14.02.2016 Aus dem Evangelium nach Lukas (Kap. 4)* 1 Erfüllt vom Heiligen Geist, kam Jesus vom Jordan zurück. Und der Geist Gottes führte ihn in die Wüste, 2 wo er sich vierzig Tage aufhielt. Dort war er den Versuchungen des Teufels ausgesetzt. Jesus aß nichts während dieser ganzen Zeit, und der Hunger quälte ihn. 3 Da forderte ihn der Teufel heraus: „Wenn du Gottes Sohn bist, dann mach doch Brot aus diesem Stein!“ 4 Aber Jesus wehrte ab: „Nein, denn es steht in der Heiligen Schrift: ,Vom Brot allein kann niemand leben. Leben kann nur, wer Gottes Wort annimmt und befolgt!’“ 5 Dann führte ihn der Teufel auf einen hohen Berg und zeigte ihm auf einen Blick alle Reiche der Welt: 6 „Alle Macht über diese Welt und ihre Herrlichkeit will ich dir geben“, sagte er; „denn mir gehört die Welt, und ich schenke sie, wem ich will. 7 Wenn du vor mir niederkniest und mich anbetest, wird das alles dir gehören.“ 8 Wieder wehrte Jesus ab: „Nein! Denn es steht in der Heiligen Schrift: ,Du sollst allein Gott anbeten und nur ihm dienen!’“ 9 Jetzt nahm ihn der Teufel mit nach Jerusalem und stellte ihn auf die höchste Stelle der Tempelmauer. „Spring hinunter!“ forderte er Jesus auf. „Du bist doch Gottes Sohn! 10 Es steht ja geschrieben: ,Gott wird seinen Engeln befehlen, dich zu beschützen. 11 Sie werden dich auf Händen tragen und du wirst über keinen Stein stolpern!’“ 12 Aber Jesus wies ihn auch diesmal zurück: „Es steht auch geschrieben: ,Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht herausfordern!’“ 13 Nachdem der Teufel mit seinen Versuchungen gescheitert war, ließ er Jesus für einige Zeit in Ruhe. Liebe Schwestern, liebe Brüder, Jesus wurde in Versuchung geführt. Das ist nichts Außergewöhnliches, wenn man bedenkt, dass z.B. Paulus über Jesus sagt, dass er in allem uns gleich war, außer der Sünde, d.h., Jesus hat nicht gesündigt in seinem Menschenleben. Trotzdem muss es im Leben Jesu so etwas wie eine Versuchung gegeben haben. Welche Versuchungen könnten es denn gewesen sein, die auch Jesus angefochten haben? Vielleicht lassen sich diese 3 typischen Versuchungen Jesu in der Wüste jeweils mit kurzen Titeln beschreiben. Es war die Versuchung nach Reichtum, Macht und Überheblichkeit. Aus Steinen Brot machen zu können, das bedeutet immensen Reichtum. Man könnte dafür unzählige Menschen für sich arbeiten lassen, denn ihnen allen könnte man ausreichend Brot geben für ihre Arbeit. Reiche Menschen sind deshalb so reich, *) Bibelübersetzung von Albert Kammermayer 1a Diese und weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 1b weil so viele Menschen ihnen durch ihre Arbeit dienen und den Die zweite Versuchung Jesu bestand darin, dass ihm klar wurde, Reichtum vermehren. Das ist die Versuchung aller Mächtigen welche politische Macht im Evangelium stecken könnte. Alle aller Zeiten. Sie können sich menschliche Arbeitskraft kaufen Reiche der Welt wären Jesus untertan... mit ihrem Reichtum, der dadurch noch mehr wächst. Tatsächlich gab es in der Kirchengeschichte Versuche, aus der In mittelalterlichen Zeiten, in denen die Kirche besonders reich war, konnte sie auch unzählige Arbeiter, Handwerker, Künstler und Verwalter anstellen und bezahlen. Natürlich gingen diese Menschen dann auch in die Kirche. Nicht zur Kirche zu gehen Religion einen Gottesstaat zu machen. Alle Gesetze sollten mit dem Evangelium konform sein. Nur wer die heiligen Gesetze befolgte, sollte straffrei davonkommen. Die politisch Mächtigen hatten damit fast göttliche Legitimation... bedeutete in jenen Zeiten so viel, wie den arbeitsvertraglichen Aber die Versuchung Jesu zeigt, dass so ein Geschenk der Pflichten in der heutigen Zeit nicht nachzukommen. „Wessen globalen Macht nicht von Gott stammen kann, sondern nur vom Brot ich esse, dessen Lied ich singe...