Neuer Klang unter der Kuppel

HANNOVER
NR. 24 | FREITAG, 29. JANUAR 2016
HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG |
15
Neuer Klang unter der Kuppel
Eine neue Ära: Der Kuppelsaal ist renoviert – und soll künftig nicht nur innen Strahlkraft entfalten
Von Uwe Janssen
I
rgendwann kann er nicht mehr an sich
halten. Stefan Schostok zückt das
Smartphone und macht ein Selfie. Mit
ihm auf dem Bild: der leere Kuppelsaal.
Renoviert. Illuminiert. Strahlend. Auch
der Oberbürgermeister strahlt.
Irgendwie strahlen alle an diesem
Donnerstagmittag. Denn sie sind voll im
Soll: Nach 28 Wochen vielhändiger, emsiger Arbeit ist Deutschlands größter
Klassiksaal nun bereit für eine neue Ära.
7 Millionen Euro hat die Erneuerung gekostet, da freut sich auch die städtische
Wirtschaftsdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette, denn „der Kostenrahmen ist
eingehalten worden“. Was man ja nicht
von jedem norddeutschen Konzertsaal
behaupten kann.
Es hat sich tatsächlich einiges verändert in dem wuchtigen Rundbau am
Stadtpark. Es gibt neue Bühnentechnik,
neue Stühle (Parkett) und Sitzpolster
(Rang). Vor allem gibt es die zehn auffälligen weißen Plafonds über der Bühne.
Sie ersetzen das eine große Exemplar,
das bisher über den Köpfen hing. Ohne
diesen Sichtschutz wirkt die Kuppel trotz
Zwischendecke nun wieder in pathetischer Erhabenheit. Mithilfe der schlanken Schallchips soll der Orchesterklang
im Rund, der sich als schwierig herumgesprochen hatte, beherrschbarer werden. Und wenn, wie am 4. März mit
Dream Theater, eine Rockband kommt,
können die Plafonds gegebenenfalls
auch ganz verschwinden.
Es gibt aber auch neues Altes, vor allem im und über dem zweiten Rang.
Oberste Zuhörerin im Saal ist künftig
wieder die Lichtgöttin an der Rückwand
des Saals. Die goldfarbene, 6,50 Meter
hohe Wandskulptur wurde freigelegt,
komplett restauriert und breitet nun ihre
Arme weit über den Zuschauern aus.
Sie und die zwölf Tierkreiszeichen zu
ihrer Linken und Rechten sollten einst
den Himmel symbolisieren, Architekt
Paul Bonatz hatte bei seinen Entwürfen
1914 das römische Pantheon im Sinn.
1962, bei der ersten großen Renovierung,
wurden die Reliefs mit Holz verkleidet
und nahmen mit den Jahren Schaden.
Bis auf den Krebs mussten alle Symbole
erneuert werden. Was auch gelang. Nur
bei der Erneuerung der göttlichen Brüste, erzählt HCC-Chef Joachim König
schmunzelnd, sei man sich nicht ganz sicher gewesen.
Kuppelsaal für alle
Ein Tag der offenen Tür? Nein, gleich
zwei: Zwar gibt es in der kommenden Woche schon Veranstaltungen
im Kuppelsaal. Offiziell geht es aber
am 6. Februar los. Von 14 bis 18 Uhr
kann man sich im Kuppelsaal umsehen und informieren. Am 7. Februar
(11 bis 14 Uhr) nicht nur das: Um 18.30
Uhr beginnt das Eröffnungskonzert
mit Opus 112, dem sinfonischen Blasorchester der Feuerwehr Hannover
(Karten 15 Euro). Der erste internationale Härtetest kommt am 11. Februar:
das London Symphony Orchestra (siehe Text rechts).
Fein gemacht: Der Kuppelsaal (oben links eine Aufnahme aus dem Jahr 1925) startet in eine neue Ära – und hat sich zur Feier des Tages in buntes Licht getaucht.
Nun leuchtet Bonatz’ Idee wieder am
Firmament des Saals, auch, weil die
wuchtigen Vorhänge weg sind, mit denen der zweite Rang abgehängt werden
konnte. Ihr arg angestaubter Charme
wird nun durch etwas ganz Modernes ersetzt: einen Vorhang aus Licht. Tiefblau
fällt er auf die blaue Bestuhlung und
blendet so den Oberrang aus, die Tierkreiszeichen über den Plätzen und zwischen den nun schlanker wirkenden Säulen können sichtbar bleiben. Das dunkle
Holz, das seit der von Ernst Zinsser 1962
geplanten Renovierung den Saal dominiert, wurde im Sinne des Raumklangs
ersetzt, die Farbe bleibt jedoch gleich
und wird dezent ins Licht gesetzt.
