8 Kirche aktuell Die Tagespost Mittwoch, 30. März 2016 Nr. 37 Ökumene im Zeichen des Kreuzes Der Glaube an den Gekreuzigten verbindet: Heiligenkreuzer Reliquie wird in Wien auch von griechisch-orthodoxen Gläubigen verehrt U t non evacuetur crux“ – „Dass nicht Ökumenismus“ die den orthodoxen Kirdas Kreuz abgetan werde“ (1 Kor chen entgegenkommende bahnbrechende 1, 17). Dieser Wahlspruch des im Formel geprägt, dass Rom von ihnen nicht Jahr 2014 verstorbenen Altbischofs von Es- mehr an Primatslehre fordern müsse, „als sen, Hubert Luthe, war bei seiner Bischofs- auch im ersten Jahrtausend formuliert und weihe 1969 so ungewöhnlich, dass er durch gelebt wurde“. Ein solcher ökumenischer seine Fremdheit überraschte. Aber die fol- Vorstoß war nur denkbar, weil er bereits vorgenden Jahrzehnte zeigten seine propheti- bereitet war – sowohl durch die Aussagen des sche Dimension, denn das Kreuz verlor Zweiten Vatikanischen Konzils als auch immer mehr – sowohl innerkirchlich als durch die Aufhebung des gegenseitigen Banauch außerhalb der Kirche(n) – seine prä- nes von 1054 in der gemeinsamen Erklärung gende Kraft. Mittlerweile wurde es aus vielen am 7. Dezember 1965. In der letzten öffentöffentlichen Ämtern, Gerichten und Plät- lichen Sitzung des Konzils nämlich wie auch zen, Schulen und Universitäten in Europa zeitgleich im Patriarchat der St. Georgskirche entfernt im Namen einer Toleranz, für die im Phanar wurde diese Annäherung in Liebe dieses Zeichen anstößig ist. Wie kam es zu feierlich verkündet, um die Wunden des einer solchen Entwicklung? Es ist hier nicht Bruches der kirchlichen Gemeinschaft zu möglich, die Ursachen der Ablehnung des heilen. 1967 kam es zur historischen Begegnung zwischen Papst Paul Kreuzes beziehungsweise VI. und dem Ehrenvorsitdes christlichen Glaubens, zenden der Orthodoxie, ja noch mehr die Gründe der Ablehnung von Reli„So ist der gegensei- Patriarch von KonstantinoAthenagoras I. Darauf gion im Einzelnen darzutige Friedensgruß der pel folgten im Laufe der Jahrstellen. Eines aber muss festgehalten werden: Das Kirchenvertreter mehr zehnte viele ökumenische Treffen auf höchster Ebene, Kreuz ist und bleibt von Anals ein Symbol“ die sich dem Wort des Patfang an ein Zeichen des Widerspruchs (Lk 2, 34), weil riarchen Athenagoras I. verpflichtet wussten, dass sich es die unerhörte Tatsache verkündet, dass Gott selbst dieses Zeichen die Kirchen „den Luxus der christlichen wählte, um der Welt durch die Hingabe, das Spaltung, der Vernünfteleien und der VorbeSterben seines Sohnes am Kreuz, seine erbar- halte, die nicht vom Evangelium inspiriert sind, der gemächlichen und endlosen akamende Liebe zu schenken. Bereits 1950 konstatierte der katholische demischen Diskussionen“ vor der Welt nicht Kirchengeschichtler und Ökumeniker Josef mehr leisten können. Auf dieser Linie sollte schon 1997 ein soLortz, das Abendland sei vom christlichen Glauben abgefallen: „Wir sehen im Allge- genannter Patriarchengipfel stattfinden zwimeinen zu wenig, in welch erschütterndem schen Patriarch Bartholomaios I. von KonMaße die christliche Substanz vernichtet, stantinopel und dem russisch-orthodoxen das christliche Leben verschwunden ist aus Patriarchen Aleksij II. von Moskau zusamden Formen des privaten und öffentlichen men mit dem „Patriarchen des AbendlanLebens, die noch aus christlicheren Jahrhun- des“, Papst Johannes Paul II., der damals derten stammen.