3leuc3ürdjcrLeitung Die Sammlung Staechelin im Kunstmuseum

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3leuc3ürdjcr Leitung
Freitag, 20. Oktober 1967
Die Sammlung Staechelin im Kunstmuseum Basel
Sicherung des Kernbestandes
durch Ankauf der beiden Bilder Picassos
Hs. Sehr richtig wird in dem den Mitgliedern
Kantons Basel-Stadt zugebetreffend die Bewilligung
des Großen Rates des
stellten
«Ratschlag
eines Staatsbeitrags an die Kosten des Erwerbs
zweier Gemälde von Pablo Picasso aus den Beständen der Rudolf Stacchelinschcn Familienstif-
tung
für die Ocffcntlicho Kunstsammlung» darauf
aufmerksam gemacht, daß du unil dort die Meinung aufgekommen sei, es handle sich bei dem
Depositum der Sammlung Stnechelin nicht um
bloße Leihgaben, die jederzeit zurückgezogen werden können, sondern um ein Depositum mit fester
Bindung an die Oejfentliche Kunstsammlung
Basel. Weshalb dieses Mißverständnis? Es erklärt
sich aus verschiedenen Umständen: aus der Dauer
zunächst, in der diese Leihgaben im Basler Kunstmuseum hängen, in diesem heimisch und dem Bcsuchar so vertraut geworden sind, daß er
der
sio längst zu seinem geistigen Besitz gemacht hat
Mittagausgabe Blatt
S
Nr. 412!)
Die Gewerkschaften und die Außenseiter
Seklionsanträge am Luzerner Kongreß des SIIWV
* Ltuerit, 10. Oktober frieden zu garantieren. Die Anträge der Sektionen
Schwerpunkt der Aussprache, die der Kongreß zu diesem Fragenkreis wurden vom Zentral vorstand ohne Vorbehalte zur Diskussion in den
Abteilung
des
Schweizerischen Metall- und Vhrenarbeiterverausmacht, ist zerentgegengenommen.
unserer Modernen
"
b (indes am Donnerstag zum grundsätzlichen Refe- Brnnchcninstnnzen
stört.»
Zentralpräsidenten, Nationalrat Ernst
Kationalrat H. Leueubcrger, Präsident des
Gleichgewicht
gefährdete
rat
des
Das
Wüthrich, führte, war die Forderung, daß der Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, und NatioVor solchen Gleichgewichtsstörungen 1>;licb das gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer für die nalrat 11. Düby, Präsident des Föderativverbandes
Museum verschont bis zu dem Tage, da. Peter Aufgaben, die die Gewerkschaft als,: Vertragspart- des öffentlichen Personals, richteten ihre GrußStaechelin, der' Sohn des Stifters, infolge der wirt- ner
Präsident des
in Wirtschaft and Staat übernimmt, in irgend adressen an die Delegierten. Der parteipolitische
schaftlichen Entwicklung der Firma Olobe Air, einer Form zu
honorieren sei. Zu diesem Thema Gewerksflmftslimidcs betonte die
deren Vizepräsident, und Hnuptaktionür er ist, in liegt_ dem Kongreß auch eine ganze Reihe von Unabhängigkeit der Gewerkschaften trotz der ZuBedrängnis, geraten ist und der Stif- Sektionsanträgen
mit der Sozialdemokratischen Partei
finanziell«
vor, die unisono verlangen, daß sammenarbeit
tungsritt beschlossen hat, ihm Mittel in einer
bagatellisierte den Verzieht der Zürcher Sozianicht länger gegenüber dem und
Größenordnung zur .Verfügung zu stellen, «deren rd e Gewerkschafter
organisierten Arbeitnehmer der Geprellte listen auf die Beteiligung un der Ständcratsiculil
Begrenzung sich ans der notwendigen Berücksich- nicht
unglücklichen
Manöverübung. Wichtige
nach der
tigung der Verpflichtungen der Stiftung weiteren sein dürfe. Unumwunden stellte ein junger Ge- Entscheide,
so erklärte er, fielen ohnehin im Nntinwerkschafter fest, daß bei
Generation kein uulrat,
hestniisgewicsene
und künftigen Deszcndentcn der Familie Stnechelin Interesse für den Beitritt seiner
und auch der
Kandidat
zum Verband bestehe,
gegenüber ergab.» Da ein möglichst großer, künstin den
wenn der Außenseiter alle arbeitsvertraglichc-n der Arbeiterschaft würde bei einer Wahl
lerisch in sich geschlossener Bestand der Gemälde- Vergünstigungen erhalte, auch
Stüiidcrut im besten Fall persönliche Achtungswenn er keine Ge- erfolge
sammlung der. 'Stiftung erhalten bleiben sollte, wcrkschaftshcitrügc
können. Die in den letzten Tagen
bezahle. Gegen diese «Gratis- erfolgte erzielen
Stiftungsrnt.
