Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Mathematik, Institut für Numerische Mathematik GRUNDLAGEN MATHEMATIK 2. Folgen Prof. Dr. Gunar Matthies Wintersemester 2015/16 Folgen Definition Eine Zahlenfolge oder kurz Folge ist eine Abbildung N → R, die jeder natürlichen Zahl n eine reelle Zahl xn zuordnet. Die Folge wird mit (xn )n∈N oder x1 , x2 , . . . bezeichnet. Die Zahlen xn heißen Elemente oder Glieder der (Zahlen-)Folge. Beispiel n 1 2 3 1. : , , ,... n + 1 n∈N 2 3 4 2. (−1)n n∈N : −1, 1, −1, . . . 3. xn = a für alle n ∈ N : a, a, a, . . . (konstante Folge) 4. (q n )n∈N : q, q 2 , q 3 , . . . (geometrische Folge) G. Matthies Grundlagen Mathematik 2/19 Rechenregeln für Folgen Folgen werden elementweise (gliedweise) addiert, subtrahiert, multipliziert und dividiert. Bei der Division müssen natürlich alle Nenner von 0 verschieden sein. Beispiel Gegeben: Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N mit an = 2n , bn = n Dann sind (an + bn )n∈N = 2n + n n∈N , (an − bn )n∈N = 2n − n n∈N , n 2 an . = (an bn )n∈N = 2n n n∈N , bn n∈N n n∈N G. Matthies Grundlagen Mathematik 3/19 Illustration 1 a8 0.8 a2 0.6 a1 0.4 an = n n+1 0.2 n 1 G. Matthies 2 3 4 5 Grundlagen Mathematik 6 7 8 4/19 Eigenschaften von Folgen I Definition Eine Folge (xn )n∈N heißt 1. monoton wachsend (fallend), falls xn ≤ xn+1 (xn ≥ xn+1 ) für alle n ∈ N gilt, 2. streng monoton wachsend (fallend), falls xn < xn+1 (xn > xn+1 ) für alle n ∈ N gilt. G. Matthies Grundlagen Mathematik 5/19 Eigenschaften von Folgen II Bemerkung • Bei einer monoton wachsenden Folge werden die Folgenglie- der mit wachsendem n nicht kleiner. • Bei einer streng monoton wachsenden Folge werden die Fol- genglieder mit wachsendem n auch größer. • Die konstante Folge xn = a für alle n ∈ N ist monoton wachsend und monoton fallend, aber weder streng monoton wachsend noch streng monoton fallend. G. Matthies Grundlagen Mathematik 6/19 Konvergenz und Grenzwert I Definition Eine Folge (xn )n∈N heißt konvergent, wenn es eine Zahl x ∗ gibt, so dass für jedes ε > 0 ein Index n0 = n0 (ε) ∈ N derart existiert, dass für alle n ≥ n0 die Bedingung |xn − x ∗ | ≤ ε erfüllt ist. Anderenfalls heißt die Folge divergent. Ist die Folge (xn )n∈N konvergent, so sagen wir auch, dass xn gegen x ∗ konvergiert oder strebt. Wir schreiben x ∗ = lim xn n→∞ oder xn → x ∗ für n → ∞. Wir nennen x ∗ den Grenzwert oder Limes der Folge (xn )n∈N . G. Matthies Grundlagen Mathematik 7/19 Konvergenz und Grenzwert II x∗ + ε x∗ x∗ − ε n0 = 4 n 1 G. Matthies 2 3 4 Grundlagen Mathematik 5 6 7 8 8/19 Konvergenz und Grenzwert III Bemerkung • Konvergente Folgen mit dem Grenzwert 0 nennen wir Null- folgen. • Eine Folge (xn )n∈N konvergiert genau dann gegen x ∗ , wenn für jedes ε > 0 außerhalb von (x ∗ − ε, x ∗ + ε) höchstens endlich viele Folgenglieder liegen. • Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig. G. Matthies Grundlagen Mathematik 9/19 Rechenregeln für konvergente Folgen Seien (xn )n∈N und (yn )n∈N zwei konvergente Folgen mit den Grenzwerten x und y . Dann gelten: 1. lim (xn + yn ) = lim xn + lim yn = x + y , n→∞ n→∞ n→∞ 2. lim (xn − yn ) = lim xn − lim yn = x − y , n→∞ n→∞ 3. lim (xn yn ) = n→∞ 4. lim n→∞ xn yn = lim xn n→∞ n→∞ lim yn = xy , n→∞ limn→∞ xn x = , limn→∞ yn y falls yn 6= 0 für alle n ∈ N und y 6= 0, 5. lim |xn | = lim xn = |x|. n→∞ G. Matthies n→∞ Grundlagen Mathematik 10/19 Bemerkungen • Wenn die Verknüpfung von zwei Folgen konvergiert, so folgt nicht, dass die beiden Folgen selber konvergieren. Als Beispiel seien xn = (−1)n , yn = (−1)n+1 , n ∈ N, betrachtet. Da xn + yn = 0 für alle n ∈ N gilt, ist die Summe der beiden Folgen konvergent mit lim (xn + yn ) = 0. n→∞ Da die Glieder der beiden Folgen stets zwischen +1 und −1 wechseln, konvergieren die beiden Folgen nicht. • Bei einer Folge (an )n∈N können stets endlich viele Folgenglie- der entfernt, hinzugefügt oder geändert werden, ohne dass sich die Aussagen über die Konvergenz ändern. G. Matthies Grundlagen Mathematik 11/19 Konvergenzaussagen Satz Gilt lim an = a, lim bn = b und an ≤ bn für alle n ≥ n0 ∈ N, n→∞ n→∞ dann gilt a ≤ b. Bemerkung Die obige Aussage ist für die strenge Ungleichung nicht richtig. 