Proseminar "Beweise aus dem Buch" Laurin Wagner Der Kontangens und der Herglotz-Trick 1 Worum Geht es? Es geht um die Partialbruchzerlegung des Kotangens (cot x = Introductio in Analysin Innitorum bewies : π cot πx = cos x sin x ) die Euler 1748 in seinem Buch 1 X∞ 1 1 ( + + ) , x ∈ RZ. n=1 x + n x x−n oder ein wenig kompakter π cot πx = lim XN N →∞ 2 n=−N 1 . x+n (1) Beweis Folgende Idee (1) zu zeigen stammt von Gustav Herglotz und ist gemeinhin als der Herglotz-Trick bekannt. Man deniere f (x) := π cot πx g(x) := lim N →∞ 1 n=−N x + n XN Unsere Arbeit liegt nun darin gewisse gemeinsame Eigenschaften von f und g zu zeigen um so auf die Gleichheit der beiden Funktionen zu schlieÿen 2.1 Stetigkeit für x ∈ RZ 1. f (x) = π cot πx ist als Verkettung stetiger Funktionen auf allen nicht ganzzahligen Werten Stetig 2. Mit der Umformung 1 x+n + 1 x−n = (x−n)+(x+n) x2 −n2 π cot πx = = −2x n2 −x2 folgt für g : 2x 1 X∞ − . n=1 n2 − x2 x (2) Aus Analysis wissen wir, dass unter gleichmäÿiger Konvergenz die Stetigkeit einer Funktionenfolge auf die Grenzfunktion übertragen wird.P In unsrem Fall bedeutet dies, dass die wir die 1 gleichmäÿige Konvergenz der Partialsummen N / Z in einer Umgebung n=1 n2 −x2 für jedes x ∈ von x zu zeigen haben : 1 • Für den ersten Term, n = 1, oder mit den Summanden 2n − 1 ≤ x2 bleibt die Reihe beschrä"nkt da es nur endlich viele solcher Summanden gibt • Für n ≥ 2 und 2n − 1 > x2 gilt n2 − x2 > (n − 1)2 > 0, so dass man nun durch die Abschätzung 0< n2 1 1 < 2 −x (n − 1)2 1 die Majorante (n−1) 2 bekommt welche sowohl für x als auch in einer Umgebung von x gilt. P π2 1 Nun wissen wir, dass ∞ n=1 (n−1)2 = 6 , daraus folgt die gleichmäÿige konvergenz. 2.2 f und g sind Periodisch mit Periode 1 Wir zeigen nun das gilt: f (x + 1) = f (x) und g(x + 1) = g(x) für alle x ∈ RZ. 1. Der Kotangens besitzt die Periode π , also hat f die Periode 1. 2. Deniere gN (x) := XN n=−N 1 x+n Nun gilt: gN (x + 1) = XN n=−N XN +1 1 1 1 1 = = gN −1 (x) + + n=−(N −1) x+n+1 x+n x+N x+N +1 Mit N → ∞ ist die Aussage bewiesen. 2.3 f und g sind Ungerade Funktionen Wir müssen also zeigen: f (−x) = −f (x) und g(−x) = −g(x) für alle x ∈ RZ. 1. Für f folgt die Eigenschaft, da der Sinus ungerade und der Cosinus gerade ist. 2. Für g reicht es (aufgrund der gleichmäÿigen Konvergenz von gN gegen g ) zu zeigen, dass gN (−x) = −gN (x) gilt was sofort aus der Denition von gN (x) folgt. 2.4 f und g Erfüllen dieselbe Funktionalgleichung x x+1 Wir zeigen: f ( x2 ) + f ( x+1 2 ) = 2f (x) und g( 2 ) + g( 2 ) = 2g(x). 