Überhaupt die Beleuchtung. Alles
neu. Nicht nur im zweiten Rang. Über
der Bühne hängen dünne Stableuchten,
die sieben Kronleuchter strahlen nun mit
1120 LED-Lampen. Die Säulen rundum
können auch in Party-Pink getaucht werden, zum Beispiel kombiniert mit einem
kräftigen Blau drumherum und unter der
Kuppel. Es wird ja auch weiter Bälle geben. Und: Die Faltoptik an der Wand hinter der Bühne war immer da, fällt aber
erst im Strahlerschein richtig auf.
Stefan Schostok baute gleich ein wenig Druck auf: Mit dem modernisierten
Saal und seiner Größe von bis zu 3600
Plätzen sei man jetzt schon Spitze in
Deutschland. Nun hänge es von den Ereignissen ab, ob man auch kulturell „in
der Champions League mitspielt oder
nicht. Diese Spannung sollte man aufrechterhalten“.
Mehr zum Thema unter
haz.li/kuppelsaal
Das Runde muss ins Eckige
Warum der Kuppelsaal endlich wie ein richtiger Konzertsaal klingt
Von stefan arndt
E
Wieder da: Wilhelm Köppens Lichtgöttin
über den Sitzen im zweiten Rang.
Voll im Plan: Joachim König, Sabine Tegtmeyer-Dette, Stefan Schostok und Betriebsausschusschef Jens-Michael Emmelmann (v. l.).
in bisschen kann man sich im neuen
Kuppelsaal wie in der Alten Nationalgalerie fühlen. In dem Berliner Museum werden gerade frisch restaurierte
Gemälde von Caspar David Friedrich
präsentiert. Zu sehen ist dabei Erstaunliches: Die vermeintlich bekannten Bilder
haben plötzlich eine ganz andere Wirkung. Befreit von Schmutz und Firnis
leuchten die Farben in unverhoffter Klarheit. Die Bilder erscheinen schärfer und
offenbaren sogar bislang unbekannte
Details. Ganz ähnlich ist es, wenn man
nun im Kuppelsaal Musik hört. Der
Klang im Saal ist überall massiv verbessert – sogar auf den hinteren Reihen der
Ränge und auf den Parkettplätzen unter
dem ersten Rang. Das akustische Geschehen auf der Bühne rückt endlich näher an die Zuhörer heran.
Dass die Akustik von Deutschlands
größtem Konzertsaal lange berüchtigt
war, liegt vor allem an seiner Form. Runde Säle erzeugen extrem ungünstige
Schallreflexionen. Dem haben Akustiker
nun abgeholfen: mit einer raffinierten
elektroakustischen Anlage, die per Lautsprecher künstliche Reflexionen erzeugt.
Der Klang auf der Bühne wird dafür aufgenommen und mit den Zeitverzögerungen von Reflexionen, wie sie in klassischen rechteckigen Konzertsälen wie
etwa dem des Wiener Musikvereins entstehen, wieder abgespielt. Als Hörer
(und auch als Musiker auf der Bühne)
nimmt man diesen technischen Eingriff
erstaunlicherweise nicht als unnatürlich
war. Im Gegenteil: Der Klang scheint immer noch eindeutig von dort zu kommen, wo er tatsächlich entsteht – von
Technische Finesse: Ein Cellist bei der
Akustikprobe.
Foto: Körner
Hannover wird Hauptstadt der Superhelden
Die MCM Comic Con bringt am 4. und 5. Juni Zeichner, Spiele-Entwickler und Serienstars aufs Messegelände
Von BärBel HilBig
Für Comic-, Fantasy- und ScienceFiction-Fans wird Hannover Anfang Juni
zum Eldorado. Die MCM Comic Con
kommt zum ersten Mal nach Deutschland – und hat sich für das Treffen von
Künstlern, Produzenten, Cosplay-Darstellern und Fans das Messegelände ausgesucht. Bunt und schrill wird es am 4.
und 5. Juni aller Erwartung nach zugehen. In London erscheinen 75 Prozent
der Besucher verkleidet – bis hin zu Familien, die von den Eltern bis zum Baby
im Kinderwagen als Superman auftauchen.
Helden aus Comic-Strips, Mangas,
Videospielen und Serien werden die
Messe jedoch nicht nur in Form verkleideter Hobby-Darsteller bevölkern. Zum
Event gehören zwingend Auftritte von
Stars der Branche. Als gewichtiger Appetithappen war gestern eigens MarvelKünstler Bob Layton aus den USA eingeflogen, Zeichner von Iron Man, Ant
Man und War Machine. „Bei den Shows
der Comic Con geht es manchmal um
Fakten, wenn die Fans vor allem danach
fragen. Oft mache ich mich aber auch
einfach zum Idioten und wir haben viel
Spaß“, schildert Bob Layton. Die Figuren aus dem Marvel-Universum dienten
in den vergangenen Jahren häufig als
Vorlage für Science-Fiction-Actionfilme.
Neben Zeichnern treten bei den ComicMessen deshalb regelmäßig auch Schauspieler auf, Darsteller aus Filmen wie
„Herr der Ringe“, Produzenten von Serien wie „Walking Dead“ und „Humans“
oder Entwickler von Spielen wie „Zombies!!!“. Abgesehen von Bob Layton ist
allerdings noch offen, auf wen die Fans
in Hannover treffen werden.
