Lokales Montag, 14. März 2016 - 62 - Seite Milde Töne nach Wahl-Debakel Guten Morgen, liebe Leser! Alte Wörter sterben aus, neue schleichen sich ein. Neulich fuhr ich mit der Bahn und hörte, wie ein Jugendlicher in einem Abteil sagte: »Die Tür ist defekt.« Er betonte das letzte Wort freilich auf der ersten Silbe und sprach es englisch aus, mit einem langen »i«. »Die Tür ist diehfekt.« Und unsere Sprache auch. Sie leidet unter einem denglischen Infekt, der hoffentlich nicht zum Infarkt führt. Der Journalist Bodo Mrozek (»Lexikon der bedrohten Wörter«) hat einmal über das Wort »Brunch« geschrieben, im Vergleich zum schönen Wort »Frühstück« klinge es, »als würde man eine Portion Müsli auf den Teller klatschen«. Trotzdem wollen alle nur noch »brantschen«. Manche deutschen Wörter sind unwiederbringlich verloren. Nehmen wir »Michel«. Das mag eine Kurzform von »Michael» sein, im Mittelalter hieß es soviel wie »groß«. Und »lützel« bedeutete »klein«. Lützellinden bei Gießen hat demnach die gleiche Bedeutung wie das benachbarte Kleinlinden. Nicht verschwunden ist der Bräutigam. Aber keiner weiß mehr, woher sich das Wort ableitet. Ich hab’s nachgeschlagen. Im Althochdeutschen gab es den »gomman«, was »Mann« oder »Mensch« heißt; wir kennen das Wort im Englischen als »man«, und auch in »human« kommt es vor.Von »gomman« blieb im Laufe der Jahrhunderte nur die Silbe »-gam« übrig, der Bräutigam ist somit etymologisch der Mann der Braut. Ehrlich gesagt, hätte ich mir das auch fast gedacht. (jw) Niederlagen schweißen manchmal zusammen. Das könnte für Befindlichkeiten in der Bad Nauheimer CDU gelten. Bürgermeister Armin Häuser ist zu einem Neuanfang im konfliktgeladenen Verhältnis zur Fraktion bereit. »Geschlossen wären wir stärker gewesen«, sagt er nach dem Wahldebakel für seine Partei. Gemeinsam muss sich die Union der neuen Rolle stellen, erstmals nur zweitstärkste Kraft hinter den Freien Wählern zu sein. Von Bernd Klühs 3 Dinge, die ich im Wetteraukreis heute wissen muss: 1 »Woche der Trinkkur« Die Themenwoche in Bad Nauheim startet heute um 15 Uhr (Trauzimmer, Trinkkuranlage). Phytotherapeutin Susanne Stöber spricht über Frühjahrs- und Heilpflanzen. 2 Bilder vom Bergsteigen Wolfgang Rauschel berichtet um 19.30 Uhr im kleinen Saal des Bürgerhauses Nidda in einem digitalen Bildvortrag von seiner Reise in das Zermatt und von der Besteigung des Matterhorns. 3 Energieberatung Wer beim Blick auf die Jahresabrechnung einen Schrecken bekommen hat, kann sich im Altenstädter Rathaus über Energiesparen informieren (Tel. 0 60 47/80 00-75). ❯ Das Schaufenster Das Tortenstück der UWG ist etwas breiter als das der CDU: Bürgermeister Armin Häuser muss sich auf die neuen Mehrheitsverhältnisse einstellen. (Foto: Nici Merz) Bürgermeister Armin Häuser ist als scharfzüngig bekannt. Ungern verzichtet er in der politischen Debatte auf ironische, manchmal bissige Bemerkungen. Nach der herben Wahlniederlage lässt der Rathauschef, dessen Amtszeit im Herbst nächsten Jahres ausläuft, zumindest im christdemokratischen Binnenverhältnis mildere Töne erklingen. »Man sollte den Konflikt mit der Fraktion nicht so hochhängen. Der Meinungsstreit um die Zukunft der Therme ist aus meiner Sicht abgehakt. Die CDU bleibt meine politische Heimat«, sagt Häuser. Ohnehin sei sein Verhältnis zur Partei- und Fraktionsführung nie belastet gewesen. Mit anderen Fraktionsmitgliedern gab es sehr wohl Streit. Er habe sich deshalb eine Denkpause genommen. Der CDU-Bürgermeister blieb den Fraktionssitzungen schlicht fern. »Ich war für Sanierung, die Mehrheit für den Neubau. Es hat keinen Sinn gemacht, die ewig gleiche Auseinandersetzung immer wieder zu führen.