wenige,
Aufwertung eines Ständeratssitzes im
doch hochwer- gäste», die das gut organisierte
bestimmte der
tige' Bilder zur Veräußerung: '
«verfolge in erster Linie den
arbeitsvertriige mitbenutzen, ohneHaus der GcHtuntMiete zu. zahlen», Kanton Zürich
die in den Kreisen der sozialdemokratischen
wandten sich verschiedene Votnnleii; sie appcllii-r- Zweck,
Monet: «Lc petil port»
gewerkschaftlichen Wählerschaft entstandene
Arbeitgeber,
«Zaungäste»
und
Sisley: «Lc villnge des Subtons»
ten an die
die
nicht
und Enttäuschung auszunützen, sie
Oezanne: «Portrait de l'artiste» (alle drei nun mehr weiter zu belohnen. «Mit wem wollen [die Unsicherheit
Gang zur Urne abzuhalten und damit unsere
Arbeitgeber Arbeitsl'rieden vereinbaren',
bereits im Kunst lmndcl)
wenn die vom
verkauft)
Gogh:
(bereits
bei
den
Mitglieder
Nalionalratswahlen zu schwächen».
Front
«Bcrceusc»
van
Gewerkschaften schließlich keine
mehr
National rat Düby wiederholte die bekannten ThePicasso: «Lcs deux freres», «Arlcquin assis».
haben sollten?»
vom
für
die
sen
Föderativverband geforderte ErSpitzenwerte
Die beiden Bilder von Picasso
Wie nkut die Gefahr des Mitglicdersch wundes höhung des Reallohnes um 10 Prozent beim Bunder Stiftung und der Sammlung des Basier Kunst- ist, geht deutlich aus dem Jahresbericht l'Jliti des dcspcrsonnl und appellierte au die Delegierten des
Pilgerziele
museums und nls solche'
für in- untl SMUV hervor. Der Rapport stellt fest, daß die SMUV, Snkkurs zu leisten.
