4/2015 G 5949 Jubiläum: 40 Jahre Gefährdetenhilfe Scheideweg Weihnachtsaktion für Gefangene Dietrich Bonhoeffer: Weihnachten in der Gefängniszelle Wie viel Vater (gem)einsame braucht ein Mensch? Wei(h/n)-nacht Termine Veranstaltungen Dezember 2015 – März 2016 Gefängnis 04.12. 06.12. 08.12. 08.12. 08.12. 10.12. 10.12. 10.12. 10.12. 12.12. 12.12. 14.12. 15.12. 15.12. 15.12. 15.12. 17.12. 17.12. 18.12. 21.12. 21.12. 22.12. 28.02. 28.02. 06.03. 06.03. 13.03. 13.03. 20.03. JVA Geldern – Adventsfeier JVA Schwerte – Gottesdienst mit Petra Halfmann & Band (9:30) JVA Köln / Frauen (Haus 14) – Adventsfeier JVA Köln / Frauen (Haus 16) – Adventsfeier JVA Remscheid – Adventsfeier JVA Schwerte – Adventsfeier JVA Düsseldorf – Adventsfeier JVA Siegburg (Haus 1) – Adventsfeier JVA Hagen – Adventsfeier Jugendarrestanstalt Remscheid – Adventsfeier JVA Berlin-Tegel – Adventsfeier JVA Siegburg (Haus 2) – Adventsfeier JVA Köln / Frauen (Haus 10) – Adventsfeier JVA Köln / Frauen (Haus 15) – Adventsfeier JVA Köln / Männer (Häuser 8+11) – Adventsfeier JVA Köln / junge Erwachsene (Haus 9) – Adventsfeier JVA Bochum – Adventsfeier JVA Kleve – Adventsfeier JVA Wuppertal-Vohwinkel – Adventsfeier JVA Willich I – Adventsfeier JVA Rheinbach – Adventsfeier JVA Wuppertal-Ronsdorf – Adventsfeier JVA Remscheid – Gottesdienst mit Team „Alte Schule Scheideweg“ (10:30) JVA Hagen – Gottesdienst (10:30) JVA Schwerte – Gottesdienst (9:30) JVA Siegburg – Gottesdienst (9:45) JVA Wuppertal-Vohwinkel – Gottesdienst mit Band „Next Blues Generation“ (11:00) JVA Wuppertal-Ronsdorf – Gottesdienste (10:00, 11:00) JVA Düsseldorf – Gottesdienst (8:45) Impressum Herausgeber: Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. Unterscheideweg 1-3 D-42499 Hückeswagen Tel.: +49 (0)2192 2011, Fax: +49 (0)2192 2015 E-Mail: [email protected] Internet: www.scheideweg.nrw 2 Pflanzenpark / Café Erscheinungsweise vierteljährlich. Die Ausgabe erscheint unentgeltlich. 1. Vorsitzender: Dr. Peter Christian Knüppel Geschäftsführer: Jörg Hübner (V.i.S.d.P.) bis 24.12. 04.12. 12.12. 24.12. Adventsausstellung Adventlicher Freundeabend mit Bratapfelbuffet (ab 19:00)* Weihnachtsbaumverkauf mit bergischem Waffelbuffet Weihnachtsbrunch (9:00 – 12:00)* * Telefonische Reservierung unter 02192 201-240 Sonstiges 12.01. 23.01. 04.-09.02. 11.02. 20.02. 27.02. Besuch Mitarbeitergruppe CVJM Westbund (15:15) Teilnahme am Männertag „Das 4te Musketier-Event“ Teilnahme an einer Ski-Freizeit in Oberaudorf (Oberbayern) Berufskolleg Bleibergquelle, Velbert – Gestaltung Schulgemeinschaftsstunde (8:45) Hallen-Fußball-Turnier in der Mehrzweckhalle Hückeswagen (10:00) Missionale-Treffen (Messe Köln) – Infostand (13:30 - 19:00) Personen vom Finanzamt als mildtätig anerkannt. Darüber hinaus ist sie in eine justizinterne Datenbank eingetragen und kommt als EmpfänBildnachweis: S. 1 © Anne Kitzman – shutterstock, gerin von Geldauflagen in Betracht. Dieses elektronische Verzeichnis wird von der GeneralstaatsanS. 