1 1 Dazu betrachten wir an = 2 und bn = . Es gilt an < bn für n n alle n ∈ N mit n ≥ 2, aber a = b = 0. Satz (Sandwich- oder Einschließungssatz) Seien (an )n∈N , (bn )n∈N und (cn )n∈N drei Folgen mit an ≤ cn ≤ bn für alle n ≥ n0 ∈ N, lim an = g und lim bn = g . Dann ist die n→∞ n→∞ Folge (cn )n∈N konvergent und es gilt lim cn = g . n→∞ G. Matthies Grundlagen Mathematik 12/19 Beschränktheit, Infimum, Supremum I Definition Eine Folge (an )n∈N heißt • nach unten beschränkt, wenn es eine reelle Zahl (untere Schranke) A mit A ≤ an für alle n ∈ N gibt, • nach oben beschränkt, wenn es eine reelle Zahl B (obere Schranke) mit an ≤ B für alle n ∈ N gibt, • beschränkt, wenn sie nach oben und unten beschränkt ist. Die größte untere Schranke wird als Infimum inf an bezeichnet. n∈N Die kleinste obere Schranke wird als Supremum sup an bezeichnet. n∈N G. Matthies Grundlagen Mathematik 13/19 Beschränktheit, Infimum, Supremum II Definition Gibt es einen Index k ∈ N mit ak = inf an , so sagen wir, dass n∈N das Infimum angenommen wird, und nennen ak das Minimum der Folge (an )n∈N . Wir schreiben ak = min an . n∈N Gibt es einen Index k ∈ N mit ak = sup an , so sagen wir, dass das n∈N Supremum angenommen wird, und nennen ak das Maximum der Folge (an )n∈N . Wir schreiben ak = max an . n∈N Bemerkung Für nach unten beschränkte Folgen ist das Infimum stets eindeutig bestimmt. Gleiches gilt für das Supremum von nach oben beschränkten Folgen. Minimum und Maximum müssen dagegen nicht existieren. G. Matthies Grundlagen Mathematik 14/19 Konvergenzkriterien I Satz (Notwendiges Konvergenzkriterium) Jede konvergente Folge (an )n∈N ist beschränkt. Bemerkung Die Umkehrung des obigen Satzes gilt nicht. Eine beschränkte Folge muss nicht konvergent sein. Dazu sehen wir uns die Folge an = (−1)n für alle n ∈ N an. Die Folge ist durch −1 nach unten und durch +1 nach oben beschränkt. Da die Folgenglieder aber stets zwischen −1 und +1 springen, ist die Folge nicht konvergent. G. Matthies Grundlagen Mathematik 15/19 Teilfolgen Definition Als Teilfolge einer Folge (an )n∈N bezeichnet man jede Folge an1 , an2 , . . . , ank , . . . , oder kurz ank gilt. k∈N , wobei n1 < n2 < · · · < nk < . . . mit nk ∈ N Folgerung Konvergiert die Folge (an )n∈N gegen a, so konvergiert auch jede Teilfolge von (an )n∈N gegen a. Bemerkung Wenn eine Teilfolge von (an )n∈N konvergiert, dann muss die Folge (an )n∈N selbst nicht konvergieren. G. Matthies Grundlagen Mathematik 16/19 Beispiele 1. Wir betrachten die harmonische Folge (an )n∈N mit an = Dann sind 1 1 1 • , , ,... 2 4 6 1 1 1 • 1, , , , . . . 4 9 16 Teilfolgen von (an )n∈N . 2. Die divergente Folge (bn )n∈N mit bn = mit und 1 . n n (−1)n besitzt n+1 2 4 6 , , ,... 3 5 7 −1 −3 −5 , , ,... 2 4 6 konvergente Teilfolgen. G. Matthies Grundlagen Mathematik 17/19 Satz von Bolzano-Weierstraß Definition Eine reelle Zahl p wird Häufungspunkt der Folge (an )n∈N genannt, wenn für alle ε > 0 im Intervall (p − ε, p + ε) unendlich viele Folgenglieder liegen. Satz (Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge besitzt mindestens einen Häufungspunkt. Bemerkung Der Grenzwert einer konvergenten Teilfolge ist stets Häufungspunkt der ursprünglichen Folge. G. Matthies Grundlagen Mathematik 18/19 Konvergenzkriterien II Satz • Jede monoton wachsende und nach oben beschränkte Folge (an )n∈N ist konvergent und es gilt lim an = sup an . n→∞ n∈N • Jede monoton fallende und nach unten beschränkte Folge (an )n∈N ist konvergent und es gilt lim an = inf an . n→∞ G. Matthies n∈N Grundlagen Mathematik 19/19
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