ausländisch« Bestiche
r
stehen im Brennpunkt Mitglicderznhlcn seit 19C3 sinkende Tendenz aufWeitere Seklionsanträf/e, die aus dem Bereich
der Bemühungen um die Verhütung des drohenden weisen. Auch der" im Berichtsjahr 19(iG eingetretene der Metallindustrie
im Zusammenhang mit der
Gleichgewichtsverlustes.. Verhandlungen führten Mitgliederverlust ist empfindlich. Zu Beginn
des Beratung der Geschäftsberichte gestellt und an die
gemeinErgebnis,
Berichtsjahres
Bilder,
Mitgliedie
die
beiden
daß
zum
zählte der SMUV 134 835
wurden, betrafen
Verbandsinstnnzcn
überwiesen
sam zum Preise von 8,4 Millionen Franken ver- der, am Jahresende noch 132 70G, so daß eiu.Mitzentrale Regelung von Tcucrungsnusglcich und
kauft werden sollen, dem Kanton Basel-Stadt zum glicderriickgaiig von 2129 zu verzeichnen ist.- Die die
Renllohnerhöhungen, die Anpassung der Fcrienangeboten
wurden. Der Große Bat hat um Zahl der Neuaufnahmen und Uebertrittc ans andern ansprüche
Erwerb
in den GesamtarlK-its-verträgen nn die
Betrag Verbänden von 10Ü23
12. Oktober für den Ankauf der Bilder den
konnte die Verluste nicht
Ferienerlasse, die über die vertraglichen
seiner aufwiegen. Die Gcsamtvorluste waren zwar gerin- kantonalen
von 6 Millionen bewilligt und damit
hinausgehen, die grundsätzliche EntschäAnsätze
Verantwortung
Weise ger -als in den Vorjahren, aber die Zahl der Neu- digung
kulturellen
in vorbildlicher
von acht gesetzlichen Feiertagen im Jahr,
seinen Teil geleistet; die Tat berechtigt eintritte ist. gegenüber 19U5'um rund 2000, gegenbewußt
bcsondcrn die generelle Arbeitsruhe um
F i r m e über 19Ü3 sogar »im rund 4000 gesunken. Dieses wobei im
zur Hoffnung, daß nun auch Private und n
gefordert wurde, sowie die Ausdehnung des
I.Mni
l>;eitnigen
2,4 Millionen Franken
Manko bei den Neuaufnahmen bildet die Haupt - Geltungsbereichs
ihren Teil
der GcsaintarlKÜtsvertrüge und
Hrsache des absoluten Verlustes.
werden.
übrigen Vereinbarungen auf die Betriebsfachleute
Denn es geht nicht allein um die beiden FiguAngestellten,
geforderte
Abgeltung
In welcher Fonn die
auch wenn sie im
der und technischen
renbildcr Picowsos; von entscheidender Bedeutung gewerkschaftlichen
Funktionen erfolgen soll, steht Mo'nntslohn angestellt sind. Mit einiger Reserve
ist, daß der Kauf der beiden Werke von Picasso
noch nicht fest.- Von den Sektionen wurden als nahm der Zontralvorstand eine aus dem Tessin vordie Erhaltung des gesamten übrigen Kernbestandes konkrete Möglichkeiten,
getragene
Anregung
d | i r c vertragliche
h
entgegen,
Feriengeld
der Sammlung garantiert, da die Stiftung sich da- für die organisierten ein zusätzliches
Arbeitnehmer und die Er- Mindest- mul Durchschnittslöhne die Unterschiede
mit einverstanden erklärt hat, .einen Leihvertrag Iicbung
Berufsbeitrages
vorgeschlagen,
eines
der zwischen hochindustrialisierten und weniger begünüber die Sicherstellung dw Keriibestandes ihrer auch von Nichtorganisierten
zu verlangen wäre nnd stigten Gebieten zu mildern. Der Vorstand wird
Gemäldesammlung im Kunstmuseum Basel auf die Cyr
Finanzierung von Bildungskursen verwen- vor allem die Konsequenzen dieses nicht
die
zum erstenDauer von 15 Jahren abzuschließen. Von den no£}£ det
werben könnte. Nachdrücklich wurde die Un- mal vorgebrachten Anliegens .neu überprüfen, woie'r&tellnflg ziuiiekgcV-ies.cn",
21
v«i gehe Wer. umV einen. boi ^fraglich bleibt, ob den Mitgliedern des VerfÖarid5V^anrit^(jirnc3roH7-ein guter Dienst
erwiesen
würde- .lünu ob' so <;He Tragfähigkeit der einzelnen
Betriebe-' berücksichtigt werden könnte. Ein VorTragweite der GesamtarbcitAverträge für diV ge- stoß aus der Uhrenindustrie
breton, chien et cnfarits»; 188!).
grundsätzlich
zielte
auf
Van Gogh: «Lc jardiu de Dauhigny», -1890$. samte Wirtschaft erkenne, könne nicht bestreiten, gleiche Entlohnung drr Berufsarbeit der Frauen
«Fmuenkopf», 1887.
daß die Durchsetzung dieser Vereinbarungen starke 'wie der männlichen Arbeitskräfte ab, in einer ersten
poinines»,
1879/82;
Sozialpartnern
«La Verbände bei den
Ccznnnc: «Verre et
voraussetze. -Nur Etappe mindestens auf die Gleichstellung mit den
Minisoii du docteur Gacliet ii Auvers», 1873. kraftvolle Gewerkschaften
vermöchten den Arbcits- j Hilfsarbeitern.
