picasso in der kunst der gegenwart

PICASSO IN DER KUNST
DER GEGENWART
1. APRIL - 12. JULI 2015
GEORGE CONDON, MULTI COLORED PORTRAIT, 1990, © BISCHOFBERGER COLLECTION, SWITZERLAND
DIA AL-AZZAWI
ART & LANGUAGE
DONALD BAECHLER
GEORG BASELITZ
JEAN-MICHEL BASQUIAT
MIKE BIDLO
ERWIN BLUMENFELD
BRASSAÏ
SOPHIE CALLE
MAURIZIO CATTELAN
PATRICK CAULFIELD
CLEGG & GUTTMANN
HENRI-GEORGES CLOUZOT
GEORGE CONDO
HANNE DARBOVEN
RINEKE DIJKSTRA
ROBERT DOISNEAU
MARLENE DUMAS
DAVID DOUGLAS DUNCAN
HANS-PETER FELDMANN
FRITZ FENZL
GELITIN
AMJAD GHANNAM
FELIX GMELIN
KARL OTTO GÖTZ
LEON GOLUB
RODNEY GRAHAM
G.R.A.M.
RICHARD HAMILTON
RACHEL HARRISON
RICHARD HAWKINS
ANTON HENNING
DAVID HOCKNEY
KHALED HOURANI
THOMAS HOUSEAGO
GARY HUME
JASPER JOHNS
FOLKERT DE JONG
ASGER JORN
BIRGIT JÜRGENSSEN
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MARTIN KIPPENBERGER
ERNST LUDWIG KIRCHNER
PAUL KLEE
SEAN LANDERS
MARIA LASSNIG
LOUISE LAWLER
ROY LICHTENSTEIN
ROBERT LONGO
DORA MAAR
MARCIN MACIEJOWSKI
GOSHKA MACUGA
MADAME D‘ORA
JONATHAN MEESE
GJON MILI
JONATHAN MONK
ROBERT MOTHERWELL
OTTO MUEHL
ALBERT OEHLEN
CLAES OLDENBURG
A. R. PENCK
IRVING PENN
SIGMAR POLKE
RICHARD PRINCE
ARNULF RAINER
EUGENIO RECUENCO
DIETER ROTH
CHÉRI SAMBA
THOMAS SCHÜTTE
CINDY SHERMAN
JOHN STEZAKER
FRANCESCO VEZZOLI
ANDRÉ VILLERS
ANDY WARHOL
JOEL PETER WITKIN
ALEXANDER WOLFF
ZENG FANZHI
ZHANG HONGTU
ZHOU TIEHAI
THOMAS ZIPP
HEIMO ZOBERNIG
DEICHTORHALLEN HAMBURG PICASSO IN DER KUNST DER GEGENWART
1. APRIL - 12. JULI 2015
PICASSO IN DER KUNST DER GEGENWART
Anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens bereiten die
Deichtorhallen Hamburg für das Frühjahr 2015 eine
groß angelegte Ausstellung zum Thema »Picasso in
der Kunst der Gegenwart« vor. Die ­Ausstellung wird als
spektakuläre Eröffnungspräsentation in der aufwendig
sanierten und modernisierten Halle für aktuelle Kunst
zu einem besonders bedeutenden Ereignis, das im
ganzen Norden sowie in der internatio­nalen Kunstwelt
große Aufmerksamkeit erregen wird.
Zeitgleich zum 25-jährigen Jubiläum der Deichtorhallen
jährt sich mit dieser Schau die erstmalige Präsentation von
Picassos »Guernica« als bedeutendste Antikriegs­ikone
der Moderne in Deutschland mit den damaligen Stationen
München, Köln und Hamburg zum sechzigsten Mal.
Die hochkarätige Schau zu Picasso und seinen Folgen
für die Kunst versammelt rund 200 Leihgaben von 90
internationalen Künstlerinnen und Künstlern und wird
in einer beeindruckenden Rauminszenierung auf rund
3.000 m² Ausstellungsfläche präsentiert.
WARUM PICASSO?
