Essay, ehemalige J2, Frau Dr.Stadler

Essay anhand von vorgegebenen Materialien (verfasst von Dennis Niedrist, Schüler der
ehemaligen J2e und hoffentlich glückliches Mitglied von „cheaper than money“, Tutorin: Frau Dr.
Stadler)
Was isst ein Glückspilz?
„Mal hat man Glück, mal hat man Pech, Mahatma Gandhi.“ Das ist der erste Spruch, der mir zum
Thema Glück einfällt. Er ist auf einem Sportshirt eines meiner Freunde aufgedruckt und sorgte in
der Vergangenheit immer wieder für Gesprächsstoff. Doch was Gandhi mit Glück zu tun? Er war
Anführer des gewaltlosen indischen Widerstands gegen die britischen Besatzungsmächte. Doch
Gandhi war wohl nicht vom Glück gesegnet, denn er wurde trotz seines Einsatzes gegen die Gewalt
erschossen.
Generell gibt es sehr viele schlaue Sprüche zum Thema Glück, wie zum Beispiel: „Jeder ist seines
Glückes Schmied.“ Ist dieser Satz überhaupt wahr?
Doch zuerst einmal: Was ist Glück eigentlich? Ist es Geld? Oder Macht? Manche sagen, Glück sei
lediglich „wenn einem die 720 Minuten eines 12 stündigen Tages ohne besonderen Ärger vergehen
[…]“ (Theodor Fontane zitiert nach Pater Anselm Grün). Oder sind es doch die Drogen, die uns
glücklich machen? Was sind die Indikatoren für das Glück? Hier gilt es die Psyche des Menschen
zu erforschen.
Biologisch gesehen entsteht Glück durch Reaktionen im Körper, die Hormone freisetzen. Diese
Hormone stimulieren unser Gehirn und lassen uns glücklich sein. Also sind doch Drogen, die unser
Gehirn manipulieren der Weg zum Glück? Ein großer Joint oder eine Ladung Ecstasy? Ich denke,
wir alle wissen, dass Drogen „böse“ sind und uns langfristig nicht glücklich machen.
Wenn Drogen nichts bringen, sollen wir also wirklich so hart arbeiten wie ein Schmied? Aber sind
Schmiede überhaupt glücklich?
Harte Arbeit kann durchaus zu Macht und Geld führen, was viele Menschen mit Glück assoziieren
würden. Doch heißt das dann zwangsläufig, dass arme Menschen unglücklich sind? Ich denke nicht,
dass Glück nur abhängig von materiellen Dingen ist. Es gibt genug Menschen, die trotz Reichtum
und Macht nicht zufrieden und unglücklich sind. In vielen Fällen führen die harte Arbeit und der
Stress nur zu einem Burnout und die Menschen sind für eine gewisse Zeit „weg vom Fenster“.
Außerdem ist zu beachten, dass es vor allem in Entwicklungsländern hart arbeitende Menschen
gibt, die von Reichtum nur träumen können. Deshalb empfinde ich es als wichtig, andere nicht
wegen ihres Glückes zu beneiden. Man sollte nicht probieren, das Glück zu erzwingen.
„Glücklichsein ist ein Maßanzug. Unglückliche Menschen sind jene, die den Maßanzug eines
anderen tragen wollen.“ (Karl Böhm).
In unserer globalisierten Welt profitieren wir von den billigen Arbeitsplätzen aus Fernost. Doch
wenn alles global ist, können wir dann nicht auch das Glück globalisieren?
Sich mit dem Thema Glück objektiv auseinanderzusetzen finde ich persönlich schwer. Schließlich
empfinden alle Menschen auf der Welt Glück als etwas anderes. Im asiatischen Raum soll das
Rubbeln an einem Buddhabauch zu Glück verhelfen, wohingegen es in anderen Ländern Glück
bringen soll, barfuß in einen Hundehaufen zu treten.
Wenn man die Frage nach dem Glück stellt, dann lohnt es sich auch zu fragen: Was ist Pech? Im
Mittelalter wurde - um sich zu verteidigen - Angreifern heißes Pech ins Gesicht geschüttet. Also ist
Pech eigentlich eine organische Kohlen-Wasserstoff-Verbindung, die früher zur Abwehr von
Angreifern verwendet worden ist?
Doch diese Assoziation werden wohl recht wenig Menschen mit dem Wort „Pech“ haben. Heinrich
Heine beschrieb das Pech, also das Unglück, als eine treue Frau, die keine Eile habe und gerne bei
einem bleibe. Im Vergleich dazu meint Heine, dass das Glück wohl eher mit einem One-NightStand zu vergleichen ist. Es kommt und geht auch schon wieder.
Wenn Glück das Thema ist, dann verwendet man häufig Symbole dafür - wie zum Beispiel ein
Schwein. Warum ausgerechnet ein Schwein?