Mimet: «Tete de femine», um 1870.
Serpbntnrri»,
«Olevano,
Corot:
I^a
1827.
Matisse: «Madame Matisse au chüle <;lc Manillc»,
Mitglieder des Großen Rates des Kantons Basel- Motive sind aber oinl>;ezogen
1911.
in die gi-oßc und
Degits: «Femine a sn töilcUc»j
Stadt veröffentlichten
Bericht:
einfache Gesamt form, die den Bildratim zentral
Pissarro: «Uno nie :i l'hermitnge» ; «La carriere,
gelingt
es Picasso, in einem
«Mancher Muscuinsbcsuehcr wird mit jenen beherrscht. Dadurch
Pontoisc», um 1874.
Figurcndarstclltiugcu, in denen Picasso die Ge- Maß, wie das kaum l>;ei einem anderen Bild der
Diese Liste zeigt deutlich, was mit dem Erwerb sichtszüge und die Körperformen deformiert, seine
der Fall ist, die anekdotischen
der beiden Bilder von Picasso auf dem Spiele Schwierigkeiten haben. Anders aber bei den groß- Züge der Figtirenszcne zurückzudrängen, zugunstellt. In Basel, wo die Oeffentlichkeit seit je dem artigen Meisterwerken der Mcnschcndarstellungnus sten des reinen großen Eindrucks von menschlicher
Kunstinstitut besondere Aufmerksamkeit schenkte, der Frühzeit vor dem Kubismus und aus der ge- Erscheinung.
wird man sich überlegen, daß das Resultat der genständlichen Periode um 1920, zu denen die
Aus einem anderen Zusammenhang stammt der
Sammelaktion, die ein privates Aktionskomitee in beiden Bilder der
'Rudolf Stneihelin-Stiftung gehöassis". Von früh an hatten die Akrobadie Wege geleitet hat, über Gestalt nnd Gehalt ren, die jetzt ziim Kauf nngclxtten werden; Beide ten und Gaukler den Maler angezogen. Während
eines Museums entscheidet, in dein die Schweiz Bilder .sind Hauptwerke nicht nur der Epoche im der Jahre des Ersten Weltkrieges knm er
in Koneinen einzigartigen Niederschlag baslcrischer und Schaffen des Künstlers die sie vertreten, sondern takt mit der berühmten russischen Ballett-Truppe
die Welt ein bewunderungswürdiges Ergebnis <;lnrübcr hinaus auch geradezu Hauptwerke der von Serge Diaghilev und schuf für neue Ballette
schweizerischer Kunst pi lege erblickt.
Malerei des 20. Jahrhunderts. Darum stehen sie Bühnenbilder und Kostüme. Aus diesem Zusamauch in jeder vom Museum oder von Außen getrof- menhang heraus gewannen die Figuren der alten
Die heiden Bilder Picassos
fenen Auswahl, welche die heute gezeigte Samm- italienischen Komödie aktuelles Leben. Als Picasso
Bedeutung
Zur
der beiden Milder von Picasso lung repräsentativ vorstellt, unter den Werken nach 1920 das Bedürfnis verspürte, die Menschen
ersten Ranges obenan. Beide gehören auch, wie es seiner Umgebung und Gestalten seiner Erfindung
«Le.s deux freres» und «Arlcquin nssis»
innerhalb des (Euvres des Künstlers und innerhalb der Postkarten- und der Reproduktionsverkauf in vollster naturalistischer Gegenständlichkeit wieder Sammlung
des
schrieb beweisen, zu den Lieblingsbildern des Publikums. derzugeben, gehörten auch die Harlekins und
Kunstmuseums
Pierrots zu den Hauptthemeu.
