8. In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen Wortlaut der ausgeführten Predigt: Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Gemeinde! Es gibt viele verschiedene Häuser: Große Häuser, kleine Häuser, Mehrfamilien- und Einfamilienhäuser, Hochhäuser und Flachdachbungalows. Manche Häuser sind alt, andere brandneu, einige kosten Millionen und etliche sind zu erschwinglichen Preisen zu haben. Häuser aus Stein, Häuser aus Holz, Häuser aus Beton – viele verschiedene Häuser … Eines aber ist ihnen allen gemeinsam: Sie bieten ein Dach überm Kopf und damit Schutz vor Regen, Wind und Wetter, vor Kälte und vor Hitze. Häuser verhindern, dass jemand unbehaust lebt und sich nirgendwo häuslich einrichten kann. Häuser sind also grundsätzlich etwas durch und durch Positives. Und doch gibt es Häuser, die von vielen argwöhnisch beäugt und eher gemieden als freiwillig aufgesucht werden. Denken Sie nur an das Zuchthaus, das Armenhaus oder das Krankenhaus. All diese Häuser sollen Besserung ermöglichen, aber am liebsten sehen wir sie aus weiter Ferne. Und in manchen Häusern geht es auch ziemlich bunt zu, so zum Beispiel im Wirtshaus oder im Freudenhaus. Einigen gefällt das wohl, aber längst nicht allen … Und da, wo besonders wild gehaust wird, kommt es – mal mehr, mal weniger berechtigt – sehr schnell zu kritischen Kommentaren. Häuser, die von ihrer Grundidee her durch und durch positiv zu sehen sind, können eben auch negative Seiten aufweisen. Aber letztlich kommt es immer auf die Perspektive an. Was für manche bloß eine merkwürdige oder unwürdige Behausung ist, kann für andere ein echtes Zuhause sein, ein Ort, an dem wir uns wohl fühlen, an dem wir gerne sind und gerne bleiben. Was aber macht aus einem Haus, einer Behausung, ein Zuhause? Was gibt den vier Wänden um uns her eine heimelige Ausstrahlung und Wärme? Was führt dazu, dass wir ein Haus als »unser« Haus betrachten – und das unabhängig davon, ob wir es gekauft oder gemietet haben? Ich denke, die meisten von uns würden sagen: Zuhause bin ich dort, wo ich mich auskenne, wo ich Menschen und Dinge um mich her wahrnehme, die mir vertraut sind. Zuhause bin ich dort, wo meine Erinnerungen ihren festen Platz besitzen und ich all das genießen kann, was mir wichtig ist. Zuhause bin ich dort, wo ich mich geborgen und gut aufgehoben weiß. Für viele Menschen hier im Jacobi-Haus ist so ein Zuhause der Ort, an dem sie lebten, bevor sie hierher kamen: Ein Haus, eine Wohnung, ein Zimmer gefüllt mit Geschichte und Geschichten, ein Haus, eine Wohnung, ein Zimmer 1 voller Freude und Traurigkeit, voller Glück und Leid. Ein Haus, eine Wohnung, ein Zimmer gefüllt mit Bildern und Erinnerungsstücken. Wer so empfindet, sagt vielleicht: »Ich habe solche Sehnsucht nach zuhause! Ich möchte so gern heim!« »Hier ist es ja sehr schön, aber Zuhause ist es doch am allerschönsten …« – Manche allerdings konnten hier im Jacobi-Haus ein neues Zuhause finden. Sie kennen sich auf den Fluren und Gängen inzwischen sehr gut aus, haben sich mit Menschen und Dingen hier vor Ort vertraut gemacht und ihren mitgebrachten Erinnerungen und Erinnerungsstücken einen neuen festen Platz gegeben. Sie genießen die gute Betreuung und Versorgung und fühlen sich einfach wohl. Ihre Gedanken schweifen seltener zurück in die Vergangenheit als die anderer, denn sie sind angekommen und möchten bleiben. Nach Hause zurückkehren, zu Hause bleiben, Wünsche, die – so oder so – verständlich und nachvollziehbar sind, Wünsche, die wir alle kennen und alle in uns spüren. Nach Hause zurückkehren, zu Hause bleiben, ein Zuhause haben, einen Ort besitzen, an dem wir sein und bleiben können, aber auch wollen. Das Bedürfnis danach ist natürlich und menschlich, es ist von Anfang an in uns alle eingeprägt und wird mit den Jahren immer stärker. Je älter wir werden, desto mehr sehnen wir uns nach einer Wohnstatt, die wir nicht mehr wechseln, nicht mehr verlassen müssen, nach einem Zuhause, das zur Ruhe kommen lässt. Liebe Gemeinde, Gott, der uns alle ins Leben gerufen hat, scheint um all das sehr genau zu wissen, zumindest lässt er seinen Sohn, Jesus, den Christus, ausrichten: ‚In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.’ (Joh 14,2) Das ist eine beruhigende und tröstliche Botschaft für alle Menschen – auch für uns –, denn das heißt: »Für jeden und jede von euch gibt es bei mir ein Zuhause, das euch niemand nehmen kann. Für jeden und jede von euch ist an meiner Seite Platz; und da dürft ihr sein und bleiben, und das nicht nur für begrenzte Zeit, sondern für immer. Da dürft ihr sein und bleiben – und das sogar dann, wenn euer Leben auf der Erde sein Ende findet. ‚In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.’« – Bei Gott, da gibt es Raum für Junge und Alte, und das unabhängig davon, ob sie beweglich oder erstarrt, fröhlich oder traurig sind. Bei Gott, da gibt es Raum für alle Menschen, Raum, der als Zuhause erfahren werden kann. – ‚In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.’ – Da ist der Ort, wo auch all Ihre Erinnerungen einen festen Platz besitzen, die schönen und die schweren, die erfreulichen und die leidvollen, da ist der Ort, wo auch Sie sich geborgen und gut aufgehoben fühlen können. Und dieser Ort, der kann dort sein, wo Sie gelebt haben, bevor Sie hierher ins Jacobi-Haus gekommen sind, aber auch hier im Jacobi-Haus, er kann überall sein, weil Gott überall ist. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus, dem Christus, der uns als Gäste ins Haus unseres Vaters ruft. Amen. 2
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