Vorbereitung Als ich mich relativ kurzfristig dazu entschieden hatte ein Auslandssemester zu absolvieren, fiel meine Wahl auf die griechische Hafenstadt Thessaloniki. Zum einen reizte mich der Gedanke direkt am Mittelmeer zu wohnen, zum anderen ermutigten mich Erfahrungsberichte anderer Erasmusstudenten der zweitgrößten griechischen Stadt einen halbjährigen Besuch abzustatten. Die Vorbereitungen verliefen jedoch etwas schleppend, da die Server der Aristoteles Universität im Frühjahr und Sommer aufgrund eines IT Problems lahmgelegt waren und einer reibungslose Anmeldung an der Universität, sowie die Einschreibung für einen Sprachkurs nicht möglich war. Nach vielen Emails die ich mit der dortigen Studentenadministration austauschte wurde mir jedoch ein Platz für das kommende Semester zugesichert. Ein weiteres Problem offenbarte sich bei der Vervollständigung meines Learning Agreements, da die juristische Fakultät zwar ein breites Kontingent an Kursen für Erasmusstudenten bereithält, jedoch erst kurz vor Semesterbeginn festgelegt wird, welche Kurse aus dem breiten Portfolio tatsächlich angeboten werden können. Dieses Problem ließ sich jedoch relativ unkompliziert durch die Möglichkeit das Learning Agreement nachträglich zu ändern, lösen. Um nach Thessaloniki zu kommen empfiehlt es sich mit den führenden Billigfluganbietern zu reisen, welche pro Strecke, je nach Saison zwischen 20 und 50 Euro kosten. Der Flughafen liegt etwa 45 min vom Stadtzentrum entfernt und ist per Taxi und Bus erreichbar. Unterkunft Eine Unterkunft in Thessaloniki zu finden ist nicht besonders schwer, da in Zeiten der Finanzkrise der Mietspiegel stark gesunken ist und man auch als Student unkompliziert eine möblierte, bezahlbare Wohnung finden kann. Ich habe vorab in sozialen Netzwerken nach Wohnungen gesucht und habe dort eine griechische Studentin gefunden, welche mir ein Zimmer in Ihrer wundervoll zentral am Aristotelusplatz gelegenen Wohnung anbot. Ich habe es als besonderes angenehm empfunden mit einer Griechin zusammenzuwohnen, da ich so viele Ihrer Freunde kennenlernen konnte und dadurch auch schnell mit Einheimischen zu tun hatte, was als Erasmusstudent gar nicht so einfach ist. Dies liegt meiner Erfahrung nach daran, dass man gerade anfangs sehr viel Zeit mit Erasmusstudenten verbringt. Von anderen Studenten habe ich gehört, dass die Wohnheime der Universität sich durch Ihre nahe Anbindung an das Universitätsgelände, sowie Ihr großes Freizeitangebot auszeichnen, die Ausstattung aber nicht mehr die modernste sein soll. Ich würde nach meinen Erfahrungen und Eindrücken zu einer privaten Wohnlösung tendieren, da die Mieten bezahlbar und viele Wohnung voll möbliert zur Miete stehen. Es gibt in Thessaloniki auch Vermieter, die sich auf Erasmusstudenten konzentrieren. Man findet sich dann in großen internationalen Wohngemeinschaften wieder und die Wohnungen liegen meist nahe an der Universität, aber etwas außerhalb des Stadtzentrums. Universität/Studium Das universitäre Leben in Thessaloniki mitzuerleben war eine spannende Erfahrung. Die Juristische Fakultät stellt den Erasmusstudenten ein breites Portfolio an Kursen auf Englisch, Französisch und Deutsch zur Auswahl und versucht dabei möglichst viele nationale wie auch internationale Rechtsgebiete abzudecken. Ich besuchte Kurse in allen drei Sprachen und konnte schnell sprachliche Fortschritte im Umgang mit der fremdsprachigen Rechtsterminologie feststellen. Ein erfolgreicher Kurs wird meist mit 5-6 ECTS- Punkten verrechnet, somit musste ich 6 Kurse belegen um den geforderten ECTS-Score erreichen zu können. Die Studentenanzahl pro Kurs variierte in meinem Fall von 2 bis zu 35 Studenten. Die niedrigen Besucherzahlen der Kurse erfordern viel Partizipation während des Kurses und gestallten den Kontakt mit Professoren und Dozenten sehr direkt. Insbesondere Kurs „droit constitutionnel approfondit“ den ich mit einem weiteren Studenten belegen durfte hat mir besonders gut gefallen, da die Professorin mit uns gemeinsam Rechtsquellen und - Probleme interpretierte und diskutierte und ich die Intimität einer so kleinen Gruppe für meine persönlichen Lernerfahrungen als sehr zuträglich empfand. Zum Ende des Semesters wurde in den Kursen eine Prüfungsleistung abgelegt, welche sich in einer Hausarbeit, einer Klausur oder einer Kombination aus beidem manifestieren. Der Campus der Universität ist verhältnismäßig groß und bietet Platz für über achtzigtausend Studenten. Auf dem parkähnlichen Grün des Universitätsgeländes kann man die verschiedenen Fakultäten, Institute und Bibliotheken zu Fuß erreichen. Es empfiehlt sich jedoch das Campusgelände bei Dunkelheit zu meiden, da Polizisten auf diesem nicht erwünscht sind. Dies rührt daher, dass in den siebziger Jahren Studenten bei einer Demonstration getötet wurden und danach die Universität in eine autonome Zone umgewandelt wurde. Dementsprechend unsicher ist der abendliche und