Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag DIE BRILLE / REPORT Links, links, links - im Auge des Betrachters ... Sabine Schiffer im Gespräch Verzweiflung und Mut 20. Linke Literaturmesse in Nürnberg Die Medienpädagogin und Sprachwissenschaftlerin Sabine Schiffer, Mitbegründerin und Leiterin des Instituts für Medienverantwortung in Erlangen, hielt auf der Linken Literaturmesse in Nürnberg am 31. Oktober 2015 einen Vortrag zum Thema "ARD & Co - Wie Medien manipulieren" ... (S. 7) (SB) Elektronische Zeitung Schattenblick Mittwoch, 13. April 2016 Profit aus Zerstörungskraft - den Finger in der Wunde ... Dr. Ian Fairlie im Gespräch 5 Jahre Leben mit Fukushima 30 Jahre Leben mit Tschernobyl Internationaler IPPNWKongreß vom 26. bis 28. Februar 2016 in der Urania, Berlin POLITIK / KOMMENTAR "Böhmermann-Affäre" neue Helden, alte Ressentiments (SB) Arm in Arm mit Frankreichs Präsident Francois Hollande und EU-Ratspräsident Donald Tusk marschierte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 11. Januar 2015 in Paris in Solidarität mit den Anschlagsopfern der Satirezeitung "Charlie Hebdo". "Je suis Charlie" - das unbedingte Eintreten für die Freiheit von Wort und Bild bedeutete auch, daß die Freiheit in Frankreich ... (S. 13) SPORT / BOXEN 30 Jahre danach gehört die Tschernobyl-Katastrophe, die mit einer gewaltigen Explosion des Reaktors 4 am 26. April 1986 ihren Anfang nahm, offiziell der Geschichte an. Seit mehr als 10 Jahren gibt es keine neuen Informationen mehr, wie weit die radioaktive Verseuchung fortgeIan Fairlie über direkte und indirek- schritten oder unter Kontrolle ist, te Wege, auf denen Radioaktivität un- obwohl bis heute Menschen unter ihsere Gesundheit schädigt, den leicht- ren Folgen leiden. "Momentan explodieren die Statisti ken an Schilddrüsenkrebserkrankun gen." Dr. Ian Fairlie Foto: 2016 by IPPNW freigegeben via flickr als CCBYNCSA 2.0 [https://creativecommons.org/licens es/byncsa/2.0/] fertigen Umgang damit in der Medi- Zu früh für den sportlichen Ruhe- zin, naheliegende Zusammenhänge, Ärzte, die seither mit mehr stand? die nie erforscht werden und wie all Die Krebsfällen oder auch mit anderen Manny Pacquiao glänzend gegen Ti das mit dem unerschütterlichen und völlig verrückten Glauben an die Be- ungewöhnlichen, sogenannten konmothy Bradley aufgelegt herrschbarkeit nuklearer Kräfte zu- genialien, d.h. angeborenen Erkran(SB) Sollte dies tatsächlich der letz- sammenhängt, den viele Politiker und kungen in Belarus zu tun haben, erte Auftritt Manny Pacquiaos gewe- Wissenschaftler in Britannien und den klären, sie würden schon lange in der sen sein, so hat sich der ... (S. 15) Vereinigten Staaten teilen: Anamnese nicht mehr fragen, wo Elektronische Zeitung Schattenblick denn die Eltern waren, als der Reaktor in die Luft flog, oder wo ihre Patienten groß geworden sind. Viel Leid hätte verhindert werden können, heißt es unter anderem im jüngsten IPPNW-Report [1], wenn über die Menge des freigesetzten radioaktiven Inventars und über seine Folgen größere Aufklärung geherrscht hätte. "Weil die gesundheitlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung sowohl in der Sowjetunion als auch im Westen unterschätzt und heruntergespielt wurden, kamen effektive Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung zu spät oder unterblieben ganz." Damit wird vielleicht unbeabsichtigt von den Autoren nahegelegt, daß es möglicherweise einen besseren und sachgemäßeren Umgang mit der Katastrophe und dem freigesetzten radioaktiven Material hätte geben können. Tatsächlich begründet sich die Sprachlosigkeit der Ärzte angesichts offensichtlicher Zusammenhänge aber auch darin, daß sich mit jeder Erkenntnis über die Folgen ionisierender Strahlung eine sich geradezu exponentiell ansteigende Menge an ungeklärten Fragen ergibt, die weitere schwerwiegende Folgen der radioaktiven Stoffe nahelegen. Da es bei Substanzen, die es nie zuvor in der Natur gegeben hat, ehe sie erstmals durch die vom Menschen eingeleitete Kernspaltung bei Atombombenversuchen oder durch Kernkraftexperimente in die Umwelt geraten sind, keine Naturbeobachtungen oder Erfahrungen geben kann, steht das Erforschen der Wirkungen und Wechselwirkungen mit ihrer Umwelt, sprich die Auswirkungen von strahlenden Stoffen wie Strontium-90, Cäsium-137, Plutonium-239 oder Jod-131 auf andere Stoffe, Pflanzen und Lebewesen noch immer ganz am Beginn, selbst 30 Jahre danach. Einer, der immer schon Hinweise dafür gesammelt hat, daß bereits die gesundheitlichen Auswirkungen der Tschernobyl-Katastrophe dramatischer sein müssen, als sie ursprünglich angenommen wurden, ist der Seite 2 britische Chemiker und Strahlenbiologe Dr. Ian Fairlie. Anläßlich des 30. Jahrestages der Ereignisse beauftragte ihn Global 2000 gemeinsam mit der Wiener Umweltanwaltschaft, eine Aktualisierung seiner von Atomkraftbefürwortern oft kritisierten Studie "The other report on Chernobyl" (TORCH) zu den gesundheitlichen Folgen der Tschernobyl-Katastrophe vorzunehmen, insbesondere aber ein Update zu den Auswirkungen für Österreich zu erstellen. Wie schon der erste, "andere Bericht über Tschernobyl", den die Grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms veranlaßt hatte, zeigen auch die Ergebnisse der am 7. März in Wien veröffentlichten Neuauflage, daß Tschernobyl alles andere als Geschichte ist und auch 30 Jahre nach der Verseuchung die zerstörerischen Auswirkungen der zivilen Nutzung von Atomkraft immer noch nachweisbar sind. Zum Zeitpunkt der Konferenz war die Studie noch nicht ganz komplett. Dr. Fairlie gab den Teilnehmern des Forum 1 "30 Jahre Leben mit Tschernobyl - Eine Bilanz der gesundheitlichen und ökologischen Schäden" eine Sneak-Preview der hauptsächlichen Schwerpunkte, Erkenntnisse und Schlußfolgerungen der erneuten Untersuchung des Tschernobyl-Super-GAUs und bestätigte in vielen Punkten den letzten TORCH-Bericht: So bleibt er bei der Schlußfolgerung, daß in Summe mindestens 40.000 Todesfälle weltweit durch die Reaktorkatastrophe zu beklagen sein werden, was wesentlich mehr ist, als bisherige Einschätzungen der IAEO, UNSCEAR oder des TschernobylForums ergeben haben. Auch andere Prognosen über die Freisetzung der Radioaktivität in die Umwelt und die davon zu erwartenden Gesundheitsschäden und potentiellen Opfer übertrifft der TORCH-Bericht um mindestens eine Größenordnung. Die markanteste Entwicklung findet sich hier in der weltweiten Zunahme von Schilddrüsenkrebspatienten. Wähwww.schattenblick.de rend UNSCEAR offiziell 6.000 Fälle zugibt und 16.000 weitere Fälle noch erwartet werden, sieht TORCH allein für diese Erkrankung weitere 21.000 Krebsfälle voraus. Nach Weißrußland war Österreich mit 13 Prozent seiner Gesamtfläche weltweit am zweitstärksten von der hohen Cäsium-Belastung der Tschernobyl-Katastrophe betroffen. Auch radioaktives Jod-131, wie eine nachträgliche, simulierende Modellierung aus Wetterdaten, Windströmungen und Stoffdaten nahelegt, muß Österreich und vor allem Wien stark getroffen haben. Letzteres akkumuliert bekanntlich in der Schilddrüse. Über die Menge des tatsächlich entwichenen, radioaktiven Inventars (190.000 kg hochradioaktives Material befand sich zum Zeitpunkt der Explosion im Reaktor) und somit der genauen Emissionsmenge konnten allerdings bis heute keine genauen Zahlen ermittelt werden. Die Schätzungen von 12 Trillionen Becquerel (12 x 1018 Bq bzw. 12.000 Peta-Bq) an radioaktiven Partikeln, die durch Explosion und Feuer binnen weniger Tage in die Atmosphäre freigesetzt und um die Welt verteilt wurden - 200mal so viel wie die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki zusammen - könnten also ebenso nach oben wie nach unten offen sein. Belarus (Weißrußland), die Ukraine und Rußland sind jene Länder, die davon am stärksten kontaminiert wurden und immer noch als stark verseucht gelten müssen. Über fünf Millionen Menschen leben heute noch in Gebieten mit hoher Radioaktivität. 400 Millionen Menschen bewohnen Gegenden mit einer hohen Cäsium-Bodenbelastung, die etwa 42 Prozent der europäischen Landfläche ausmachen. AufWesteuropa (Europa ohne Weißrußland), Ukraine und Rußland entfielen 37 Prozent des gesamten Tschernobyl-Fallouts von radioaktiven Stoffen und 40 Prozent der radioaktiven Strahlenbelastung. Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Selbst der weltweite Anstieg von Schilddrüsenkrebsfällen nach 1990, vor allem auch in Österreich, könnte abzüglich anderer Einflüsse (wie Screening Effekte, Nukleardiagnostik und andere Strahlenbelastungen) zu 8 bis 40 Prozent auf die Ereignisse von Tschernobyl zurückgehen. Verglichen mit Basisdaten kommt der Bericht hier in Weißrußland auf einen Anstieg von unwissenschaftlichen "700 Prozent" für das quantitative Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Weniger drastisch, aber die gleiche Tendenz wird allerdings auch für Österreich, Tschechien, Polen, England, Frankreich oder die Slowakei gesehen. Aufgenommen wurden zudem die Erkenntnisse neuer Studien, die zuverlässige Daten zur erhöhten Inzidenz von Leukämien, Tumoren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Leiden, Fehlbildungen bei Neugeborenen und andere Strahleneffekte in den am stärksten betroffenen Ländern liefern. Die tägliche Strahlung in hochbelasteten Gebieten wirkt sich ebenso wie der Verzehr von kontaminierter Nahrung, selbst von nicht tödlichen oder krebsverursachenden Dosen, bereits auf die allgemeine Befindlichkeit und den dauerhaft verschlechterten Gesundheitszustand vor allem bei Kindern aus, der bislang nur durch die deutliche Verbesserung nach einem Ferienaufenthalt im Ausland für die "Kinder von Tschernobyl" nachgewiesen werden kann. Hier besteht noch sehr viel aktueller Forschungsbedarf, worüber sich die teilnehmenden Ärzte und Wissenschaftler des Forum 1 auf dem IPPNW-Kongreß einig waren. Der britische Chemiker und Strahlenbiologe Dr. Ian Fairlie gehört zu den bekanntesten, unabhängigen, wissenschaftlichen Beratern für das IPPNW, sowie für Umweltorganisationen, das Europäische Parlament und für lokale und nationale Behörden in verschiedenen europäischen Ländern. Im Verlauf des KongreßMi, 13. April 2016 progamms war er bereit, dem Schat- nukliden oder nuklearmedizinische tenblick einige Fragen zu beantwor- Diagnoseverfahren festlegen, wie etten. wa für die Nutzung von Computer Tomographen (CT), die einen geraSchattenblick (SB): In Ihrem Sneak dezu inflationären Gebrauch nach Preview-Vortrag zum neuesten Up- sich gezogen haben. In den Vereinigdate der TORCH-Studie 2016, den ten Staaten werden sogar CTs [4] geSie im Forum 1 "30 Jahre Leben mit macht, wenn jemand erkältet ist oder Tschernobyl - Eine Bilanz der ge- eine Grippe hat. Auch wenn man sundheitlichen und ökologischen einen neuen Job antritt, wird heute Schäden" hielten, zeigten Sie als ei- von der Versicherung ein CT verne mögliche Folge des Reaktorun- langt, wo früher eine Röntgenaufglücks eine Grafik, in der die Schild- nahme genügte. Der Unterschied ist drüsenkrebsfälle in allen untersuch- nur: Bei einer Röntgenaufnahme ten Bevölkerungsgruppen (Männer wird der Körper 0,4 Milligray ausgeund Frauen, Stadt