Abteilung Chemikalien Tätigkeitsbericht 2014 Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Gesundheit BAG Direktionsbereich Verbraucherschutz Vorschriften beurteilt. Bei ca. 50% der Muster wurden kritische Mängel an der Kennzeichnung der Produkte festgestellt. Jahresbericht 2014 Abteilung Chemikalien Mit dem Tätigkeitsbericht 2013 wurde bereits ein breiter Überblick über das Aufgabenportfolio der Abteilung Chemikalien des Bundesamtes für Gesundheit gegeben. Dieses Portfolio hat 2014 keine wesentlichen Änderungen erfahren. Ergänzend werden deshalb nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse und Entwicklungen des Jahres 2014 summarisch dargestellt. Im Rahmen des Bundesvollzugs des Chemikalienrechts hat die Abteilung Chemikalien des BAG verschiedene Grundleistungen im Hinblick auf die Sicherstellung des Gesundheitsschutzes beim Umgang mit Chemikalien: Zusammen mit der Anmeldestelle Chemikalien, den Beurteilungsstellen für den Umweltschutz beim BAFU und dem Arbeitnehmerschutz beim SECO wurden 41 Neustoffanmeldungen sowie ca. 500 Biozidzulassungsanträge (1 EU Erstzulassungsgesuch, 39 Anerkennungen von EU Erstzulassungen, 453 Übergangszulassungen) gemäss den Vorgaben des Chemikalienrechts fachlich beurteilt, bevor diese Produkte - teilweise mit spezifischen Auflagen - auf den Schweizer Markt gelangen konnten. Die Abteilung Chemikalien führte 2014 in Zusammenarbeit mit den kantonalen Vollzugsbehörden mehrere Kampagnen zur Überprüfung der Einhaltung der Selbstkontrollvorschriften von bereits auf dem Markt befindlichen chemischen Produkten (ca. 190'000 gemeldete chemische Produkte in der Schweiz). Der Fokus lag dabei auf Produkten mit Pyrrolidonen oder Isocyanaten (zwei Stoffgruppen mit Verdacht auf reproduktionstoxische Wirkung), Frostschutzscheibenreiniger, WC-Reiniger, Glasätzpasten und Waschmittel in Form von sog. Liquid Caps. Insgesamt wurden ca. 200 Muster erhoben, chemisch analysiert und im Hinblick auf ihre Konformität mit den chemikalienrechtlichen Es wurde auch 2014 eine grosse Zahl Anfragen der Öffentlichkeit zur Beurteilung und Vermeidung von Schadstoffexpositionen (z.B. in Innenräumen, Nanomaterialien, hormonaktive Stoffe etc.) wie auch zur Auslegung des Chemikalienrechts beantwortet. Diesbezügliche Informationen wurden veröffentlicht, namentlich ein Faktenblatt zu den Liquid Caps. 2014 wurde die Umsetzung der letzten Phase der Einführung des neuen Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) in Form einer Totalrevision der Chemikalienverordnung (ChemV) vorbereitet und den interessierten Kreisen zur Vernehmlassung unterbreitet. Die umfangreichen Arbeiten zur Abstimmung der Gesetzgebung auf die neue EU-Verordnung über Biozidprodukte kamen mit dem Inkrafttreten der revidierten Biozidprodukteverordnung im Juli 2014 zum Abschluss. Diese wurde im September 2014 durch eine Vollzugsverordnung des EDI ergänzt, mit der die technische Gleichwertigkeit des Rechts gewährleistet werden kann. Damit das Schutzniveau mit jenem der Europäischen Union vergleichbar bleibt, wurden vier Verordnungen im Sinne eines autonomen Nachvollzugs des europäischen Rechts angepasst. So wurden 17 besonders besorgniserregende Stoffe, 11 krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Stoffe, 14 einer harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung unterliegende Stoffe und 18 zugelassene biozide Wirkstoffe geprüft und neu in die Gesetzgebung aufgenommen. Im Rahmen der Vorbereitung der Revision der Chemikalien-RisikoreduktionsVerordnung wurden 2014 für 3 Stoffgruppen Risikomanagement-Massnahmen für einen höheren Konsumentenschutz vorgeschlagen. Neben diesen Grundleistungen war das Jahr 2014 durch verschiedene spezifische Herausforderungen geprägt. GHS - Infokampagne für die breite Öffentlichkeit Die schrittweise Einführung des neuen Einstufungs- und Kennzeichnungssystems für gefährliche Chemikalien (GHS) in der Schweiz stellt für die breite Öffentlichkeit wie auch für Industrie, Handel und Gewerbe eine grosse Herausforderung dar. Deshalb wird die Einführung durch eine Informationskampagne unterstützt, die sich von 2012 bis 2015 erstreckt. Im vergangenen Jahr wurden dabei wietere wichtige Informationsmaterialien erarbeitet und veröffentlicht: z.B. ein Flyer für die breite Öffentlichkeit in 10 Sprachen, ein Haushaltsflyer mit vertieften Informationen zu Produktgruppen im Haushalt und ein Vademekum Sachkenntnis mit grundlegenden Informationen zum Chemikalienrecht und Handel. In der Öffentlichkeitsarbeit