Kathrin Sander Erasmus

Kathrin Sander
Erasmus- Erfahrungsbericht
Vor Antritt des Studiensemesters in Wroclaw gab es erstmal einiges an Formalitäten zu
erledigen. Mein Tipp: Solange man den „Fahrplan“ des International Office genau befolgt,
kann eigentlich nichts schief gehen. Dennoch ist es ratsam, früh genug damit anzufangen,
sich über die Anmeldung Gedanken zu machen und nicht alles auf den letzten Drücker
anzugehen. Besonders wenn man versuchen möchte, eine Förderung vom DAAD oder gfps
zu erhalten, sollte man auf jeden Fall nicht in letzter Minute mit der Zusammenstellung der
Unterlagen beginnen. Ein vernünftiges Motivationsschreiben braucht Zeit, und ein Dozent ist
in der Regel auch nicht erfreut, ein Empfehlungsschreiben unter Zeitdruck erstellen zu
müssen. Von der Beschaffung der ganzen anderen Unterlagen, die gefragt sind, mal ganz
abgesehen. Es lohnt sich auch, sich danach zu erkundigen, ob man Auslandsbafög
berechtigt ist; die Kriterien sind hierbei nämlich noch ein bisschen anders als beim
„normalen“ Bafög. Was auf jeden Fall gemacht werden sollte, ist regelmäßig seine Mails zu
checken und sich auch direkt nach Einladung zu dieser bei der wroclaw2-yahoogroup
anzumelden. Wichtige Infos (wie zum Beispiel die Bestätigung des Wohnheimplatzes - sonst
kein Zimmer bei Ankunft) können sonst an einem vorbei gehen. Eine Falle, in die ich selber
getappt bin: Die Auflistung der gewünschten Studienfächer in den Bewerbungsunterlagen für
die Uni Breslau ist nicht gleich Learning Agreement! Also: Das vor Antritt der Reise
unbedingt beachten, sonst gibt es von Erasmus keine Kohle!
Die ersten Tage in Wroclaw heißt es dann erstmal sich zurecht finden und Formalitäten
erledigen. Bevor das Semester wirklich losging, hieß es für die meisten 2 Wochen
Intensivsprachkurs absolvieren (welcher - leider im Gegensatz zum Sprachunterricht
während des Semesters - wirklich qualitativ hochwertig und sehr zu empfehlen ist!).
Gleich in den ersten Tagen muss man sich dann bei der Meldestelle seine
Aufenthaltsgenehmigung
holen.
Mitnehmen:
Geburtsurkunde,
Pass,
Fotos,
Krankenversicherungsnachweis, Studienbescheinigung der Heimatuniversität und 1PLN!
Ob es sich lohnt, nur für ein Semester ein polnisches Bankkonto zu eröffnen, kann ich so
nicht sagen. Von Vorteil ist es jedoch auf jeden Fall, wenn man ein Konto bei der Deutschen
Bank hat. Die gibt es hier überall, und die hohen Gebühren beim Geldabheben fallen halt
weg.
Die Fakultäten der Universität sind über die ganze Stadt verteilt. Während sich z.B. die
Fakultäten für Recht und Wirtschaft, Linguistik oder Geschichte in der Innenstadt befinden,
liegt die Fakultät für Internationale Beziehungen, wo auch die meisten Kurse für
Erasmusstudenten angeboten werden, im Norden der Stadt. Erstere erreicht man vom
„Olowek“ (Studentenwohnheim) aus innerhalb einer halben Stunde zu Fuß oder mit Bus; um
zu letzterer zu gelangen, sollte man eine Dreiviertelstunde einkalkulieren. Mit Rad kann man
jeweils eine viertel bzw. halbe Stunde einsparen. Ein Busticket kostet für Studenten
umgerechnet 30 cent, wobei Monatstickets noch günstiger sind. Der Kauf eines
(gebrauchten) Rades ist in jedem Fall zu empfehlen, preislich ist man bereits ab
umgerechnet 30€ dabei…
Beide Fakultäten haben je eine kleine Kantine, wobei man in der Bazylia (Law and Business
Faculty) für umgerechnet 2-3 € leckere polnische und internationale Mittagessen bekommt,
in der anderen fürs selbe Geld allerdings weder Leckeres noch Gesundes erwarten sollte.