3 © David Wurth, S. 5 © Volt Collection – waltschaft Düsseldorf geführt. shutterstock, übrige Fotos © Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. Bankverbindung: Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen Gestaltung: Agentur kollundkollegen, Berlin BLZ: 340 513 50, Konto-Nr.: 34 111 310 Druck: Druckhaus Gummersbach PP GmbH IBAN: DE23 3405 1350 0034 1113 10 Die Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. ist wegen BIC: WELADED1RVW der Betreuung und Wiedereingliederung von straffälligen, haftentlassenen und gefährdeten www.scheideweg.nrw Redaktion: Georg Fischer, Jutta Sieper, Christine Hildebrandt Grüße aus Scheideweg Sie sind fester Bestandteil von Weihnachten: die Darstellungen der „heiligen Familie“. Maria und Josef mit dem Kind in der Krippe. Dabei steht das Jesuskind im Mittelpunkt. Und das zu recht. Wegen Jesus feiern wir Weihnachten. Ganz dicht dabei seine Mutter Maria. Eine privilegierte junge Frau. Josef dagegen wird meistens eine belanglose Nebenrolle eingeräumt, an dem die eigentliche Geschichte vorbeizog. Er war ja laut biblischem Bericht nicht einmal der Erzeuger, nur „Pflegevater“. Ja, und das war er! Josef hat sich um den kleinen Jungen gekümmert, war mit ihm auf der Flucht, um sein Leben zu retten, hat ihn ernährt, erzogen und ausgebildet. Wahrscheinlich hat er ihn auch getröstet, mit ihm gespielt, ihm die Welt erklärt, ihm Liebe geschenkt. Er war seine männliche Bezugsperson, von der Jesus lernte, was ein Mann ist. Er war Vater. Er war da. Nicht jeder Erzeuger ist auch Vater. Leider. Viele von denen, die bei uns Hilfe suchen, denken traurig daran zurück. Das Vergangene läßt sich nicht ändern. Aber wir können es heute anders machen – so wie Josef. Wir können Menschen an unserer Seite ein Stück auf ihrem Lebensweg begleiten und für sie da sein – als Vater oder Mutter, als Freund oder Freundin. Wir können da sein, weil ein guter Vater im Himmel für uns da ist – ein göttlicher Vater, der Weihnachten als Mensch zu uns Menschen kam und uns seine Liebe und Zuwendung zeigte. Inhalt 2 Termine Dezember 2015 – März 2016 4 Wie viel Vater braucht der Mensch? 5 Weihnachtsaktion für Gefangene 6 Jubiläum 40 Jahre Gefährdetenhilfe Scheideweg 7 Nachrichten Internationales Gefährdetenhilfe-Forum Mongolei Nachrichten aus Scheideweg 8 Weihnachten in der Gefängniszelle Dietrich Bonhoeffer In diesem Sinne eine frohe und gesegnete Advents- und Weihnachtszeit Georg Fischer (Redaktionsleiter und Mitglied im Leitungsteam) P.S.: Nach mehr als 25 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit möchte ich mich bei Ihnen / Euch verabschieden. Im nächsten Jahr kommen im Bereich der Jugendhilfe neue berufliche Herausforderungen auf mich zu. Ich werde der Arbeit der Gefährdetenhilfe Scheideweg weiterhin verbunden bleiben. 3 Wie viel Vater braucht ein Mensch? von Christine Hildebrandt (Mitarbeiterin im Redaktionsteam) Im Vergleich zu früheren Generationen hat sich die Rolle des Vaters in der Familie sichtbar gewandelt. Es ist nichts Außergewöhnliches mehr, wenn Väter Kinderwagen durch den Park schieben, weinende Kinder trösten oder ihren Nachwuchs wickeln. Viele junge Männer möchten sich nicht nur auf Beruf und die finanzielle Versorgung ihrer Familien beschränken, sondern an den großen und kleinen Entwicklungsschritten ihrer Kinder teilnehmen. Sie haben begriffen, dass ihnen durch eine einseitige Fixierung auf Karriere wichtige und schöne Erfahrungen innerhalb der Familie entgehen. Deshalb wollen sie heute Beruf und Familienleben miteinander in Einklang bringen und Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen. Und das ist auch gut so, denn für eine gesunde Entwicklung