einer Nitratverlagerung im
Boden wird reduziert und Emissionen
gasförmiger N-Verbindungen, wie Lachgas,
werden vermieden. Stabilisierte Dünger
erlauben höhere Stickstoffeinzelgaben,
ohne dass ein Überangebot an Nitrat ent-
steht. Gegenüber einer Strategie mit konventionellen N-Düngern lassen sich Einzelgaben zeitlich vor- und zusammenlegen.
Damit ist es möglich, Feldüberfahrten und
damit Arbeitszeit einzusparen.
Die angebotenen ammoniumstabilisierten Dünger unterscheiden sich hinsichtlich
des verwendeten Düngemitteltyps und des
eingesetzten Nitrifikationshemmstoffs (siehe Tabelle „Übersicht stabilisierter N-Mineraldünger“). Zusätzlich zu mineralischen
Fest- und Flüssigdüngern lassen sich auch
organische Dünger wie Gülle und Biogasgärreste mit Nitrifikationshemmern behandeln. Hier stehen neben den bekannten
Mitteln Entec FL und Piadin neu Vizura
und N-Lock zur Verfügung (siehe auch dlzSpecial „Stickstoffeffizienz steigern“ in dlz
11/2015).
So wirken Urease-Inhibitoren
Zur zweiten Gruppe der stabilisierten
Stickstoffdünger gehört Harnstoff mit dem
Zusatz von Urease-Inhibitoren (UI). Diese greifen bei der Umsetzung der Stickstoffform Amid (Harnstoff) zu Ammoni-
Mithilfe von Nitri­
fikationshemmern
lassen sich Dünge­
gaben zusammenle­
gen und Überfahrten
einsparen.
Foto: landpixel
Ammoniumstabilisatoren
Mit Ammoniumstabilisatoren lässt sich die
Nitrifikation im Boden verzögern. Man
nennt sie daher auch Nitrifikationshemmstoffe. Ammonium wird im Boden durch
Mikroorganismen über Nitrit zu Nitrat
umgewandelt. Dieser Vorgang dauert ab-
Bernhard Fuchs, Norbert Baumgartner,
Landesarbeitskreis Düngung Bayern
JANUAR 2016 dlz agrarmagazin 73
Pflanzenbau
Mein Nutzwert
So vermeiden Sie Stickstoffverluste
Sowohl Harnstoffals auch Nitrifikati­
onsinhibitoren kos­
ten im Handel etwa
15 bis 20 Cent/kg N
Aufschlag.
An diesen Stellen wirken unterschiedliche Stickstoffstabilisatoren
Harnstoffinhibierung
Nitrifikationshemmung
Nitrifikationshemmstoff
UreaseInhibitor
um ein, der so genannten Hydrolyse, und
bremsen sie. Biochemisch findet dieser
Schritt noch vor der Nitrifikation statt.
Die Umwandlung des Harnstoffs erfolgt – ebenfalls temperaturabhängig – mithilfe des im Boden vorhandenen Enzyms
Urease. Bei Bodentemperaturen von 10 °C
passiert das innerhalb von zwei Tagen. Die
Hydrolysereaktion bewirkt einen deutlichen
Anstieg des pH-Werts in der Umgebung
des Harnstoffgranulats. Dabei kann es zu
gasförmigen Ammoniakverlusten kommen.
Wie viel Stickstoff verloren geht, hängt von
den Anwendungsbedingungen, der Bodenart und vom pH-Wert des Bodens ab. Vor
allem bei trockenem Wetter mit intensiver
Sonneneinstrahlung und gleichzeitigem
Wind kann es zu verstärkten Ausgasungsverlusten von Ammoniak kommen.
Der Urease-Inhibitor blockiert die Aktivität des Enzyms. In der Folge verlangsamt sich die Umwandlungsgeschwindigkeit von Harnstoff zu Ammonium, je nach
Bodentemperatur, um bis zu zehn Tage.
Düngeverordnung im Blick
Bodenhorizont
Harnstoff
Enzym
Urease
Ammonium
Bakterien
Nitrosomonas
Hydrolyse
Nitrit
Bakterien
Nitrobacter
Nitrat
Nitrifikation
Die Umsetzung von Harnstoff zu Ammonium (Hydrolyse) findet innerhalb weniger
Tage statt. An dieser Stelle können Ureasebremsen (Inhibitoren) eingreifen und den
Stickstoff länger in der Harnstoffphase halten. Der pH-Wert steigt weniger schnell an,
Ammoniakverluste werden vermindert. Nitrifikationshemmer wirken auf die Ammo­
niumphase und bremsen die Umwandlung zu Nitrit und Nitrat um mehrere Wochen. Das
mindert die Nitratauswaschung und Lachgasverluste.