nächtliche Aufenthalt auf dem Gelände, was einige Erasmusstudenten leider am eigenen Leib erfahren mussten. Freizeit/ Alltag Die Lebenshaltungskosten in Thessaloniki sind relativ gering, sofern man an entsprechenden Orten einkauft. Die Supermarktpreise sind die meisten Produkte betreffend, höher als in Deutschland anzusiedeln, jedoch lassen sich unheimlich viele frische Produkte, zu deutlich niedrigeren Preisen auf dem großen Markt im Zentrum der Stadt erstehen. Dort findet sich prinzipiell alles was man braucht, einschließlich einer fantastischen Auswahl an Meerestieren, zu sehr moderaten Preisen. Die Restaurantpreise grenzen sich jedoch deutlich von den deutschen ab. In Thessaloniki kann man sehr günstig und sehr gut essen gehen. Beispielsweise habe ich oft mit Freunden in einem sehr angesagten und stets gut gefüllten Restaurant namens Elia y lemoi gegessen, in dem ein Nudelgericht 2,95 Euro kostete und eine Flasche Weißwein 3,00 Euro. Wer sein Budget nicht in einer Taverne oder auf dem Markt verkleinern möchte, dem steht als Student zu jeder Tageszeit eine kostenfreie Mahlzeit in der zentralen Mensa zu. Diese befindet sich neben dem Sportzentrum. Die Mensa ist zur Mittagszeit stets überfüllt und das Essen auf Dauer wohl etwas eintönig, jedoch ist es umsonst was über die negativen Punkte schnell hinweg sehen lässt. Fortbewegungsmittel Nummer eins in Thessaloniki sind die Busse welche pro Fahrt für Studenten 60 Cent kosten. Zwar sind Sie meist durch den konstanten Stau welcher sich zu quasi jeder Tageszeit durch die Hauptverkehrsadern der Stadt zieht langsam und unpünktlich, doch fahren dafür zu jeder Tages- und Nachtzeit. Taxifahren ist sehr günstig und gerade am Abend ein schnelles und bequemes Transportmittel. Die Anschaffung eines Fahrrads ist sicherlich nicht verkehrt, da die Stadt sich am Meer entlang ausbreitet und über die breite Promenade am Wasser, jeder Punkt der Stadt schnell erreicht werden kann. Thessaloniki bietet ein weites Freizeitangebot an. Die Stadt selbst ist weltweit Spitzenreiter, betreffend der Anzahl an Bars und Cafés pro Einwohner. Dementsprechend gestaltet sich auch das Stadtbild, die Promenade welche vom weißen Turm, vorbei am Aristotelus Platz zum Hafen führt ist gesäumt mit Etablissements, in denen es gerade am Wochenende kaum möglich ist eine der begehrten Sitzgelegenheiten zu ergattern. Weiterhin bietet die Vielzahl an Restaurants und Tavernen stets neue kulinarische Erfahrungen. Insbesondere ist der „ Bit Bazaar“ oberhalb des Ausgehviertels „Valaurito“ zu empfehlen. Hier betritt man einen großen Platz welcher mit Tischen und Stühlen verschiedener Restaurants gefüllt ist, die meist von Studenten bis spät in die Nacht frequentiert werden. Die beiden Ausgehviertel Ladadika und Valaurito sind von Montag bis Sonntag einen Besuch wert. In den zahlreichen Bars und Diskotheken findet jeder etwas nach seinem Geschmack. Etwa eine Autostunde von Thessaloniki entfernt liegt die paradiesische Halbinsel Chalkidiki mit Ihren drei „Fingern“ Kassandra, Sithonia und Athos, welche zu wärmeren Jahreszeiten mit wunderschönen Stränden lockt. Ich kann insbesondere einen Besuch der Halbinsel Sithonia wärmstens empfehlen. Der mittlere der drei „Finger“ überzeugt mit wilder unberührter Natur, kleinen Fischerorten und einsamen Buchten. Ein Auto zu mieten ist relativ erschwinglich und kostet ca. 25 Euro pro Tag. In erreichbarer Nähe zur Stadt befinden sich des Weiteren touristische Ausflugsziele wie der Götterberg Olymp, welcher bewandert werden kann und die Meteora Klöster, die mir persönlich unheimlich imponiert haben. Möchte man die Hauptstadt Athen besuchen, so kann man mit dem Flugzeug für 20 bis 30 Euro pro Flug oder mit dem Nachtzug für ca. 16 Euro pro Fahrt, die Reise antreten. Die Universität hat ein großes Sportareal auf welchem unheimlich viele verschiedene Sportarten täglich von Studenten praktiziert werden. Das Fitnessstudio der Universität ist relativ gut ausgestattet und kann für 15 Euro im Jahr genutzt werden. Sportarten wie Fußball und Basketball werden z.T. in Fakultätsmannschaften betrieben. Ich habe mich der Basketballmannschaft der juristischen Fakultät angeschlossen und konnte so viele griechische Kommilitonen kennenlernen. Fazit Abschließend kann ich jedem nur zu einem Aufenthalt in Thessaloniki raten. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise, in der negative Schlagzeilen über das Mittelmeerland an der Tagesordnung sind, lohnt sich der Blick in Landesinnere um die Situation besser verstehen zu können und zu erleben, dass zwischen hiesiger Berichterstattung und dortiger Realität, insbesondere auf den Alltag der Allgemeinbevölkerung bezogen, Diskrepanzen ergeben . Ich die Griechen als unheimlich gastfreundlich und zuvorkommend erlebt und viele einheimische Freunde gewinnen können. Ich werde bald wieder dort sein und du ja vielleicht auch.
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