“ Als Lortz dies schrieb, wa- noch diesen Titel trug. Der damalige Apostoren die Kirchen noch voll und es war selbst- lische Nuntius in Österreich, Erzbischof verständlich, sich in einem christlichen Mi- Donato Squicciarini, kam überraschend am lieu zu bewegen. Mittlerweile aber zeigt sich 1. Mai 1997 zu Abt Gerhard Hradil OCist die Wahrheit seiner Aussagen in einem er- und fragte, ob er bereit sei, ein solches Gipschütternden Ausmaß. Vielleicht ist das feltreffen im Stift Heiligenkreuz austragen zu auch der tiefste Grund, warum die Päpste, lassen. Im Zeichen einer der größten Kreuzvor allem seit dem Zweiten Vatikanischen reliquien nördlich der Alpen, die das Stift Konzil, das Wort Jesu allen wieder neu ins seit dem 12. Jahrhundert birgt, sollte dieses Bewusstsein rufen: Ut unum sint – „Alle sol- Treffen am 21. Juni 1997 stattfinden. In den len eins sein: […], damit die Welt glaubt, dass folgenden sechs Wochen wurde alles bis ins Detail hinein geplant. Außerdem sollte das du mich gesandt hast.“ (Joh 17, 21) Zweifelsohne widerspricht die Spaltung Stift für diese Begegnung entsprechend reder Christenheit dem Grundauftrag der Kir- noviert werden. In den wenigen Wochen, che. Der Zerfall der kirchlichen Einheit ist die zur Verfügung standen, wurde nicht nur zugleich, wie das Ökumenismusdekret Uni- das stiftliche Bauamt dafür aktiviert, sontatis redintegratio betont, ein „Ärgernis für dern auch weitere Firmen engagiert, um die die Welt und ein Schaden für die heilige Sa- notwendigen Arbeiten auszuführen. Durch che der Verkündigung des Evangeliums vor Spannungen mit dem Vatikan beziehungsallen Geschöpfen“. weise innerhalb der Orthodoxie zog aber Bereits Mitte der 1970er-Jahre hat Joseph Patriarch Bartholomaios I. seine Bereitschaft Ratzinger in einer viel beachteten Rede in wieder zurück, an diesem geplanten Treffen Graz über „Prognosen für die Zukunft des teilzunehmen. Unser redaktionelles Forum – Ihr Medium! Redaktionelle Beilagen der Tagespost stoßen auf große Akzeptanz und sind die ideale Plattform, um Ihre Werbebotschaft erfolgreich zu transportieren. Christliche Feste im Kirchenjahr „Ich bin das Licht der Welt“ – besonders zu den Hochfesten der Christenheit leuchtet dieses Jesus-Wort auf. Die im Jahresrhythmus wiederkehrenden Feiertage bieten einen willkommenen Anlass, um auszuspannen und zu feiern. Der christliche Hintergrund dieser Feiertage gerät dabei so manches Mal in Vergessenheit. Leser der Tagespost schätzen deshalb die FesttagsAusgaben zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten . Im redaktionellen Forum kommen auch Gastautoren zu Wort, renommierte Fachleute und Theologen setzen sich mit den vielfältigen Aspekten des Festes auseinander, interpretieren und entfalten ihre Gedanken. Die Pfingsten-Beilage beleuchtet ein aktuelles, meist gesellschaftspolitisches Thema aus christlicher Sicht. Buchen Sie jetzt Ihre Anzeige im redaktionellen Forum Pfingsten! Erscheinungstermin 14. Mai 2016 Anzeigenschluss 4. 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Wieihnen der 2011 verstorbene Metropolit von viele Märtyrer aller Konfessionen haben in Austria und Exarch von Ungarn und Mittel- der Gegenwart ihr Leben für Christus hingeeuropa, Erzbischof Michael Staikos. Gemäß geben und zugleich wie Christus ihren Feinder monastischen Gepflogenheit wurde der den verziehen. 2014 schrieb der Heilige VaPatriarch mit seiner Begleitung zuerst zur ter: „An uns liegt es, sie gläubig anzunehKirche geführt, wo er ehrfurchtsvoll die men und zuzulassen, dass ihre Kraft uns Kreuzreliquie verehrte – für alle ein Höhe- drängt, uns zu einer immer tieferen Brüderlichkeit zu bekehren. Diejenigen, die Chrispunkt des ganzen Treffens. Zurück zum „geplatzten Patriarchengip- tus in seinen Gläubigen verfolgen, machen fel“ von 1997. Kurz vor Abschluss der fieber- keinen Unterschied zwischen den Konfeshaften Vorbereitungen für dieses Treffen sionen: Sie verfolgen sie nur deshalb, weil sie kam die, wie Pater Alberich Strommer OCist, Christen sind.