benötigt ein Kind beide Elternteile. Langzeitstudien bestätigen die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung und die psychische Gesundheit auch im späteren Erwachsenenleben. Wie die Mutter kann auch der Vater auf die Entwicklungs-und Bindungsbedürfnisse des Kindes einfühlsam und fürsorglich eingehen. Dabei ist entscheidend, wie gut es dem Vater gelingt, die Bedürfnisse seines Kindes zu erkennen und darauf einzugehen. Um das zu erlernen braucht er – genau wie die Mutter – Zeit und Erfahrung im Umgang mit dem Kind. Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr Schon Wilhelm Busch erkannte, dass „VaterSein“ eine Herausforderung ist. Der Vater steht vor der Aufgabe, seinem Kind Zuwendung, emotionale Achtsamkeit und Geborgenheit zu schenken. Auch die körperliche, emotionale, Der abwesende Vater Kinder sind für ihre gesunde Persönlichkeitsentwicklung auf beide Eltern angewiesen. Ohne den zweiten Elternteil kann das Kind bestimmte Entwicklungsschritte nicht oder nur eingeschränkt vollziehen.3 Die Familienforschung belegt einen deutlichen Zusammenhang von Vaterpräsenz und gesunder Entwicklung des Kindes auf der einen Seite und von Vaterabsenz und der Gefahr des Scheiterns auf der anderen. Besonders Jungen scheinen mit dem Fehlen des Vaters nicht gut zurechtzukommen.4 Vor allem bei ihnen fand sich ein mehrfach erhöhtes Risiko für psychosomatische Erkrankungen, innere Verwahrlosung, Risikoverhalten, Sucht, Kriminalität, Gewalt, Depression und Suizid.5 Die amerikanischen Psychologen Dan Kindlon und Michael Thompson berichten, dass es in Therapien wenig gäbe, was einen erwachsenen Mann zu Tränen rühre. Männer könnten recht gefasst über gescheiterte Ehen sprechen, über missratene Kinder, über Karriereknicks oder Krankheiten. Wenn sie dann aber einmal weinten, dann über das, was sie mit ihren Vätern nicht oder zu wenig erleben durften. Ein absenter Vater ist – so weiß die Therapeutik – eine lebenslange Quelle von Einsamkeit, Traurigkeit, Ärger, Verbitterung und Scham. Das hängt mit der Einzigartigkeit dieser Beziehung zusammen. Jedes Kind hat nur einen Vater. Selbst wenn die Beziehung nicht gelebt wird, bleibt sie bestehen. Es ist eine schwere Kränkung für die kindliche Seele, wenn sich der Vater nicht kümmert, weil das dem Kind vermittelt, bedeutungslos, nicht wichtig genug für ihn zu sein.6 Dies führt zu einem diffusen Schmerz, dem Vater nahe sein zu wollen und doch nie Bestätigung von ihm erfahren zu haben. In diesem Zusammenhang spricht man von der Vaterwunde.7 Ohne Vater bleibt ein Mann auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Das Empfinden dem leiblichen Vater gegenüber ist durchsetzt von Ohnmacht, Hass und Verzagtheit. Man entwickelt einen Abgrenzungswunsch von allem, was sich Vater nennt. Das erschwert dem Mann eine angemessene Rolle als Erwachsener in Ehe, Familie und Gesellschaft einzunehmen. Das erschwert aber auch seine Beziehung zu Gott. Väter können auch anwesend zum Problem werden, wenn sie z.B. alkohol- oder drogenabhängig sind, wenn sie ihrem Kind Gewalt antun oder es sexuell missbrauchen. Gewalterfahrungen und Missbrauch, die Kinder zuhause erleben, bedeuten eine ungeheure Belastung mit massiven Folgen sowohl für die körperliche als auch psychische Gesundheit. Auch wirken