Auf`s Ei gekommen! - Stiftung Bremer Herzen

Auf’s Ei gekommen!
Bloß nicht mehr als ein Ei am Tag – diese Faustregel haben wohl die meisten Menschen im Kopf,
denn Hühnereier galten bislang als echte Cholesterinbomben. Mit einem Cholesteringehalt von rund
220 Milligramm gilt das Ei als schädlich für die Gesundheit, insbesondere als Gefahr für Herz und
Gefäße. Doch das Ei wurde zu Unrecht jahrzehntelang gebrandmarkt, denn mittlerweile zeigt die
Forschung, dass der Genuss von Hühnereiern gar nicht so gefährlich ist wie gedacht.
Bremen, April 2016. Aktuelle Studien zeigen, dass die Aufnahme von Cholesterin durch die Nahrung
nicht so schädlich ist, wie bisher angenommen. Der menschliche Körper ist nämlich in der Lage, zu viel
aufgenommenes Cholesterin wieder auszuscheiden und reguliert somit den Cholesterinspiegel. Auch
der Körper selbst stellt Cholesterin her, da er dieses in allen Zellen als wichtigen Bestandteil der
Membranen benötigt. Das Cholesterin wird dann mithilfe verschiedener Lipoprotein-Komplexe über
das Blut zu den Zellen transportiert. Dabei wird unterschieden in „schlechte“ und „gute“ Lipoproteine:
Die Low Density Lipoproteine (LDL) gelten als schädlich für die Gefäße, während die High Density
Lipoproteine (HDL) als „gut“ bewertet werden. Die HDL sollen laut bisherigem Wissensstand
überflüssiges Cholesterin aus dem Blutverkehr ziehen und über die Leber ausscheiden. Wie hoch der
LDL-Spiegel ist, hängt bis zu 80 Prozent von den eigenen Genen ab, ist also erblich bedingt. Lediglich
die übrigen 20 Prozent lassen sich über Nahrung und Bewegung beeinflussen. Dies verdeutlicht, dass
man bei erhöhtem Herzinfarktrisiko aufgrund einer erblichen Belastung und dadurch bedingt erhöhten
LDL-Cholesterinwerten frühzeitig mit sogenannten Cholesterinsenkern (Statinen) anfangen sollte, um
das schädliche LDL-Cholesterin zu senken.
Aktuelle Untersuchungen zeigen außerdem, dass dem „guten“ HDL gar nicht so große Bedeutung in
Bezug auf das Herzinfarktrisiko zukommt wie bisher angenommen: Entscheidend für ein geringes
Infarktrisiko ist in hohem Maße, wie gut das körpereigene Enzym Lipoproteinlipase die wichtigsten
Nahrungsfette, die sogenannten Triglyceride, spalten kann. Ob dieser Spaltungsprozess im Körper gut
funktioniert, ist wieder einmal abhängig vom individuellen Erbgut. Auch hier spielen die Gene also eine
entscheidende Rolle.
Doch darauf sollte man sich nicht ausruhen, denn was jeder selbst durch Ernährung und Sport
beeinflussen kann, ist der Blutfettspiegel: Durch ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung kann
dieser um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Wer seine hohen Blutfettwerte also senken möchte,
sollte vor allem abnehmen und Sport treiben, mit dem Rauchen aufhören und möglichst auf den
Genuss gehärteter Fette verzichten, statt auf das Frühstücksei.
Wissenschaftliche Quellen:
Zanoni et al. as part of the Global Lipids Genetics Consortium: Rare variant in scavenger receptor BI raises HDL cholesterol
and increases risk of coronary heart disease. Science 2016, 351(6278):1166-71.
Stitziel et al. as part of the Myocardial Infarction Genetics and CARDIoGRAM Exosome Consortia Investigators: Coding
Variation in ANGPTL4, LPL, and SVEP1 and the Risk of Coronary Disease. NEJM 2016, 374(12):1134-44.