“ So ist der gegenseitige Friedensgruß der der damalige Prior, schrieb, „schier unüberbietbare, totale Enttäuschung“: Am 12. Juni beiden Kirchenvertreter mehr als ein Sym1997, dem Tag der ursprünglich geplanten bol. Es ist ein Bekenntnis zum unveränderlizeitgleichen Bekanntmachung des Gipfel- chen Auftrag Christi: Ut unum sint – „Dass treffens in Rom und Moskau, teilte der Hei- alle eins sind.“ In dem zweistündigen Gelige Synod, das Leitungsgremium der rus- spräch von Papst Franziskus und Patriarch sisch-orthodoxen Kirche, sein Veto gegen Kyrill in Havanna, an dem neben Kardinal dieses Treffen mit. Als Grund wurde nur ge- Koch der Metropolit Hilarion als Außennannt, es sei „nicht hinreichend vorberei- amtschef des Moskauer Patriarchats teiltet“ worden. Pater Alberich wies auf einige nahm, kam es zur Unterzeichnung einer 30 Punkte umfassenden geGründe hin, die bis zum meinsamen Erklärung. Dieheutigen Tag den ökumenise „Havanna-Erklärung“ ist schen Dialog erschweren: Sie betreffen vor allem das „Wieviele Märtyrer ein Hoffnungszeichen, das wegen der politischen Verhältnis der russisch-oraller Konfessionen nicht Konflikte in der Ukraine thodoxen Kirche zu den haben ihr Leben für um seine Kraft gebracht mit Rom unierten Ostkirchen. Es ist hier nicht der Christus hingegeben“ werden darf. Darin wird das einmütige Bekenntnis zum Ort, um auf diese Probleme Evangelium Christi und näher einzugehen. Vielzum gemeinsamen Glaumehr teilen wir die Freude über die Begegnung von Papst Franziskus bensbekenntnis, das Eintreten für die verund dem Moskauer Patriarchen Kyrill am folgten Christen und gegen jede Form der 12. Februar in Havanna auf Kuba. Wie Ku- Gewalt und des Terrorismus, die flehentliche rienkardinal Kurt Koch, Präsident des Päpst- Bitte an Gott um den Frieden zwischen den lichen Rates zur Förderung der Einheit der verschiedenen Volksgruppen, Kirchen und Christen, sagte, war dieses Treffen „ein gro- Religionen, der dringende Appell zur Beßer Schritt, dass der Papst und der Patriarch wahrung der Schöpfung vor der Vernichder russisch-orthodoxen Kirche sich zum tung, das Bekenntnis zum interreligiösen ersten Mal in der Geschichte begegnet sind. Dialog und zur Religionsfreiheit, die AchIch hoffe, dass damit eine Tür geöffnet ist für tung der religiösen Identität, das Bekenntnis weitere Beziehungen in der Zukunft. Von zur christlichen Familie und zur Ehe zwibeiden Seiten ist stark betont worden, dass schen Mann und Frau wie auch zum Schutz ein gemeinsames Anliegen darin besteht, des menschlichen Lebens von seinem Angegen die Verfolgung der Christen weltweit fang im Mutterschoß bis zu seinem natürliund ganz besonders im Mittleren Orient an- chen Sterben, die Besorgnis über biomedizizugehen. Wenn hier beide Kirchen gemein- nische Manipulationen menschlichen Lesam ein Wort einlegen können, hat das na- bens wie auch die Aufforderung „gegen den türlich ein besonderes Gewicht. Ich hoffe, Strom zu schwimmen“, um die Wahrheit dass die schwierige, fast hoffnungslose Situa- Gottes zu verteidigen und schließlich der tion der Christen im Mittleren Osten inten- Aufruf zu Frieden und Eintracht unter den siver zur Kenntnis genommen wird, vor al- Christen unter dem Schutzmantel Mariens lem in Europa“. von beiden Kirchenvertretern gemeinsam Dieser Aufruf, die verfolgten Christen al- bezeugt. „Im Kreuz Christi ist Heil!