www.familienhandbuch.de/elternschaft/vaterschaft/die-bedeutung-des-vaters-in-der-fruhen-entwicklung-des-kindes#familie (Zugriff im Juli 2015) Dr. Karl Gebauer: http://www.lernwelt.at/downloads/die-bedeutung-des-vaters_interview_dr_karl_geb.pdf 3 www.wera-fischer.de/Vaeter 4 Ringback Weitoft, A. Hjern, B. Haglund, M. Rosen: Mortality, severe morbidity, and injury in children living with single parents in Sweden: a population-based study. In: Lancet 361, 2003 5 www.dijg.de/ehe-familie/forschung-kinder/vater-bezug/ 6 Prof. Dr. Walter Hollstein Festansprache p. 3 7 Hans Peter Rösch, „Männerprobleme“ in „Adam online“ 2014/40, Seiten 6-7 8 Dr. Tobias Mock und Karsten Sewing in „Männerprobleme“ in „Adam online“ 2014/40, Seiten 8-9 1 2 4 soziale und kognitive Entwicklung seines Kindes kann er anregen und fördern.1 Besonders weist sich der „moderne Vater“ u.a. dadurch aus, dass er sich in die Wünsche und Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder einfühlen und diese auch in seinem Handeln berücksichtigen kann. Je stärker der Vater sich zur Familie hin orientiert, desto stärker erleben die Kinder ihn als aufmerksam, unterstützend und einfühlsam. Es kommt also vor allem auf die emotionalen und kommunikativen Fähigkeiten eines Vaters an.2 Weihnachtsaktion für Gefangene sich solche Erfahrungen negativ auf das Erlernen von Problemlösungsmustern und Konfliktkompetenzen aus – Kompetenzen, die für das menschliche Miteinander grundlegend sind. Bei der Gefährdetenhilfe Scheideweg unterstützen wir in der Hauptsache junge Männer, die häufig Wunden aus der Vergangenheit mit sich herumtragen, in ihrer Suche nach einem gelingenden Leben. Hinter Sucht und Aggression steckt oft die Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe. Um schwere Erfahrungen zu verarbeiten, um (selbst-)zerstörerische Abwehr- und Überlebensstrategien aufzubrechen und zu verwandeln, benötigen die Betroffenen Schutz, Sicherheit, Stabilität, Vertrauen und Zeit. Wir unterstützen sie darin, sich mit ihren persönlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen und helfen ihnen dabei, neue Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Den Vater aus der Vergangenheit können wir nicht ersetzen, aber wir können sie in ihrer Einzigartigkeit annehmen und ihnen eine sichere Freundschaft anbieten. Wir können Vorbild sein, sie bei Entscheidungen „väterlich“ beraten und ihnen in schwierigen Zeiten beistehen. Oft bewirkt die Verbundenheit mit anderen Männern emotionale Heilung. Von daher spielt in unserer Arbeit der Kontakt mit anderen Männern im Alltag und in der Freizeit eine wichtige Rolle. Auch dürfen wir auf Gott als den Vater und Quelle bedingungsloser Liebe hinweisen. Jesus spricht viel von seinem Vater und weist immer auf ihn hin. Gott möchte als Vater unsere tiefste menschliche Sehnsucht nach Angenommen sein, nach Halt und Sinnerfüllung stillen. Er kennt unsere Verletzungen und unseren Schmerz. Mit Gott als Vater haben wir für unser Leben einen sicheren Boden unter den Füßen, ein Fundament, das nicht erschüttert werden kann. Bei Gott finden wir ein wahres Zuhause und unsere wahre Identität. Praktischer Umgang mit der Vaterwunde Viele verwundete Männer machen die Erfahrung, dass sie heil werden, wenn sie den Weg der Vergebung und Versöhnung gehen. Ein Anfang ist, sich die schmerzende „Vaterwunde“ einzugestehen, Verletzungen und Mangel