In der Geschichte der Kunst gibt es keinen Künstler,
dessen unerhörter, immer wieder beschworene Formund Ausdruckskraft jemals soviel Aufmerksamkeit
gewidmet wurde wie der Picassos – kein Künstler des
20. Jahrhunderts genießt in der öffentlichen Wahr­
nehmung so große Beachtung wie Picasso – kein
anderer moderner Künstler lockt weltweit Millionen
von Besuchern in Ausstellungen. Picasso verkörpert die
Kunst des 20. Jahrhundert. Dieses von den Deichtorhallen Hamburg über zwei Jahre wissenschaftlich
erarbeitete Projekt (Kurator: Dirk Luckow) nimmt eine
Untersuchung der Aus­­wirkungen und Folgen von
Picasso auf die Gegenwartskunst vor, die bis heute
weit unterschätzt werden. Die daraus resultierende
Ausstellung wird dabei kein einziges Original von Pablo
Picasso enthalten – zugleich ist Picasso als Inspirationsquelle in allen Werken präsent.
Wie sich in den teils euphorischen Reaktionen der eingeladenen Künstlerinnen und Künstler zeigt, trifft die
Ausstellung einen Nerv, der deutlich die Aktualität und
Notwendigkeit einer Aufarbeitung der künstlerischen
Picasso-Rezeption zeigt.
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SANDRO MILLER, JOHN MALKOVICH AS PICASSO, 2014,
© SANDRO MILLER COURTESY CATHERINE EDELMAN GALLERY, CHICAGO
EIGENE BESTÄNDE ALS AUSGANGSPUNKT
DER AUSSTELLUNG
Die Deichtorhallen Hamburg, die seit nahezu 25 Jahren
mit spektakulären Wechselausstellungen zu einem der
wichtigsten Ausstellungsorte Deutschlands avanciert
sind, verfügen seit einiger Zeit über zwei bedeutende
Sammlungskomplexe; die fotografische Sammlung
F. C. Gundlach, die im Haus der Photographie beherbergt
ist sowie die Sammlung Falckenberg, die mit ihren
eigenen Ausstellungsräumen in den Phönix-Hallen in
Harburg den Deichtorhallen zu einem ­dritten Standort
verholfen hat. Aus beiden Sammlungen w
­ erden in der
Ausstellung maßgebliche Picasso-­bezogene Werke
gezeigt, fotografische Arbeiten u.a. von Erwin Blumenfeld, Jacques-Henri Lartigue, Gijon Mili, Madame d’Ora,
Irving Penn, André Villers, Joel Peter Witkin. Aus der
Sammlung Falckenberg wird ein großer Werkkomplex
des Künstlerduos Clegg + Guttman sowie ein wichtiges
Werk von Peter Saul vertreten sein. Da die Deichtorhallen Hamburg keine Möglich­keit haben, ihre Sammlungsobjekte im Rahmen einer Dauer­präsentation
permanent der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,
ist diese kunsthistorisch u
­ mfassende Ausstellung eine
äußerst willkommene Gelegenheit, den Facettenreichtum der beiden Sammlungen zu dokumentieren.
DEICHTORHALLEN HAMBURG PICASSO IN DER KUNST DER GEGENWART
PICASSOS WIRKUNG UND BEDEUTUNG FÜR
NACHFOLGENDE KÜNSTLER­GENERATIONEN
Das Spiel mit dem Vorbild, mit den großen ­Vorläufern
der eigenen Gattung hat Picasso selbst bis zuletzt
umgetrieben; diese Art originär künstlerischen
­Diskurses schreibt die Ausstellung bis heute fort. Alle
großen Stoffe und Schaffensphasen Picassos ­treten
in der Ausstellung wieder auf: die Blaue Periode und
die damit verbundenen Themen wie ­Einsamkeit und
soziales Elend, aber auch belebtere Motive aus der
Rosa Periode wie Zirkuswelt, Harlekin oder Seiltänzer.
Darüber­hinaus regte »Les Desmoiselles d’Avignon« als
erstes kubistisches Bild und Picassos Werke der zwanziger und dreißiger Jahre, in denen Picasso die ­strengen
kubistischen Elemente mit ­weiten, ­sanften und runden
Kurven kombinierte, Künstler seit der G
­ ene­ration der
Abstrakten Expressionisten zu R
­ eaktionen an. Anderer­
seits mündeten Picassos aggressive Deformationen
ebenfalls aus den 1930er Jahren, die im anklagenden
Antikriegsbild »Guernica« gipfelten, in einer spektaku­
lären Folge politischer Bildsetzungen in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute.