Vielleicht weil Schweine tun und lassen können, was sie wolle. Doch eigentlich haben Schweine in
unserer Welt nicht viel zum Lachen. Die meisten leben in Mastbetrieben mit vielen tausend Tieren
in einer Halle. Nur so, sagen die Betreiber, sei es möglich die vielen Menschen zu ernähren, wobei
wie wieder bei der Globalisierung wären.
Aber konzentrieren wir uns lieber auf das Schwein. Es wird als Symbol für Glück häufig mit einem
vierblättrigen Kleeblatt dargestellt.
Bei so einem vierblättrigen Kleeblatt handelt es sich allerdings nur um eine Mutation, die anstatt der
gewöhnlichen drei Blätter eines mehr hervorbringt. Was soll daran Glück sein? Ich meine, kein
Mensch würde Luftsprünge machen wenn er einen Arm mehr hätte. Ich habe nur zwei Arme.
Nochmal Schwein gehabt! Apropos Schwein, das gibt’s heute auch zum Mittagessen.
Wenn mich jemand fragen würde, ob ich glücklich bin, würde ich antworten: „Ja, meistens.“ Ich bin
froh, dass ich in Deutschland lebe und hier aufgewachsen bin. Auch um meine Finanzen steht es
nicht schlecht und ich muss nicht am Hungertuch nagen. Wenn ich zurück denke, fallen mir viele
Situationen ein, in denen ich mit Gewissheit sagen kann, dass ich glücklich war, egal ob es nun der
Stolz auf eine Leistung, die allgemeine Situation oder auch der Erhalt eines Geschenkes war.
Auch im Laufe meiner Schulkarriere gab es zahlreiche Momente, die etwas mit Glück zu tun hatten.
Manchmal war ich glücklich über eine gute Note oder hatte Glück, dass ich bei der Abfrage nicht
dran gekommen bin, für die ich nicht gelernt hatte.
Allerdings gibt es auch hier Umstände, die einen eher unglücklich gestimmt haben.
Eine momentan häufig gestellte Frage ist: „Was machst du nach dem Abitur?“ Und meine ehrliche
Antwort: „keine Ahnung.“ Auch auf die Frage, was ich später einmal für einen Beruf haben möchte,
fällt mir keine passende Antwort ein. Aber ich will wohl das, was jeder Mensch sein will: glücklich.
Der berühmte Musiker John Lennon hatte trotz oder gerade wegen seiner runden Brille schon als
Kind den Durchblick und erwiderte auf die Frage, was er einmal werden wolle, nur mit dem einen
Wort: „glücklich.“
Es ist durchaus von Vorteil, Ziele im Leben zu haben. Allerdings sollte man nicht zu verbissen auf
sein Glück hinarbeiten, denn dann besteht die Gefahr, dass man sein Glück übersieht oder nicht
mehr zu schätzen weiß. Ich denke, manchmal sollte man sich darauf konzentrieren, was man bereits
hat und was einen glücklich macht.
Auch Jan Tomaschoff wollte mit seiner Karikatur „Glück“ ausdrücken, dass Verbissenheit nicht
immer der Schlüssel zum Glück ist.
John Lennon hat in seinem Leben viel erreicht und viele Menschen berührt. Doch auch er war nicht
der allergrößte Glückspilz, denn er wurde wie Gandhi erschossen.
Womit wir bei Pilzen sind, die man nicht nur als Droge konsumieren kann, nein, der Fliegenpilz ist
auch ein Symbol für Glück, obwohl er eigentlich giftig ist und jemand, der ihn isst, wahrscheinlich
nicht der glücklichste Mensch auf Erden ist. Zusammen mit dem Schornsteinfeger, der eher so
aussieht, als ob er mit Pech überschüttet worden wäre, gibt es viele Symbole für Glück, die
eigentlich herzlich wenig mit Glück zu tun haben. Für mich ist Glück nichts Greifbares, und auch
nichts, das durch ein Symbol dargestellt werden kann.
Glück ist nicht nur ein One-Night-Stand, sondern ab und zu auch eine Lebensabschnittsgefährtin,
die einen ein Stück des Weges begleitet, doch oft auch spurlos verschwindet.
Also stimmt es nun, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist? Von mir gibt es ein klares: Jain!
Natürlich kann man durch Arbeit einen gewissen Wohlstand erlangen, der für eine gute
Lebensqualität sorgt und einen glücklich macht. Doch viel zu häufig hat man keinen Einfluss auf
sein Glück und wird von Schicksalsschlägen getroffen und man findet keinen Ausweg aus dem
Unglück. Doch wichtig ist, dass man immer im Auge behält, was man ist und was man hat, was für
einen selbst wichtig ist und was man schätzt.
Glück ist etwas Subjektives, das jeder Mensch, jedes Schwein, jeder Schornsteinfeger und jeder
Schmied für sich finden muss.
Wenn man weiß, was einem wichtig ist, dann kann man beginnen, sein Hufeisen zu schmieden.