beim Namen zu nennen und Vergebungsbereitschaft für jeden Punkt zuzusprechen – eventuell in Gegenwart eines Zeugen. (Wurde ein Mann von seinem Vater gänzlich abgelehnt, kann das Gespräch mit Gott, das beharrliche Fragen, wie er über mich denkt, zum Schlüssel der Identitätsfindung werden.8) Aus der Sprachlosigkeit heraus zu treten und mit dem Vater etwa durch einen Brief in die Auseinandersetzung zu kommen, ist ein nächster Schritt. Erinnert ein Mann im weiteren Verlauf auch gute Seiten des Vaters, kann sich ein differenzierteres, „sanfteres“ Vaterbild entwickeln. Werden Ähnlichkeiten im Verhalten und Denken entdeckt, ist es gut zu wissen, dass Geschichte nicht wiederholt werden muss. Jeder hat die Chance, anders zu handeln. Sich von Hass, Verbitterung und Verachtung an den Vater durch Vergebung zu lösen, ermöglicht es, frei zu werden für ein eigenes Leben, für neue Beziehungen und für Begegnungen mit Gott. Die Weihnachtszeit im Gefängnis ist geprägt von Einsamkeit, Wehmut und Hoffnungslosigkeit. Mit kleinen Aufmerksamkeiten, Geschenkpäckchen und festlich gestalteten Adventsfeiern möchten wir darum vielen Gefangenen eine Freude machen und die Weihnachtsbotschaft weitergeben. Wir wollen deutlich machen: Kein Mensch ist vergessen – auch nicht hinter Gittern. Kaffee, Tee und Gebäck zu Weihnachten Inhaftierte, die keinen Kontakt zu Angehörigen haben, erhalten zu Weihnachten weder ein Paket noch andere Aufmerksamkeiten. Wir möchten gerne einige Gefängnisseelsorger dabei unterstützen, die nicht bedachten Inhaftierten mit Kaffee, Tee und Gebäck zu beschenken. Wer sich an der „Weihnachtsaktion für Gefangene“ beteiligen möchte, kann uns durch eine besondere Spende mit dem Vermerk „Weihnachtsaktion” unterstützen. Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen Verwendungszweck: Weihnachtsaktion IBAN: DE23 3405 1350 0034 1113 10 Herzlichen Dank für die Unterstützung! Kalender-Geschenke Seit vielen Jahren verschenken wir die Abreißkalender „Die gute Saat“ und „Gottes Wort für jeden Tag“ sowie den Taschenkalender „Timekeeper“ am Jahresende an Gefangene. Auch den ausländischen Inhaftierten können wir Abreißkalender in verschiedenen Sprachen anbieten. Wir danken der „Christlichen Schriftenverbreitung Hückeswagen“ dafür, dass sie uns dazu die Kalender zur Verfügung stellt! 5 JUBILÄUM 40 Jahre Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. Im Januar 1975 gegründet, fand am 19. September 2015 das 40. Vereinsjubiläum der Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. statt; als Grillfest – von bergischem Wetter erfrischt. Viele unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter sind gekommen. Nachfolgend aus der Ansprache des 1. Vorsitzenden Dr. Peter Knüppel: 1. Wo sind wir 1975 gestartet und wo stehen wir heute? Gesellschaftliches Engagement im Strafvollzug war bis in die 70ger Jahre unüblich bis unerwünscht. Die damalige Situation von straffällig Gewordenen zeigt u.a. der Beitrag der Remscheider Bewährungshelfer Herr Jäckel und Herr Marquart auf der Gründungsversammlung 1975: Während historisch der Gedanke der Vergeltung den Strafvollzug bestimmt hat, „lägen (jetziger Rechtsprechung) Einflüsse aus den Initiativen Einzelner sowie aus Erkenntnissen aus sozialwissenschaftlichen Theorien zugrunde“. (Protokoll-Niederschrift S. 2) Instrumente wie die