Doping für die Pansenflora

PFLANZENBAU
Doping für die Pansenflora
Soja ist teuer und hat einen miserablen Ruf. Andere Stickstofflieferanten zum Beispiel Harnstoff - gewinnen daher an Bedeutung.
oja ist zu nehmend wnstritten.
Das eiwcissr eiche Futterm ittel
steht von allen Seiten in der Kritik. Die Gegn er führ en vor a llem ökologische Gründe ins Feld - die Abholzung vo n Regenwäld ern zum Beisp iel.
Aber auch die Flächenkonkur renz zw'
menschlichen Ernährung ist ein
Thema.
Nicht zuletzt ist es öko nomisch
fragwürdig, Soja an Milchvieh zu verfüttern , denn die Preise steigen stetig.
Das teure Futter lohnt sich daher in
erster Linie mr Schweine und Geflüge l. Milchviohhalter haben zum Glüc k
einige Alternativen. Ein e davon ist
Harnstoff.
S
Von Arx ist
vom Einsatz des
langsam verfügbaren Futterharnstoffs überzeugt. Dieser
ermöglicht es
ihm, das Maximum aus seiner
Ration herauszuholen.
liegt nicht direkt in tierverfügbarer
Fonn vor, Er wird im Pansen von den
Mikroorganismen zu Am moni ak abund dann zu Mikrobeneiweiss aufgebaut. Die Mikroorganismen können
aber nicht a llen Ammoniak verwerten
- vor allem dann nicht, welUl sie zu
wenig Energie zu r Verfügung haben,
Der überschüssige Ammoniak gelangt über die Magen wand ins Blut.
Die l.eber entgiftet ihn und baut ihn
zu Harnstoff auf. Diese r gelangt wieder ins Blut und von dort über den
Speichel zurü ck in den Pansen. So
ver fügt die Kuh über e inen eigenen
Stickstoftkroislauf. Man bezeichnet
ihn als don ruminohepatischen Kreislauf.
Zu v iel Ammoniak schadet
der Fruchbarkeit
Beim HarnstoIT ha,ndelt os sich
um eine n sogenannten Nich t- Protein-Sticksto ff (NPNj. Das heisst, er
,.
Dank: ih m kö nnen Wiederkäuer den
StickstofT r ecyceln und so Ph asen mit
zu wellig Stickstoff im Futter überbrücken. Nich t benötigte n Harnsto fT
scheidet der Körper a us. Über den ru mi no hepatischen Kreislauf erhält der
Pansen also schon vo n Natw' aus
Harnstoff,
Wer Harnstoff füttert, erhöht e infach die Menge, Wenn der Pansen
durch das Futter zu viel Harnstoff erhält, können d ie Bakterien nicht mehr
alles verwerten. Folge: Es gelangt I',U
viel Ammoniak ins Blut. Das kann zu
einer Ammoniakvergiftung l'ühr en,
Sie zieht nicht nur eine schlechte
Fruchtbarkeit nach sich, sondern verw'sacht auch Leberschäden ,
Harnstoff im Pansen
langsam freisetzen
Solchen Schäden soll langsam ve rfügbarer Harnstoff' (LVII) vorbeugen .
Dabei ist der Harnstoff in einem Fettkügelchen eingeschlossen. Dieses löst
sich im Pansen langsam au f und gibt so
den Harnstoff über ein en längeren
Ze itraum konstant frei.
Gleichze itig sind die Kügelchen klein
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genug. dass sie durch di e Vcrdauw1gsbewegungen im ganzen Pansen verteilt werden. Dank d iesem Verfahren
liegt nie zu viel1-Iarnstoff auf einmal
vor.
«Ich habe in meiner Zeit als Milch viehhalter schon diverse rütterWlgs techniken ausprobiert», meint Valen tin von Arx. Der Landwirt aus dem
solotburnische n Niede rb uchsiten
setzt seit fünf J ahren einen solchen
Harnstoff ein .
Er melkt 85 IIolsteinkühe mit einer
durchschnittlichen Laktationsleistung
von 9500 kg Milch. Vor zehn Jahren
begann er, seine Ti ere mit einer Teilmischration zu füttern. Er hatte jedoch Mühe mit der Tiergesundheit.
Seine Kühe litten vor allem an ein er
Pansen übersäuerung.
Gesündere Kühe dank
TMR-Fütterung
Vor zwei Jahren stiegt von Arx dann
aufTMfi um. Das heisst, alle Tiere e r~
halten dieselbe Ration. Die Kraf'tfutt~
erstation hat er abgeschaltet, er
mischt die Ene rgie~ Wld Eiweissfutter
direkt in die TMH. «Die Startorkühe
müssen da halt mitleiden. Die ersten
dr~i Wochen hat fast jede etwas Prob ~
leme», meint von Arx. Trotzdem be ~
tont er, dass die Tier e deutlich gesün ~
der soien, seit er ihnen kein Kraftfutter
mohr über die Station füttere.
Seine Ration besteht zur Hä lfte aus
Mais~ und Grassilage. Dazu kommen
pro Ti e r ca. 4 kg Pl'emix. In diesem
enthalten sind Soja, Raps, Maiskörner,
Weizenmehl und Leinsaat. Den H arn ~
stofT setzt von Arx vor allem ein. um
seine maisbetonte Ration mögli chst
effizient zu verwerten .
