ERASMUS-Erfahrungsbericht Die Vorbereitungen für das Erasmus-Semester stellten mich vor keine Schwierigkeiten. Die Vorgaben der Gastuniversität waren nachvollziehbar und leicht verständlich. Im Vorfeld muss man sich online einige Kursangebote auswählen und provisorisch als Lernziel ausgeben. Die Angebote waren die des vorigen Semesters und von den von mir gewünschten Kursen blieb schlussendlich kaum etwas übrig. Ich kam in der sogenannten Kennenlernwoche in Prag an. In dieser Woche war bemerkbar, dass das Erasmus Programm sehr ausgereift ist, die Organisation dort war gelungen. Es gab eine E-Mail mit allen wichtigen Anlaufstellen und Terminen. Den Start in das Semester erlebte ich in einem großen Vorlesungsraum in dem eine knapp einstündige Einführungsveranstaltung stattfand. Obwohl es nur die Erasmusstudenten der Philosophischen Fakultät waren, war der Vorlesungssaal sehr gut besucht und wir wurden zur Anmeldung und Studentenkartenausgabe in ein anderes Gebäude geschickt. Leider nahm dieses Verfahren bei der Vielzahl der Studierenden einen ganzen Tag in Anspruch. Es ist eine gute Empfehlung, dieses Anmeldeverfahren nicht an diesem Tag in Anspruch zu nehmen sondern am Folgetag um die Wartezeit zu verkürzen. Das Semesterende wurde von ähnlichen Wartezeiten begleitet. Da das Semester für die meisten zur gleichen Zeit endet und die Endbescheinigung nur 7 Tage abweichen soll vom angegeben Termin, kam es zu längeren Wartezeiten und die Mitarbeiterin konnte nicht auf bestehende Restfragen eingehen. Mit der Einschreibung und der Passwortausgabe konnte ich mich nun auch elektronisch in die Kurse einschreiben, die schon in der nächsten Woche beginnen sollten. Dieser Zeitraum zwischen der Wahl der Kurse und damit dem Zeitplan und dem Beginn der Vorlesung war ungewohnt kurzfristig. Es gibt ein breites Angebot an Erasmuskursen, die auch hauptsächlich von Erasmusstudenten belegt werden. Meine Auswahl war im Nachhinein eine eher unglückliche. Einige Kurse, beispielsweise am germanistischen Institut, waren sehr interessant. Schwierigkeiten hatte ich mit einem ECES-Kurs. Dies ist ein Zusatzangebot. Dieses ist für nordamerikanische Studenten ausgelegt, an dem auch eine geringe Anzahl von Erasmusstudenten teilnehmen kann. Dieser Kurs wurde von sehr jungen USAmerikanischen Studenten besucht und erinnerte mich im Unterrichtsaufbau eher an meine Schulzeit. Die Vorlesungszeit fand von Ende September bis Weihnachten statt, die Zeit zwischen Weihnachten und dem Ende des Semesters Mitte Februar sind für Hausarbeiten und Prüfungen vorgesehen. Einige Probleme hatte ich mit der Bibliothek der Fakultät. Die Bedienung des Systems überstieg meine Fähigkeiten und ich musste auf die Nationalbibliothek, die Bibliothek des Goethe-Instituts, die heimische Universitätsbibliothek und die kleineren Institutsbibliotheken ausweichen. Es ist schade, leider konnte mir bei der Bedienung nicht einmal mein Buddy zur Seite stehen. Die Unterkunft: Wichtig war es im Vorfeld eine Unterkunft zu finden. Es war für mich schnell klar, dass ich das Angebot der Karls-Universität in Anspruch nehmen würde und für knapp 130 Euro im Monat ein Zimmer in einem Studentenwohnheim miete. Das Studentenwohnheim lag in Hostivar. Dieser Stadtteil ist mit der Tram knapp 40 Minuten von der Fakultät und damit dem Stadtzentrum entfernt. Die Zimmer sind mit 12 qm recht klein und müssen mit einem Zimmernachbarn geteilt werden. Das Studentenwohnheim war ähnlich straff durchorganisiert wie das Erasmusprogramm. Es gab keine offenen Fragen und die Mitarbeiter waren zwar nicht immer freundlich aber immer kompetent. Die Zimmer und die gesamte Anlage sind zwar nicht auf dem neusten Stand aber sehr gepflegt. Fünf Minuten Fußweg entfernt ist ein Bahnhof. Dessen Dieselloks bringen euch in Minuten zum Hauptbahnhof oder nach Holesovice. Es ist leicht, in dem Wohnheim mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Da das Zimmer sehr