noch junge Bewährungshilfe seien aber angewiesen auf die Mithilfe der breiten Öffentlichkeit durch Bereitstellung von Arbeitsplätzen, Wohnraum, Schutz der Jugendlichen vor Gefährdung und sinnvolle Freizeitangebote, „denn Veränderungen der Werte-Welt schaffe Veränderungen des inneren Menschen“. (ebd.) Leider gäbe es eine deutliche Diskrepanz zwischen Gesetzeslage und dem Interesse der Öffentlichkeit, diese umzusetzen. „Die öffentliche Grundhaltung gegenüber den straffällig gewordenen Leuten sei negativ. Mehr noch: Sie betätige sich als Nach-Richter durch zusätzliche Verurteilung. Immer wieder! Diese Auswirkung sei tiefer als der Richterspruch, jetzt habe der Angeklagte keinen Anwalt mehr, keine Argumente, die er vortragen könnte.“ (ebd. S. 3) Deshalb sei die Bewährungshilfe dankbar für die Gruppe in Scheideweg, die einen ersten Beitrag zur Resozialisierung leiste, wo es bisher Null Unterbringungsmöglichkeiten in Remscheid für Haftentlassene gäbe. Dankbar für ihre Ziele, für die Solidarisierung mit den Ausgestoßenen und auch für die Entlastung, die die Bewährungshilfe als staatliche Stelle durch das Vereins-Engagement erfahre. (vgl. Protokoll-Niederschrift 1975) In 2015 sind wir regelmäßig mit Kontaktgruppen in 14 Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Andere Gefährdetenhilfen besuchen weitere Gefängnisse. Die Gefährdetenhilfe bietet jungen Menschen Aufnahme in Wohngemeinschaften, Arbeitstraining und Ausbildung in Zweckbetrieben, 6 Freizeitgestaltung, Seelsorge und Schuldnerberatung. Vielfältige staatliche und institutionelle Angebote für straffällig gewordene Menschen entwickelten sich. Noch manches könnte besser werden, aber es ist schön zu sehen, dass sich vieles verbessert hat. 2. Was bewirkt ein Rückblick? Die Gefährdetenhilfe schaut auf 40 Jahre zurück. Aber was bewirkt ein Rückblick und was sagt dieser uns für die Zukunft? Wir können uns das Gute, das geschehen ist, bewusst machen, im Sinne von Psalm 103,2: „Lobe den Herrn, meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Dies ist ein wichtiges Prinzip für jede menschliche Beziehung und für jede uns herausfordernde Situation: Zurück schauen und aufzählen, was Gutes geschehen ist, „Inventur machen“. An die guten Dinge und Erfahrungen der Jahre erinnern. Zurückschauen kann aber auch behindern. Deshalb wird in Jesaja 43,18-19 gesagt: „Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht?“ Die Ausrichtung auf die Vergangenheit kann zum zweifachen Hemmnis werden: Erfolge und Konzepte der Vergangenheit helfen heute nicht mehr. Wir leben in einer Zeit rasender Beschleunigung, die die Gegenwart auf immer kürzere planbare Zeiträume schrumpfen lässt. Und zweitens eine Färbung der Gegenwart: Ich lebe nur noch in meiner Erinnerung und kann die neuen Notwendigkeiten gar nicht mehr sehen. Der persönliche Rat an jeden und an uns in der Gefährdetenhilfe ist deshalb, eine gute Balance in der Rückschau zu finden. Was ist das Gute der Vergangenheit, was hat Gott alles Gutes für uns getan? Damit kann ich auch für die Zukunft Vertrauen in Ihn haben. Aber auch die Frage: Was müssen wir neu anpacken, weil die Anforderungen an uns so anders sind. Es wird spannend sein zu beobachten, was dies für die Zukunft bedeutet. 