Experten: Entscheidung für MEADS war voreilig Bericht: Marcus

Experten: Entscheidung für MEADS war voreilig | Manuskript
Experten: Entscheidung für MEADS war voreilig
Bericht: Marcus Weller
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich entschieden: Ihr erstes großes
Rüstungsprojekt wird ein Raketenabwehrsystem. Für mindestens vier Milliarden Euro soll es
Schutz bieten vor allen Bedrohungen aus der Luft.
Ursula von der Leyen – Verteidigungsministerin (CDU)
Man muss sich vorstellen, dass ein Schutz wie eine Käseglocke über ein Feldlager oder eine
Großstadt gestellt wird.
Mit Hilfe mehrerer Radare und Abfangraketen soll das MEADS-System um sich herum alles
abfangen können was fliegt und gefährlich ist. Drohnen z.B. oder Flugzeuge und natürlich
auch Raketen – aber nur solche, die maximal 1000 km fliegen können, das aber immerhin bei
jedem Wetter.
Ursula von der Leyen – Verteidigungsministerin (CDU)
Keine Nation hat bisher ein solches System
Will sonst auch Keine – außer Deutschland. Dabei war das Projekt mal gut gedacht.
Deutschland wollte gemeinsam mit Frankreich, Italien und vor allem den USA den Traum von
der Rundumverteidigung wahr werden lassen. Doch die Partner stiegen einer nach dem
anderen aus. Zum Schluss auch noch der Hauptgeldgeber USA – und das obwohl die schon
zwei Milliarden Dollar reingesteckt hatten.
Bernd W. Kubbig, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Die Amerikaner sind zu der Erkenntnis gekommen, dass MEADS zu teuer wird und dass die
technischen und die managementbezogenen Schwierigkeiten so groß sind, dass sie nicht
bereit sind, wie sie gesagt haben im Ausstiegsdokument, dieses hochgradige Risiko
einzugehen.
Geprüft und für untauglich befunden. Experten, wie den Hamburger Physiker Götz Neuneck,
wundert das nicht, denn sie bezweifeln stark, dass das System jemals das können wird, was
die Ministerin verspricht.
Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität
Hamburg (IFSH)
Das MEADS System ist tatsächlich so ein bisschen wie eine eierlegende Wollmilchsau, d.h.
es soll wahnsinnig viel können. Damit sicher zu sein, dass man Drohen, Cruise Missiles,
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unbemannte Flugkörper, Flugzeuge tatsächlich hundertprozentig abfangen kann ist de facto
nicht möglich.
Vier Milliarden Euro stecken bereits jetzt im MEADS-System. Eine Milliarde davon aus
Deutschland. Immerhin, es wurde schon zweimal getestet. Beim letzten Versuch schoss man
zwei Flugkörper ab.
Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität
Hamburg (IFSH)
Die Tests, die bisher gemacht worden sind, sind nicht aussagekräftig genug, um sicher zu
sein, dass solch ein System unter allen operativen Bedingungen auch tatsächlich einsetzbar
ist.
Das hat auch die Ministerin erkannt und ließ, kaum im Amt, gleich drei
Beratungsgesellschaften das MEADS-Projekt untersuchen. Das Ergebnis: ein Desaster. Die
vertrauliche Studie listet auf 250 Seiten ein kritisches Systemrisiko nach dem anderen auf.
Bernd W. Kubbig, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Die drei Gutachter sagen, die Risiken technischer Art, finanzieller Art, aber auch im
juristischen Bereich, sind so hoch, dass sie sehr stark empfehlen, diese Entscheidung nicht
zu überstürzen.
Zu spät und das obwohl man auf deutscher Seite nicht einmal weiß, was genau in den letzten
zehn Jahren entwickelt wurde. Und schlimmer noch: es ist nicht einmal geklärt, ob die
Entwicklungsergebnisse überhaupt genutzt werden können. Das bedeutet,
„Zitat: Mögliche Nichtverfügbarkeit von Hard- und Softwareelementen gefährden die
technische Gesamtumsetzung“
Tobias Lindner sitzt für die Grünen im Haushaltsausschuss und hat sich Meads vor Ort in den
USA genau angeschaut.