1. Für f erhalten wir die Aussage durch die Additionstheoreme für Sinus- und Kosinusfunktion: Wir benutzen hierfür: (a) (b) (c) (d) cos x = cos2 x 2 − sin2 x 2 sin (x + π2 ) = cos x sin x = 2 sin x2 cos x2 cos (x + π2 ) = − sin x 2 2. Für g rechnet man nach: x x+1 2 gN ( ) + gN ( ) = 2g2N (x) + 2 2 x + 2N + 1 Mit N → ∞ folgt erhält man das gewünschte. Deniere h(x) := f (x) − g(x) = π cot πx − ( 2.5 1 X∞ 2x ) − 2 n=1 n − x2 x (3) Beweis von h(x) = 0 für alle x ∈ Z Mit h(x) := 0 für x ∈ Z, wird h eine stetige Funktion auf ganz R die die Eigenschaften 2.1,2.2,2.3 von g und f erbt und 2.4 h ist vorerst nur stetig auf RZ. Ob sich h stetig auf den ganzen Zahlen fortsätzen lässt verrät uns das zweimalige Andwenden der L'Hospital'schen Regeln. lim (cot x − x→0 1 x cos x − sin x ) = lim =0 x→0 x x sin x Also auch: lim (π cot πx − x→0 Für die verbliebene Summe gilt: lim x→0 X∞ n=1 1 )=0 x 2x =0 n2 − x2 Insgesamt wegen der Periodizität (Periode 1) also: lim h(x) = 0 f ür x→n alle n∈Z Also lässt sich h zu einer auf ganz R stetigen Funktion fortsätzen 2.6 Der Herglotz-Trick Wir fügen nun alle bisherigen Resultate zusammen und erhalten: Die Funktion h ist periodisch und stetig, folglich existiert das Maximum m und wird auch angenommen. Betrachte ein beliebiges Intervall der Länge 1, z.B. [0, 1]. Sei x0 ein Punkt aus diesem Intervall, so dass h(x0 ) = m. Aus der Funktionalgleichung folgt h( x0 x0 + 1 ) + h( ) = 2m 2 2 und da sowohl h( x20 ) ≤ m als auch h( x02+1 ) ≤ m, muss h( x2o ) = m gelten. Iteration gibt h( 2xno ) = m . Für n → ∞ gilt wegen der Stetigkeit h(0) = m. Da nun aber h(0) = 0, gilt m = 0, also h(x) ≤ 0 für alle x ∈ R. Nun ist h aber eine ungerade Funktion, also ist h(x) < 0 ebenfalls nicht möglich. Wir bekommen demnach h(x) = 0 für alle x ∈ R. Damit ist der Beweis fà 41 r die Partialbruchzerlegung des Kotangens erbracht. 3 3 Eine Anwendung Eine der berühmtesten Folgerungen aus der Partialbruchzerlegung des Kotangens betrit die Werte der Riemannschen Zeta-Funktion in geraden positiven Zahlen: ζ(2k) = 1 n2k X∞ n=1 (k ∈ N) (4) Multipliziert man Gleichung (2) mit x und substituiert y = πx, so ergibt sich: y cot y = 1 − 2 X∞ n=1 X∞ y2 1 y2 = 1 − 2 n=1 π 2 n2 1 − ( y )2 π 2 n2 − y 2 πn Der letzte Term entspricht dem Wert einer Geometrischen Reihe, damit gilt dann: y cot y = 1 − 2 X∞ X∞ n=1 k=1 ( X∞ y 2k 1 X∞ 1 )y 2k ( 2k ) =1−2 n=1 n2k k=1 π πn Durch Koezientenvergleich erhalten wir für den Koezienten von y 2k von y cot y [y 2k ]y cot y = − 2 X∞ 1 2 = − 2k ζ(2k) 2k 2k n=1 π n π für alle k ∈ N : 4 Quellenverzeichnis - M.Aigner und G.M.Ziegler: "Das Buch der Beweise", 4. Auage, Springer-Verlag 2015 4 (5)
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