« Er sei qua Amt für das Wohl der Stadt zuständig. Von daher werde er Beschlüsse des Stadtparlaments bestmöglich umsetzen. Das Thema Therme werde keine Ausnahme machen. Häuser: »Ich werde der Sanierung nicht mehr hinterhertrauern.« Schwarz-Grün war »sein Kind« Die Niederlage bei der Kommunalwahl sei ein Rückschlag für die Fraktion, für ihn persönlich eine Enttäuschung. Neben den Proteststimmen vieler Wähler, die nichts mit der Politik in Bad Nauheim zu tun hätten, gebe es hausgemachte Gründe. »Geschlossen wären wir stärker geworden. Ob es eine marginale oder deutliche Veränderung gegeben hätte, kann ich nicht sagen.«. Zudem habe es die CDU versäumt, die Erfolge der schwarzgrünen Koalition besser zu vermitteln. An erster Stelle steht aus Sicht von Häuser die finanzielle Gesundung der Stadt, für die auch unliebsame Entscheidungen wie die Grundsteuererhöhung erforderlich gewesen seien. Trotz des Defizitabbaus habe die Stadt in Haupt- und Stresemannstraße investiert, das Hempler-Baugebiet nach 30 Jahren entwickelt und ebenso wie das neue Gewerbeband in Rekordzeit vermarktet. Die Zusammenarbeit mit den Grünen sei stets vertrauensvoll gewesen. Manchmal war Häuser eher auf Grünen- denn auf CDU-Seite, etwa bei der Tempo-30-Frage. Die freundlichen Worte über die von den Grünen kurz vor der Wahl gekündigte Koalition sind aus Häusers Mund kein Wunder. Die schwarz-grüne Kooperation war so etwas wie »sein Kind«, Häuser hatte das Bündnis nach der Wahl 2011 vorangetrieben. Damals wollte er nicht mehr mit der UWG. Jetzt sitzen die Christdemokraten möglicherweise bald wieder in einem Boot mit den Freien Wählern. Nur dieses Zweier-Bündnis würde eine Mehrheit stellen, ansonsten wäre eine Drei-Parteien-Koalition notwendig. Heute Abend, wenn sich CDU- und UWGFraktion jeweils konstituieren, werden erste Pflöcke eingeschlagen. Häuser wird bei der Fraktionssitzung anwesend sein. Die Gespräche mit den Freien Wählern dürften nicht einfach werden, zumal Altbürgermeister Bernd Witzel als UWG-Stadtverordneter zurückkehren könnte – falls er sein Mandat annimmt. Als Witzel noch als Rathauschef und Häuser als Erster Stadtrat agierte, war das Verhältnis am Ende völlig zerrüttet. »Freunde werden wir in diesem Leben ganz sicher nicht mehr. Aber ich konnte die Animositäten in der Vergangenheit hintenanstellen und könnte das auch in Zukunft. Es geht um die Entwicklung der Stadt«, betont der Christdemokrat. Leicht fallen wird es ihm nicht, zumal Witzel seit seiner Niederlage gegen Häuser bei der Bürgermeister-Direktwahl des Öfteren mit Kommentaren zur sei- ner Ansicht nach misslungenen Kurstadt-Politik in die Öffentlichkeit gegangen ist. Ein ungewöhnliches Verhalten für einen Altbürgermeister. »Er hat mir oft gegens Bein getreten«, sagt Häuser lachend. Zu möglichen Koalitionen und Gesprächsinhalten möchte er im jetzigen frühen Stadium nichts sagen. Die Position der UWG, die dafür plädiert, die Therme neu und ohne Anbindung ans Badehaus 2 zu bauen, könnte dem Bürgermeister entgegenkommen. Damit wäre eine schnellere Umsetzung des Projekts zu erreichen als bei der von der Union gewünschten Einbeziehung des Sprudelhofs. Erste Weichen werden gestellt Die neuen Fraktionen von CDU und UWG kommen heute Abend zusammen. Dabei werden vor allem personelle Weichen gestellt. Bürgermeister Häuser geht davon aus, dass der bisherige CDU-Fraktionschef Manfred Jordis bestätigt wird. Spannend dürfte es vor allem bei der UWG werden, die überraschend als Wahlsieger dasteht (28,1 Prozent brachten 13 Sitze, die CDU erhielt 27,2 Prozent und