oder Landbewoh- setzt, beim CT sind es 25 Milligray ner) gleichermaßen exponentiell an- [5]. Das Problem ist in Europa nicht steigen. Im vergangenen Jahr wurde so gravierend. Hier geht man sehr dieses Phänomen von einigen Medi- viel weniger leichtfertig mit solchen en und vom BDN (Berufsverband Verfahren um. In den Vereinigten Deutscher Nuklearmediziner e.V.) Staaten scheint man dagegen den aufgegriffen und analog zu dem viel- Trend zu strahlenintensiven, diagnodiskutierten Screening Effekt bei der stischen, aber auch sehr genauen Zunahme von Schilddrüsenkrebs bei Verfahren einfach nicht stoppen zu japanischen Kindern auf eine verbes- können. Natürlich sind die Genauigserte Diagnostik [2] zurückgeführt. keit und die AnwendungsmöglichKönnte die Erklärung, daß mögli- keiten dieser Verfahren unübertrofcherweise durch die Verfahren noch fen und einfach großartig. Dreidimehr Fälle erkannt und behandelt mensionale Bilder in Farbe können werden, die aber möglicherweise nie einem einfach alles zeigen, was man ausbrechen würden und somit auch sucht und wissen will und manchmal nicht operiert werden müßten, Ihre auch noch sehr viel mehr als das. eigenen Schlußfolgerungen noch re- Aber die Patienten zahlen dafür vidieren? einen hohen Preis, darüber sollte man sich klar sein. Ich würde sehr Ian Fairlie (IF): Nein, ich glaube dafür plädieren, daß zumindest Kinnicht. Es gibt tatsächlich im Augen- derärzte jeweils ganz genau überleblick eine große wissenschaftliche gen, ob ein computertomographiDebatte darüber, was die Ursachen sches Diagnoseverfahren wirklich für den weltweit starken Anstieg von notwendig ist, ehe sie ein Kind dieSchilddrüsenkarzinomen sind. Bei- sen gewaltigen Mengen an radioakspielsweise explodieren die Raten in tiver Strahlung aussetzen. Ländern, in denen auch früher schon recht hohe Schilddrüsenkrebsraten SB: Im Vortrag von Frau Liudmila festgestellt wurden, heute regelrecht. Marushkevich wurde besonders auf Wir sind uns als Wissenschaftler die Zunahme der Kinderdiabetesfälnoch nicht ganz sicher, woran das le in Belarus eingegangen. In Ihrem liegen könnte. Und wenigstens eini- Kurzeinblick in die neue Torch 2016ge dieser zusätzlichen Krebsfälle ha- Studie, haben Sie zwar nicht von ben möglicherweise auch etwas mit Diabetes gesprochen, legen dafür der Medizin zu tun. aber einen insgesamt zunehmend verschlechterten GesundheitszuProfessor Wolfgang Hoffmann stand von allen Menschen, die im warnte beispielsweise in seinem Vor- Einzugsbereich der Fallout-Wolke trag [3], man sollte klinische Richt- gewohnt haben in Ihrer Studie nahe. linien für den Gebrauch von Radio- Halten Sie eine Korrelation von Diawww.schattenblick.de Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick betes und Strahlungseinwirkungen hat man lange unterschätzt. Aber die durch die von Tschernobyl verbrei- Schilddrüse steht auch in enger Beteten Radionuklide für möglich? ziehung zu vielen anderen Körperfunktionen, wie etwa dem LymphsyIF: Anhaltspunkte dafür, daß hier ein stem, das heißt, den Lymphknoten, Zusammenhang besteht, gibt es Thymus, Milz, Mandeln, auch mit schon, seit man Überlebende der Hi- dem Immunsystem und den blutbilroshimabombe untersucht hat. Auch denden Organen, das heißt dem roten bei den Liquidatoren, wie man sie Knochenmark. Auf all diese Körperfrüher nannte - dann wurden sie eine funktionen kann sich eine Störung Zeitlang Aufräumarbeiter genannt der Schilddrüse auswirken. und inzwischen, warum, weiß ich nicht, nennt man sie Recovery-Wor- Das ist etwas ganz anderes als bei kers (Wiederaufbau-Arbeiter) -, wur- Leukämie. Das ist eine bösartige Erde beispielsweise eine erhöhte Insu- krankung des Blutzellen bildenden linproduktion und andere endokrine Systems. Es betrifft vor allem das Störungen festgestellt. Darüber hin- Knochenmark. Infolge einer durch aus gibt es noch einige vereinzelte Strahlungseinwirkung verursachten Studien, in denen diese Problematik Mutation wird dort die Bildung der zumindest erwähnt wird. Aber die Blutkörperchen gestört, was eine unZusammenhänge wurden nie genau- kontrollierte Erhöhung der weißen er erforscht. Die letzten Untersu- Blutkörperchen zur Folge hat. In den chungen zu vermehrten Fällen von meisten Fällen reifen diese auch nicht Kinderdiabetes stammen aus dem mehr zu funktionstüchtigen Zellen Jahr 2004. aus. Sie können dann ihre natürlichen Aufgaben im Abwehrsystem des SB: Sie erwähnten auch eine mögli- Körpers nicht mehr übernehmen. Das cherweise unterschätze Größe, das ist also tatsächlich ein bißchen anheißt, die bisher nicht untersuchte ders, obwohl auch hier eine gewisse Verbreitung von radioaktivem Jod- Verbindung zu den Vorgängen in der 131 in Europa und die möglichen Schilddrüse gesehen werden muß. Folgeschäden, die daraus entstanden sind. Momentan wird sehr viel über Niedrigdoseneffekte diskutiert, die sich in sogenannten Nichtkrebs-Erkrankungen manifestieren sollen. Kann man die radioaktive Schädigung der Schilddrüse vielleicht als eine Art Auslöser für weitere Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf, zunehmende Schlaganfälle und allgemein verschlechterte Gesundheitszustände sehen? IF: Ja, die Schilddrüse ist ein Teil des endokrinen- bzw. Hormonsystems und steht mit den anderen Teilen dieses Systems wie etwa der Bauchspeicheldrüse in enger Verbindung. Das Ganze ist ein sehr großes und ausgeklügeltes System, das sich aus vielen Faktoren zusammensetzt, die sich gegenseitig beeinflussen können. Daß sich Störungen im Hormonhaushalt der Schilddrüse und der Bauchspeicheldrüse gegenseitig beeinflussen, Seite 4 Schilddrüsenerkrankungen im fort geschrittenen Stadium haben einen direkten oder indirekten Einfluß auf sämtliche Körperfunktionen. Foto: Martin Finborud, gemeinfrei www.schattenblick.de SB: Es wird viel darüber spekuliert, welche der beiden Reaktorkatastrophen, Fukushima oder Tschernobyl, bezüglich der Folgen die schwerwiegendere ist. Wie schätzen Sie das ein? IA: Die Katastrophe von Tschernobyl ist definitiv verglichen mit Fukushima mindestens zehnmal folgenschwerer. In einigen Aspekten ist sie sogar 50mal so schwer wie das, was in Fukushima passiert ist, das kommt auf den eigenen Standpunkt an und welchen Aspekt der Folgen Sie gerade betrachten. SB: Ein anderes Thema heute, von dem Prof. Hoffmann heute sprach, sind die Leukämiecluster, das heißt, eine Häufung von Blutkrebsfällen von Kindern im Einzugsbereich von nuklearen Anlagen. Hierzulande sind Fälle aus der Elbmarsch und in Geesthacht bekannt. Gibt es auch Studien über ähnliche Erscheinungen in Großbritannien? IF: Oh ja, die gibt es. Genau genommen hat die eigentliche Forschung dazu in England begonnen. Mitte der 1980er Jahre wurde anläßlich von einigen Vorfällen um Sellafield erstmals der Verdacht geäußert. [6] Die britische Regierung initiierte daraufhin zunächst die Bildung eines Untersuchungsausschusses, der später in die sogenannte COMARE Gruppe (Committee on Medical Aspects of Radiation in the Environment) überging, ein Expertengremium des Britischen Gesundheitsministeriums. Dieses Gremium hat die Vorfälle ganz genau untersucht und stellte dann fest, daß es tatsächlich einen Anstieg von Leukämiefällen bei Kindern in der Nähe britischer Nuklearkraftwerke gibt. SB: Warum hatte das kaum Resonanz in der Öffentlichkeit? Warum hat dies die Menschen nicht auf die Barrikaden gebracht? IF: Das ist eine einfache Frage, die allerdings nicht einfach zu beantMi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick worten ist. Ehrlich gesagt glauben die Menschen in Großbritannien gewöhnlich, daß Atomkraft eine wunderbare Sache ist. Ich weiß nicht, warum das so ist. Es ist sehr dumm. Und vielleicht kann man das auch nicht pauschal für alle sagen. Doch die Befürworter der Kernenergie sind tatsächlich in der Überzahl. Fünfzig Prozent der britischen Bevölkerung sind für Kernkraftwerke und nur etwa dreißig Prozent sind dagegen. Adenom einer Schweißdrüse, eine Folge von ionisierender Strahlung ist die Zunahme unterschiedlichster gutartiger oder bösartiger Tumore. Foto: By Klaus D. Peter, Gummersbach, Germany (Own work) [CC BY 3.0 de (http://creativecommons.org/licen ses/by/3.0/de/deed.en)], via Wikime dia Commons SB: Derzeit sind in Großbritannien sechs neue Kernkraftwerksanlagen im Gespräch, die die Regierung bauen möchte. Sie sagten, dreißig Prozent sind dagegen, wie stark ist denn der aktive Widerstand, der SB: Wie stellt sich die Fraktion der sich gegen den Bau dieser Anlagen Wissenschaftler in Ihrem Land zur wehrt? Nutzung der Atomkraft? Gibt es einen aktuellen Diskurs zu diesem IF: Es gibt einige Bürgerinitiativen, Thema und welche Fragen, Probledie dagegen protestieren. Aber man matiken und Lösungen werden konkann das nicht mit der Antiatom- trovers diskutiert? kraftwerkbewegung in Deutschland vergleichen. Hierzulande wür- IF: In Großbritannien - ist das Ihr den sie eine Viertelmillionen Men- Ernst? Nein, ziemlich alle Wissenschen auf die Straßen bringen. In schaftler in Großbritannien sind für Britannien sind es bestenfalls zwei- die Nutzung der Atomkraft. Es ist in hundert, die protestieren. Zu einer etwa genauso, wie das bei Ihnen in atomkritischen Konferenz wie die- Deutschland vor der Energiewende ser hier würden in Großbritannien gewesen ist. Es ist keine Frage der etwa nur eine Handvoll ausgesuch- Wissenschaft, sondern der Politik. ter Leute kommen. Auch in Deutschland waren es letztlich die Politiker, die das Ruder umSB: Wären die nachgewiesenen gelegt und im März 2011 - kurz nach Leukämiecluster, also eine konkre- dem Beginn der Nuklearkatastrophe te Bedrohung, nicht Argumente ge- von Fukushima - einen deutlichen nug gegen den Bau solcher Anlagen Wechsel ihrer Atompolitik bzw. und damit für eine Änderung der Energiepolitik beschlossen haben. bisherigen Stellungnahme in der Und es waren weniger die rot-grüne Bevölkerung? Bundesregierung, die bereits in den 1980er Jahren in ihrem KoalitionsIF: Doch natürlich. Denn es ist nun vertrag den Atomausstieg schon vermal eine Tatsache, daß diese Anla- einbart hatte, als die Christdemokragen radioaktive Strahlung emittie- ten unter Angela Merkel, die schließren. aber auch radioaktive Isotope, lich nach der Nuklearkatastrophe die beispielsweise wenn sie von von Fukushima Nägel mit Köpfen schwangeren Frauen durch Nah- machten und die Schließung von rung oder Wasser aufgenommen acht Kernkraftwerken angeordnet werden, in das Fruchtwasser ihres haben. Auch wenn es 2010 durch die Uterus gelangen und sogar den Em- vom Kabinett Merkel beschlossene bryo schädigen. Laufzeitverlängerung für deutsche Mi, 13. April 2016 www.schattenblick.de Kernkraftwerke zunächst noch aussah, als habe sich die Umsetzung der Energiewende in die ungewisse Zukunft verschoben, und auch wenn man vieles an Angela Merkels Politik kritisieren könnte, ihre Energiepolitik ist richtig gut. Vermutlich liegt es daran, daß sie zu jenen Politikern gehört, die sich mit Atomphysik auskennen, die sich dann der Herausforderung auch stellen. Angela Merkel war ja Teilchenphysikerin, der ehemalige Premierminister von Japan, Naoto Kan, war ein Atomphysiker, beide haben sich inzwischen