Es war einmal Auto unserer Verwandten zu suchen. und ich

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Es war einmal
Stadtmagazin
Die Domfreiheit
an der Ecke zur
Kirchgasse in
einer undatierten
historischen
Aufnahme. Der
Gasthof zur
Domfreiheit
(links) bestand
noch viele Jahre
später.
Auto unserer Verwandten zu suchen. Und ich entdeckte dabei viele
neue Häuser und Plätze. Danach hatte sich meine Wahrnehmung der
Stadt verändert. Als ich in die Realschule kam und jeden Tag mit dem
Zug nach Landshut fuhr, kam eine weitere Dimension hinzu. Der Bahnhof, in dem ich viele Stunden verwartete, wurde eine vertraute Stätte,
ein Umschlagplatz für Neuigkeiten und Begegnungen. Je mehr ich mir
die Stadt vertraut machte, umso fremder wurde mir mein Dorf. Manchmal sah ich an den Altstadtfassaden empor und stellte mir vor, wie es
wäre, in einem dieser Häuser zu wohnen. Und immer öfter zögerte ich
den Zeitpunkt für die Heimfahrt hinaus. Das Café im dritten Stock des
Kaufhauses Oberpaur, gleich neben der Schallplattenabteilung, war ein
Ort, an dem sich viele Schüler trafen. Ich gewöhnte mir an, dort meine
Hausaufgaben zu machen. Bald gab es auch abends Gründe, in Landshut zu bleiben. Eine Party hier, ein Treffen da. Als es für den Schulbesuch BaföG gab, suchte ich mir ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft.
In einem jener hohen Häuser, wie ich sie früher immer bewundert hatte: mit Türmchen und Erkern. Dort lebten wir mal zu dritt, mal zu viert
in einer Wohnung, in der sich die Küche
im selben Raum befand wie die Badewanne. Das Klo war auf dem Flur, und wir
teilten es uns mit einer älteren und
schwierigen Nachbarin. Im Fenster des
Zimmers, das ich mir mit einer Freundin
teilte, saß ich dann oft, schaute auf die
Straße hinunter und auf die Giebel der
gegenüberliegenden Häuser.
Und freute mich einfach, dass ich nun
endlich Landshuterin geworden war.
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