Die Bibliothek
der Koszarowa (International Relations) ist mit Studentenausweis ohne
weiteres begehbar, Ausleihen erfolgen wie an deutschen Universitäten auch. Das Internet ist
dort ebenfalls nutzbar, die Rechner sind allerdings leider eher langsam…
Da sich die Fakultäten über die ganze Stadt verteilen, gibt es leider nicht so etwas wie einen
gemeinsamen Campus.
In der Freizeit trifft man sich meistens in der Stadt. Der Stadtkern ist vom Olowek zu Fuß
etwa eine halbe Stunde entfernt, und es gibt dort sehr viele nette Kaffees, Restaurants,
Kneipen und Clubs, die zum Verweilen einladen. Insgesamt verfügt die Stadt über 3
hochmoderne Kinos und ungefähr eine Handvoll kleinerer Kinos, die gerne auch Filme mit
einem kulturell gesteigerten Anspruch zeigen. Überdies hinaus laden mehrere Museen
(wobei das Nationalmuseum mit seinen regelmäßig wechselnden Ausstellungen und das
Stadtmuseum besonders zu empfehlen sind), das „Panorama Raclawicze“, welches die
Schlacht bei Tannenberg dokumentiert, und einige Kirchen und Kathedralen dazu ein, seinen
kulturellen Hunger zu stillen. Auch gibt es einige nette Theater, eine Philharmonie und eine
Oper, in denen man für umgerechnet 5€ als Student schon einen guten Platz bekommen
kann. Im Zeichen der deutsch-polnischen Verständigung stehen kulturelle Einrichtungen wie
das Willy-Brandt-Zentrum, das Edith-Stein-Haus oder auch das ifa-Institut, welche
regelmäßig zu verschiedenen Themen-Vorlesungen, Podiumsdiskussionen, Vernissagen
oder diversen Workshops einladen.
Das Sportangebot hingegen war eher mäßig, da (so wie uns gesagt wurde) die
Unisportkurse vor unserer Ankunft alle schon belegt waren. Für den Sommer lohnt es sich
also, ein Fahrrad zu haben, um seinen Bewegungsdrang an den wunderschönen Radwegen
entlang der Oder abreagieren zu können…
Ganz zu Anfang des Semesters gab es zwei Informationsveranstaltungen, auch hat die
studentische Vereinigung für Internationale Beziehungen jedem, der Interesse hatte,
Unterstützung angeboten. Die Erasmus-Koordinatorinnen des International Office waren
jederzeit ansprechbar.
Es gibt ein eigens auf Erasmusstudenten zugeschnittenes Kursangebot in englischer oder
auch deutscher Sprache. Auf Wunsch können jedoch auch nach Absprache mit dem
jeweiligen Dozenten die regulären Kurse für polnische Studenten (manche sind auch auf
englisch) belegt werden.
Ich selber habe nur Kurse des Erasmusangebotes belegt. In den allerersten zwei Wochen
der Vorlesungszeit darf man als Erasmusstudent erstmal so viele Kurse austesten, wie man
will, und muss sich dann erst festlegen. Zu erreichen sind 30 ECSP, wobei die Belegung
eines Kurses mit Prüfung oder Hausarbeit 6 ECSP einbringt, es aber eigentlich bei allen
Kursen auch die Möglichkeit gibt, für die bloße Anwesenheit 3 ECSP zu bekommen. Es lohnt
sich, in den ersten zwei Wochen besonders viele Kurse zu besuchen, da sowohl die Qualität
der Vorlesung als auch die Anforderungen von einem Kurs zum anderen sehr voneinander
abweichen. Im Allgemeinen werden Erasmusstudenten jedoch gute Noten gegeben.
Wenn man in Wroclaw wohnen möchte,
hat man zwei Möglichkeiten: entweder im
Studentenwohnheim oder man sucht sich sein eigenes Zimmer in der Stadt. Beides hat Vorund Nachteile. Die in der Regel sehr viel preisgünstigere Variante ist in den meisten Fällen
die letztere (schon ab 130€ für vergleichbaren Standard in Nähe der Innenstadt). Zu
empfehlen ist es jedoch, in den Anmeldungsformularen vor Antritt an der Universität Wroclaw
zuerst
einmal
„Studentenwohnheim:
YES!“
anzukreuzen.
