Außergerichtliche Schuldenregulierung Dipl. Ing. Dipl. Betriebswirt Reinhard Nocke, Tel. 03375/520 95 00 E-Mail: [email protected] www.nocke-consulting.de BV INSO - Bundesverband Menschen in Insolvenz und Neue Chancen e.V. - Gesprächskreis Berlin Steglitz 1 „Du bekommst nicht das, was du verdienst, du bekommst das, was du verhandelst“ Hermann Scherer 2 Außergerichtliche Schuldenregulierung Die außergerichtliche Schuldenregulierung ist eine Möglichkeit, sich von Schulden zu befreien, ohne dass ein Gericht eingreifen muss. Er wird notwendig, wenn man seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, also überschuldet und zahlungsunfähig ist. Der Schuldner versucht zusammen mit den Gläubigern, also Personen, Firmen oder Institutionen, denen er Geld schuldet, einen Weg der Rückzahlung zu finden, der für alle Beteiligten von Vorteil ist. Dabei ist es in jedem Fall ratsam einem erfahrenen Schuldnerberater hinzuzuziehen. Einigen sich Schuldner und Gläubiger einvernehmlich, kommt es zu einem Vergleich, der in einem Vertrag dokumentiert wird. Wird der Plan eingehalten, ist man schuldenfrei. Grundsätzlich ist bei einer außergerichtlichen Einigung fast alles vorstellbar und möglich, wenn sich die beteiligten Parteien darüber einig sind, wie sie ihr Schuldenproblem lösen wollen. Möglichkeiten sind zum Beispiel eine Einmalzahlung eines bestimmten Betrages, Ratenzahlungen, Einmalzahlungen mit Ratenzahlungen, Stundung Besserungsschein und anderes mehr. 3 Vorteile der außergerichtlichen Einigung Der außergerichtliche Schuldenvergleich bietet sowohl für den Schuldner, als auch für den Gläubiger wesentliche Vorteile gegenüber einer Insolvenz: Kein zeit- und kostenaufwändiges Insolvenzverfahren eine Schuldbefreiung tritt bei einer Einmalzahlung deutlich schneller ein: 10 – 14 Wochen statt bis zu 6 Jahre die Schuldbefreiung gilt auch bei Forderungen, die sonst nicht unter die Restschuldbefreiung fallen würden, wie zum Beispiel unerlaubte Handlungen. der Schufa Eintrag wird bei Einmalzahlung wesentlich schneller entfernt. der außergerichtliche Vergleich ist diskreter: die Entschuldung wird nicht offenbart die Kosten sind geringer, da keine Gerichtskosten anfallen. 4 Einmalzahlung Die Einmalzahlung ist immer die beste Lösung. Der Schuldner verpflichtet sich, einen vorher ausgehandelten Betrag in einer Summe zu zahlen und der Gläubiger verzichtet im Gegenzug auf die Restschuld. Diese Einigung ist in jedem Falle schriftlich zu dokumentieren. Einmalzahlung mit Ratenzahlung Schuldner und Gläubiger einigen sich auf eine bestimmte Summe oder gehen von der Gesamtsumme aus und der Schuldner leistet eine Einmalzahlung in bestimmter Höhe. Die Restschuld wird durch monatliche Ratenzahlung getilgt. Ratenzahlungen Eine Ratenzahlung wird in der Regel dann vereinbart, wenn eine Einmalzahlung nicht möglich ist, der Schuldner jedoch über ein regelmäßiges Einkommen verfügt. Die Gesamtsumme ist wie in jedem Fall Verhandlungssache. Nach deren Rückzahlung ist der Schuldner schuldenfrei. 5 Stundung Bei der Stundung wird die Fälligkeit einer Forderung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die Stundung ist einer Sanierungsmaßnahme, um kurzfristige, liquide Engpässe des Schuldners zu überbrücken. Die Schulden bleiben jedoch in voller Höhe bestehen. Vorsicht! Mit einer Stundung geht immer eine Anerkennung der Forderung einher. Ein späteres Abstreiten der Forderung ist damit nicht mehr möglich. Besserungsschein Als Besserungsschein wird die auflösende Bedingung innerhalb eines Schuldenerlasses bezeichnet. Sie zielt darauf ab, dem Schuldner zwar grundsätzlich die Schulden zu erlassen, diese jedoch bei einer wirtschaftlichen Besserung der Situation wieder aufleben zu lassen. Die Verbesserung ist genau zu definieren und kann zum Beispiel an der Höhe des Eigenkapitals oder Gewinns festgemacht werden. Diese Form des Schuldenerlasses für eine bestimmte Zeit wird in der Regel immer dann gewählt, wenn begründete Aussichten auf eine wirtschaftliche Verbesserung des Schuldners bestehen. 6 Was geschieht, wenn die außergerichtliche Schuldenregulierung scheitert? Lassen sich nicht alle Gläubiger von sachlichen Argumenten überzeugen oder die angebotene Vergleichssumme wird als zu gering zurückgewiesen, ist der außergerichtliche Vergleich, zumindest mit den Gläubigern gescheitert, die nicht zugestimmt haben. Wie in einem solchen Fall zu verfahren ist, hängt stark von der Situation des Einzelfalls ab. Liegt die Schuldsumme der „Ablehner“ außerhalb der Möglichkeiten des Schuldners, gilt der Einigungsversuch als gescheitert. Ist die Summe bezahlbar oder zumindest in absehbarer Zeit bezahlbar, kann mit den „Zustimmern“ die außergerichtliche Einigung durchgeführt werden. Die „Ablehner“ müssen weiter bedient werden. Kommt es zu keiner tragfähigen Einigung mit den Gläubigern, ist die Durchführung eines Insolvenzverfahrens in vielen Fällen die bessere Alternative. 7 Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren Verbrauchern steht im Falle des Scheiterns einer außergerichtlichen Schuldenregulierung immer noch die Möglichkeit des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens. Dabei können Ablehnungen von Gläubigern durch Insolvenzgericht annulliert und durch Zustimmungen ersetzt werden, wenn sich die zustimmenden Gläubiger in sogenannter Kopf- und Kapitalmehrheit befinden. Schlusswort Außergerichtliche Vergleiche sind in den meisten Fällen einer Insolvenz vorzuziehen. Da man sich außerhalb der gerichtlichen Hoheit befindet, ist fast alles möglich, sofern es den gesetzlichen Grundlagen des BGB bzw. des Strafgesetzbuches nicht zuwiderhandelt. Der Erfolg hängt weitestgehend vom Verhandlungsgeschick des Schuldners bzw. dessen Vertreters ab. Beherzigen Sie deshalb folgende Hinweise: Führen Sie die Verhandlungen sachlich und höflich Führen Sie die Verhandlung auf „Augenhöhe“ und versuchen Sie eine „win-win-Situation“ herbeizuführen. 8 Vermeiden Sie Drohungen wie zum Beispiel: „Entweder Sie nehmen mein Angebot an oder Sie bekommen gar nichts, dann melde ich Insolvenz an.“ Solche Äußerungen führen zu Verhärtungen und erschweren die Verhandlungen. Gehen Sie bei Vergleichsangeboten immer von der Hauptforderung aus. Seien Sie fair. Gehen Sie davon aus, dass das erste Angebot stets abgelehnt wird Stellen Sie sich auf Nachverhandlungen ein. Getroffene Vereinbarungen einzuhalten. Bleiben Sie hartnäckig. sind unbedingt 9 Beherzigen Sie den Spruch: „Kein Mensch vermag auf Dauer die Ausdauer eines anderen zu ertragen“ 10
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