lag das Schwergewicht bei der Verbreitung von Beratungskolumnen mit spezifischen Themen rund um chemische Produkte. Diese wurden in verschiedensten Publikationen und Radiound Fernsehsendungen übernommen (insgesamt resultierten daraus ca. 200 Beiträge). Die Industrie und der Handel wurden in verschiedenen regionalen Informationsanlässen in Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen über die Umstellung informiert. Daneben wurde die Entwicklung von Schullektionen zusammen mit der pädagogischen Hochschule Bern in Angriff genommen. Die Schullektionen sind modular aufgebaut und sind an die jeweiligen kulturellen Unterschiede der verschiedenen Landesteile angepasst worden. Abkommen mit der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen bei der Zulassung von Biozidprodukten Im Herbst 2010 wurde das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA, SR 0.946.526.81) auf die Zulassung von Biozidprodukten erweitert. Es beruht auf der Äquivalenz der Biozidprodukteregulierung in der EU und der Schweiz. Mit der neuen Biozidprodukteverordnung der EU, die seit dem 1. September 2013 Geltung hat, wurde die bisher massgebliche Richtlinie 98/8/EG auf diesen Zeitpunkt aufgehoben. Dies bedingte eine Anpassung des bestehenden Abkommens. Im Laufe des Jahres 2014 konnten die Modalitäten für den Fortbestand des MRA ausgehandelt werden. Hormonaktive Substanzen Viele chemische Stoffe besitzen die Eigenschaft, unser hormonales Gleichgewicht zu stören. Da der Mensch durch seine Umwelt und sein Verhalten ständig unterschiedlichsten Stoffen ausgesetzt ist, sind die Auswirkungen auf die Gesundheit nur schwer zu ermitteln und abzuschätzen. Die Abteilung hat ihre Arbeit im Rahmen von internationalen Expertengruppen weitergeführt, um Testmethoden und Kriterien zu entwickeln, die es erlauben zu entscheiden, ab wann eine Hormonaktive Substanz als schädlich für die Gesundheit und die Umwelt betrachtet werden muss. Bei von den EU Kommission durchgeführten Vernehmlassungen konnten verschiedentlich Kommentare eingebracht werden. Im Auftrag des BAG wurde eine in vitro Studie über das steroidogene Potenzial von Bisphenol A und gebräuchliche Alternativen in Thermopapier durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift «Regulatory Toxicology and Pharmacology» veröffentlicht. Synthetische Nanomaterialien Nanomaterialien ermöglichen die Entwicklung neuer Produkte für verschiedenste Einsatzgebiete. Der Bundesrat hat 2008 den Aktionsplan Synthetische Nanomaterialien verabschiedet mit dem Ziel, die bestehenden wissenschaftlichen, methodischen und regulatorischen Lücken zu schliessen und damit mögliche Risiken für die Gesundheit und Umwelt besser beurteilen zu können. Am 17. Dezember 2014 hat er in einem Zwischenbericht über die bisherigen Arbeiten Bilanz gezogen und die weitere strategische Ausrichtung festgelegt. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Erarbeitung von standardisierten Testanforderungen zur Beurteilung nanospezifischer Gesundheits- und Umweltrisiken von synthetischen Nanomaterialien .(www.infonano.ch). Um die wissenschaftlichen und methodischen Grundlagen für eine materielle Anpassung des Rechts zu vervollständigen, wird sich die Schweiz weiterhin im Rahmen der OECD an den laufenden Arbeiten im Bereich der Standardisierung von Test- und Beurteilungsverfahren beteiligen. Als Partner im EU ERANET-Projekt "Safe Implementation of Innovative Nanoscience and Nanotechnology SIINN" und im EU-Projekt "A common European approach to the regulatory testing of nanomaterials NANoREG" können zudem wichtige Wiechen für künftige Forschungsschwerpunkte und die Entwicklung von Testmethoden gestellt werden. Aus gesetzgeberischer Sicht wurde vorgeschlagen, eine zu Neustoffen analoge Anmeldepflicht für Nanomaterialien einzuführen. Daneben sollen Unternehmen, die Nanomaterialien herstellen oder bearbeiten, einer Meldepflicht unterstellt werden. Um die Industrie bei der Wahrnehmung ihrer Selbstkontrollpflichten zu unterstützen, wurde ein Leitfaden erarbeitet, dessen Anwendbarkeit momentan in einer Pilotphase von der Industrie getestet wird. Mit der Wanderausstellung "Exponano", an der sich das BAG beteiligt, konnte ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des öffentlichen Dialogs über Chancen und Risiken von Nanomaterialien geleistet werden (www.exponano.ch). Die Wanderausstellung wird noch bis Januar 2016 an verschiedenen Standorten in der Schweiz zu sehen sein. Sensibilisierung für die Bedeutung des Luftwechsels