Rheinpfalz 22.01.2016 Flüchtlingszahlen Kopie

DIE RHEINPFALZ
A KT U EL L NO TI ER T
S-Trasse: Stadtrat folgt
Bürgervotum vom Herbst
Einen Monat lang hatten die Einwohner von
Lachen-Speyerdorf im vergangenen Herbst
Zeit, sich an der Bürgerbefragung zur S-Trasse
zu beteiligen. Letztlich wurde das Ortsumgehungsprojekt von einer klaren Mehrheit der
Abstimmungsberechtigten abgelehnt (1829
Nein- und 924 Ja-Stimmen). Gestern nun hat
der Stadtrat sein Versprechen eingelöst, sich
an dieses Votum zu halten: Einstimmig fiel der
Beschluss, auf die S-Trasse zu verzichten und
die bisherige Planung nicht weiter zu verfolgen. Wie berichtet, erarbeitet die städtische
Straßenverkehrsbehörde derzeit ein Konzept,
wie jene Straßen, denen die S-Trasse zugute
kommen sollte, anders entlastet werden können. Es geht beispielsweise um Tempo 30,
bauliche Maßnahmen oder zusätzliche Fußgängerüberwege. (ahb)
T A GE STHE MA
Fasziniert vom Licht der Ostsee
Der in Neustadt lebende Sammler Jürgen Lüder gen. Lühr hat ein Standardwerk zur Malerei auf Usedom geschrieben und nennt selbst
rund 100 Werke sein Eigen.
LOKALSEITE 5
B I T TE U M BLÄT TE RN
Spitzenreiter zu Gast bei der TSG
Sport: Handball-Drittligist TSG Haßloch empfängt am Samstagabend Spitzenreiter HSG
Konstanz. Die Badener haben die zweitbeste
Abwehr der Liga.
LOKALSEITE 6
Oldies und junge Weine
Land: Ein dreitägiges Festival mit Kultur, Kinderprogramm und Weinverkostung soll Ende
April zum Höhepunkt im Maikammerer Terminkalender werden.
LOKALSEITE 7
S ER VI C E
Auf einen Blick
LOKALSEITE 2
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FREITAG, 22. JANUAR 2016
K OMMEN T AR
Ausnahme genehmigt
Rückzieher
kaum möglich
Nach heftiger Debatte hat der Stadtrat gestern Abend mehrheitlich den Weg frei gemacht:
Bauplanungsrechtlich soll ermöglicht werden, dass Stadtwerke und die Firma Juwi prüfen können,
ob zwei Windräder bei Mußbach rentabel wären. Zu Beginn indes war die CDU noch fürs Vertagen.
Die Diskussion war munter, das Ergebnis eindeutig: Mit 24 Ja-Stimmen von SPD, Grünen und Teilen der
CDU hat der Stadtrat gestern beschlossen, der Juwi Energieprojekte
GmbH eine Ausnahmegenehmigung vom gültigen Flächennutzungsplan zu erteilen. Damit kann
sie konkret in die Planung zweier
212 Meter hoher Windräder bei
Mußbach einsteigen. Ob tatsächlich
gebaut wird, will der Stadtrat je
nach Ergebnis entscheiden. Abgelehnt wurde dieses Verfahren von
FDP, FWG und vier CDU-Vertretern
mit insgesamt 16 Stimmen. Zwei
Mitglieder der CDU enthielten sich.
Wie am Donnerstag berichtet, gab
es zuletzt Überlegungen, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Das
hatte CDU-Fraktionschef Clemens
Stahler zu Beginn der Debatte auch
vorgetragen. Als dann aber die Argumente ausgetauscht waren, wurde die Sitzung auf CDU-Bitte unterbrochen: Nachdem sie sich intern
beraten hatte, sprach sie sich für die
Abstimmung aus. Das hatten andere
Stadtratsmitglieder prognostiziert –
und den Grund dafür in den Diskussionsbeiträgen der FWG gesehen.
FWG-Chef Marc Weigel war es,
der die Bedenken gegen die Ausnahmegenehmigung zuvor formuliert
hatte. Mit einer solchen, aus FWGSicht rechtlich unzulässigen Ausnahme werde ein „Lex Juwi“ geschaffen und die Zusammenarbeit
der Stadtwerke mit einem Investor
gefördert, dessen Geschäftspraktiken fragwürdig seien. Wie berichtet,
würde Juwi die Windräder bauen
und die Stadtwerke würden sie
übernehmen. Weigel plädierte dafür, so zu verfahren wie sonst üblich:
Den Flächennutzungsplan fortzuschreiben, dabei ein Vorranggebiet
für Windkraft auszuweisen, für das
potenzielle Investoren dann Bauan-
Wirft nun auch auf Neustadt lange Schatten: die Debatte um Standorte für Windräder.
träge einreichen könnten und diese
unter anderem unter Beteiligung
der Öffentlichkeit geprüft würden.