Dr. Franz Meyer, Direktor der Oeffentlichen
Das Bild ,£>;es deux freres" ist in der
Kunst Sammlung im Kunstmuseum Basel, den fol- Periode'" entstanden, die ihren
Genau so wie Ihm den
freres" bedeutet
Namen vom wannen
genden
im bereits genannten Ratschlag für die Tcrracotta-Ton des Bildgrundcs hat. Diese Periode die Gegenständlichkeit des Dnrstellens allerdings
folgt auf die tragisch gestimmte
Periode", keine Annäherung an eine bnnal-photographischc
wo Not und Elend der menschlichen Existenz die Wiedergabe. Mit dem Ziel, die traditionelle Men.
.
Vicasso: *Les deux freres». Kunstmuseum Basel,
Depositum Rudolf Staechelin.
rt-.--(T- 1» - sie mit der Basler Sammlung immer mehr
identifizierte; sodann aus der hervorragenden
Qualität, durch die sich diese Bilder auszeichnen
wer die Meisterwerke gesehen hat, den erinnert
sein» Erlebnis* stets un den Besuch des Kunstmuseums' Basel, im besonderen an die nähere und
weitere künstlerische Umgebung, in der sie gleichsam als Maßstäbe placiert sind; schließlich markieren die Depositen eindrücklich die Zone der
französischen Malerei des 19. Jahrhunderts, namentlich des Impressionismus und Nachimpressionismus, und die Scharoicrstcllcu zu jener des
20. Jahrhunderts, und dies in einem Mulle, «laß
sie einem im Laufe der Zeit als eigentliche Wegweiser unentbehrlich geworden sind.
Entstehung
der Sammlung Rudolf Staechelin
Diese Depositen sind Teile der französische
und schweizerische Malerei sowie antike und chinesische Kunstwerke umfassenden Sammlung, die
liudolf Staechelin in den 1920er Jahren, also
innerhalb eines einzigen Jahrzehntes, angelegt hat
für sich und doch nicht ganz für sich allein.
Denn schon 1931, nls er den Gedanken an Verkäufe, wie ihn die Wirtschaftskrise hätte nnhelegcn können, mit der Errichtung einer
Rudolf
Staechelin sehen Fumilicnxtiftuug verworfen hatte,
zitierte 'Rudolf Staechelin im Protokollbiich der
Stiftung die folgende Uebcrlegnng von \V. Barth,
dem damaligen Konservator des Basier Kunstvereins: «Es ist schön, wenn der private Sammler
sich auch einer Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit bewußt bleibt und diese Verpflichtung
einlöst, indem er seinen Besitz außerhalb der
Wände seines Hauses einer breiteren Ocffcntlichkeit zugänglich macht.»