Übersicht stabilisierter N-Mineraldünger
Produkt
Wirkstoff
Grunddünger
Zusammensetzung
Hersteller
Die neue Düngeverordnung und die NECRichtlinie (Richtlinie 2001/81 EG über
nationale Emmissionshöchstmengen bei
Ammoniak) bringen einige Verschärfungen. Sie schreiben in ihrem letzten Entwurf
vom 1. Oktober 2015 das Einarbeiten
von Harnstoffdüngern und organischen
Düngemittel über 2 Prozent Trockensubstanz auf unbestellten Äckern vor.
Die Einarbeitung muss unverzüglich
innerhalb von 4 Stunden erfolgen. Ab 1. Januar 2018 soll das bereits nach 1 Stunde
passieren. Ausgenommen sind Harnstoffdünger mit Urease-Inhibitor, Kompost
sowie Festmist von Huf- und Klauentieren.
Harnstoffdünger mit Urease-Inhibitor
haben das Potenzial, Ammoniakverluste
Nitrifikationsinhibitoren (NI)
Alzon 46
Gemisch aus
Decyanamid und
1 H-1,2,4-Triazol
Harnstoff
granuliert
46 % Gesamt-N als Carbamid-N
SKW
Piesteritz
Entec 26
DMPP = 3,4-Dimethyl-pyrazolphosphat
Ammonsulfatsalpeter mit
Schwefel
26 % N Gesamt-N
7,5 % Nitrat-N
18,5 % Ammonium-N
13 % wasserlöslicher Schwefel
Eurochem
Agro
Urease-Inhibitoren (UI)
Novurea
mit
Agrotain
NBPT = N(n-Butyl)-thiophosphortriamid
Harnstoff
granuliert
46 % Gesamt-N als Carbamid-N
0,25 % Agrotain
Triferto
Ureastabil
NBPT = N(n-Butyl)-thiophosphortriamid
Harnstoff
geprillt
46 % Gesamt-N als Carbamid-N
Agra Groupt
Tschechien
Utec1)
NBPT = N(n-Butyl)-thiophosphortriamid
Harnstoff
granuliert
46 % Gesamt-N als Carbamid-N
Eurochem
Agro
N = Stickstoff; 1) Produkt in Deutschland, Österreich, Schweiz, Benelux derzeit nicht erhältlich
© dlz agrarmagazin 1/2016
Quelle: Fuchs, eigene Recherchen
Neben der Verteilgenauigkeit ent­
scheidet auch die Düngerform über
den Erfolg der Nährstoffgabe.
74 dlz agrarmagazin Januar 2016
P
u
RZ_B
Fotos: landpixel (2), agrar-press
zu senken und die Stickstoffausnutzung
der Pflanzen zu erhöhen. Sie ermöglichen
Ertragssteigerungen besonders auf leichten
Standorten mit hohem pH-Wert, denn hier
ist die Gefahr von Ammoniakverlusten am
größten.
Im Vergleich zwischen herkömmlichen
Harnstoffdüngern und Varianten mit Urease-Inhibitor ließen sich bei Versuchen in
Deutschland und Österreich außerdem
höhere Eiweißgehalte bei Winterweizen
feststellen, bei gleichem Ertrag. Der anwendungstechnische Vorteil liegt im Wegfall der vorgeschriebenen Dünger­
einarbeitung.
Im Gegensatz zu Düngemitteln mit Ammoniumstabilisator haben Harnstoffdünger
mit Urease-Inhibitor aber keinen Einfluss
auf die Nitrifikation. Stickstoffeinzelgaben
lassen sich also nicht zusammenlegen oder
Überfahrten einsparen. Die Anwendung
unterscheidet sich nicht von einer herkömmlichen Harnstoffdüngung.
ks
Bernhard Fuchs, Norbert Baumgartner,
Landesarbeitskreis Düngung Bayern
RZ_BCS_Xpro_Markenwelt_210x150_151130.indd 1
Auf unbestelltem Acker muss Harnstoff künftig unverzüglich eingearbeitet werden. Harnstoffdün­
ger mit Urease-Inhibitoren haben diese Auflage nicht, weil sie weniger Ammoniak freisetzen.
01.12.2015 11:32:42