Fachbeitrag zum - Rechtsanwalt Vogel GmbH

Probleme bei Rückbuchung von Lastschriften- insbesondere durch Insolvenzverwalter
I.
Problemstellung
Immer häufiger werden von Insolvenzverwaltern bereits länger zurückliegenden Lastschriften
widerrufen und sodann von der Hausbank zurückgebucht. In der Regel handelt es sich hier um
vollumfänglich berechtigte Forderungen der Gläubiger, die im Glauben waren, dass diese auch
tatsächlich bezahlt waren.
Umso überraschter sich die Gläubiger dann, wenn sie sich nun als Insolvenzgläubiger wiederfinden
und letztlich aus ihrer Forderung nur noch die (regelmäßig) geringe Quote erhalten.
Fraglich ist, ob bzw. was die Gläubiger hiergegen unternehmen können?
II.
allgemeine Rechtslage
Hierbei handelt zunächst es sich weniger um eine insolvenzrechtliche, sondern mehr um eine
bankrechtliche Problemstellung.
Letztlich kann jede Lastschrift nach dem herkömmlichen
Lastschriftensystem von jedem – nicht nur von einem Insolvenzverwalter – vergleichsweise lange
widerrufen werden (in der Regel bis zu 6 Wochen nach Quartalsende).
Die Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren ist ein von der deutschen Kreditwirtschaft
entwickeltes System zur schnellen und besonders kostengünstigen Abwicklung von
Zahlungsvorgängen im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Mittlerweile ist sie ein alltäglicher Vorgang,
welcher wohl von fast jedem Bürger verwendet wird. Im Gegensatz zu seiner tatsächlichen
Einfachheit ist die der Einzugsermächtigungslastschrift zu Grunde liegende juristische Konstruktion
sehr kompliziert, da es sich um ein Vier-Personen-Verhältnis handelt.
Ihre Besonderheit liegt darin begründet, dass nicht der Schuldner die Belastung seines Kontos
gegenüber seiner Bank anweist, sondern der Gläubiger die Initiative zur Bezahlung seiner Forderung
ergreift, indem er seine Bank beauftragt, den geschuldeten Betrag über die Schuldnerbank beim
Schuldner einzuziehen. Die Gläubigerbank schreibt den angeforderten Betrag dem Konto des
Gläubigers unter Vorbehalt gut und leitet den Auftrag an die Schuldnerbank weiter. Diese bucht den
Betrag ohne eine unmittelbare Weisung des Schuldners vom Schuldnerkonto ab und leitet ihn der
Gläubigerbank zu.
Weil aber die Schuldnerbank das Konto des Schuldners nur nach Weisung des Gläubigers belastet
hat, ist sie bis zur Genehmigung der Lastschrift durch den Schuldner dem Widerspruchsrecht des
Schuldners ausgesetzt.
Normalerweise fehlt es hierbei an einer (ausdrücklichen) Genehmigungserklärung des Schuldners
gegenüber seiner Hausbank (wer sagt denn nach jeder Lastschrift seiner Bank ausdrücklich, dass
diese in Ordnung war?). Deshalb gibt es eine Regelung in den Banken- AGB, die man ja auch selbst
als Bankkunde kennt, wonach die Umsätze als genehmigt gelten, sofern nicht binnen 6 Wochen nach
Zugang des (in der Regel quartalsweise erfolgten) Rechnungsabschlusses als genehmigt gelten. Ab
diesem Zeitpunkt kann also in der Regel nach dem herkömmlichen System kein Widerspruch mehr
erfolgen.
In der Insolvenz kann sich hierbei die Widerrufsfrist faktisch noch erheblich verlängern, wenn es zu
Verzögerungen bei der Kenntnisnahme/Erhalt des Rechnungsabschlusses durch Insolvenzverwalter
kommt (z.B. weil die Hausbank diesen noch an den Schuldner selbst übermittelt).