“ Es bleibt ler Konfessionen gerade in Europa und in zu hoffen, dass die Wunden der Trennung der ganzen westlichen Welt nicht zu verges- immer mehr heilen und dass das österliche sen, war ein Hauptanliegen von Papst Fran- Licht einer solchen Begegnung der Versöhziskus und Patriarch Kyrill. Damit wollten nung die Dunkelheit des Hasses und des Tosie ein starkes Zeichen der Solidarität und des vertreibt. Ökumene vor Ort im Zeichen VON ABT MAXIMILIAN HEIM OCIST des heiligen Kreuzes erlebten wir auch, als Erzbischof Arsenios Kardamakis, der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa, uns am 16. Juni 2014 im Stift Heiligenkreuz besuchte und uns seinen Segen mit unserer Kreuzreliquie spendete. Dem Vorbild von Papst Franziskus und dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. folgend, kam er auf unsere Einladung mit dem Präsidenten von Pro Oriente, Johann Marte, in unser Kloster, um, wie er selbst schrieb, „den Dialog der Liebe und der Wahrheit weiterzuführen und auf allen Ebenen im gemeinsamen Gebet zu unterstützen“. Bei einer späteren Begegnung äußerte er im vergangenen Jahr den Wunsch, die Kreuzreliquie für die Zeit vom 1. bis 3. April 2016 in seiner Kathedrale in Wien verehren zu dürfen. Es fügt sich, dass in diesem „außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit“ der Weiße Sonntag als „Fest der Barmherzigkeit“ mit dem orthodoxen Kreuzerhöhungsfest zusammenfällt. Gerne erfüllen wir diesen Wunsch, auch mit ausdrücklicher Gutheißung durch Christoph Kardinal Schönborn, indem wir unsere Kreuzreliquie nach der lateinischen Vesper der Mönche in der Bernardikapelle des Heiligenkreuzerhofes (Schönlaterngasse, 1010 Wien) in einer gemeinsamen feierlichen Prozession am 1. April (17.30 Uhr) zur griechisch-orthodoxen Kathedrale „Zur Heiligen Dreifaltigkeit (Fleischmarkt, 1010 Wien) geleiten. Dort werden Hymnen und Gesänge zum heiligen Kreuz aus der gregorianischen und byzantinischen Tradition in ökumenischer Einheit erklingen, um den dreieinigen Gott anzubeten, der uns im Zeichen des Kreuzes erlöst hat. Am 3. April folgt nach der Göttlichen Liturgie die Kreuzverehrung im griechisch-orthodoxen Ritus. Mit den Worten „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung“ vertrauen wir darauf, dass uns dieses Zeichen in wahrhafter Ökumene vereint. Die Tagespost Katholische Zeitung für Politik Gesellschaft und Kultur vormals Deutsche Tagespost Katholische Zeitung für Deutschland. Begründet von Johann Wilhelm Naumann Johann Wilhelm Naumann Verlag GmbH, Postfach 54 60, D-97004 Würzburg, Dominikanerplatz 8, D-97070 Würzburg. – Telefon: Zentrale (09 31) 3 08 63-0, Buchhaltung 3 08 63-25, Vertrieb 3 08 63-32. – Fax 3 08 63-33 (vom Ausland aus: 00 49 vorwählen). E-Mail: [email protected] Internet: http://www.die-tagespost.de, www.die-tagespost.at LIGA Bank BLZ 750 903 00, Konto-Nr. 3 010 201, IBAN: DE50 7509 0300 0003 0102 01, BIC: GENODEF1M05. Herausgeber: Domdekan Prälat Lic. theol. Günter Putz Chefredakteur: Markus Reder Chef vom Dienst: Stefan Rehder Redaktion: Regina Einig (Kirche aktuell) Anna Sophia Hofmeister (Aus aller Welt, Reise, Internet) Markus Reder (Wirtschaft, Theologie und Geschichte, Aussprache) Stefan Rehder (Politik, Zeitgeschehen) Dr. Alexander Riebel (Kultur, Medien, Literatur) Büro Rom/Vatikan-Korrespondent: Guido Horst BüroJerusalem/Nahost-Korrespondent: Oliver Maksan Büro Österreich/Südosteuropa-Korrespondent/ Europapolitik: Stephan Baier Feuilleton, Im Gespräch/Sonderkorrespondent Kultur: Dr. Stefan Meetschen Verlagsbeilage „Reise & Wohlfühlen“: Markus Reder Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Albrecht Siedler Dipl.-Theol. Markus Reder Anzeigenleitung: Anja Stichnoth Erscheinungsweise: Dienstag, Donnerstag und Samstag. Monatlicher Abonnementpreis einschließlich 7 % Mehrwertsteuer bei Inlandslieferung: EUR 19,40 einschließlich der Kosten für Postzustellung. 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