Am
einfachsten
ist
die
Wohnungssuche vor Ort. Das Zimmer dann wieder zu kündigen ist völlig unproblematisch.
Wohnungsangebote findet man dann auch am schwarzen Brett in der Uni, in der Strasse
oder in der Zeitung. Schon VOR Antritt des Semesters kann man sich auch über die
wroclaw2-group informieren, ob nicht jemand sein Zimmer abgeben bzw. untervermieten
möchte.
Ich selber war im „Olowek“, dem allgemein für Erasmusstudierende angebotenen
Studentenwohnheim, untergebracht. Das Einzelzimmer (was in Polen für Studenten - auch
außerhalb der Wohnheime - eigentlich gänzlich unüblich ist) kostet dort umgerechnet
etwa160 € pro Monat, ein Bett im Doppelzimmer ca. 90€. Auch das Olowek hat sowohl Vorals auch Nachteile. Die Wohnungen an sich haben einen sehr guten Standard: die Zimmer
sind groß, alles sieht recht neu und sauber aus, das Internet funktioniert super schnell (und
ist auch schon im Preis inbegriffen). Dass die allermeisten Erasmusstudierenden dort
wohnen und auch regelmäßig viele Parties dort stattfinden, ist noch ein weiteres Argument
dafür. Nervig sind hingegen so manche Regulierungen, mit denen man sich als Bewohner
abfinden muss: So muss man, will man seine Wäsche waschen, vier Tage vorher am
Morgen immer sehr früh aufstehen, da am späteren Nachmittag die Waschmaschinenliste, in
die man sich für je 2 Stunden eintragen muss, in der Regel immer schon voll ist. Gäste von
außerhalb dürfen nicht länger als bis 2 Uhr morgens im Gebäude bleiben. Bei jedem
Betreten des Gebäudes ist für Gäste der Personalausweis an der Rezeption zu hinterlegen.
Wer länger bleibt, muss am nächsten Tag für die Nacht bezahlen. Möchte man Gäste bei
sich aufnehmen, so gilt folgendes Prozedere: Da ein Gästezimmer mit Bett genauso teuer ist
wie eine Nacht auf dem Fußboden im Zimmer des Freundes, sollte man mindestens eine
Woche vorher fragen, ob es noch freie Gästezimmer gibt. Beherbergt man den Gast bei sich,
so müssen erst alle Mitbewohner das schriftliche Einverständnis gegeben haben. Die Nacht
kostet umgerechnet etwa 6,50€. Jedoch dürfen pro Monat nur maximal 4 Nächte Gäste
aufgenommen werden. Zwischen 2 und 3 Uhr nachts ist Sperrstunde, das heißt, es wird in
dieser Zeit niemand herein gelassen. Die Zimmerschlüssel müssen stets an der Rezeption
abgegeben werden. Bewohnt man ein Zimmer zu mehreren, gibt es auch nur EINEN
Schlüssel für alle.
Wer sich für das Olowek entscheidet, wird sich garantiert das ein oder andere Mal über die
unfreundliche und nicht selten selbstgefällige Verwaltung und ihre Regulierungen ärgern.
(Und Vorsicht: auch wenn die Empfangsdamen zu Anfang SEHR unfreundlich sind, lohnt es
sich höflich zu bleiben, denn es wird mit der Zeit besser!), Für ein halbes Jahr ist es dennoch
die bequemste Variante, und ich denke, ich würde es wahrscheinlich wieder so machen.
Möchte man seine Gäste woanders unterbringen, so gibt es auch noch so einige
Jugendherbergen in der Stadt. Ein Zimmer im „Strangers’ Hostel“ am Bahnhof zum Beispiel
ist bereits ab umgerechnet 8€ zu haben, in Pensionen gibt es Bett und Frühstück ab 16€.
Wer weitere Fragen hat, kann mich anschreiben. Es lohnt sich, nach Wroclaw zu gehen!