Die große Faszination, die Picassos Werk auf viele der
namhaftesten Gegenwartskünstler weltweit – zwischen
Aneignung und Abgrenzung bzw. Neuinterpretation,
Herausforderung und Ansporn – seit Jahrzehnten ausübt, wird genauso beleuchtet wie die Veränderungen
kultureller und gesellschaftlicher Vorzeichen in der
Rezeption des Picasso’schen Œuvres.
Dabei haben alle für die Ausstellung ausgewählten
Künstlerinnen und Künstler Eines gemein, nämlich ihren
Willen, sich mit Picasso und seinem Werk zu ­messen,
mit seiner listigen Intelligenz, dem Kämpferischen,
seinem Genius. Künstler wie Martin Kippenberger oder
David Hockney, Hanne Darboven, John Stezaker oder
Cindy Sherman verfolgen grundlegend unterschiedliche
künstlerische Ansätze und reagieren doch alle gleich
intensiv auf Picassos epochales Werk und seine Übermacht in der Kunstwelt. Viele der ausgewählten ­Arbei­ten
sind das Gegenteil eines pietätvollen Umgangs mit
Leben und Werk des brillanten Jahrhundertkünstlers.
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Die Ausstellung »Picasso in der zeitgenössischen
Kunst« bringt somit Licht in den Wandel der künstlerischen
Rezeption von Picassos Werken, die 1914 mit dem
Gemälde Hommage à Picasso von Paul Klee einsetzt.
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt allerdings auf
den letzten 50 Jahren künstlerischen Schaffens einsetzend
mit Werken von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Claes
Oldenburg, Asger Jorn und Jasper Johns. Die große
Sinnlichkeit und schier unerschöpfliche Imaginationskraft, die Spannbreite von Picassos Werk zwischen
Abstraktion und Figur, künstlerischer Kreativität und
politischer Anklage fordern diese Künstler – teilweise
noch im Wettbewerb mit dem Jahrhundertgenie zu
Lebzeiten – zu besonders spannungsreichen Dialogen
mit dem Phänomen Picasso heraus.
Andererseits enthält die Ausstellung zahlreiche neue,
eigens für diese Ausstellung produzierte Arbeiten
beispielsweise von Thomas Houseago, der Künstler­
gruppe Gelitin, Robert Longo oder John Stezaker
sowie noch nie gezeigte Entdeckungen wie z.B. die
Frühwerke von Jonathan Meese, die sich explizit auf
Picasso beziehen.
JOHN STEZAKER, SHE (FILM PORTRAIT COLLAGE) XXX, 2015
© JOHN STEZAKER. COURTESY OF THE APPROACH, LONDON
DEICHTORHALLEN HAMBURG PICASSO IN DER KUNST DER GEGENWART
Die Ausstellung fokussiert im Besonderen auf folgende
Aspekte:
1. PICASSO UND DIE DEUTSCHE KUNST
Erstmals wird anhand ausgewählter Beispiele P
­ icassos
Einfluss auf die deutsch/deutsche Nachkriegskunst
beleuchtet. Mit Arbeiten von A.R. Penck, Georg B
­ aselitz
und Karl Otto Götz zeigt sich die Rezeption durch
­Künstler sowohl aus der ehemaligen DDR als auch der
BRD. Besonders die Künstler, die auf die Traditionen
der deutschen Kunst- und Kulturgeschichte ­rekurrieren,
wie Sigmar Polke, Martin Kippenberger, Jonathan Meese
& Albert Oehlen thematisieren bemerkenswerter Weise
in ihren Werken gleichermaßen Picassos Größe und
Bedeutung. So hinterfragt Hanne Darboven in ihrem
Doppelporträt von Picasso und sich selbst sowohl die
Idee des persönlichen Stils, der sich durch die ­ständige
Wiederholung künstlerischer Motive manifestiert, als
auch die direkte Bezugnahme auf das Werk eines
anderen Künstlers, um ihn zu ehren oder um eigene
kreative Visionen zu verfolgen.