in Gebäuden Da dem Luftaustausch bei energetischen Sanierungen in dicht belegten Gebäuden wie Schulen häufig zu wenig Beachtung geschenkt wird, legt das BAG einen besonderen Akzent auf diese Problematik. Diese ist insofern besonders aktuell, als der Bund die energetische Sanierung von Gebäuden im Rahmen des CO2-Gesetzes fördert. Als erster Schritt wurde zusammen mit mehreren Gemeinden die Lüftungssituation in Schweizer Schulen untersucht. Dazu wurde während der Heizperioden 2013/14 und 2014/15 in 100 genutzten Klassenzimmern der Verlauf der Kohlendioxid-Konzentration während des Unterrichts über mehrere Tage aufgezeichnet. Dies erlaubt einen Vergleich mit den Richtwerten für die Lüftung, welche in den Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA festgeschrieben sind. Die Datenauswertung ist noch nicht abgeschlossen; eine erste Sichtung der Resultate zeigt aber, dass die Normwerte in vielen Klassenräumen oft deutlich überschritten werden. Auf der Basis der Auswertung sollen Empfehlungen zum Luftaustausch bei Neubauten, Sanierungen und im Rahmen kurzfristiger Massnahmen erarbeitet werden. Durch geeignete Kommunikationsmassnahmen sollen Akteure im Baubereich auf den Aspekt Luftwechsel und Raumluftqualität sensibilisiert werden. Human Biomonitoring Der Bundesrat hat im Rahmen der Strategie Gesundheit 2020 auf die Notwendigkeit eines Nationalen Human Biomonitoring (HBM) Programms hingewiesen. 2014 wurde das Projekt Biomonitoring weiterentwickelt. Der Vorschlag einer nationalen Follow-up-Studie zur Sammlung der für Gesundheitspolitik und Forschung erforderlichen Gesundheitsdaten wird mit akademischen Partnern und anderen Ämtern diskutiert. Aufbau und Weiterführung dieses Projekts nationalen Umfangs erfordern das Engagement verschiedener Partner: Das Projekt muss Ausdruck eines gemeinsamen Willens sein und über ein Biomonitoring der Chemikalien hinausgehen, d.h. sich umfassend und multidisziplinär mit dem Gesundheitszustand der Bevölkerung befassen. Mitarbeit im OECD Test Guideline Programm Durch aktive Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren konnte erreicht werden, dass in der OECD eine von einem Schweizer Unternehmen entwickelte neue In-vitro-Testmethode zugelassen wurde. Diese Methode betrifft die Hautsensibilisierung und steht in Zusammenhang mit der Entwicklung der neuen "Integrated Testing Strategy" der OECD. Um den Ersatz von Tierversuchen vermehrt zu fördern, hat die Abteilung ein weiteres Projekt zur Validierung eines in-vitro Tests betreffend Hautsensibilisierung lanciert. Kooperation mit Belgien im Bereich Risikoevaluation von Chemikalien Mit den belgischen Behörden wurde eine enge Zusammenarbeit hinsichtlich der Beurteilung von Bisphenol S im Rahmen der europäischen Stoffbewertungsprozesse unter REACH vereinbart und praktiziert. Dabei konnten u.a. auch die Erkenntnisse, aus der BAG Studie über die steroidogene Wirkung von Bisphenol A und seiner Alternativen in Thermopapier direkt eingebracht werden. Über diese wissenschaftlich technische Zusammenarbeit kann sich die Schweiz konkret in die europäischen Beurteilungsprozesse unter REACH einzubringen und erhält Einblick in das Entscheidverfahren. Da die Zusammenarbeit von beiden Seiten als positiv erachtet wurde, wird sie 2015 hinsichtlich der Beurteilung weiterer Stoffe der Prioritätenliste der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) fortgeführt. Liquid Caps Liquid Caps oder zu Deutsch Waschmittelkissen sind vorportonierte flüssige Waschmittel in auflösbaren Verpackungen. Diese sind konzentrierter als die üblichen Waschmittel. Dazu sind sie farbig und wohlriechend, so dass sie ein grosses Attraktionspotenzial für Kleinkinder besitzen. Erste Auswertungen der Anfragen bei Giftinformationszentren zeigen, dass diese Produkte ein erhebliches Unfallpotenzial bei Kleinkindern aufweisen. In der EU wurden deshalb die Bestimmungen zu Liquid Caps kurzfristig verschärft, unter anderem beispielsweise durch den obligatorischen Überzug mit Bitterstoffen und kindersicheren Verschlüssen für die Vorratsgefässe. Im Rahmen der Arbeiten zur Totalrevision der Chemikalienverordnung wurde eine Vorlage ausgearbeitet, um diese Bestimmungen ins Schweizer Recht zu übernehmen. Im Weiteren wurden von Seiten der Abteilung Chemikalien Informationsmaterialien zu den Risiken von Liquid Caps veröffentlicht und die chemikalienrechtliche Korrektheit der sich auf dem Markt befindlichen Produkte überprüft.
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