gegen die Nutzung von Kernenergie ausgesprochen. SB: Was halten Sie als Chemiker von der in "Spektrum der Wissenschaft" unlängst diskutierten Idee, abgereichertes Uran oder andere Formen von Atommüll noch als Katalysator, also bestimmte chemische Reaktionen befördernde Substanzen, in der chemischen Industrie einzusetzen, beispielsweise bei der großtechnischen Gewinnung von Wasserstoff? IF: Nein, das halte ich für total verrückt. Natürlich wächst der Berg an abgereichertem Uran und anderen Atomabfällen derart an, daß man verständlicherweise verzweifelt nach irgendwelchen Lösungen sucht, um das Zeug zu verbrauchen. Aber diese Nutzungsmöglichkeit wäre ein Hirngespinst, verstehen Sie, was ich meine? Es wird nie geschehen, denn dieses Material ist zum Beispiel wegen eines möglichen Mißbrauchs viel zu gefährlich. Abgereichertes, aber immer noch radioaktives Uran, also auch waffenfähiges Material, würde damit unkontrolliert in den Umlauf gebracht werden und in falsche Hände geraten. Solche Vorhaben wird keine Regierung genehmigen. SB: Vielen Dank, Herr Dr. Fairlie. Anmerkungen: [1] Zum IPPNW-Kongreß 2016 "30 Jahre Leben mit Tschernobyl - 5 JahSeite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick re Leben mit Fukushima, - Gesundheitliche Folgen der Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima" kam im Februar unter dem gleichen Titel auch eine ausführliche Studie heraus: http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/IPPNW_Report_T30_F5_Folgen_web.pdf [2] Anders als bei den vermehrten Fällen von Schilddrüsenkrebs bei Kindern in Fukushima, deren Korrelation zum Reaktorunglück zumindest in Japan häufig als Screening Effekt (mehr Funde durch flächendeckende Diagnose vieler Probanden) abgewertet wird, gibt es auch durch die Anwendung immer verfeinerterer Diagnoseverfahren die Gefahr, mehr zu entdecken, als vielleicht notwendig wäre. http://www.bdn-online.de/index.php?id=118&tx_ttnews%5Btt_news%5D=325&cHash=d39556ee3 2ee10e429deba60c9d69bf2 http://www.gesundheitsstadt-berlin.de/raetselhafter-anstieg-vonschilddruesenkrebs-bei-jungen-frauen-6693/ [3] Am 27. Februar hielt Prof. Dr. Wolfgang Hoffman, Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald (UMG) im Plenum des IPPNW-Kongresses 2016 den ersten Vortrag über "Die Gefahren ionisierender Strahlung". [4] CT - Computer Tomographie (Bezeichnung des bildgebenden Verfahrens und des damit gewonnenen Abbildes) und Computer Tomographen (Geräte für die Durchführung von CTs). lendosen deutlich. Eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs entspricht etwa 50 Mikrosievert, ein Computertomogramm (CT) 8 Millivievert (8mSv=8000µSv). Durchschnittlich beträgt die effektive Dosis durch Röntgenuntersuchungen pro Bürger und Jahr 1,6 Millisievert (mSv). INTERVIEW/207: Profit aus Zerstörungskraft - eine ungehörte Stimme ... Prof. Dr. Toshihide Tsuda im Gespräch (SB) [6] Ian Fairlie promovierte über die http://schattenblick.de/infopool/umFolgen der radioaktiven Verseu- welt/report/umri0207.html chung der Umgebung von Sellafield und La Hague. In Deutschland wird INTERVIEW/208: Profit aus Zerder Grenzwert von 0,001 Sv (= störungskraft - Empathie und Trau1mSv) pro Jahr offiziell als unbe- ma ... Tatjana Semenchuk im Gedenklich eingestuft. spräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0208.html Die Berichterstattung des Schatten blick zum IPPNWKongreß finden Sie unter INFOPOOL → UMWELT → REPORT: INTERVIEW/209: Profit aus Zerstörungskraft - so was wie Diabetes ... Liudmila Marushkevich im Gespräch (SB) BERICHT/112: Profit aus Zerstö- http://schattenblick.de/infopool/umrungskraft - Herrschaftsstrategie welt/report/umri0209.html Atomwirtschaft ... (SB) http://www.schattenblick.de/info- INTERVIEW/210: Profit aus Zerpool/umwelt/report/umrb0112.html störungskraft - Schlußfolgerungen verfrüht ... Dr. Alfred Körblein im BERICHT/113: Profit aus Zerstö- Gespräch, Teil 1 (SB) rungskraft - kein Frieden mit der http://schattenblick.de/infopool/umAtomkraft ... (SB) welt/report/umri0210.html http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0113.html INTERVIEW/211: Profit aus Zerstörungskraft - Schlußfolgerungen verINTERVIEW/203: Profit aus Zerstö- früht ... Dr. Alfred Körblein im Gerungskraft - nach unten unbegrenzt ... spräch, Teil 2 (SB) Dr. Alexander Rosen im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/umhttp://schattenblick.de/infopool/um- welt/report/umri0211.html welt/report/umri0203.html INTERVIEW/212: Profit aus ZerINTERVIEW/204: Profit aus Zerstö- störungskraft - Schlußfolgerungen rungskraft - Spielball der Atom- verfrüht ... Dr. Alfred Körblein im mächte ... Dr. Helen Caldicott im Gespräch, Teil 3 (SB) Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/umhttp://schattenblick.de/infopool/um- welt/report/umri0212.html welt/report/umri0204.html INTERVIEW/213: Profit aus ZerstöINTERVIEW/205: Profit aus Zerstö- rungskraft - die Faust des Bösen ... rungskraft - systemische Verschleierung Jonathan Frerichs im Gespräch (SB) ... Tomoyuki Takada im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/umhttp://schattenblick.de/infopool/um- welt/report/umri0213.html welt/report/umri0205.html [5] Mit Gray (Gy) wird die durch ionisierende Strahlung verursachte Energiedosis angegeben, mit der ein Körper belastet wird. 1 Gy entspricht 1 J/kg (Joule pro Kilogramm). Ein noch stärkerer Unterschied der Belastung wird bei ihrer Angabe in Sie- INTERVIEW/206: Profit aus Zerstövert (Sv) als Maßeinheit für Strah- rungskraft - auf verlorenem Posten Seite 6 ... Ian Thomas Ash und Rei Horikoshi im Gespräch (SB) http://schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0206.html www.schattenblick.de http://www.schattenblick.de/ infopool/umwelt/report/ umri0214.html Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick DIE BRILLE / REPORT / INTERVIEW Links, links, links - im Auge des Betrachters ... Sabine Schiffer im Gespräch Verzweiflung und Mut 20. Linke Literaturmesse in Nürnberg chenden Bilder dazu zu liefern. Auch über Militärbewegungen und solche Dinge wurden Behauptungen ohne die entsprechenden Belege aufgestellt. Sabine Schiffer Foto: © 2015 by Schattenblick Die Medienpädagogin und Sprachwissenschaftlerin Sabine Schiffer, Mitbegründerin und Leiterin des Instituts für Medienverantwortung in Erlangen, hielt auf der Linken Literaturmesse in Nürnberg am 31. Oktober 2015 einen Vortrag zum Thema "ARD & Co - Wie Medien manipulieren". Am Rande der Messe erklärte sie sich bereit, dem Schattenblick einige Fragen zu beantworten. (SB) Schattenblick (SB): Ich möchte mit einem kleinen Beispiel in das Thema Medienkritik einsteigen. Bei RT Deutsch [1] wurde vor einiger Zeit die Frage gestellt, wie es angehen könne, daß die US-Satellitenaufnahmen von russischen KampfflugzeuMi, 13. April 2016 gen in Syrien gestochen scharf sind, während aus der Ukraine von den angeblich russischen Panzern nur grobkörnige Schwarz-Weiß-Fotos vorgelegt wurden. [2] Nun gilt Russia Today hierzulande als Propagandasender. Wie gehen Sie in der Medienkritik damit um? Sabine Schiffer (SaS): Russia Today hat diese Frage gestellt, wie wir zuvor auch schon, weil es unsere Herangehensweise ist, sich so etwas genau anzusehen. Eigentlich sind wir es mindestens seit dem Kalten Krieg gewöhnt, daß Satellitenaufklärungsbilder aus allen möglichen Gegenden gezeigt werden, und dann ist es doch interessant, wenn es plötzlich über der Ukraine keine gescheiten Fotos gibt. Es wurde auch sofort ein Verdacht dazu geäußert, wer dieses Flugzeug der Malaysian Airlines abgeschossen hat, ohne die entsprewww.schattenblick.de In solchen Fällen werden wir immer skeptisch und fangen an zu recherchieren. Wir machen dann auch sehr gerne eine Gegenüberstellung bzw. Gegenprobe, wie wir es beispielsweise bei der Süddeutschen Zeitung in bezug auf die Ukraine- und die Syrien-Berichterstattung getan haben. Bei den Wahlen, die in beiden Ländern durchgeführt wurden bei durchaus vergleichbaren Voraussetzungen - umstrittene Regime, Bürgerkrieg, Wahlen, die nicht in allen Gegenden durchgeführt werden konnten - haben wir festgestellt, daß die Wahl in der Ukraine durchweg positiv bewertet, die in Syrien jedoch abgelehnt und quasi als Machenschaft des Diktators Assad gewertet wurde. Bei solchen Gegenüberstellungen merkt man sehr schnell, wie unterschiedlich die Wertungen sind bei vergleichbaren, manchmal aber auch unterschiedlichen 'facts on the ground', was ebenso ein Fall für eine Gegenprobe ist. Die Frage nach der schlechten Qualität der Ukraine- Fotos können wir selber nicht beantworten, aber es spricht natürlich einiges für bestimmte Interessen. Aber was wir vor allen Dingen kritisieren, ist der Punkt, daß unsere Medien diese Fragen gar nicht stellen. SB: Als Medienwissenschaftlerin sind Sie im Grunde Bestandteil dessen, was Sie analysieren und kritisieren, denn Sie müssen Ihre ErgebnisSeite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick se, wenn Sie eine Wirkung erzielen wollen, Ihrerseits in genau den Bereichen medialer Mittel veröffentlichen, deren Mechanismen Sie aufdecken. Wie gehen Sie mit dieser Problematik um? SaS: Wenn Sie sich unseren WebAuftritt, einen unserer Flyer oder sonstige Dinge anschauen, werden Sie sehen, daß wir zum Thema Medienverantwortung mit dem Slogan gestartet sind: "Verantwortung für Medien, durch Medien, mit Medien". [3] Nach 10 Jahren - wir feiern dieses Jahr unser zehnjähriges Jubiläum - würde ich sagen: Dieser Ansatz ist grandios gescheitert, weil die Medien eine solche Debatte mit seriösen Medienkritikern nicht wollen. Da nimmt man sich lieber so ein paar plakative Leute, die man dann präsentieren kann, um zu sagen: Medienkritik ist immer übertrieben und unseriös, und außerdem machen wir einen guten Job. Fortbildung und bei Multiplikatoren, sich mit den Medien kritisch zu befassen. Lehrer beispielsweise haben sehr oft nachgefragt, um sich mit den Medienmechanismen - auch mit den neuen Medien - kritisch auseinandersetzen und das alles an die Schüler weitergeben zu können. Leider gibt es keinen systematischen Lehrplan für Medienbildung, aber ein bißchen was verändert hat sich da schon. Immerhin besteht dieser Anspruch noch, und so freuen wir uns, wenn es eine Gelegenheit gibt, mit den großen Medien diese Dinge zu debattieren, was selten genug der Fall ist. Dennoch kann man sagen: Die Leute, die sich dafür interessieren, finden uns trotzdem. dann erlebe ich häufig, daß die Redakteure wahnsinnig unter Zeitdruck stehen. Da ist es natürlich besonders schwierig, bei irgendwelchen Texten, die von einer Agentur kommen und die man vielleicht redigieren muß, gleich die Kriterien voll anzuwenden und zu prüfen, was wir da eigentlich weitertransportieren. Sind wir schon wieder bei "Flüchtlingsströmen" angekommen, also bei einer Metapher, die den Menschen das Gefühl vermittelt, da kommt eine Naturgewalt auf mich zu, gegen die ich mich wehren muß? Die Auswirkungen kennen wir ja schon aus den 90er Jahren. Wir sehen an der Berichterstattung, daß der kritische Aufmerksamkeitsgrad dafür nicht sehr hoch ist. Wenn wir dann solche Dinge in die Redaktionen zurückmelden, bekommen wir