2. DER GLOBALE PICASSO
Die Deichtorhallen Hamburg zeigen Picasso exemplarisch
in einer weltweiten Rezeption wie etwa in Afrika, von
dessen Kultur und Formensprache Picasso zuerst so
nachhaltig beeinflusst war. Der Kongolese Chéri Samba
feiert ihn wiederum als den Künstler, der die Tür zu
Afrika für die westliche Welt öffnete und verbindet
damit den Aufruf an afrikanische Künstler, heute über
ihre gesellschaftliche Rolle zu reflektieren. Andererseits
sind mit Werken von Zeng Fanzhi, Zhang Hongtu und
Zhou Tiehai drei bedeutende chinesische Positionen
vertreten. Für den arabischen Raum steht die über­
wältigende Guernica-Interpretation von Dia Al-Azzawi
aus dem Irak und die Gemeinschaftsarbeit der
Palästinenser von Khaled Hourani und Amjad Ghannam
aus dem Libanon.
A. R. PENCK, MONIKA, 1959
©VG BILD-KUNST, BONN
KARL OTTO GÖTZ, HOMMAGE AN PICASSO,
1943, © VG BILD-KUNST BONN
ALBERT OEHLEN / JONATHAN MEESE
AN DER WAND, 2003
© COURTESY CFA, BERLIN
CHÉRI SAMBA
»QUEL AVENIR POUR NOTRE ART?« (WHAT
FUTURE FOR OUR ART?), 1997
© CHÉRI SAMBA/COURTESY CAAC
TIEHAI ZHOU, LES PAINS DE
PICASSO, 2006, © ZHOU THIEHAI
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3. GUERNICA UND DIE ANTIKRIEGSKUNST
Besonders aktuell und imposant aber erscheinen
allein sechs monumentale Guernica ­Interpretationen,
die den Kern der Ausstellung bilden: von dem ­bereits
erwähnten Dia Al-Azzawi, der das Massaker an
Palästinensern in Flüchlingslagern im Libanon 1982
verarbeitet über Leon Golup, der auf die Greuel des
Vietnamkrieges Bezug nimmt (beides Leihgaben aus
der Tate Modern), bis zum faszinierenden PicassoPost Avantgarde Gemälde »Guernica in the Style of
Jackson Pollock« von Art & Language zur Ironisierung
des Greenberg’schen Formalismus. Goshka Macuga
bezieht sich in ihrer raumgreifenden Installation auf
die lebensgroße »Guernica«-Tapesserie, die Nelson
Rockefeller 1955 in Auftrag gab, die seit 1985 an das
UN-Hauptquartier installiert ist und 2003 während der
schicksalhaften Rede Colin Powell’s für den Irakkrieg
verhängt wurde. Gezeigt wird außerdem die minimalistische Arbeit »My Guernica« von Gary Hume sowie
Thomas Zipps außergewöhnlichem Werk, das – als
Guernica-Version der Pferde und Minotauren beraubt
– gesell­schaftliche Gleichgültigkeit repräsentiert. Darüberhinaus reagiert Robert Longo auf unsere Einladung
zu unserer Ausstellung eigens mit einer 1 : 1 GuernicaHommage.
4. PICASSO AUS DER SICHT
DER KÜNSTLERINNEN
Bekanntlich waren die Frauen für Picasso eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Was aber sehen
Künstlerinnen in der schillernden Figur und in dem
begnadeten Künstler Picasso? So liegt ein weiterer
Schwerpunkt der Ausstellung in der Wahrnehmung
Picassos durch international führende Künstlerinnen.