3. Ein neuer / alter Blick in die Bibel Eine Rückschau in die Bibel ist immer eine gute Orientierung, da Gottes Wort Altes und Neues für uns bereithält. Beisitzer Robert Jäger schloss die Gründungsversammlung 1975 mit Micha 6,8: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“. Der Ausdruck „Demut“ kommt vom althochdeutschen „diomuoti“ und heißt „dienstwillig“, also eigentlich „Gesinnung eines Dienenden“. Er bezeichnet Haltung und Handlung. Robert Jäger sagte damals, Gott fordere, daß wir 1. sein Wort halten, das er in diesem Text konkretisiere, 2. Liebe praktisch üben: ein Zimmer freimachen, 3. Demut üben im rechten Verhältnis zu Gott. Das sollen wir tun und nur dann hat die Gefährdetenhilfe 2015 weiterhin eine Berechtigung. Was wir in 40 Jahren vorfinden, wird dann vielleicht ganz anders oder ähnlich sein. Festhalten wollen wir die Gedanken: „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“ und „Siehe, ich will Neues schaffen“. Nachrichten aus Scheideweg Wohngemeinschaften Internationales Gefährdetenhilfe-Forum 2015 Zum 30. Mal trafen sich Teilnehmer aus dem In- und Ausland zum Gefährdetenhilfe-Forum, das seit einigen Jahren seinen festen Austragungsort in der Familien-Ferienstätte des Blauen Kreuzes in Burbach-Holzhausen hat. Vorträge von Pastor Michael Martens (Skye bei Bremen) und Gruppenarbeiten zum Thema „Vergebung“ folgten Berichten aus der internationalen Gefährdetenhilfe-Arbeit. Workshops über praktische Fragen der Begleitung von Hilfesuchenden, Lieder, persönliche Erlebnisse, Gottesdienst und Pausenplausch beim „Käffchen“ ergänzten das Programm. Dauerteilnehmer und Tagesgäste knackten am Samstag die 100er Marke. Doch wir rücken gern ein wenig zusammen und laden schon jetzt zum nächsten Forum vom 21. – 23. Oktober 2016 ein. Als weiteren Schritt in die Selbstständigkeit ist Marcel in eine WG-Einliegerwohnung gezogen. Nachdem Ende September Familie Thieme ihre Tätigkeit als Hauseltern beendete, konnten wir das neue Betreuungsmodell „Begleitende Wohngemeinschaft“ einführen. Wir freuen uns, dass die Übergabe gut geklappt hat und der Start reibungslos verlief. Danke an alle, die dafür gebetet haben. Renovierung Wir danken allen herzlich, die für die notwendigen Renovierungsarbeiten der neuen WG spendeten. Juan Sanchez hat sich mit seinem Auszubildenden Dominik richtig ins Zeug gelegt und das Bad saniert, Zimmer gestrichen, Teppich böden gründlich gereinigt und zwei Fenster erneuert. Vielen Dank! Mitarbeiter,Praktikanten & Besucher Im Gartenbau hat Thomas seine Mitarbeit beendet und Marc arbeitet wieder in seinem erlernten Metall-Beruf. Wir wünschen beiden alles Gute für die Zukunft! Marcel hat seine LKW-Führerscheinprüfung bestanden. Herzlichen Glückwunsch! Silvana aus der Nähe von Friedrichshafen hat 1 Woche bei uns mitgelebt und -gearbeitet, ebenso Nils aus Lüdenscheid für 2 Wochen. Vielen Dank für die Unterstützung! Mongolei Während ihrer Reise in die Mongolei Ende Oktober konnten Dong-Hwan Kim und Jörg Hübner das Haus der Gefährdetenhilfe in Ulaanbaatar an die Stiftung „Hope Hospice“ offiziell übergeben. Wir freuen uns, dass das Haus auch weiterhin für Menschen in Not offensteht. Ende Oktober hatten wir internationalen Besuch: Das Ehepaar Moser von der „Gefährdetenhilfe Ostschweiz“ und Pastor Immanuel & Familie vom indischen Missionswerk „KSM“ aus Bangalore. Die Gemeinschaft und der Austausch haben uns gut getan. Offizielle