Tobias Lindner, Obmann im Haushaltsausschuss, B90 die Grünen
Für die Milliarde liegen jetzt einzelne Komponenten vor, die anscheinend in mehreren Tests
auch überprüft worden sind und es liegen Entwicklungsergebnisse vor. Aber was wir eben
nicht wissen ist, wie weit sind diese Entwicklungsergebnisse noch von der Serienreife
entfernt.
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Wolfgang Hellmich ist der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Er ließ sich von der
Ministerin persönlich die Risiken von MEADS erläutern und glaubt nun, sie habe diese recht
gut im Griff.
Wolfgang Hellmich, Vorsitzender im Verteidigungsausschuss, SPD
Es gibt Risiken bei der Entwicklung des Radars, Restrisiken bei den kurzwelligen Radaren,
Entwicklungsrisiken bei langwelligen und länger reichenden Radaren. Und an der Stelle ist
auch die Dokumentation wohl deutlicher, die liegt uns nicht vor, das ist auch noch Sache
des Ministeriums, aber da ist ordentlich systematisch dran gearbeitet worden
Tobias Lindner, Obmann im Haushaltsausschuss, B90 die Grünen
Im letzten halben Jahr gab’s immer wieder nur Aussagen aus dem Ministerium man würde
den Risiken nachgehen. Jetzt gibt es diese Entscheidung das System kaufen zu wollen, aber
wir kennen bis zum heutigen Tag als Abgeordnete keine Liste wo die Risiken aufgelistet
sind und man dann sieht, ob das Risiko gelöst ist, ist man dem nachgegangen.
Selbst bei der Einfuhr der Komponenten gibt’s Probleme. Falls sie je in Deutschland
ankommen, wird Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von – Achtung – 590 Millionen Euro fällig.
Aber dafür gibt es zumindest eine kreative Lösung:
Dr. Alexander NEU – Mitglied im Verteidigungsausschuss, Die Linke
Man möchte eine neue NATO Agentur gründen und diese NATO Agentur soll in Luxemburg
einer Steueroase platziert werden, so dass die Komponenten über Luxemburg dann nach
Deutschland eingeführt werden, um somit die Einfuhrumsatzsteuer zu vermeiden. D.h. die
Bundesregierung betrügt den Bundesfinanzminister offensichtlich in der Frage der
Einfuhrumsatzsteuer.
Der Plan ist: Alles nach Deutschland holen und selbst weiterentwickeln … und das inzwischen
ganz alleine.
Ursula von der Leyen – Verteidigungsministerin (CDU)
Wir sind gerade nicht alleine, das ist gerade das Spannende daran, sondern wir bieten ein
offenes System an, in dem andere Länder, die darauf warten welche Entscheidung wir
treffen, sich auch dann anschließen können.
Dumm nur, dass sich der einzige, ernsthafte Kandidat schon vor einem Jahr zurückgezogen
hat.
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Bernd W. Kubbig, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Die polnische Regierung hat im Sommer letzten Jahres ganz klar erklärt, dass sie MEADS
ablehnt und dass sie für ein Alternativsystem ist.
Warum macht Frau von der Leyen das? Das heißeste Gerücht in Berlin zurzeit: Imagepflege.
Sie könnte die erste Verteidigungsministerin sein wollen, die rechtzeitig ein desaströses
Rüstungsprojekt beendet und deswegen schon bald bei MEADS die Reißleine ziehen.
Vorbereitet jedenfalls wäre das schon mal.
Ursula von der Leyen – Verteidigungsministerin (CDU)
Und wir haben deshalb auch so genannte Sollbruchstellen eingebaut, d.h. wir verabreden
ganz konkrete Meilensteine mit dem Auftragnehmer, die erreicht werden müssen. Wenn
dieser Meilenstein nicht erreicht wird, gibt es für uns immer noch die Möglichkeit auf eine
andere Lösung umzuschwenken.
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