durchaus ein positives Feedback: Danke für den Hinweis, das ist uns so durchgerutscht. Aber das wird nie veröffentlicht. Es gab zum Beispiel einmal in einer überregionalen großen deutschen Tageszeitung eine fehlerhafte Berichterstattung über uns selber und unsere Publikumsinitiative. Die hat behauptet, daß wir bereits ein Publikumsrat wären, aber wir sind erst eine Initiative zur Gründung eines Publikumsrates. Auf unseren Hinweis hin hat sie dann zwar diesen Fehler korrigiert, aber so, daß man ihn uns anlasten könnte, so als hätten wir sie vorher bewußt falsch informiert. Die Zeitung hat nicht öffentlich gemacht, daß sie den Fehler gemacht hat. Und dann ging durch die entsprechenden anderen Medien beziehungsweise Blogs und Mediawatch-Seiten, die manchmal seriös sind und manchmal eben auch nicht, daß wir versucht hätten, uns etwas auf die Fahnen zu schreiben, was wir gar nicht sind. In einem solchen Diskurs hat der kleinere Akteur immer die schlechteren Karten, da muß man dann ein bißchen auf die Medienkompetenz der Leute setzen. SB: Gibt es denn inzwischen Reaktionen der Medien, deren Mechanismen Sie aufdecken, daß vielleicht gesagt wird: Oh, wir wurden erwischt, jetzt müssen wir doch ein bißchen sorgfältiger arbeiten? Wenn Sie heute auf diese 10 Jahre zurückWir hatten tatsächlich gedacht, über blicken: Gibt es Beispiele, daß Ihre das Thema Medien und Medienme- Arbeit insofern doch Früchte getrachanismen auch mit der breiten Be- gen hätte? völkerung diskutieren und insgesamt mehr Bewußtsein für diese Prozesse, SaS: Dazu können wir sagen, daß wir die wir in einer Demokratie für abso- in Kontakt stehen zu etlichen Kollelut wichtig halten, schaffen zu kön- gen, die wirklich versuchen, benen. Wir wollten da Meinungsbil- stimmte Dinge umzusetzen. Wir hadungsprozesse in Gang setzen und ben zum Beispiel in verschiedenen hatten die Medien dabei eher als Part- Institutionen eine Schulungseinheit ner gesehen. Doch das ist, wie wir gemacht, die nennt sich "Rassismusfeststellen mußten, nicht der Fall. Da kritische Ansätze für den Journaliswird versucht, uns weitestgehend aus- mus'. Viele Kollegen greifen darauf zugrenzen, was immer wieder gelun- zurück oder haben daran teilgenomgen ist. Da werden gerne einmal un- men. Natürlich kommen erst einmal sere Forschungsergebnisse verwen- diejenigen, die sowieso eine gewisdet, ohne die Quelle zu nennen, oder se Sensibilität für das Thema haben. unsere Beiträge und O-Töne werden Die meisten Leute wollen nicht rasin irgendwelchen Publikationen im sistisch sein und betrachten das dann letzten Moment doch noch rausgestri- eher mythisch, so nach dem Motto: chen. Das hat uns eigentlich über die "Wenn ich das nicht will, dann gucke 10 Jahre hinweg immer begleitet. ich mir das lieber gar nicht erst an, und dann bin ich auch nicht rassiWir sind den Weg über alternative stisch." Aber so funktioniert das naMedien und die Zivilgesellschaft ge- türlich nicht. gangen und haben festgestellt, daß es ein großes Bedürfnis gibt in der Be- Wenn wir beispielsweise etwas sevölkerung, der Friedensbewegung hen, das schiefgelaufen ist in der SB: Sie haben hier auf der Linken und den Bildungsinstitutionen, in der Hektik des journalistischen Alltags, Literaturmesse in Nürnberg einen Seite 8 www.schattenblick.de Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Vortrag zum Thema Medienmanipulation gehalten und sind in den vergangenen Jahren schon häufiger auf Kongressen im linken Umfeld als Referentin dabei gewesen. Verstehen Sie sich als Teil der linken Bewegung oder definieren Sie sich ausschließlich über die Medienkritik? SaS: Ich bin Medienanalytikerin und medienwissenschaftlich unterwegs. Von Hause aus bin ich Sprachwissenschaftlerin und habe mich dann in dem Bereich der Semiotik, also der Zeichenlehre, wo es darum geht, wie Zeichen, Bilder und Sprache unsere Wahrnehmung beeinflussen, weiterbewegt und da auch promoviert. Ich betrachte mich als Teil der Friedensbewegung, und wenn man jetzt sagt, die Friedensbewegung ist links, dann müßte ich mich auch da verorten. Es gibt zum Beispiel das Konzept des Friedensjournalismus, von dem ich nicht so begeistert bin, weil es, wie man bei der Art, wie wir an eine Medienanalyse herangehen, sehen kann, bestimmte Regeln vorgibt, ohne den Kontext zu prüfen. Es ist meiner Meinung nach gar nicht immer gut, über die Opfer vor oder in einem Krieg ausschließlich aus ihrer Sicht zu berichten. Natürlich ist es sinnvoll, die Opfer sichtbar zu machen, keine Frage, das wurde ja oft unterlassen. Aber ich kann - Stichwort humanitäre Intervention - mit der Opferberichterstattung sogar Kriegspropaganda machen. Da muß man immer eine Kontext- bzw. Interessenklärung machen. Wir können das sehr gut an dem Beispiel sehen, wie mit muslimischen Frauen argumentiert wird, um Kriege zu rechtfertigen. Ich würde sagen, da gibt es eine hohe Sensibilität, weil wir solche Dinge schon öfter analysiert haben. Aber ich würde mich auch ganz klar als einen Teil der Friedensbewegung betrachten und sagen: Kriegspropaganda, das geht hier in unserem System gar nicht, und dementsprechend würde ich das auch aus einer politischen Perspektive heraus kritisieren. Mi, 13. April 2016 SB: Sie haben in Ihrem Vortrag erwähnt, daß die privat organisierten Medien keinen Auftrag zur Berichterstattung haben wie die öffentlichrechtlichen. In einer kapitalistisch strukturierten Gesellschaft sind private Medien natürlich auch Unternehmen, die in erster Linie Gewinne maximieren müssen. Läuft da eine Medienkritik nicht insofern ein bißchen ins Leere, als man eigentlich fragen könnte: Ja, was haben wir denn anderes erwartet? SaS: Ja, das könnte man. Eigentlich wäre es sogar fair, darauf hinzuweisen und jeden Tag öffentlich zu machen, daß diese Medien den Anspruch, den wir auch an sie haben, nämlich daß sie uns informieren und bilden sollen, gar nicht zu erfüllen brauchen. Sie müssen in erster Linie ökonomisch erfolgreich sein, sonst gäbe es sie gar nicht. Nun behaupten sie aber selber - also auch die nicht mit einem Staatsvertrag versehenen Medien -, daß sie höhere Ansprüche hätten und nicht nur nach dem großen Mammon trachten, und da können wir sie natürlich beim Wort nehmen. Und wir haben beispielsweise den Pressekodex des Presserats [4]. Das ist eine Selbstkontrollorganisation der Presse. Da wurden ein paar Richtlinien formuliert, die, wie ich sagen würde, das Grundgerüst der Medienethik sind. Doch die Verfahren - das Beschwerdeverfahren, auch das Prüfungsverfahren, in denen die Kollegen alle ehrenamtlich arbeiten - funktionieren nicht wirklich hervorragend. Da scheint viel nach persönlichem Gusto und nicht so sehr nach einem richtigem Kriterienkatalog gearbeitet zu werden. Aber im Grunde genommen ist der Selbstanspruch da und damit kann ich den Anspruch auch von außen stellen, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk natürlich erst recht. Der wird von uns allen finanziert und hat gefälligst die Aufgaben zu erfüllen, die in den Rundfunkstaatsverträgen festgelegt sind. Da sind wir als Publikum mit unsewww.schattenblick.de rer Medienverantwortung aufgerufen, das auch einzufordern und auf die Barrikaden zu gehen, wenn das nicht geschieht. Vielleicht sollte man tatsächlich einmal wegen der Verletzungen der Staatsverträge klagen, also nicht diesen Beschwerdeweg gehen, der ja meistens in der Länge der Verfahren versandet. SB: Stichwort vierte Gewalt: Ist es wirklich sinnvoll, damit heute noch zu argumentieren? Es gibt ja den Einwand, daß die Gewaltenteilung schon bei den ersten drei Gewalten nicht wirklich halten würde, was sie verspricht. Ist die Presse mit der Rolle der vierten Gewalt nicht auch möglicherweise überfordert? SaS: Wenn man dem System staatlicher Gewalt insgesamt skeptisch gegenübersteht, könnte man sagen, daß die Idealisierung der Medien als vierte Gewalt, so würde ich das einmal nennen, systemstützend ist, zumal wenn man in einem freiheitlichdemokratischen System davon ausgeht, daß die bürgerliche Kontrolle funktioniert, was natürlich ein Idealtypus ist, der so überhaupt nicht zu halten ist. Aufder anderen Seite muß ich sagen, daß ich den Rahmen, den wir jetzt haben, von der Idee her gar nicht so schlecht finde, einmal abgesehen davon, daß wir kein gerechtes Weltwirtschaftssystem haben. Mit bestimmten Eigenheiten der Verwaltung - das Ganze muß ja auch irgendwie organisiert werden - könnte ich durchaus leben, wenn man es denn ehrlich meinen würde. Aber das funktioniert, wie man sehen kann, eben nicht. Die Akkumulation enormer Reichtümer bei ganz wenigen und - weltweit betrachtet - die Verarmung großer Massen, die dann zu den vielen Fluchtbewegungen führt, die wir jetzt haben, stellt eine Destabilisierung im großen Maßstab dar. Da versagen unsere Medien komplett, das kann man eindeutig feststellen. Sie erfüllen gerade nicht ihre Rolle der vierten Gewalt. Manchmal kann man Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick sogar den Eindruck haben, sie verstehen nicht, was die vierte Gewalt eigentlich bedeutet, nämlich nicht, Mißstände anzuprangern. Nein, das ist nicht genug, denn Mißstände gibt es viele, und zwar auch auf der Seite der Schwachen. Aber es geht darum, die Mächtigen zu kritisieren, ich muß eine Machtanalyse machen. Das heißt, es ist die Frage, ob ich jetzt zum Beispiel eine schwache Gruppe, die sich radikalisiert, in den Fokus nehme und deren Radikalisierung anprangere oder ob ich die mächtige Gruppe, die diese Radikalisierung durch politische, ökonomische und sonstige Entscheidungen herbeigeführt hat, analysiere und die systemische Macht, die da in Erscheinung tritt, kritisiere. Da wäre ich immer der Ansicht, daß das die Rolle der vierten Gewalt wäre, doch ich habe den Eindruck, daß dieses Verständnis zunehmend verlorengeht. Das analysiert Conrad Schuhler jetzt in seinem aktuellen Buch [7], Daniele Ganser vom Schweizer Friedensforschungsinstitut hat das in seinen Studien dargelegt. Auch Werner Ruf und ich haben wie viele, die sich mit der MENA-Region, also dem Nahen Osten und Nordafrika [8], beschäftigen, immer wieder auf diese Zusammenhänge hingewiesen, bei denen es sich im Grunde genommen um eine globale Strategie handelt. In dem Buch, das ich auf der letzten Linken Literaturmesse vorgestellt habe, "Ukraine im Visier" [9], gibt es einen Aufsatz von Jochen Scholz, der genau um dieses Thema kreist, nämlich die geostrategischen Interessen in Osteuropa und in der Ukraine. Was er dort für diese Region zur Kontrolle ganzer Politiken, wie ich es einmal nennen möchte, analysiert hat, kann man auf den Nahen und Mittleren Osten genauso anwenden. SB: Sie haben vorhin Samuel Huntington erwähnt. Welche Rolle spielt sein wohl bekanntestes Werk, der "Kampf der Kulturen" [5], Ihrer Meinung nach? Wenn man dann die Katastrophen einen Moment lang aus dem Fokus nimmt, zeigt sich bei näherer Betrachtung, daß der angeblich plötzlich aufgetauchte sogenannte "Islamische Staat" ein Propagandawort für eine ganz andere Organisation ist. Wäre das ein islamisches Thema, dann müßte es den doch seit 1400 Jahren geben! Das Phänomen ist aber erst vor ein paar Jahren aufgetaucht. Wenn