Dora Maar, selbst Muse und Geliebte des Künstlers,
zeigt die dunkle Seite von Picasso und zerkratzt das
Negativ einer frühen Aufnahme, schafft eine Art düsteren Heiligenschein. Maria Lassnig zeigt ihre ›liebe
Cousine‹ im kurvigen Picasso-Stil, Cindy Sherman
hinterfragt im fotografischen Rollenspiel das Klischee
weiblicher Repräsentation anhand einer Picasso
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DIA AL-AZZAWI
SABRA AND SHATILA MASSACRE, 1982/1983, © AL‑AZZAWI,
ROBERT LONGO
UNTITLED (AFTER PICASSO: GUERNICA, 1937), 2008, © VG BILD-KUNST, BONN 2015
GOSHKA MACUGA
THE NATURE OF THE BEAST, 2009, © GOSHKA MACUGA
CINDY SHERMAN
UNTITLED # 280, 1989-92,
© COURTESY OF THE ARTIST AND
METRO PICTURES, NEW YORK
MARIA LASSNIG,
PORTRÄT COUSINE LIOBA/MEINE COUSINE, 1948, FOTO: N. LACKNER, UNIVERSALMUSEUM JOANNEUM
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Frauen-Darstellung und die früh verstorbene Österreicherin Birgit Jürgenssen tritt in einer frühen Arbeit
aus ihrer Kindheit als »Bicasso« auf. Aktuellere Werke
­stammen von Marlene Dumas, die Dora Maar als
die Frau malt, die Picasso weinen sah, oder Rachel
Harrison, die deformierte Picasso-Frauen mit Amy
Winehouse Porträts kombiniert, um die Leidenschaften
und das Getriebensein gequälter Künstler zu erfassen.
Die Rezeption im Auge des Betrachters wird ebenso
von mehreren Künstlerinnen thematisiert. In Rineke
­Dijkstras berührender Videoinstallation beispielsweise
kann man eine junge Schülerin beobachten, die Picassos »Weeping Woman« abzeichnet. Sophie Calle dokumeniert die Erinnerung an einen gestohlenen Picasso
durch das Personal einer Chicagoer Galerie und Louise
Lawler fotografiert eine Frau mit Picasso-Skulptur, die
im ­Rahmen einer Auktion gerade in den Besitz dieser
Skulptur gekommen ist.
5. IM DIREKTEN KONTAKT MIT PICASSO
Das Porträtieren des Charismatikers Picasso hat selbst­
verständlich viele Fotografen inspiriert – dieses Interesse kam Picasso, dem Meister der Selbstinszenierung
sehr entgegen, hatte er doch sehr klare Vorstellungen
davon, wie seine Person in den Medien und für die
Nachwelt dokumentiert würde. In der Ausstellung
sind einzigartige Porträts von Madame d’Ora, Robert
Doisneau, David Douglas Duncan, Irving Penn und
André Villers vertreten, in denen die Handschrift der
einzelnen Fotografen gegen die Ausstrahlung Picassos in einen Wettstreit tritt. Die Bilder, die Brassaï in
den dreißiger und vierziger Jahren in Picassos Atelier
aufgenommen hat, wirken quasi wie Kollaborationen
zwischen den beiden Künstlern. Um eine ausgewiesene Zusammenarbeit mit Picasso handelt es sich bei
dem berühmten Film »Le mystere Picasso« von HenriGeorges Clouzot, der in Auszügen präsentiert wird. In
einer dritten Stufe wird der intime Besucherkontakt mit
dem Picasso’schen Werk dokumentiert; die geradezu
voyeuristischen Fotografien von Fritz Fenzl zeigen sich
gänzlich unbeobachtet fühlende Besucher der PicassoAusstellung 1956 in der Hamburger Kunsthalle, einer
Zeit, als Picasso längst als Star galt.
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MARLENE DUNMAS
DORA MAAR (THE WOMEN WHO SAW
PICASSO CRY), 2008,
© PETER COX, COURTESY ZENO X GALLERY, ANTWERP (BE)
RINEKE ­DIJKSTRAS
STILL FROM RUTH DRAWING PICASSO, 2009
© RINEKE DIJKSTRA
LOUISE LAWLER
WOMAN WITH PICASSO, 1986,
© COURTESY OF THE ARTIST AND METRO
PICTURES, NEW YORK
FRITZ FENZL
BEGEGNUNGEN MIT »GUERNICA«: DIE PICASSO-RETROSPEKTIVE
IN DER HAMBURGER KUNSTHALLE 1956,
© FRITZ FENZL
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6. APPROPRIATION ART
Aus einem faszinierenden Zeitraum von über 40 Jahren vornehmlich aus dem anglo-amerikanischen Raum
findet mit dem Aufkommen der internationalen Appropriation Art das Kopieren, Zitieren und Aufgreifen der
Werke Picassos innerhalb eines weiten Spektrums
unterschiedlichster Vorzeichen statt; mal rein formalistisch wie bei Heimo Zobernig oder streng konzeptuell
wie bei Art & Language (in der Mischung mit Jackson
Pollock), Mike Bidlo oder Richard Hawkins, aber auch
psychologisierend wie bei George Condo oder ironisch,
humorvoll wie bei Rodney Graham, Hans-Peter Feldmann oder Sean Landers. All diese Künstler reagieren
damit auf die schroffe Ablehnung der Figur Picassos
durch die Minimal und Concept Art.