ein Mandat weniger). Das beginnt mit der Frage, ob kantige Persönlichkeiten wie Bernd Witzel, Uwe-Karsten Hoffmann und Klaus Neuhöfer ihre Mandate annehmen.Von Bedeutung ist auch die Zusammensetzung der Verhandlungskommission, die mit der CDU und anderen Fraktionen sprechen wird. Gedanken müssen sich die Freien Wähler zudem darüber machen, wer als Nachfolger von Prof. Feyerabend (CDU) Stadtverordnetenvorsteher werden soll. Im kommenden Jahr stehen die Neuwahl des Bürgermeisters und Ersten Stadtrats an. (bk) Geburtstage/Ehejubiläen 12 Party in Grün zum Nationalfeiertag Infothek/Sudoku 14 Irland-Fans feiern St. Patrick’s Day im Bürgerhaus Dorheim Ihr Draht zu uns Redaktion E-Mail: 9 0 60 32/9 42-5 31 [email protected] www.wetterauer-zeitung.de Irische Preise locken bei der gutbestückten Tombola. (Fotos: lod) Friedberg-Dorheim (har). Grün war am mit hausgemachten Knobi- oder KräuterSamstag im Dorheimer Bürgerhaus die do- Dip – sowie Brote mit irischem Käse traf das minierende Farbe. Nahezu jeder Besucher Küchenteam genau den Geschmack der Behatte etwas Grünes an, grüne Girlanden hin- sucher. Bei einer St.-Patricks-Day-Party darf gen an den Wänden und selbst die Wände irische Musik nicht fehlen. waren in grünes Licht getaucht. Grund für die grüne Verwandlung des Bürgerhauses Songs zum Osteraufstand war die Feier zum St. Patrick’s Day, dem irischen Nationalfeiertag am 17. März. Seit ihrer Gründung vor 39 Jahren feiert Sänger, Gitarrist und Harp-Virtuose Paddie »Friedberger Gesellschaft zur Förderung dy Schmidt und seine beiden Mitstreitern deutsch-irischer Verständigung« das Fest der Helen Mannert (Geige und Akkordeon) und Feste der Iren. Was einstmals im Jugendzen- Uhu Bender mit groovendem Bass nahmen trum mit einem selbstgemachten Bufett der die Fans im proppenvollen Saal mit auf eine Mitglieder begann, hat sich im Laufe der Zeitreise durch die irische Musikwelt. Jahre zu dem irischen Fest in der Wetterau Ein Schwerpunkt waren Lieder, die sich schlechthin gemausert. mit dem Osteraufstand, dem Beginn des iri»Ohne unsere vielen Mitglieder wäre so ei- schen Freiheitskampfs, vor genau 100 Jahne Veranstaltung gar nicht möglich«, meinte ren beschäftigten. »Für Irland ist dies ein Karl Buxmann, seit Vereinsganz besonderes Jahr«, erklärgründung Präsident der te Paddy, der seit fast 30 JahDeutsch-Iren. Und das Team ren als Kopf der Band »Paddy hatte sich viel Mühe gegeben. goes to Holyhead« sowie als Ein Blickfang waren im Foyer Solist auf Tour ist. die auf mehreren Tischen aufMit virtuosem Spiel und viel gebauten St-Patrick’s-DaySpaß an der Musik begeisterHüte, T-Shirts, CDs und Büten die Drei die Fans. Bei becher. kannten Stücken wie dem unDie gab es allerdings nicht verwüstlichen »Wild Rover« zu kaufen, sondern in der oder »Leavin of Liverpool« schnell ausverkauften Tombowurde lautstark mitgesungen la zu gewinnen. Neben Guinund geklatscht. Zwischen den ness und Bulmers Cider, dem Klassikern überzeugte das irischen Apfelwein, warteten Trio mit Paddys Eigenkompoan der Whiskey-Bar 20 versitionen wie dem eingängigen schiedene überwiegend aus »Desiree« oder »Here’s to the Irland stammende Whiskeys people«. Der Spaß kam nie zu auf die Liebhaber des edlen kurz. Da wurde »Whiskey in Getränks. Mit Spare-Ribs, Virtuos und mit Spaß bei the Jar« schon mal als Reggae Pellkartoffeln – wahlweise der Sache: Paddy Schmitt. gespielt oder Riffs bekannter Rockklassiker eingebaut. Selbst nach drei Stunden, einschließlich einem langen Zugabenblock, wollten die Besucher das Trio nicht von der Bühne lassen. Anzeige
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