Depositum im Kunstmuseum Basel
In diesem Sinne haben die Nachkommen
Als
Mensch des Mittel meers antiker Tradition im
innersten nnhe, schuf Picasso, angeregt durch Vorbilder ans der griechischen Antike, eine Reihe
herrlichster Sinnbilder unbeschwerten Seins. In
des
aufs engste mit dem Basier Kunstmuseum verbundenen Sammlers nach dessen Tode ihr Möglichstes
getan, das heißt ihr Schönstes der
Oeffentlichkeit
zugänglich gemacht: 1947 wurden neun,
1948 drei,
1951 zwölf und danach noch 27 Gemälde als Leihgaben dem Kunstmuseum anvertraut. Welcher
Stellenwert in der Dokumentation der französischen Malere
i
des 19. Jahrhunderts diesen Gemälden, vorab den Hauptwerken, innerhalb der
Mascumssnmmlung zufallt, wurde augenfällig, als
Zusammenhang
sie 1956 im
mit der aus Anlaß des
10. Todestages des Stifters veranstalteten Ausstellung der Sammlung Staechelin aus ihrer «angestammten» Umgebung herausgenommen werden
mußten; Georg Schmidt schrieb damals im Vorwort des Katalogen: «Daumicr, Manot, Sisley nnd
der vorknbistischo Picasso sind überhaupt nicht
mehr existent; Corot, Pissarro, Monot, Dcgas,
Renoir, Cczannc, van Gogh, Gauguin sind bedenklich ztisarnmongcsclirnmpft, anoh wenn sio zum
Teil noch immer mit Werken von Rudolf Stacchelinschcn) Rango vertreten sind. Das großartig;Gleichgewicht aber zwischen vorknbistischer im-'
Malerei, dos die Einzigartigkeit
r
ttachkubistischo
schcndurstcllitng zu neuer
Kraft zu erwecken, setzt
Picasso auf raffiniertest
e
Weise bildnerische Mittel
unserer Zeit ein. Nicht traditionell ist einerseits die
Flächenbindung
starke
der Figur, herbeigeführt
durch die beherrschende lineare Kontur, und
anderseits die Freiheit, mit der die Schattcnfurkaum einer andern Schaffcnszcit triumphiert so cheu und die Farbpartien den mächtigen Körper
wie hier der Eindruck reiner Schönheit im klassi- überspielen. Gewaltig sitzt der Harlekin vor uns,
Wirkung. Das Flackernde
schen Sinn.' Ob
deux freres" im Verlauf des monumental in seiner
Jahres 1905 im Zusammenhang der Werke mit der Fnrbgcstaltting stellt diese handgreifliche
Artistcnsnjcts entstanden sei (wie herkömmlicher- Wirklichkeit jedoch wieder in Frage und erzeugt
weise angenommen wird) oder erst 1900 nm An- jenes Doppclspiel zwischen Sein und Schein, das
fang des Aufenthaltes im Pyrenäendorf Gogol, ist der Figur des Harlekins zugehört.
umstritten. Jedenfalls aber gilt das Werk als eines
Seiner künstlerischen Gestaltungskraft nach gilt
der bedeutendsten dieser Periode, aus welcher sich Picasso unter den Malern des Jahrhunderts als
alle vergleichbaren größeren Bilder in amerikani- der größte. Sein bildnerisches Vermögen ist unbeschen Sammlungen oder in russischem Staatsbesitz grenzt, und ohne Rücksicht auf schon Erreichtes
drängt er immerzu nach neuer, noch intensiverer
befinden.
Die natürliche Nacktheit der beiden Kinder, Formulierung. Darum auch th a sein riesenhaftes
jüngere
entgegentreten,
Spiel
die uns beim
Werk tausend Gesichter. Trotzdem läßt sich ein
das
Brüderchen anf dem Rücken des etwa zehnjährigen Grundthema erkennen, dem Picasso immer wieder
älteren Bruders festgeklammert, hat nicht den Sinn den Vorrang gibt. Es geht dem Maler um dio
Darstellung
der menschlichen Wirklichkeit in allen
akademischer Konvention. Wie in einem antiken
Werk bringt die vollo unvcrhiilltc Erscheinung des ihren wesentlichen Aspekten. Darum gehören dieKörpers das reino Wesen jugendlich erblühenden jenigen Werke, in denen diese Darstellung cino
Lebens in seiner WUrdo and seinem Geheimnis zur geradezu sinnbildliche Kraft erreicht, wio das Lei
Geltung.
In der Bewegung der beiden Kinder erla- den beiden Angeboten der Rudolf Staccliclinben wir dio Frondo am Spiel nnd die Zärtlichkeit Stiftung der Fall ist, zum nllcrwcsentlichstcn Bedes brüderlichen Zusammenseins. Alle bewegten stand Reines Schaffens.»
Thematik der Werke beherrschen. Mit der
Periode" ändern Stimmung und Themen:
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Neue Zürcher Zeitung vom 15.08.1967