THEMENRÄUME
Vor dem Hintergrund der unter den Punkten 1 - 6 aufgeführten strukturierenden Hauptachsen der Ausstellung widmet sich die Schau in jeweils eigenen Räumen
den in den künstlerischen Positionen enthaltenen
virulenten Rezeptionsformen: »Picasso-Post Avantgarde«, »Picassoismus«, »Ich bin Picasso«, »Picasso
Re-enactments«, »Mise-en scéne Picasso«, »Picasso im
Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit«, »Picasso - playful
& popular«,»Rückkehr des Kubismus in die Wirklichkeit«, »Überwindung und Herausforderung »sowie als
größten und wichtigsten Raum »Malerei als politischer
Akt«.
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HEIMO ZOBERNIG, OHNE TITEL, 2013
FOTO: ARCHIV HZ, COURTESY: GALERIE
NAGEL DRAXLER, BERLIN/KÖLN
© VG BILD-KUNST, BONN
GEORGE CONDO
MEMORIES OF PICASSO, 1989,
COLLECTION FRAC ÎLE-DE-FRANCE ©
ADAGP, PARIS
VG BILD-KUNST BONN
SEAN LANDERS
FEMME NUE COUCHÉE AUX FLEURS, 2001,
© SEAN LANDERS, COURTESY OF THE
ARTIST AND PETZEL, NEW YORK
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KUNSTVERMITTLUNG
»DAS KLISCHEE PICASSO LEBT«
Jedes Kind kennt Picasso, seine Bilder sind Teil unseres
kollektiven Bildgedächtnisses geworden. Was sich hinter dem Klischee, hinter der Marke Picasso verbirgt und
welche Bedeutung der Künstler für die Malerei- und
Kunstgeschichte und damit für uns heute hat, das wird
in einem umfangreichen Begleitprogramm vermittelt.
Über die künstlerische Rezeption von Pablo Picassos
Werk bietet sich die einmalige Chance, die Kunst der
letzten fünfzig Jahre exemplarisch zu vermitteln. Vor
allem dieser Aspekt wird durch ein Rahmenprogramm
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den Vordergrund gestellt, das didaktisch bei verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ansetzt.
werden können. Die Hängung der Werke wird mit kurzen performativen Akten von Seiten der Schülerschafbegleitet (Kurzlesung aus Kriegsbriefen z.B.). Werke,
die zudem in den Schulen installiert werden, ziehen
eine weitere - imaginäre - Linie zum Zentrum der Ausstellung in den Deichtorhallen.
Die Aktion wird fotografisch und filmisch dokumentiert
und wird neben der Ausstellung der Werke auch durch
performative Aktionen Aufmerksamkeit erfahren. Diese
Dokumentation wird den Prozess und die Werke der
Schülerinnen und Schüler für die Ausstellungsbesucher
sichtbar machen und möglichst auf einem Monitor
in den Deichtorhallen der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden.
Daran anknüpfend finden reguläre Führungen und
zahlreiche Sonderführungen für die verschiedenen Zielgruppen statt.
FILMPROGRAMM
Ein ausführliches Filmprogramm mit dem Kommunalen Kino Metropolis ist in Planung. Gezeigt werden u.a.
»Mein Mann Picasso«, von 1996 von James Ivory mit
Anthony Hopkins, und »Le Mystère Picasso« von 1956
von Hènri-Georges Clouzot in einer neu bearbeiteten
Langfassung sowie verschiedene Dokumentarfilme
über Picasso.
Darüberhinaus ist für 2015 auch die Weltpremiere des
Films über Pablo Picasso und den Spanischen Bürgerkrieg »33 days« von Carlos Saura mit Antonio Banderas
und Gwyneth Paltrow geplant. Der Termin der Veröffentlichung steht allerdings noch nicht fest.