“, so hieß es damals. Teufel. Die Erfüllung des Evangeliums wird so zur Buchstaben- Durch diesen Reichtum wurde der Glaube vieler Menschen ausgehöhlt und kippte ganz schnell um, als plötzlich die so genannten Reformatoren die Macht in der Kirche und im Land erfüllung und ist nicht eine Sache des Herzens. So etwas kennen wir schon aus den Klagerufen der alttestamentlichen Propheten. Dem Machtmissbrauch und auch dem Missbrauch der Auslegung der Gesetze wären Tür und Tor geöffnet. Das lehrt die übernahmen. Geschichte. Diese erste Versuchung Jesu lehrt uns auch heute noch, dass eine reiche Kirche keine große Zukunft haben kann, wenn die Gläubigen nicht mehr vom Wort Gottes leben, sondern nur vom Brot, von der materiellen Sicherheit, von der Pflichterfüllung. Jesus hat dieser Versuchung widerstanden... 2a Heute wissen wir, dass es der Kirche gar nicht anders gehen kann als ihrem Herrn, der machtlos am Kreuz sich als der Allmächtige bei der Auferstehung gezeigt hat. Ich denke, wir werden es schneller erleben als wir vermuten, Diese und weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 2b dass der Einfluss der Kirche in den Machtstrukturen unseres „Nachfolge“ geht. Staates schwinden wird. Eine machtlosere Kirche ist vielleicht Aber für den Glauben gibt es kein Sicherheitsnetz, das die authentischere. Jesus jedenfalls hat jegliches Macht- himmlische Wesen bereit halten, damit uns nichts Schlimmes angebot abgelehnt. Das muss uns ein Vorbild sein. passiert. Glaube ist Vertrauen pur, er ist ein Geschenk des Und schließlich die dritte Versuchung: Jesus könnte von der Himmels, eine Gnade, die keine menschliche Berechnung duldet. obersten Zinne des Tempels springen, nicht etwa aus Jux und So kann man also in aller Kürze den tieferen Sinn der Tollerei, sondern um den Menschen seine göttliche Vollmacht zu Versuchungen Jesu beschreiben, die bis heute auch unsere demonstrieren, die ihn bei diesem waghalsigen Unterfangen Versuchungen sind, die Versuchungen der Kirche als Ganzes. unverletzt am Leben lassen würde. Fassen wir nochmals zusammen, worauf wir, jeder von uns Das wäre die öffentliche Demonstration schlechthin, die ihn als achten muss, um die Versuchung zu erkennen und ihr zu den von Gott gesandten Messias ausweisen würde. widerstehen. So eine ähnliche Versuchung gab es dann nochmals auf Golgota, als die Spötter sagten, er solle doch vom Kreuz herunter steigen, wenn er der Sohn Gottes ist. Unser Glaube ist der Versuchung ausgesetzt, „vorteilhaft“ für uns zu sein. Es können Vorteile aller Art sein... Unser Glaube ist der Versuchung ausgesetzt, dadurch Aber Jesus verzichtet in beiden Fällen auf den öffentlichen Macht und Einfluss zu gewinnen. Sogar eine angestrebte Beweis seiner Göttlichkeit. Er weiß, dass dann die Menschen Anerkennung und mögliche Titel sind schon Versuchung... nicht aus Liebe an ihn glauben würden, sondern weil es immer Unser Glaube ist der Versuchung ausgesetzt, sich eines vorteilhaft wäre, zu jemandem zu halten, der übersinnliche göttlichen Vorteils sicher zu sein. Auch ein guter Mensch und übernatürliche Fähigkeiten besitzt. So sind Menschen zu sein, um in den Himmel zu kommen, könnte eine Ver- eben, die immer gleich einen eigenen Vorteil suchen, wenn es um suchung sein, weil es dann nicht mehr um die Liebe geht. 3a Diese und weitere Predigten finden Sie unter www.konrad-heil.de 3b
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