ich das geostrategisch analysiere, kann ich sehr gut verstehen, warum es aufgetaucht ist und welche Funktion es erfüllt. Und wenn es mir dann noch gelingt, von der Betrachtung der Greueltaten vor Ort, was die meisten Medien machen, ein bißchen in eine Vogelperspektive zu gehen und mir das Ganze von oben anzusehen, komme ich natürlich zu einer ganz anderen Analyse der Zusammenhänge. SaS: Vielfach wird vergessen, daß es eine Vorlage für Huntington gab, die sein Kollege und Freund Bernard Lewis in einer Rede formuliert hat, die dann 1990 als Aufsatz im "Atlantic Monthly" erschienen ist mit dem Titel "The Roots ofMuslim Rage". [6] Was dort zur Radikalisierung von Muslimen und so weiter geschrieben wurde, ist in das Buch von Huntington eingeflossen. Ich denke, man sollte so ein Buch nicht immer nur als Analysebeschreibung lesen, sondern als ein Strategiepapier. Sobald man das tut, kann man sehen, daß Huntington sich leider ziemlich gut durchgesetzt hat und daß mit der Dämonisierung der Muslime und dem Aufbau und der Pflege des Feindbildes Islam sehr gut geostrategische Politik zu machen ist, nämlich genau dort, wo viele Muslime leben und wo die Ressourcen lagern und die Ressourcenwege verlaufen. Seite 10 aus einem solchen Kriegs- und Katastrophengebiet berichten, eigentlich selbst Konfliktbeteiligte sind. Müßte nicht spätestens an diese Stelle der in den Medien erhobene Wahrheitsanspruch in Frage gestellt werden? SaS: Das könnte man natürlich tun. Aber wir sind ja auch Akteure. Wenn wir beispielsweise in der Bundespressekonferenz irgendetwas in Erfahrung bringen wollen, sind wir nicht nur Beobachter und Berichterstatter, sondern selbst Akteure. Um da rein zu kommen, muß man schon etwas opportun sein. Syrien ist natürlich auch ein gutes Beispiel. Da ist ja fast niemand. Unsere Korrespondenten reisen höchstens für sechs Tage ein. Da kann man sich kein Bild verschaffen und ist sozusagen von vornherein geleaded und gebrieft beziehungsweise auf den Fixer oder Stringer vor Ort angewiesen, der die Kontakte hat und einen irgendwo hinbringen kann. Wie frei man sich in Syrien bewegen kann, wenn man so ein Reisekorrespondent ist, kann ich im Moment gar nicht beurteilen. Ich weiß nur von der einzigen akkreditierten deutschen Journalistin in Syrien, daß sie eine relativ unabhängige Berichterstattung macht, ihr aber gleichzeitig vorgeworfen wird, sie würde im Sinne des Assad- Regimes berichten. Das ist ein interessantes Phänomen, weil sich das jetzt plötzlich ändert. Sie bekommt neue Anfragen, auch von den Mainstream-Medien, weil die Politik sich geändert hat. Da kann man sehen, daß die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit von Journalisten nicht unbedingt von ihrer Arbeit abhängt, sondern davon, was hier gebraucht wird. Und dann sucht man sich eben die entsprechenden StimSB: Der Krieg gegen den sogenann- men aus der Region und findet sie ten Islamischen Staat und der Bür- auch. gerkrieg in Syrien sind eigentlich Beispiele, bei denen man sich fragen Ich amüsiere mich jeden Morgen, könnte, wie es überhaupt eine eini- wenn ich im Radio höre, daß die germaßen seriöse Berichterstattung "Syrische Beobachtungsstelle für geben kann, wenn alle Akteure, die Menschenrechte", dieser Ein-Mannwww.schattenblick.de Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick Betrieb in London, der eine ganz klare Agenda hat und den man auch in seiner politischen Ausrichtung identifizieren kann, immer wieder als neutrale Beobachtungsstelle und Quelle zitiert wird. Warum er, warum nicht zum Beispiel Karin Leukefeld? Da wird vollkommen unhinterfragt - das ist wirklich teilweise erstaunlich - mit der Problematik des "embedded journalism" umgegangen. Wenn ich in so einem Gebiet oder überhaupt im Krieg von Militärs begleitet werde, was in diesem Konzept ja so ist, dann nehme ich natürlich auch eine bestimmte Perspektive ein, was gar nicht so schlimm wäre, wenn ich sie benennen würde. Man könnte doch sagen: Ich bin hier jetzt mit dem und dem unterwegs und deswegen erwarte ich, daß ich nur die und die Ausschnitte zu sehen bekomme, ich habe aber auch noch das und das gesehen. Das ist eigentlich wie in der Wissenschaft. Man müßte im Journalismus sehr viel mehr eine Transparenzschiene aufbauen und sagen: Das ist meine Position, von der aus betrachte ich das. Wer behauptet denn, neutral zu sein? Das gibt es doch überhaupt nicht. Jeder hat immer irgendwelche Prämissen im Kopf, mit denen man an eine Sache herangeht. Wenn die in einem Medium klar aufdeckt werden, kann ich die Betrachtung besser einschätzen, und dann ist es mir auch egal, um welches Medium es sich handelt. Das ist dann möglicherweise sogar seriöser als alles, was wir immer in unseren Nachrichtenformaten präsentiert bekommen, wo einer mit Anzug und Krawatte steht und uns suggeriert, er würde vollkommen neutral berichten. SB: Wenn verläßliche Angaben beispielsweise zur militärischen und humanitären Lage in Kriegs- und Krisengebieten eigentlich gar nicht gemacht werden können, wäre es dann nicht das Seriöseste, dieses Unvermögen klarzustellen, wozu Medienschaffende allerdings kaum bereit sein dürften? Mi, 13. April 2016 SaS: Genau, das geht gar nicht. Und wenn man Nachrichten bringt, muß man natürlich auch Bilder liefern, was nicht heißt, daß der Hörfunk da wirklich in einer anderen Lage ist. Bilder bekommt man irgendwo her, notfalls aus Youtube. Wenn die aus dem Irak sind, merkt es kaum jemand, wenn man die auch einmal für Syrien nimmt. Das ist alles schon passiert, ich spitze das jetzt nur ein bißchen zu. Aber das ist tatsächlich auch so eine Art Zwang, der bedient werden muß und wo sich anscheinend bis heute niemand traut, das Publikum für voll zu nehmen und ihm klar zu sagen, was da eigentlich Sache ist. Karin Leukefeld beispielsweise - ich nenne sie als Beispiel, weil ich sie auf der Frankfurter Buchmesse interviewt habe - sagt: Ich bin keine Kriegsreporterin. Ich kann nicht sagen, wer da wen beschossen hat, weil ich erst danach dahin komme, verschiedene Leute interviewe und versuche, mir ein Bild zu machen. Damit kommt sie eben nicht in die Nachrichten und wird nicht wie die Syrische Beobachtungsstelle in London als Quelle genannt. Bei ihrer Arbeitsweise kommt anscheinend nicht das heraus, was man hören will, dabei wäre das eindeutig der seriösere Journalismus. gesehen habe - für eine nächste Generation, die sich diesen Themen widmet und in diesem Bereich weitermacht. Man darf sich nicht entmutigen lassen von den Mächtigen, auch wenn man manchmal den Eindruck hat, solche Tendenzen zu beobachten. In der Geschichte der Menschheit insgesamt gesehen haben sich immer wieder sehr positive Entwicklungen durchgesetzt. Ich bin der Meinung, daß es die Menschen längst nicht mehr geben würde, wenn sie nicht grundsolidarisch wären. An diesen vielen kleinen Mosaiksteinchen, den Gesprächen mit Multiplikatoren und anderen, halte ich mich fest und schöpfe Mut, denn ansonsten müßte man verzweifeln. SB: Frau Schiffer, vielen Dank für dieses Gespräch. Anmerkungen: [1] RT, zuvor "Russia Today", ist ein vom russischen Staat finanzierter Auslandsfernsehsender, der seit November 2014 mit "RT Deutsch" auch ein Nachrichtenportal in deutscher Sprache unterhält. [2] https://deutsch.rt.com/33509/international/wieso-funktioniert-ussatellitentechnik-in-syrien-aberSB: Fällt Ihnen noch ein Schlußwort nicht-in-der-ukraine/ ein? [3] Institut für MedienverantworSaS: Eigentlich ist es zum Weglau- tung, Leitung: Dr. Sabine Schiffer fen. Seit ich diese Arbeit mache - das http://www.medienverantworInstitut gibt es jetzt seit 10 Jahren, tung.de/ aber ich bin schon seit 20 Jahren dabei -, habe ich den Eindruck, daß es [4] www.presserat.de/pressekoimmer schlimmer wird. Es sind tat- dex/pressekodex sächlich solche Veranstaltungen wie hier die Linke Literaturmesse, wo [5] Samuel P. Huntington, US-Poliman in den Gesprächen merkt, daß tikwissenschaftler und Autor, lehrte es doch ein ernsthaftes Interesse gibt, am John M. Olin Institute for Stratesich mit solchen Dingen auseinan- gic Studies der Harvard- Universität derzusetzen, die einen immer wieder und war für das US-Außenministeriweitermachen lassen. Man wird ja um als Berater tätig. In seinem umbekämpft für diese Arbeit, das ist strittenen Buch "The Clash of Civinicht immer der leichteste Weg. Aber lizations" (Kampf der Kulturen) von meine Hoffnung ist, daß es genügend 1996 stellte er die These auf, daß sich Leute gibt - auch hier, wie ich heute anstelle der bisherigen nationalstaatwww.schattenblick.de Seite 11 Elektronische Zeitung Schattenblick lich verfaßten und sich zu verschiedenen Ideologien bekennenden Bündnissen nach dem Ende der Blockkonfrontation weltweit neue Konfliktlinien zwischen kulturell unterschiedlich geprägten Zivilisationen durchsetzen würden. [6] http://www.theatlantic.com/past/issues/90sep/rage.htm BERICHT/035: Links, links, links - ... Hans Modrow im Gespräch (SB) dem Mainstream vorauseilend gehorsam ... (SB) INTERVIEW/038: Links, links, links - autark und souverän ... Kai BERICHT/036: Links, links, links - Ehlers im Gespräch (SB) Das wollt ihr nicht erleben ... (SB) BERICHT/037: Links, links, links - INTERVIEW/040: Links, links, Unfrei, rechtsfrei, Knastbrei ... (1) links - Freiheit Schritt für Schritt ... (SB) Doris Ensinger im Gespräch (SB) BERICHT/038: Links, links, links - INTERVIEW/041: Links, links, Unfrei, rechtsfrei, Knastbrei ... (2) links - Jede Hand und jeder Kopf ... (SB) Alexander Neupert-Doppler im Gespräch (SB) BERICHT/039: Links, links, links Okkupierter Freiheitskampf ... (SB) INTERVIEW/042: Links, links, links - Widerstand der Klassenlosen [8] MENA ist die Abkürzung für INTERVIEW/027: Links, links, ... Martin Veith im Gespräch (1) Middle East & North Africa. links - strukturell faschistoid ... (SB) WolfWetzel im Gespräch (SB) [9] Ukraine im Visier: Russlands INTERVIEW/043: Links, links, Nachbar als Zielscheibe geostrategi- INTERVIEW/028: Links, links, links - Widerstand der Klassenlosen scher Interessen, von Ronald Thoden links - Neue Pläne ... Susann Witt- ... Martin Veith im Gespräch (2) und Sabine Schiffer (Herausgeber), Stahl im Gespräch (SB) (SB) Eckart Spoo (Vorwort), Jochen Scholz, Volker Bräutigam und Kai INTERVIEW/029: Links, links, INTERVIEW/044: Links, links, Ehlers (Mitwirkende) links - Familiendämmerung ... Gi- links - Besinnung radikal ... zwei http://www.amazon.de/Ukraine-Vi- sela Notz im Gespräch (SB) GegenStandpunkt-Aktivisten im sier-Zielscheibe-geostrategischerGespräch (SB) Interessen/dp/3981696301 INTERVIEW/030: Links, links, links - vom fernen Verwandten ... INTERVIEW/045: Links, links, Peter Betscher im Gespräch (SB) links - schweigende Mehrheiten ... Berichte und Interviews zur Attila Steinberger im Gespräch (SB) 20. Linken Literaturmesse im INTERVIEW/032: Links, links, Schattenblick unter links - Teilen bis zur Revolution ... www.schattenblick.de → INFO Daniel Horneber im Gespräch (SB) Berichte und Interviews zur POOL → DIE BRILLE → REPORT: 19. Linken Literaturmesse 2014 INTERVIEW/033: Links, links, siehe unter dem Sammeltitel "Links BERICHT/030: Links, links, links - links - Politik