Eine sehr wichtige Komponente ist die ­Zusammenarbeit
mit Schulen. Mit dem Hamburger »Kulturforum 21« beispielsweise ist eine Kooperation zum Thema ­»Picassos
Guernica« geschlossen worden; an den 14 katholischen
Schulen Hamburgs werden von den Schülern Arbeiten
unter dem Titel »PICASSO 349 x 777 cm« realisiert:
Picassos Werk in künstlerischer Rezeption setzt ein
gemeinsames, genaues Hinsehen und zugleich analytisches Denken voraus. Angeregt von den verschiedenen
künstlerischen Positionen werden die Entwürfe von
Schülerinnen und Schülern kreativ, groß auf eine Leinwand übertragen. Der Prozess von klein nach groß und
die damit verbundene körperliche Arbeit verknüpfen
Kunst, Denken und Bewegung.
In einer Art »Roadshow« werden die Werke sukzessive
bis zur Eröffnung der Ausstellung »Picasso in der zeitgenössischen Kunst« an prominenten Orten Hamburgs
präsentiert (z.B. Handelskammer, Rathaus, Einkaufspassagen …). Hierfür wird ein Flyer erstellt, auf dem die
Orte und Zeiten in Form eines Stadtplans identifiziert
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LANGE PICASSO-NACHT
Mit einem unterhaltsamen und inspirierenden Programm
mit Sonderführungen und Aktionen für Kinder und
Erwachsene wird die Ausstellung bis 2 Uhr nachts für
die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
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RINGVORLESUNG
In Kooperation mit dem Kunstgeschichtlichen ­Seminar
der Universität Hamburg werden im Auditorium der
Deichtorhallen Hamburg Vorlesungen namhafter
Picasso-Forscher für Studierende und Nicht-Studierende
angeboten.
KATALOG
Begleitend wird ein umfassender Katalog mit A
­ bbildungen
aller ausgestellten Arbeiten in deutscher und englischer
Sprache erscheinen. Zahlreiche Essays von ­namhaften
Autoren werden die Ausstellung wissenschaftlich
untermauern.
THEATER IN DER AUSSTELLUNG
Als weiteres Highlight ist die Aufführung des Theater­
stücks »Picassos Frauen« der Regisseurin Barbara
Geiger geplant: Es geht vor allem um die acht Frauen
Picassos, die Musen, Geliebten oder Ehefrauen waren
(Fernande, Eva, Gaby, Olga, Marie-Thérèse, Dora,
­Francoise, Jacqueline). Als Vorlage für »Picassos
Frauen« dient das gleichnamige Theaterstück des
irischen Autors Brian McAvera. Regisseurin Barbara
Geiger präsentiert das vielschichtige Material in Form
einer Pressekonferenz, in der sich vor den Augen des
Publikums zwei Schauspielerinnen in die verschiedenen
Musen verwandeln und ihre Erlebnisse, Gefühle und
Erfahrungen an der Seite des ›Meisters‹ beschreiben.
Autoren und Themen sind u.a.
Michael Fitzgerald (Professur für Kunstgeschichte am
Trinity College, Hartford, Connecticut): »Der globale
Picasso«, Uwe Fleckner (Professur für Kunstgeschichte
an der Universität Hamburg): »Die Rezeption von Guernica und die Protestkunst bis heute«, Hanne Loreck
(Professur für Kunst- und Kulturwissenschaften / ­Gender
Studies an der Hochschule für Bildende Künste,
­Hamburg): »Picasso aus der Gender-Perspektive«
sowie einer ausführlichen Einführung des Kurators
Dirk Luckow (Intendant der Deichtorhallen Hamburg):
»Picasso und die Folgen, warum übt Picasso bis heute
einen so großen Einfluss auf Künstler aus?«.
ca. 416 Seiten, 48,- Euro
PRESSKONFERENZ
am Montag, 30. März 2015, 11 Uhr in der »Halle
für aktuelle Kunst« der Deichtorhallen Hamburg.
PRESSEINFORMATION
Deichtorhallen Hamburg
Ansprechpartner: Angelika Leu-Barthel
Tel. 040-32 10 32 50
[email protected]
DEICHTORHALLEN HAMBURG · DEICHTORSTRASSE 1 - 2 · 20095 HAMBURG · TELEFON +49 40 32 10 3 - 0 · WWW.DEICHTORHALLEN.DE
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