Er füttert pro Ti er und Tag zwischen
50 und 120 g Harnstoff - abhängig
von den Milchharnsto fTwertcn. der
Grundfutterqualität sowie d er Kotkonsistenz.
Mit dem Harnstoff pei lt vonArx zwei
Ziele an. Erstens soll er die Kuh mit Ei weiss verso rgen. So kann der Landwirt auf viel te ures Soja verzichten.
Zweitens will der Solothurner mit dem
HarnstofT die rohfaserverdauenden
Mikroorganismen im Pansen fördern.
Das erhöht die Verdauli chkeit se in es
Grundfutter s.
Von Arx lobl den crcm igen Wld homogenen Kot, den seine Tiere seit Beginn der HarnstonTütterung ausscheiden. Es seien kaum noch unverdaute
POanzenrückstände zu finden .
Gleichzeitig wurden die Milchharns toffwerte stabiler. Der Harnstoffge halt ist mit 15 mg/dl nach wie vor
Von Arx füttert seine Tiere mit einer TMR. Alle laktierenden Kühe erhalten die gleiche Ration.
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Links der langsam Verfügbare
Harnstoff, ein geschlossen in
eine Fettmatrix.
Rechts der klassische Futterharnstoff.
LANDfreund . 0812015
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Die Holstein herde erreicht
Rechtliche Situation
Harnstoff-Fütterung
einen Stall·
schnitt von
9500 kg Milch.
Nicht immer ist erlaubt, Harnstoff zu fütte rn. Die Herkw1ft des
Stoffes aus de r chemischen Industrie gibt dem Harnstoff ein
schlechtes Image. Aus diesem
Grund verbieten viele Labelorganisationen ihren Mitgliedern,
Harnstoff an ihre Kühe zu verfüttern . Dazu gehören IP-Suisse,
Bio Suisse und verschiedene
AOP's. In folgenden AO? ist der
Einsatz von Futterharnstoff jedoch erlaubt: Berner Alpkäse.
Tessiner Alpkäse sowie Raclette.
Die Ration besteht zu je 50%
aus Gras- und
Maissilage. Dazu
ne b>, ist von Ar x überzeugt. Nur wer
in der Ration über die nötige Energie
verfügt, kalill damit arbeiten. Kriegen
die Mikroorganismen nicht genug
Energi e, um Eiweisse aufzubauen,
ver pufft die Wirk ung des Harnstoffs.
Dalill gibt's wieder zu viel Ammoniak
im Blut - mit den bekannten Problemen.
Des halb ist gutes Grundfutter wich tig. «Stimmt die Qualität des Grundfutters nicht, helfen auch koine Pül verchen», ist der Solothurner
überzeugt.
kommen noch
4 kg des Kraft·
futters Premix
pro Tier und Tag.
Fazit
ehe r tief. Die Unterschiede zwischen
den Tiere n sind aber deutlich zurückgegangen. Auch die Persistenz ist viel
besser als vorher. «Gerade hat mir
mein Sohn gesagt, dass wir eine Kuh
im achten Monat haben. die immer
noch 25-26 kg Milch gibb, berichtet
von Arx begeister t.
Normaler Futterharnstoff
funktionierte nicht
«Über das von mir verwendete
I IarnstofIprodukt gibt es eine Vielzahl
unterschiedliche r Meinungen. Das
verwirrt einen als Landwirt manchmal», meint der Milchvie hhalter. Auf
Empfehlun g von Berat'e rn hat CI' kurzzei tig auch schon auf den normalen
Futterh arn stofr umgeste llt. Der
Grund: Ein Kilo Futterharnstoffist mit
1.20 CHF d eutli ch gün stiger a ls ein
Kilo LVH mit 4.- e H F. Er hoffte, seine
Produktionskosten damit reduzieren
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zu können. Schliesslich waren es ja
auch ökonomische Überlegungen, die
ihn zu m Einsatz von LVI-} bewogen
hatten.
Der normale Futterharnstoff lohnte
sich abe r nicht: Die Kotkonsistenz
liess stark zu wünschen übrig. Mittlerweile ist Hunzi ker ein überzeugter
Anhänger der langsam verfügbaren
Variante.
Doch auch er weiss, dass es sich dabei nicht um ein Allerweltsheilmittel
handelt. «Langsam verfügba rer Harnstoff ist nicht für jeden Betrieb geeig-
• Soja ist wnstritten und zW1ehrnc nd
teuer.
• Futterharnstoff ist e in Nicht-Protein -Stickstoff und wird von den Pansenmikroben zu Ammoniak ab - und
dann zu Eiweissen aufgebaut.
• Harnstoff da rf man nur vorsichtig
füttern - eine Überdosis kann für d ie
Küh e tödlich se in!
• Langsam verfügbarer Harnstoff ist
von ein er Fettkugel umschlossen . Im
Pansen wird er darw11 über einen längeren Ze itraum freigesetzt.
• Harnstoff kann - wenn man ihn
richtig einsetzt - die Grundfutterverwertung erhö hen und zu einer leistungsgerechton Eiweissvorsorgung
beitragen.
Andrea. Rota,
Betriebsspiegel
LN :
36,7 Ha
Arbeitskräfte: MiLarbeiter, Vater I,U1d Sohn.
Betriebszweige: Mil Chwirtschaft und'Futterbau (Kunstwiese, Mais,
Futterweizenl
Milchleistung: 9500 kg Milch, 4% Fett, 3.2% Eiweiss