Einen „modernen umfassenden Popkultur-Event“ verspricht Bryan Cooney,
Geschäftsführer MCM Central. In Großbritannien veranstaltet der 49-Jährige
die Comic Con seit 2002, im Geschäft ist
er seit 1994. Die London Comic Con gilt
als das weltweit drittgrößte Comic-Event
und zählte jüngst mehr als 130 000 Besucher an drei Tagen. In Städten wie Bir-
Fotos: Dröse
Bob Layton (l.) und Bryan Cooney bringen Iron Man nach Hannover.
mingham kamen 40 000 Gäste. Für die
zwei Tage in Hannover hofft Cooney auf
20 000 Besucher. Falls die Anmeldezah-
Foto: Surrey
len deutlich höher ausfallen, will die
Messe AG flexibel eine größere Halle
anbieten.
Das Spektrum der MCM Comic Con
reicht von Filmkulissen („Star Wars“), in
denen Besucher sich fotografieren können, bis zu Trends wie Steam-Punk: viktorianische Outfits kombiniert mit Technik im Retro-Look. Im Bereich Pop Asia
geht es um Mangas, Anime, Essen und
Kostüme. Im Comic-Village können
Sammler auf alte Hefte stoßen oder
Zeichner treffen. Für Cosplay-Fans, die
sich als Comicfiguren verkleiden, und
andere Gruppe gibt es Treffpunkte.
„Wir freuen uns riesig, dass die Veranstaltung in Hannover stattfindet. Das
ist großartig für die Stadt und für Niedersachsen“, sagt Jochen Köckler, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe
AG. In seiner Familie habe die Aussicht
auf die MCM Comic Con bereits für
leuchtende Augen gesorgt.
Weil Cooney seinen Event durchaus
als Familienveranstaltung versteht, zahlen Kinder bis zehn Jahre nichts. Die Tageskarten für alle anderen sollen um 20
Euro kosten. Der Ticketverkauf startet in
zwei Wochen ausschließlich online.
den Instrumenten auf der Bühne und
nicht aus Lautsprechern. Bislang wurde
er aber auf dem Weg zu den Ohren der
Hörer durch den Saal ungünstig verändert und beschnitten. Erst dank der
Technik erscheint er nun wieder natürlich.
Zusätzlich zu dieser aktiven Raumakustik der Mikrofone und Lautsprecher
wurde auch die passive Raumakustik –
die natürlichen Bedingungen, die an einem Ort herrschen – erheblich verändert: Die meisten Wände im Saal sind
nicht länger nackte Wände, sondern aufwendig gezimmerte Reflektoren, die je
nach Standort den Schall verteilen oder
dämpfen. Hinter der Bühne ersetzen diese Holzkonstruktionen die Marmorplatten, die bisher jeden Klang versteinert
haben, und über dem Podium schweben
Schallsegel, wie man sie aus den meisten modernen Konzertsälen kennt. Sie
dienen vor allem den Musikern, die sich
auf der Bühne nun besser hören können.
Denn erst, wenn sie sich wohlfühlen,
kann es auch der Zuhörer. Die Feuerprobe wird das neue Akustiksystem am
11. Februar zu bestehen haben, wenn
mit dem Dirigenten John Eliot Gardiner
und dem London Symphony Orchestra
zum ersten Mal viele anspruchsvolle
Musiker im Kuppelsaal spielen. Man
kann aber schon jetzt ahnen, dass sie begeistert sein werden.
Hannovers Kinos
machen Schule
Mitte Februar finden niedersachsenweit
zum zwölften Mal die Schulkinowochen
statt. Insgesamt 96 Kinos sind dabei. In
Hannover zeigen das Apollo, das Cinemaxx, die Hochhaus-Lichtspiele und das
Kino am Raschplatz vom 15. bis 19. Februar eine große Auswahl von Filmen von
Kinderklassikern wie „Das fliegende
Klassenzimmer“ über Schmunzelstreifen
wie „Shaun das Schaf“ bis zu anspruchsvollen Dokumentationen wie „Mediterranea – Refugees welcome?“, teils in den
Originalsprachen und mit anschließenden Expertendiskussionen. Ziel des Projektes ist die Stärkung der Film- und
Medienkompetenz der Schülerinnen
und Schüler.
Lehrkräfte können sich mit ihren
Klassen und Kursen zum ermäßigten
Eintrittspreis von 3,50 Euro auf der Internetseite www.schulkinowochen-nds.de
anmelden. Um den Wunschfilm sehen
zu können, empfiehlt sich eine baldige
Anmeldung (Anmeldeschluss am 5. Februar). Weitere Informationen und das
komplette Programm gibt es über das
Projektbüro der Schulkinowochen unter
der Rufnummer (05 11) 2 28 79 71.
lok