stirbt in repressiven literaten" im Schattenblick unter: Getrennt publizieren, gemeinsam Raten ... Uschi Grandel im Geagieren ... (SB) spräch (1) (SB) http://www.schattenblick.de/infopool/d-brille/ip_d-brille_report_beBERICHT/031: Links, links, links - INTERVIEW/034: Links, links, links richt.shtml in jedem Falle unbestechlich ... (1) - Nur wer festhält, bleibt sich treu ... (SB) Rehzi Malzahn im Gespräch (SB) http://www.schattenblick.de/infopool/d-brille/ip_d-brille_report_inBERICHT/032: Links, links, links - INTERVIEW/035: Links, links, terview.shtml in jedem Falle unbestechlich ... (2) links - alte Kämpfe, neue Wege ... (SB) Uschi Grandel im Gespräch (2) (SB) [7] Alles Charlie oder was. Religionskritik - Meinungsfreiheit oder Schmähung? von Conrad Schuhler http://shop.papyrossa.de/SchuhlerConrad-Alles-Charlie-oder-was BERICHT/033: Links, links, links - INTERVIEW/036: Links, links, in jedem Falle unbestechlich ... (3) links - Stille Wasser ... Martin (SB) Birkner im Gespräch (SB) http://www.schattenblick.de/ infopool/dbrille/report/ dbri0058.html BERICHT/034: Links, links, links - Frei- INTERVIEW/037: Links, links, heit, Gleichheit, Brüderlichkeit ... (SB) links - Domestiziert zum Schlachten Seite 12 www.schattenblick.de Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick POLITIK / KOMMENTAR / KULTUR "Böhmermann-Affäre" - neue Helden, alte Ressentiments (SB) Arm in Arm mit Frankreichs Präsident Francois Hollande und EU-Ratspräsident Donald Tusk marschierte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 11. Januar 2015 in Paris in Solidarität mit den Anschlagsopfern der Satirezeitung "Charlie Hebdo". "Je suis Charlie" - das unbedingte Eintreten für die Freiheit von Wort und Bild bedeutete auch, daß die Freiheit in Frankreich lebender Muslime, sich der nationalen Solidaritätsbewegung nicht anzuschließen und an Schweigeminuten in der Schule nicht teilzunehmen, als Gesinnungsdelikt unter dem Vorwurf der "Verherrlichung des Terrorismus" [1] kriminalisiert wurde. Die Karikatur, in der ein maghrebinischer Jugendlicher von einem Polizisten mit der Waffe an die Wand gedrückt wird, der auf sein Bekenntnis "Je suis Charlie" ungerührt "Moi aussi" antwortet, brachte den instrumentellen Charakter nationaler Solidarität treffend auf den Punkt staatspädagogischer Vereinnahmung. Während die Regierung Frankreichs sich heute auf den am 13. November 2015 verhängten Ausnahmezustand beruft, der neben anderen Grundrechten die "Freiheit der Meinungsäußerung" nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einschränkt, werden in anderen liberaldemokratischen Staaten wie den USA oder Großbritannien schon im Regelfall bloße Meinungsbekundungen strafrechtlich sanktioniert, wenn sie etwa Zustimmung zu aufstandsartigen Erhebungen oder anderen Formen sozialen Widerstands betreffen. Auch in der Bundesrepublik endet die Meinungsfreiheit dort, wo etwa ein Aufruf zur Gewalt unterstellt oder Sympathien für verbotene Organisationen bekundet werden. Wie schon das Repression im Namen der Freiheit gutheißende Mi, 13. April 2016 Leitmotiv des BRD-Staatsschutzdiskurses "Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit" besagte, gibt es keine Freiheit, die uneingedenk gesellschaftlicher und staatlicher Imperative absolut gesetzt werden kann. Dabei muß die Aufhebung der Legalität einer Meinung, die zum Verbrechen umdeklariert wird, weil sie sich gegen die erklärte Staatsräson richtet, keineswegs mit dem Verlust ihrer Legitimität einhergehen. Der Rechtshistoriker Giorgio Agamben betrachtet den im juridischen Sinne unauflöslichen Widerspruch der Aufhebung geltenden Rechts bei Bewahrung der herrschenden Rechtsordnung im Ausnahmezustand als konstitutives Fundament herrschender Verfassungswirklichkeit, die den Keim diktatorischer Entwicklung stets in sich trägt [2]. Dies in einer Debatte um die Freiheit von Wort, Bild und Schrift nicht mitzudenken, heißt sie von vornherein auf ein gesellschaftlich und rechtlich sanktioniertes Feld zu begrenzen, das etwa in der Ausweisung sogenannter Free Speech Zones an Universitäten, bei Parteitagen oder internationalen Gipfeltreffen in den USA konkret Gestalt annahm. Die selektive Praxis, der freien Rede bestimmte Ort oder Diskurse zuzuweisen und sie damit an anderer Stelle zumindest unter den Verdacht regel- und gesetzeswidriger Gesinnungsbekundungen zu stellen, blendet gesellschaftliche Widerspruchslagen und materielle Gewaltverhältnisse auf eine Weise aus, die bestimmte Positionen gar nicht erst in den Rang diskursrelevanter Beiträge kommen lassen soll. So muß, wenn wie im aktuellen Fall um die sogenannte Schmähkritik des ZDF-Moderators Jan Böhmernann am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan das Recht auf Meinungsfreiheit in einer von Staatswww.schattenblick.de interessen hochgradig aufgeladenen Situation auf die Probe gestellt wird, die liberale Verabsolutierung dieses Rechtes nicht unbedingt von einem emanzipatorischen Anliegen getragen sein. Indem die türkische Regierung die inhaltlich fundierte Kritik des satirischen Songs "Erdowie, Erdowo, Erdogan" der NDR-Sendung extra 3 am 17. März zum Anlaß für eine diplomatische Intervention nahm, versuchte sie, die im eigenen Land massiv unterdrückte Meinungs- und Pressefreiheit auch für ihre internationalen Beziehungen geltend zu machen. Anläßlich dessen legte Jan Böhmermann in der ZDF-Sendung Neo Magazin Royale am 31. März mit einem "Schmähgedicht" nach, dessen kritischer Gehalt, wenn überhaupt vorhanden, von sexistischen, im Höchstmaße beleidigenden und unschwer als antimuslimischer Rassismus zu identifizierenden Anwürfen überlagert war. Er tat dies erklärtermaßen, um Erdogan den Unterschied zwischen erlaubter Satire und verbotener, weil herabwürdigender Schmähkritik vor Augen zu führen. Für nur des Türkischen mächtige Zuschauer kam erschwerend hinzu, daß die Schmähungen mit türkischen Untertiteln versehen waren, die damit verbundene Absicht des Moderators jedoch nicht. Indem er mehrfach darauf hinwies, daß die öffentliche Präsentation seines Gedichtes in Deutschland nicht erlaubt sei, riskierte Böhmermann, für das Begehen eines vorsätzlichen Rechtsbruchs, der denn auch mehrere Anzeigen zur Folge hatte, zur Verantwortung gezogen zu werden. Der Moderator provozierte mithin einen Skandal, dessen rechtliche Beilegung für die Bundesregierung in die eine oder andere Richtung von Seite 13 Elektronische Zeitung Schattenblick Nachteil sein wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2010 bei einer Preisverleihung an den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard die Laudatio unter dem Titel "Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut" auf den Zeichner der Mohammed-Karikaturen hielt [4], ist zweifellos regierungspolitischer Opportunismus anzulasten, wenn sie zur Rettung der mit der Türkei ausgehandelten Flüchtlingsabwehr eher keinen Mut zur Freiheit beweist. Das ist jedoch kein Sonderfall staatlichen Krisenmanagements, sondern die Regel eines Regierungshandelns, dessen gesellschaftlicher Empörungshaushalt unverzichtbare Begleiterscheinung notwendiger Widerspruchsregulation ist. Daß das Wortgeklingel liberaler Freiheitsrhetorik der Befriedung herrschender Klassenwidersprüche in den Gesellschaften des neoliberalen Kapitalismus dient, ist als Malaise aller Diskursformationen, die von gleichermaßen ermächtigenden Rechtsverhältnissen ausgehen, auch wenn die an einem Konflikt beteiligten Akteure materiell höchst unterschiedlich bemittelt sind, seit jeher bekannt. Doch derartige Probleme aufzugreifen, scheint nicht Sache eines Medienprofis zu sein, der in Anbetracht der exekutiven Ermächtigung der AKP-Regierung zur Mißachtung menschenrechtlicher Schutzgarantien nichts anderes zu bieten hat als die auf maximale Schadensbilanz abonnierte Inszenierung einer Beleidigungsarie. Daß Mathias Döpfner beim Lesen des seiner Ansicht nach "gelungenen" Gedichtes "laut gelacht" [5] hat, wie er in einer Solidaritätsbekundung an Böhmermann erklärt, verrät mindestens so viel über die politischen Absichten des SpringerChefs, der seinerseits 2010 unter dem Titel "Der Westen und das höhnische Lachen der Islamisten" [6] eine neokonservative Kampfansage verfaßt hat, wie über seine ästhetischen Präferenzen. Seite 14 Wenn Böhmermann die zutiefst notwendige Kritik an den repressiven und imperialen Ambitionen Erdogans wie auch dem Widerstand gegen die deutsche-türkische Kollaboration, die sich gleichermaßen gegen Kriegsflüchtlinge und die politische Opposition in der Türkei richtet, auf die Fallhöhe einer sympolpolitischen Skandalisierung hebt, dann dient er sich vor allem den Sachwaltern eines Krieges der Kulturen an, die es nicht nur in den Reihen des IS gibt. Der Beifall, den er als vermeintlicher Held des Kampfes für Meinungsfreiheit und gegen Zensur erhält, gilt nicht zuletzt den kulturalistischen Ressentiments, mit denen er aufwartet und die die Schmähungen rassistischer Feindseligkeit und sozialchauvinistischer Verachtung weiter anheizen. Die Bereitschaft, sich mit einer Kritik in die Nesseln zu setzen, die Mut zur Parteinahme für gesellschaftliche Verlierer und ausgegrenzte Minderheiten erfordert, fehlt dem öffentlich-rechtlichen Hofnarren ebensosehr wie den Betreibern einer massenmedialen Heldenmaschine, die für die soziale Sicherheit ihrer Akteure weitgehend folgenlose Tabubrüche abfeiert. Anmerkungen: [1] http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/charlie-hebdo-anschlaege-schueler-in-frankreich-stoerengedenkminuten-a-1013015.html [2] http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar216.html [3] http://uebermedien.de/3736/boehmermanns-satireschmaeh/ [4] KULTUR/0860: "Mut zur Freiheit" ... niemals ungeteilt, niemals unbewaffnet (SB) http://schattenblick.org/infopool/politik/kommen/sele0860.html [5] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article154171281/Solidaritaet-mit-Jan-Boehmermann.html www.schattenblick.de [6] http://www.welt.de/debatte/article11148187/Der-Westen-und-dashoehnische-Lachen-der-Islamisten.html http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/kommen/ sele0984.html SCHACH - SPHINX Amerikas erschwindelter Stolz Bevor Bobby Fischer spätestens 1972 für die Amerikaner den Stolz, sich für eine Schachnation halten zu dürfen, erschwindelte, war es Samuel Reshevsky, der unter der amerikanischen Flagge Ruhm anhäufte. Als er am 4. April 1992 im New Yorker Suffern-Krankenhaus an den Folgen eines Herzschlags verstarb, hatte der gerade einmal 1,58 Meter große Reshevsky sieben Jahrzehnte hindurch Schachgeschichte geschrieben. Er, der einst als polnischer Emigrant in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und ihrer Freiheitsstatue - übrigens ein Geschenk der Franzosen - gekommen war, gab den Amerikanern am 5. Juli 1955 das Gefühl, ein in der Welt ebenbürtiges Schachvolk zu sein, und zwar, weil er beim Moskauer Wettkampf am Spitzenbrett der USAuswahl keinen Geringeren als den damaligen Weltmeister Michail Botwinnik mit 2,5:1,5 geschlagen hatte. Daß der Rest der amerikanischen Schachmeister von den Russen mit 7:25 regelrecht verprügelt worden