Schlüsse lübergabe Neuer Erdenbürger Nachwuchs bei Familie Stehle: Doreen & Eduard freuen sich mit Simson und Liora über die Geburt von Kirill Matis. Herzliche Glück- und Segenswünsche! Das Haus in Ulaanbaatar 7 U Dietrich Bonhoeffer: Weihnachten in der Gefängniszelle von Georg Fischer Als 1933 in Deutschland die nationalsozialistische Herrschaft begann, übernahm der 27-jährige Dietrich Bonhoeffer ein deutsches Auslandspfarramt in London. Ein guter Ort, um aus sicherer Entfernung die Bekennende Kirche in Deutschland und den Widerstand gegen das Nazi-Regime zu stärken. Doch schon 1935 kehrte er zurück, um das „illegale“ Predigerseminar in Finkenwalde zu leiten, das drei Jahre später von der Gestapo geschlossen wurde. Während einer USA-Reise im Frühsommer 1939 hatte Bonhoeffer wieder die Chance, sich dem Nazi-Terror und der Verfolgung zu entziehen und dort zu bleiben. Doch ihm wurde klar: „Ich muß die schwierige Periode unserer nationalen Geschichte mit den Christen Deutschlands durchleben.“ Er kehrte wieder zurück, erhielt Redeverbot, später Schreibverbot und wurde schließlich 1943 verhaftet. „So eine Gefängniszelle ist übrigens ein guter Vergleich für die Adventssituation“, schrieb Bonhoeffer im Dezember 1943. „Man wartet, hofft, tut dies und jenes – letzten Endes Nebensächliches – die Tür ist verschlossen und kann nur von außen geöffnet werden.“ Für das Weihnachtsfest formulierte er Gebete für sich und andere Gefangene: In mir ist es finster, aber bei Dir ist das Licht; Ich bin einsam, aber Du verläßt mich nicht; Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe; Ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede; In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld; Ich verstehe Deine Wege nicht, aber Du weißt den Weg für mich. U U g Bis zuletzt hoffte er vergeblich, Weihnachten 1943 in Freiheit zu verbringen und schrieb einem Freund: „Ich muss die Gewißheit haben können, in Gottes Hand und nicht in Menschenhänden zu sein… Du musst übrigens wissen, dass ich noch keinen Augenblick meine Rückkehr 1939 (aus Amerika) bereut habe… Das geschah in voller Klarheit und mit bestem Gewissen. Ich will nichts von dem, was sich seit damals ereignet hat, aus meinem Leben streichen…“ Und über das bevorstehende Fest schrieb er: „Vom Christlichen her gesehen, kann ein Weihnachten in der Gefängniszelle ja kein besonderes Problem sein. Wahrscheinlich wird in diesem Hause hier von vielen ein sinnvolleres und echteres Weihnachten gefeiert werden als dort, wo man nur noch den Namen dieses Festes hat. Daß Elend, Leid, Armut, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, daß Gott sich gerade dorthin wendet, wo die Menschen sich abzuwenden pflegen, daß Chris tus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge fand – das begreift ein Gefangener besser als ein anderer und das ist für ihn wirklich eine frohe Botschaft…“ Ein Jahr später wurde Bonhoeffer in den Berliner Gestapo-Bunker verlegt und im April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet. Den letzten Brief, den seine Verlobte Maria im Dezember 1944 von ihm erhielt, schloss er mit „ein paar Versen“, die ihm an den Abenden zuvor eingefallen waren: Von guten Mächten wunderbar geborgen, Erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
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