Daneben kritisierte Weigel, dass
die Ausnahme nur deshalb komme,
weil die Standorte eigentlich nicht
rentabel seien. Daher müssten noch
2016 Nägel mit Köpfen gemacht
werden, weil sich die öffentlichen
Fördermittel danach reduzieren
könnten. Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, warum Juwi und Stadtwerke nicht vorab eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorlegen könnten.
Die Befürworter der Ausnahmegenehmigung konnten keines dieser Argumente nachvollziehen. Und
sie reagierten empört, weil sie die
Ausführungen Weigels zu Juwi als
üble Nachrede einstuften. Sowohl
Gisela Brantl (SPD) als auch Barbara
Hornbach (Grüne) nahmen die
Stadtwerke in Schutz: Diese hätten
sich durchaus Gedanken gemacht
und sich bewusst für Juwi entschieden. „Wir wollen starke Stadtwerke
mit guten Gewinnen und haben
Vertrauen in die Geschäftsführung“,
so Hornbach. Mit dem WindparkProjekt werde ihnen ermöglicht,
sich unter Umständen ein neues Geschäftsmodell zu eröffnen. Denn die
Situation auf einem sich verändernden Energiemarkt sei nicht einfach.
Dass Gutachten, Bürgerbeteiligung und mehr nicht kommen würden, wies Oberbürgermeister Hans
Georg Löffler (CDU) zurück: Das geschehe über die Prüfung gemäß
Bundesimmissionsschutzgesetz. Er
verwies auch darauf, dass einer der
Standorte ohnehin in einem fortge-
ARCHIVFOTO: M. HOFFMANN
schriebenen Flächennutzungsplan
liegen würde, der andere nur knapp
daneben. Wegen des Immissionsschutz-Prüfverfahrens sei es derzeit
auch nicht möglich, die Rentabilität
fundiert zu belegen, ergänzte Volker Lichti (CDU). Denn damit könnten Auflagen und folglich auch zusätzliche Kosten verbunden sein.
Nur die FDP stimmte grundsätzlich gegen das Projekt: Sie lehnt, wie
berichtet, Windräder auf Neustadter Gemarkung ab – wegen des
Landschaftsschutzes und fehlender
Wirtschaftlichkeit. Fraktionschef
Matthias Frey sagte zudem mit Blick
auf das Argument, mit der Ausnahme werde nicht der Bau genehmigt:
„Wenn so ein Projekt angestoßen ist,
fühlt man sich auch gebunden, es
fortzusetzen.“ (ahb)
KOMMENTAR
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VON ANKE HERBERT
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— NR. 18
Die Debatte über Windräder hat
jetzt auch Neustadt erreicht. Wie
schwierig die Frage ist, zeigt die
Zerrissenheit des Stadtrats.
Im Gegensatz zu vielen anderen
Kommunen im Land ist Neustadt
bisher von harten Windkraftdebatten verschont geblieben. Das
hat sich nun geändert. Mit seiner
Entscheidung, eine Ausnahme
vom Flächennutzungsplan zu erlauben, gab der Stadtrat gestern
zudem den Startschuss für weiteren Streit spätestens dann, wenn
das Projekt konkret wird.
Neustadt war bislang außen
vor, weil bereits das Land entschieden hat, den Haardtrand bis
zu einer gewissen Tiefe frei von
Windrädern zu halten. Außerdem hat es mittlerweile eingelenkt und ebenso untersagt, dass
sich die Rotoren in bewaldeten
und unzerschnittenen Bereichen
des Biosphärenreservats Naturpark Pfälzerwald drehen. Womit
auch ein letztes Neustadter Zipfelchen beim Esthaler Ortsteil Erfenstein vom Tisch ist.
Bleibt der Bereich östlich von
Mußbach in der Ebene. Für diesen hat der Stadtrat jetzt Tür und
Tor geöffnet, auch wenn er davon
spricht, dass mit der Ausnahmegenehmigung nichts entschieden
sei. Aber warum sollte er einen
Rückzieher machen, wenn die
Stadtwerke und die Firma Juwi zu
dem Ergebnis kommen, dass sich
das Projekt rechnet? Wird er
dann noch fragen, ob das auch
mit weniger Subventionen möglich und nur dann seriös wäre?