war, ging im Presserummel gänzlich unter. Selbst die Kremlführer Bulganin und Chruschtschow hatten sich breittreten lassen und posierten wie Trophäen neben dem Amerikaner auf einem Foto. Als Reshevsky in die Staaten zurückkehrte, berief die USDelegation speziell zu seinen Ehren eine Pressekonferenz ein und verlangte außerhalb der FIDE- Satzungen ein Herausforderer-Recht für ihn. Sie mögen kulturlos sein, unse(SB) Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick re europäischen Vettern in Übersee, SPORT / BOXEN / PROFI vom Showgeschäft verstehen sie jedoch allerhand. Daß sich Reshevsky auch von wilden Posen á la KönigsZu früh für den sportlichen Ruhestand? gambit nicht beeindrucken ließ, bewies er im heutigen Rätsel der Manny Pacquiao glänzend gegen Timothy Bradley aufgelegt Sphinx. Sein Kontrahent Jaffe war der irrigen Meinung, mit 1.f4-f5? einen Angriff inszenieren zu können. (SB) Sollte dies tatsächlich der letz- perten ihrer Zunft zählen. Der favoDer Schuß ging jedoch nach hinten te Auftritt Manny Pacquiaos gewe- risierte Pacquiao wurde wie immer los, Wanderer. sen sein, so hat sich der legendäre von Freddie Roach betreut, der mit Philippiner mit einer rundum über- ihrem gemeinsamen Werk höchst zeugenden Vorstellung verabschie- zufrieden sein kann. Auch Teddy Atdet. Er schickte vor 14.665 Zuschau- las gebührt Hochachtung, da er Brern in der MGM Grand Garden Are- adleys Auftritt in nur zwei Kämpfen na in Las Vegas seinen Gegner Timo- ihrer wesentlich kürzeren Zusamthy Bradley in der siebten und neun- menarbeit deutlich verbessert hat. ten Runde auf die Bretter, worauf er schließlich den hochklassigen Anfang Mai 2015 hatte Manny PacKampf im Weltergewicht einstimmig quiao in einem Kampf der Superlatinach Punkten gewann (116:110, ve gegen Floyd Mayweather klar den 116:110, 116:110). Nach 21 Jahren kürzeren gezogen, wobei ihn jedoch im Profigeschäft stehen für den eine Schulterverletzung erheblich 37jährigen Pacquiao damit 58 Siege, einschränkte. Er mußte sich einer sechs Niederlagen und zwei Unent- Operation unterziehen, so daß vor schieden zu Buche, während der fünf dem aktuellen Auftritt niemand mit Jaffe - Reshevsky Jahre jüngere Bradley 33 gewonne- Sicherheit sagen konnte, ob der PhilNew York 1921 ne und zwei verlorene Auftritte so- ippiner vollständig wiederhergestellt wie ein unentschieden gewertetes war. Diesbezügliche Bedenken erDuell auf dem Konto hat. wiesen sich jedoch als gegenstandsAuflösung des letzten los, da Pacquiao nicht nur mit vollem SphinxRätsels: Pacquiao hat somit die Trilogie sei- Einsatz zu Werke gehen konnte, sonDie Reihenfolge einzuhalten, war ner Begegnungen mit dem US-Ame- dern buchstäblich an seine besten unerläßlich, denn nach dem vor- rikaner aus Palm Springs nach offi- Zeiten erinnerte. schnellen 1.Td1-d2? konnte Meister zieller Lesart mit zwei Siegen und eiTscherbakow dank der ungedeckten ner Niederlage zu seinen Gunsten Die ersten vier Runden waren von Grundreihe mit 1...Lf6xc3! einen entschieden. Die Mehrzahl der Ex- einer vorsichtigen HerangehensweiBauern gewinnen und wenige Züge perten geht indessen davon aus, daß se geprägt, da beide Boxer bestrebt der Philippiner in allen drei Kämp- schienen, ihre Taktik zu etablieren. später die Partie. fen der bessere Akteur war. Er domi- Während Bradley sehr beweglich nierte 2012 das Geschehen im Ring, agierte und einige gute Konter lanhttp://www.schattenblick.de/ mußte sich aber am Ende umstritten den konnte, kam Pacquiao vor allem infopool/schach/schach/ mit 1:2 Punktrichterwertungen ge- mit der gestochen scharfen linken sph05804.html schlagen geben - eine Fehlentschei- Geraden zum Zuge. Im fünften dung, wie damals viele Beobachter Durchgang nahm das Gefecht meinten. Bei der Revanche im Jahr schließlich Fahrt auf, da beiderseits 2014 war dann an seinem Punktsieg für schwerere Treffer Maß genomListe der neuesten und nicht zu rütteln, worauf er sich nun men wurde. Bradley schlug mit tagesaktuellen Nachrichten ... mit der besten Leistung dieser Serie Schwingern etliche Löcher in die Kommentare ... Interviews ... erneut durchgesetzt hat. [1] Luft, traf aber auch einige Male, was Reportagen ... Textbeiträge ... gleichermaßen für den Philippiner Dokumente ... Tips und Das vielbeachtete Aufeinandertref- galt. Nun kam es immer wieder zum Veranstaltungen ... fen in Las Vegas war zugleich ein offenen Schlagabtausch, den das Puhttp://www.schattenblick.de/ Duell zweier prominenter Trainer, blikum mit hörbarer Begeisterung die zu den anerkannt führenden Ex- verfolgte. infopool/infopool.html Mi, 13. April 2016 www.schattenblick.de Seite 15 Elektronische Zeitung Schattenblick Gegen Mitte des Kampfs begann sich abzuzeichnen, daß der Philippiner noch immer ungewöhnlich schnelle und präzise Kombinationen schlagen kann, während Bradley zusehends Probleme bekam, Treffer zu landen. Kurz vor Ende der siebten Runde ließ Pacquiao einem gelungenen Schlag mit der Linken sofort eine trockene Rechte folgen, worauf sein Gegner in die Knie ging und mit einem Handschuh den Boden berührte, was regelkonform als Niederschlag gewertet wurde. Teddy Atlas sah das Unheil heraufziehen und spornte seinen Schützling in der glücklich erreichten Pause energisch an, worauf Bradley mit vollem Einsatz in den folgenden Durchgang ging und unter anderem drei harte linke Haken ins Ziel brachte. Pacquiao mußte an die Seile zurückweichen, konnte sich aber aus der Affäre ziehen. Er klammerte kurz und blieb anschließend in Bewegung, so daß er keinen weiteren schweren Treffer einstecken mußte. Während Bradley den ersten Niederschlag offenbar gut verkraftet hatte, galt das nicht für einen Volltreffer, der etwa eine Minute vor Ende der neunten Runde bei ihm einschlug. Der US-Amerikaner kam zwar wieder auf die Beine, lag aber inzwischen so deutlich nach Punkten im Rückstand, daß er im Endspurt alles auf eine Karte setzen mußte. Er versuchte im zehnten Durchgang, den Druck auf Pacquiao zu erhöhen, handelte sich dabei aber mehrere Linke des Kontrahenten ein. Vor Beginn der zwölften und letzten Runde tauschten die Kontrahenten nicht nur die obligatorische Berührung der Handschuhe aus, sondern umarmten einander zum Zeichen des Respekts. Die verbliebenen drei Minuten boxte Manny Pacquiao unter stehenden Ovationen der Zuschauer, die immer wieder seinen Vornamen skandierten, den Sieg sicher nach Hause. Wie Pacquiao im anschließenden Interview erklärte, habe er in jeder Runde einen Niederschlag angeSeite 16 strebt. Bradley sei jedoch ein sehr zäher Gegner und erstklassiger Konterboxer, dem er höchsten Respekt zolle. Es sei nicht leicht gewesen, sich gegen ihn durchzusetzen, doch habe ihm seine Schulter keine Probleme bereitet. Es sei ein attraktiver Kampf zweier nahezu gleichwertiger Akteure gewesen, der beste in der Reihe ihrer drei Duelle. Teddy Atlas habe hervorragende Arbeit geleistet, da Timothy Bradley gefährlicher als bei ihren ersten beiden Begegnungen gekämpft habe. Pacquiao selbst ließ jedoch keinen Zweifel aufkommen, daß seine Karriere nunmehr beendet sei. Er werde zwar nach Hause gehen und in Ruhe darüber nachdenken, wolle aber künftig vor allem Zeit mit seiner Familie verbringen und dem Volk der Philippinen dienen. Er gehört dort als wiedergewählter Abgeordneter dem Parlament an und kandidiert im Mai mit offenbar guten Aussichten für einen der zwölf Sitze im Senat. Zudem engagiert sich der in seiner Heimat als Idol verehrte Boxer seit langem in verschiedenen karitativen Bradley, der in der Vergangenheit in Organisationen. zwei Gewichtsklassen insgesamt fünfmal Weltmeister geworden war, Manny Pacquiao kann auf eine beiwürdigte Pacquiao als außerordent- spiellose Karriere zurückblicken, die lich starken Boxer, der gefährlich zu- von überragenden Vorstellungen im schlage und zugleich sehr geduldig zu Ring und einem ungewöhnlich beWerke gehe. Er selbst sei jedoch un- scheidenen Auftreten außerhalb desgeduldig geworden und prompt in die selben gekennzeichnet war. Er wurSchläge des Gegners gelaufen. Man- de angefangen vom Fliegengewicht ny sei überaus schnell, explosiv und bis hinauf ins Halbmittelgewicht habe nach wie vor erstklassige Refle- Weltmeister in acht verschiedenen xe, so daß es schwer sei, sich gegen Gewichtsklassen und stand gemeinihn zu verteidigen. Er gratuliere ihm sam mit seinem Erzrivalen Floyd zu einem verdienten Sieg. Dem schloß Mayweather über Jahre an der Spitsich auch sein Trainer Teddy Atlas an, ze ihres Metiers. Als die beiden im der Pacquiao einen großartigen Auf- Mai 2015 endlich aufeinandertrafen, tritt attestierte. Bezeichnenderweise brach dieses sportliche Großereignis übte Atlas keine Kritik an seinem mit einem Umsatz von rund 600 Schützling, sondern übernahm die Millionen Dollar alle Rekorde. MayVerantwortung für das Scheitern mit weather nahm im September mit eiden Worten, er habe nicht den best- nem leichten Sieg gegen Andre Bermöglichen Job für Bradley gemacht. to seinen Abschied, nun ist ihm Pacquiao offenbar mit dem Triumph Nach dieser überzeugenden Vorstel- über Timothy Bradley in den Ruhelung Pacquiaos, der trotz seiner lan- stand gefolgt. gen Karriere an diesem Abend keinerlei Ermüdungserscheinungen erkennen ließ, stand zwangsläufig die Anmerkungen: immer wieder gestellte Frage im Raum, ob er die Boxhandschuhe tat- [1] http://espn.go.com/boxing/stosächlich an den Nagel hängen wolle. ry/_/id/15174152/manny-pacquiaoSein Trainer Freddie Roach hatte im outpoints-timothy-bradley-jr-finalVorfeld des Kampfs erklärt, er wer- fight de jede Entscheidung Pacquiaos unterstützen, wie immer sie auch aus- [2] http://www.boxingnews24.com/ falle. Nachdem sein Schützling je- 2016/04/pacquiao-decisions-braddoch so hervorragend gekämpft hat- ley/#more-207906 te, erklärte Roach unumwunden, daß er sich glücklich schätzen würde, http://www.schattenblick.de/ könnte man noch einige Zeit weiter infopool/sport/boxen/ zusammenarbeiten. [2] sbxp0625.html www.schattenblick.de Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick KINDERBLICK / NATURKUNDE / WISSENSDURST Himmelsleiter Wissenschaft Politik, die unbekannte Größe ... Stefan und Ben haben herausgefunden, dass viele technische Geräte, aber auch andere Produkte des alltäglichen Gebrauchs, nicht besonders lange einwandfrei funktionieren und sogar recht schnell kaputtgehen. Bei ihren Nachforschungen entdeckten sie, dass es aber durchaus technisch möglich ist, langlebige Produkte herzustellen. Sie sind zu folgender Überlegung gekommen: Wenn man davon ausgehen würde, dass alle Dinge so hergestellt werden, dass sie möglichst lange zu benutzen sind, vielleicht 30 bis 50 Jahre, dann ergibt sich für die Herstellerfirmen ein Problem. Sie wollen möglichst viel Ware verkaufen, aber vermutlich befindet sich in jedem Haushalt schon ein Kühlschrank, eine Waschmaschine, ein Fernseher, ein Staubsauger, Küchengeräte und dergleichen mehr. Stefan und Ben haben sich nun gedacht, dass es für einen Fabrikanten nur logisch wäre, wenn er selbst dafür sorgt, dass ein Bedarf an neuen Geräten entsteht. Eine Möglichkeit wäre, Produkte von minderer Qualität und begrenzter kurzer Lebensdauer herzustellen. Sie entdeckten viele