Deutscher Biotechnologie-Report

Im Schatten von
Leuchttürmen
Potenziale besser ausschöpfen
Deutscher Biotechnologie-Report
2016
Von 0 auf 100. Nach perfekter
Vorbereitung auf die Zielgerade:
die 2015er-Deals von BioNTech
Sean Marett
COO BioNTech AG, Mainz
www.biontech.de
Die Geschäfts- und Kooperationsstrategie von BioNTech
Das Ziel der BioNTech AG ist es, eigene, personalisierte Immuntherapien gegen Krebs und andere schwere Krankheiten auf den Markt zu
bringen. Das Unternehmen verfolgt hierzu eine dreistufige Strategie:
zunächst die Auslizenzierung einzelner Projekte, dann die ­gemeinsame Entwicklung und Vermarktung von Produkten mit ausgewählten
Partnern und als letzten Schritt die selbstständige Markteinführung
eigener therapeutischer Produkte.
Vielseitige Töchter unter einem gemeinsamen Dach
Mit mehr als 400 Mitarbeitern ist das Mainzer Unternehmen inzwischen eines der größten Biotechnologieunternehmen in Europa. Durch
seine sechs Tochtergesellschaften vereint BioNTech alle notwendigen
Komponenten zu Forschung, Entwicklung, Herstellung und Kommer­
zialisierung innovativer Immuntherapien unter einem strategischen
Dach. Dazu zählen sowohl die unternehmenseigenen Technologieplattformen – mRNA-Therapien, Zell- und Gentherapien, Proteintherapien
und molekulare Diagnostik – als auch weitere notwendige Prozessstufen
wie GMP-Produktion. Diese Struktur bietet mehrere Vorteile und
­erlaubt es, spezifische Projekte und Ansätze zu verpartnern, ohne
­jedoch die Kontrolle über das Technologieportfolio aus der Hand
zu geben. Partnern gewährt dies den Zugang zu einer reichhaltigen
Innovationspalette.
Wissenschafts- und forschungsgetriebener Ansatz
Nach ihrer Gründung im Jahr 2008 war die BioNTech AG mehrere
Jahre lang ein rein forschungsgetriebenes Unternehmen. Das Strüngmann-Family-Office und die MIG Fonds als finanzkräftige Investoren
erlaubten es dem Mainzer Start-up, sich auf neue Innovationen und
die wissenschaftliche Weiterentwicklung seiner Technologieplattformen zu konzentrieren. Die Kommerzialisierung der wissenschaftlichen
Errungenschaften rückte erst im Herbst 2013, nach Eintritt in die
­klinische Phase, in den Unternehmensfokus. 2015 gelang es der
BioNTech AG, innerhalb von nur sieben Monaten durch drei bedeutende
Deals ihre drei Kerntechnologien zu validieren.
Validierung aller unternehmenseigenen Technologieplattformen
im Jahr 2015
Der erste große Coup gelang BioNTech im Mai 2015 mit einer
Forschungskooperation im Bereich Zell- und Gentherapie mit dem
US-amerikanischen Pharma-Konzern Eli Lilly. Das Lizenzabkommen
spülte 60 Millionen US-Dollar in die Kasse der BioNTech. Der zweite
Streich folgte bereits wenige Wochen später durch den Abschluss
­eines Kooperationsabkommens mit der dänischen Firma Genmab. Für
die gemeinsame Entwicklung und Vermarktung bispezifischer Anti­
körper floss eine Anfangsfinanzierung in Höhe von 10 Millionen USDollar an BioNTech. Im November letzten Jahres konnte zudem ein
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Kooperations- und Lizenzabkommen mit dem Pharma-Riesen Sanofi
unter Dach und Fach gebracht werden. Die Unternehmen werden
neuartige Krebsimmuntherapien auf der Basis synthetischer mRNA
erforschen und entwickeln. Neben der stolzen Summe von 60 Millionen US-Dollar als Anfangsfinanzierung hat BioNTech die Option, ausgewählte Kollaborationsprodukte gemeinsam mit Sanofi zu entwickeln
und zu vermarkten. Durch diese ausgewählten Partnerschaften hat
BioNTech das Produktportfolio für einen Markteintritt eigener Produkte beträchtlich erweitert.
Führend im schnell wachsenden Markt der Krebsimmuntherapien
BioNTech ist durch Kooperationen und Forschungsanstrengungen
im schnell wachsenden Markt der Immuntherapien hervorragend auf­
gestellt. Das Unternehmen hat von Beginn an auf individualisierte
Krebsimmuntherapien gesetzt und ist heute weltweit führend auf
diesem Gebiet. Bis Ende 2016 wird BioNTech fünf mRNA-basierte
Immuntherapien in der klinischen Testung haben.
Hauseigener Produktionsprozess
Eine Herausforderung individualisierter Medizin ist die aufwendige
Herstellung. Um seine Führungsrolle zu untermauern, arbeitet BioNTech
seit 2015 gemeinsam mit Siemens am Aufbau eines voll automati­
sierten, papierlosen und digitalen Herstellungsprozesses. Während
Siemens vom BioNTech-Wissen auf dem Gebiet der individualisierten
Krebstherapie profitiert, nutzt BioNTech die Erfahrung des Automatisierungsspezialisten zum Aufbau des hauseigenen Produktion­sprozesses.
Akademische Partner als Brücke zum Erfolg
Neben den Pharma-Kooperationen ist BioNTech außerdem in ein starkes akademisches Netzwerk eingebunden. Das Unternehmen ist Teil
des BMBF-geförderten Spitzenclusters für individualisierte Immuninter­
vention (Ci3) und mehrerer EU-geförderter Konsortien. Hinzu kommen ein europaweites Netzwerk von klinischen Studienpartnern und
eine enge Zusammenarbeit mit der translationalen Forschungsein­
richtung TRON gGmbH.
Neue Investition und steigendes Interesse der US-Investoren
Das Interesse der Investoren an neuen Immuntherapien ist hoch, ins­
besondere in den USA. Dies wurde zuletzt deutlich, als BioNTech eine
der begehrten Präsentationseinladungen auf der renommierten J.P.
Morgan Conference in San Francisco erhielt. Allein die Deals aus dem
vergangenen Jahr brachten BioNTech an die 120 Millionen Euro ein,
die das Unternehmen nun für Investitionen einsetzen will, um seine
Vorreiterposition auszubauen. Die BioNTech AG hat alle Weichen
­gestellt, um auf dem vielversprechenden Gebiet der Krebsimmun­
therapie auch in Zukunft eine führende Position einzunehmen.