Man sollte zwar jede Rückbuchung genau prüfen, in der Regel ist aber davon auszugehen, dass die
6 Wochen nach Erhalt des Rechnungsabschlusses eingehalten wurden, sonst hätte die kontoführende
Bank den Widerspruch wohl auch nicht akzeptiert. Die Vorgehensweise der Insolvenzverwalter ist
also regelmäßig rechtlich nicht zu beanstanden- ja ggf. sogar insolvenzrechtlich zur Vergrößerung der
Insolvenzmasse zwingend geboten.
III.
Ggfs. Hoffnung durch BGH?
Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Grundsatzentscheidung in 2010 ausgeführt, dass
auch eine stillschweigende, d.h. „konkludente“ Genehmigung des Schuldners vor Ablauf der 6Wochenfrist möglich ist. .
Nach dem BGH ist hier eine Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Das
bloße Schweigen des Schuldners bedeutet ebenso wenig eine konkludente Genehmigung wie der
bloßen Vornahme weiterer aktiver Kontodispositionen. Hinzutreten müssen weitere Umstände.
Insbesondere soll im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine konkludente Genehmigung bei
regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden
Geschäftsbeziehungen oder wiederkehrenden Steuervorauszahlungen in Betracht kommen,
wenn der Schuldner diese in der Vergangenheit bereits einmal wirksam genehmigt hatte. Allerdings
darf die konkludente Genehmigung nicht vorschnell bejaht werden. Die Zahlstelle des Schuldners
kann auch hier erst dann von einer konkludenten Genehmigung ausgehen, wenn der Schuldner eine
angemessene Prüf – und Überlegungsfrist nach der Belastung verstreichen ließ. Eine Aussage
über die Länge dieses Zeitraums gibt der BGH jedoch nicht. Unter den Juristen wird hier eine Spanne
zwischen 2 Wochen und einem Monat diskutiert.
Sofern Ansatzpunkte im obigen Sinne beim konkreten Einzelfall ersichtlich sind, kann der Gläubiger
hier versuchen, in einem Rechtsstreit die Rückbuchung anzugreifen. Rechtliche Unwägbarkeiten sind
hier aber in jedem Fall gegeben.
Hinzu kommt, dass der Insolvenzverwalter ja auch insolvenzrechtlich ein Anfechtungsrecht hat und
insoweit alle Zahlungen/Abbuchungen anfechten wird, die zeitlich bis zu einem Monat bzw. ggf. bis zu
3 Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, § 131 InsO. Fällt dieggf. konkludent genehmigte - Lastschrift hierunter, so wäre diese zwar bankenrechtlich nicht
widerruflich und damit wieder gutzuschreiben, aber insolvenzrechtlich dennoch zurückzuzahlen,
sodass der Gläubiger schlussendlich wieder genau so schlecht dastehen würde.
IV.
Ratschlag
Gegen das insolvenzrechtliche Anfechtungsrecht des Verwalters im 1 – 3 Monatszeitraum kann man
letztlich nur wenig ausrichten. Wenn man aber zumindest die oben angesprochenen Probleme und
Unwägbarkeiten bei den Rücklastschriften in Zukunft vermeiden bzw. besser gesagt reduzieren
möchte, so sollte der Gläubiger sein Lastschriftsystem ändern.
Ein denkbarer Weg wäre hierbei, Ihr Formularwesen für die Lastschriften zu ändern. Viel besser wäre
es nach unserem Dafürhalten, wenn man gleich zu dem neuen SEPA – Lastschriftverfahren
wechseln würde. Näheres kann man der Homepage der Bundesbank
http://www.bundesbank.de/zahlungsverkehr/zahlungsverkehr_sepa.php#sepa5
entnehmen.
Im kaufmännischen Rechtsverkehr wäre hierbei
die Implementierung
Firmenlastschrift (SEPA Business to Business Direct Debit) ideal.
Michael Wagner, M.B.L.T.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank – und Kapitalanlagerecht
Master of Business Law & Taxation (Uni Mannheim)
der
sog.
SEPA-