Hinweise darauf, dass es sich tatsächlich so verhalten könnte. Das ärgerte die beiden auch deswegen besonders, da bei einer solchen Vorgehensweise viele Rohstoffe verschwendet werden, ebenso Energie und Wasser. Ben: "Ich habe gestern noch mal überlegt, in welchen Ländern eine auf schnellen Verschleiß ausgerichtete Produktionsweise sinnvoll wäre ..." Ben: "Ein was?" Stefan: "Also, ein Ort, an dem Leute kaputte Sachen reparieren können. Bei uns in der Nähe, zwei Häuserblocks weiter, gibt es ein solches 'Repair-Café'. Meine Mutter meint, dass wir dort bestimmt Leute treffen, die auf unsere Fragen antworten können." Grafik: © 2012 by Schattenblick Ben: "Zunächst einmal macht es doch Sinn in den Ländern, wo vermutlich die meisten Menschen schon fast alles besitzen. Ich denke da an die USA oder Kanada, Japan, Frankreich oder England, also die sogenannten Industrienationen. Aber eigentlich ist es aus Sicht eines Herstellers, der möglichst viel herstellen und verkaufen will, doch immer besser, wenn seine Produkte nicht so lange brauchbar sind, ganz gleich in welchem Land er produziert - oder was meinst du?" Stefan: "Ja, da hast du wohl recht. Warte mal, wenn ich es recht überlege, wir leben zwar in einem reichen Land, haben aber trotzdem nicht gerade viel Geld. Na ja, also, ich stelle mir vor, ich hätte zum Beispiel auf einen Fernseher gespart, den ich mir dann endlich kaufen kann. Wenn der nach kurzer Zeit nicht mehr richtig funktioniert oder gar kaputtgeht, wäre ich stinksauer." Ben: "Ob es hierzulande noch mehr Menschen gibt, die mit diesem raschen Kaputtgehen, dem Wegwerfen und Neukaufen nicht einverstanden sind?" Stefan: "Da fällt mir etwas ein. Gestern Abend hat meine Mutter von eiStefan: "... und zu welchem Schluss nem neu eröffneten Repair-Café erbist zu gekommen?" zählt?" Mi, 13. April 2016 www.schattenblick.de Ben: "Wollen wir dahin gehen?" Stefan: "Jetzt gleich?" Ben: "Nun ja, es ist früher Nachmittag ..." Stefan: "Okay, dann los!" Die beiden Jungs schnappten sich ihre Fahrräder und radelten zu besagtem Repair-Café. Als sie die Ladentür öffneten, schepperte eine alte Türglocke über ihren Köpfen. Sie betraten einen hellen Raum mit einem kleinen Ausschank und drei runden Tischen. Im Durchgang wuselten Leute hin und her, lachten und riefen sich etwas zu. Stefan und Ben waren ziemlich beeindruckt. Auf den Tischen und in den Regalen lagen die verschiedensten Werkzeuge herum. Große und kleine technische Geräte befanden sich im Reparaturmodus, halb aufgeschraubt, das Innenleben nach außen gekehrt; Lötkolben, mit denen geschickte Hände gebrochene Teile zusammenfügten, Schrauben und Muttern, Drähte und Klemmen, kleine Hämmer und Schraubenzieher - ein buntes lebendiges Gewirr aus Menschen, Maschinen, Werkzeugen, Materialien, Stoffen und vielem mehr, in einer Atmosphäre voller Zuversicht. Eine junge Frau näherte sich den beiden Neuankömmlingen und begrüßte sie freundlich. Seite 17 Elektronische Zeitung Schattenblick Foto: by Ilvy Njiokiktjien (Stichting Repair Café) [CC BYSA 3.0 (http://creativecommons.org/licen ses/bysa/3.0)], via Wikimedia Com mons ausführen woll- mer mehr arme Leute gibt, und wenn te. die sich von dem wenigen Geld, das sie entbehren können, günstig ein Stefan: "Also, Gerät kaufen, das dann nach kurzer noch mal von Zeit kaputtgeht, ist das total ärgervorn. Wir haben lich. An einem solchen Ort könnten herausgefunsie wenigsten versuchen, schadhafte den, dass Gerä- Geräte wieder zum Laufen zu brinte oft so gebaut gen. Stefan und Ben schauten sich werden, dass sie noch eine Weile in dem Repair-Café nach einer be- um und schlenderten dann nachstimmten, eher denklich nach Hause. kurzen Zeit, nicht mehr Ben: "Das ist ja alles gut und schön, funktionieren - aber mich wurmt, dass von den Erund dass das wachsenen an den entscheidenden absichtlich so Stellen, die Möglichkeiten der Hergemacht wird stellung langlebiger Produkte nicht ..." wahrgenommen wird. Für mich sieht das so aus, als würde gar nicht die Ben: "... und Absicht bestehen, etwas zu verbesdann müssen sern ..." sie neu gebaut werden, was Stefan: "... tja, und das Ganze funkwieder Roh- tioniert, weil die Sachen auch gestoffe, Wasser kauft werden ..." und Energie verbraucht. Wir denken, dass es möglich sein muss, eine sol- Ben: "Du liebe Güte, ich glaube wir che Produktionsweise zu verhin- sind hier auf ein gewaltiges Problem dern." gestoßen." Frau: "Guten Tag. Zum ersten Mal Stefan: "Da Sie hier alles reparieren, dachten wir uns, dass Sie vielleicht hier? Wie kann ich helfen?" auch sauer darüber sind und nicht Ben: "Hallo, ja, also, wir wollten uns einfach immer gleich alles wegwereigentlich nur einmal so ein Repair- fen wollen. Vielleicht könnten Sie Café anschauen, da wir keine Ah- uns einige Fragen beantworten?" nung hatten, dass es so etwas überFrau: "Ja, sicher, gern. Die Leute, die haupt gibt." den Reparierfreudigen mit Rat und Frau: "Ja, und warum interessiert Tat zur Seite stehen, arbeiten alle eheuch das? Habt ihr ein kaputtes Ta- renamtlich hier, das heißt, sie beblet, Handy oder ein Fahrrad, das kommen keinen Lohn und machen das aus Idealismus. Genau wie ihr, klappert?", lachte sie freundlich. sehen sie nicht ein, warum so verStefan: "Nein, wir beschäftigen uns schwenderisch mit Energie und Rohgerade mit Energiegewinnung und stoffen umgegangen wird. Ich denke Rohstoffverbrauch und sind dabei mal, ihr könnt euch hier in aller Ruauf die kurzlebigen Geräte gestoßen he durchfragen." ..." Stefan und Ben waren doch ziemlich Die Frau legte ihren Kopf schief und erstaunt, wie viele Menschen sich es war ihr anzusehen, dass sie noch über diese Verschleißproduktion, wie nicht ganz begriff, was die Jungs ei- einige es nannten, ärgerten und nach gentlich wollten. Sie wartete aber ab, Abhilfe suchten. Außerdem wussten ob Stefan sein Anliegen noch weiter sie, dass es auch in Deutschland imSeite 18 www.schattenblick.de Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde: http://www.topprodukte.at/de/NewsDetail/Langlebige-reparierbareElektrogeraete-ganzheitliches-Produktdesign-schont-die-Umweltressourcen-und-vermeidet-unnoetigeAbfallpr.html http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/InoTec-Erfolg-mit-langlebigen-Produkten-Alternativen-zurWegwerfgesellschaft-FOTO4735729 http://ddr-design.info/3-7-wie-sichlanglebige-produkte-verkaufen-lassen/ http://www.schattenblick.de/ infopool/kind/natur/ knwd0029.html Mi, 13. April 2016 Elektronische Zeitung Schattenblick MUSIK / VERANSTALTUNGEN / FOLKLORE Kulturcafé Komm du Mai 2016 Leisure Time - Country, Folk, Pop and more Konzert am Freitag, den 27. Mai 2016, 20:00 bis 22:00 Uhr im Kulturcafé Komm du Eintritt frei / Hutspende Das Komm du lädt ein zu einem Konzert am Freitag, den 27.05.2016, 20.00 bis 22.00 Uhr: Leisure Time Country, Folk, Pop & more Die Hamburger Gruppe Leisure Time, zu deutsch "Freizeit" oder "Feierabend", bietet Folk-, Country- und Pop-Musik, akustisch, unplugged und mit persönlicher Note. Neben eigenen Kompositionen werden Cover u.a. von Johnny Cash, Amy MacDonald und den Dixie Chicks gespielt. Mehrstimmiger Gesang, abwechslungsreiche, geradlinige Arrangements mit Akustikgitarre, Mandoline, Banjo, Akkordeon, Bass und Percussion sorgen für lässigen CountryGroove und entspanntes Feeling. Leisure Time Music ... ehrlich, hand gemacht, akustisch und unplugged! Foto: © by Leisure Time Zu Leisure Time gehören: Michi: Gesang, Banjo, Mandoline, Harp, Akkordeon, Gitarre Daniela: Gesang, Gitarre, Irish Bouzouki, Mandoline Daniel: Gesang, Bass, Gitarre, Akkordeon Micha: Drums, Percussion Zum Anschauen: Leisure Time - Truth of the Blues live @Kulturcafé Komm Du, 08.05.2015 - https://www.youtube.com/watch?v=HZyGyprYMyk * Das Kulturcafé Komm du in Hamburg-Harburg: Kunst trifft Genuss Hier vereinen sich die Frische der Küche mit dem Feuer der Künstler und einem Hauch von Nostalgie Weitere Informationen: Das Komm du in Harburg ist vor allem eines: Ein Ort für Kunst und http://www.leisuretime-music.de Künstler. Ob Live Musik, Literatur, Theater oder Tanz, aber auch PantoDas Konzert im Kulturcafé Komm Zum Reinhören: mime oder Puppentheater - hier hadu beginnt um 20:00 Uhr. ben sie ihren Platz. Nicht zu vergesPlatzreservierungen per Telefon: 040 Leisure Time bei Soundcloud: / 57 22 89 52 oder E-Mail: komm- https://soundcloud.com/leisuretime- sen die Maler, Fotografen und Obhamburg jektkünstler - ihnen gehören die [email protected] Mi, 13. April 2016 Leisure Time Homepage: www.schattenblick.de Seite 19 Elektronische Zeitung Schattenblick Wände des Cafés für regelmäßig wechselnde Ausstellungen. Britta Barthel und Mensen Chu geben mit ihrem Kulturcafé der Kunst eine Bühne und Raum. Mit der eigenen Erfahrung als Künstler und Eindrücken aus einigen Jahren Leben in der Kulturmetropole London im Gepäck, haben sie sich bewusst für den rauen und ungemein liebenswerten Stadtteil Harburg entschieden. Für Künstler und Kulturfreunde, für hungrige und durstige Gäste gibt es im Komm du exzellente Kaffeespezialitäten, täglich wechselnden frischen Mittagstisch, hausgemachten Kuchen, warme Speisen, Salate und viele Leckereien während der Veranstaltungen und vor allem jede Menge Raum und Zeit ... __I n h a l t_________Ausgabe 1793 / Mittwoch, den 13. April 2016__ 1 UMWELT - REPORT: Profit aus Zerstörungskraft den Finger in der Wunde ... Dr. Ian Fairlie im Gespräch 7 DIE BRILLE - REPORT: Links, links, links - im Auge des Betrachters ... Sabine Schiffer im Gespräch 13 KOMMENTAR: "Böhmermann-Affäre" - neue Helden, alte Ressentiments 14 SCHACH-SPHINX: Amerikas erschwindelter Stolz 15 SPORT - BOXEN: Zu früh für den sportlichen Ruhestand? 17 KINDERBLICK: ... - Politik, die unbekannte Größe ... 19 VERANSTALTUNGEN: Country, Folk, Pop and more, 27. Mai 20 DIENSTE - WETTER: Und morgen, den 13. April 2016 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 13. April 2016 +++ Vorhersage für den 13.04.2016 bis zum 14.04.2016 +++ Das Komm du ist geöffnet von: Montag bis Freitag 7:30 bis 17:00 Uhr, Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr und an Eventabenden open end. Lauer Wind und trübe Tasse, dafür aber Regenglück, Frosch Jean-Luc findet das klasse und genießt es Stück für Stück. Näheres unter: http://www.komm-du.de http://www.facebook.com/KommDu Kontakt: Kulturcafé Komm du Buxtehuder Straße 13 21073 Hamburg E-Mail: [email protected] Telefon: 040 / 57 22 89 52 © 2016 by Schattenblick Komm duEventmanagement: Telefon: 04837/90 26 98 E-Mail: [email protected] Die aktuellen Monatsprogramme des Kulturcafé Komm du mit Lesungen, Konzerten, Vorträgen, Kleinkunst, Theater und wechselnden Ausstellungen finden Sie im Schattenblick unter: Schattenblick → Infopool → Bildung und Kultur → Veranstaltungen → Treff http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/ip_bildkult_veranst_treff.shtml http://www.schattenblick.de/ infopool/kunst/veransta/ vaus8815.html Seite 20 IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: [email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zu veröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. 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