klein war und mir darin schnell die Decke auf den Kopf fiel, gab es einen großen Anreiz den größten Teil des Tages außerhalb zu verbringen. Der Alltag: Es ist empfehlenswert sich im Vorfeld im Buddy-Programm anzumelden. Mein Buddy war eine gleichaltrige Deutschlehrerin, mit der ich mich sehr gut angefreundet habe, die mir aber zugegebenermaßen kaum bei Alltagsproblemen half, da ich diese auch nicht hatte. Zusätzlich hatte ich noch eine Tandempartnerin, mit der ich mich ebenfalls regelmäßig traf und meine Sprachkenntnisse verbessern konnte. Am wichtigsten war mir dort die Theatergruppe des germanistischen Instituts. Wir waren 10 Menschen, eine Mischung aus Erasmusstudenten, dort lebenden Deutschen und Tschechen und übten ein Stück ein. Wir trafen uns regelmäßig einmal die Woche und betraten im Dezember die Bühne des GoetheInstituts. Diese Personen waren mir während des Aufenthalts am meisten ans Herz gewachsen und wir bildeten eine Gemeinschaft, die außerhalb der Proben ebenfalls viel miteinander unternahm. Die Freizeitangebote des Erasmusclubs dort sind ebenfalls empfehlenswert. Es gab einmal die Woche einen Filmabend an dem, mit englischen Untertiteln, tschechische Filme vorgeführt wurden. Es wurden auch viele Exkursionen und Städtetrips organisiert, die empfehlenswert sind. Ich habe diese Angebote für einige Wanderungen und Tagesausflüge in Anspruch genommen. Die Kosten sind minimal, da der öffentliche Nah- und Fernverkehr preislich nicht mit Deutschland vergleichbar ist. Durch Universitätskurse kam ich zu zwei Veranstaltungen, die eine war ein Theaterstück, welches gemeinsam besucht wurde, das andere war ein Ausflug nach Ústí nad Labem. Dort besuchten wir das noch nicht öffentlich zugängliche Museum der Geschichte und Kultur der Deutschen in den böhmischen Ländern. Das Prager Kulturleben ist das reichhaltige Kulturleben einer Hauptstadt. Das Angebot ist sehr vielfältig. Erwähnenswert sind hier die unabhängigen Kinos wie Aero oder BioOko, die regelmäßig themenspezifische Festivals organisieren und diese mit viel Liebe zum Detail durchführen. Für Musikkonzerte gibt es ebenfalls eine Vielzahl kleinerer Veranstaltungsorte und die Eintrittspreise lagen selten über 250 Kronen. Das Theaterangebot soll ebenfalls nicht unterschlagen werden. Einige Theater bieten für ihre Stücke englische Übertitelungen an. Wer es sich zutraut, den Stücken auf Tschechisch zu folgen, sollte dies unbedingt wahrnehmen. Wer deutsche Bücher vermissen sollte, ist gut in der Bibliothek des Goethe-Instituts aufgehoben, die Halbjahresgebühr ist sehr gering, die Auswahl der Bücher ist jedoch vielfältig. Einmal wöchentlich findet auch ein deutscher Stammtisch statt. Dieser wird vom germanistischen Institut veranstaltet und es können sich Personen treffen die entweder Muttersprachler sind oder die deutsche Sprache lernen wollen. Die Finanzen: Das Erasmusgeld deckte die monatliche Miete ab. Übrig blieben dann noch ca. 60 Euro. Ein Teil des Geldes floss noch in eine 3 Monatskarte für den Nahverkehr die bei knapp 40 Euro liegt. Die Preise sind aber insgesamt moderat. Der Mittagstisch ist oftmals für nicht mehr als 100 Kronen zu haben. Obwohl ich keine großen Ersparnisse hatte, musste ich mir um meine Finanzen kaum Gedanken machen, Wenn man die Abende nicht in irischen Touristenpubs verbringt, sollte es keine größeren Probleme geben. Ein Haarschnitt kostet mit 100 Kronen so viel wie vier Bier. Fazit: Es war eine angenehme Zeit in Prag. Die Kurse werden mir größtenteils nicht lange im Gedächtnis bleiben, auch wenn es viele anregende Veranstaltungen gab. Kontakte zu anderen Erasmusstudenten hatte ich weniger, da ich auch Anschluss an Prager Tschechen und Prager Deutsche fand. Die Stadt gefällt mir so gut, dass ich im Moment alle paar Wochen hinreise um einige Tage dort zu verbringen und freue mich nun die Stadt auch im Frühling kennenzulernen.
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