Die Stadtwerke zu stützen, ist legitim. Aber ebenso legitim wäre
es zu fragen, ob sie nicht in Projekte investieren können, die in
Sachen Windkraft unzweifelhaft
Sinn ergeben – und nicht zwingend auf Neustadter Gemarkung
liegen müssen.
Vom schwierigen Rechnen bei Flüchtlingszahlen
Warum dem Grunde nach gute Initiativen der Landesregierung für Verwirrung sorgen können
VON ANKE HERBERT
Vergangenen Oktober zählte Neustadt 426 Asylsuchende. Anfang dieses Jahres waren es 577. Rund zwölf
Wochen liegen dazwischen. Womit
pro Woche etwa zwölf Flüchtlinge
dazugekommen wären – obwohl es
nach den Zahlen, die das Land
Rheinland-Pfalz stets genannt hat
und gemäß dem Verteilungsschlüssel für Neustadt 21 bis 26 Neuzugänge wöchentlich hätten sein müssen.
Allein bis Jahresende 2015 hatte die
Stadt deshalb mit insgesamt 700
Flüchtlingen gerechnet.
Kein Wunder also, dass am Mittwoch eine Pressemitteilung aus der
Mainzer Staatskanzlei für leichte
Verwirrung sorgte. Darin spricht
Ministerpräsidentin Malu Dreyer
(SPD) davon, dass die Kommunen
entlastet würden. Weil das Land ihnen künftig weniger Asylsuchende
pro Woche zuweisen wolle. Warum,
Mögliche erste Station: Ex-Kaserne
in Kusel.
ARCHIVFOTO: M. HOFFMANN
Mögliche zweite Station: Flüchtlingsheim in Haardt. ARCHIVFOTO: LM
sagt sie auch. Erstens: Die Anzahl an
Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen, habe sich derzeit
leicht reduziert, ob das so bleibt, sei
allerdings ungewiss. Zweitens: In
Rheinland-Pfalz würden zusätzli-
che Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen demnächst fertiggestellt.
Zur Erinnerung: 2012 gab es eine
Erstaufnahmeeinrichtung
(Trier)
mit 700 Plätzen, heute sind es 26
mit 13.000 belegten und 2000 frei-
en Plätzen. Drittens: Flüchtlinge
sollen länger in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben – nämlich bis zu
drei Monaten. Vor allem deshalb,
um einen Entscheid über den Aufenthaltsstatus abzuwarten. Im
Herbst jedoch hatte der Bundestag
ein geändertes Asylgesetz verabschiedet, wonach es bei Menschen
aus nicht sicheren Ländern bis zu
sechs Monate sein sollen.
Nach aktueller Datenlage geht die
Landesregierung davon aus, dass die
Zuweisungszahlen an die Kommunen ab Februar gedrosselt werden
können: Statt 1500 sollen es 1000
pro Woche sein, was für Neustadt 14
wöchentliche Neuzugänge bedeuten würde. Was nicht weniger, sondern zwei mehr wären als zurzeit.
Was Kommunen wie Neustadt
befürchten, liegt auf der Hand: eine
Art Flüchtlingsstau in den Erstaufnahmeeinrichtungen, der voraussichtlich ab April/Mai mit Vehe-
menz in die Städte und Kreise abfließt. Deshalb stoppt Neustadt die
Suche nach Wohnraum nicht; neben
dem Aus- und Neubau von Gemeinschaftsunterkünften geht es auch
weiterhin um Wohnungen auf dem
privaten Markt. Was das Land allerdings auch nicht leugnet: Bei der Kapazitätsplanung stünden die Kommunen derzeit unter vergleichbarem Druck wie das Land im vergangenen Jahr, betont Dreyer.
Was genau aber die Pressemitteilung der Staatskanzlei nun bedeuten soll, bleibt unbekannt. Eine
Nachfrage hat (noch) keine Antwort
erbracht. Klar ist nur, dass ein Vorschlag der CDU aus kommunaler
Sicht auch nicht gerade zielführend
wäre: Parteichefin Julia Klöckner
hatte am Dienstag gefordert, erst
einmal darauf zu verzichten, den
Kommunen Flüchtlinge zuzuweisen. Eine Bugwelle aber würde das
ebenso wenig verhindern.
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