DIE RHEINPFALZ A KT U EL L NO TI ER T S-Trasse: Stadtrat folgt Bürgervotum vom Herbst Einen Monat lang hatten die Einwohner von Lachen-Speyerdorf im vergangenen Herbst Zeit, sich an der Bürgerbefragung zur S-Trasse zu beteiligen. Letztlich wurde das Ortsumgehungsprojekt von einer klaren Mehrheit der Abstimmungsberechtigten abgelehnt (1829 Nein- und 924 Ja-Stimmen). Gestern nun hat der Stadtrat sein Versprechen eingelöst, sich an dieses Votum zu halten: Einstimmig fiel der Beschluss, auf die S-Trasse zu verzichten und die bisherige Planung nicht weiter zu verfolgen. Wie berichtet, erarbeitet die städtische Straßenverkehrsbehörde derzeit ein Konzept, wie jene Straßen, denen die S-Trasse zugute kommen sollte, anders entlastet werden können. Es geht beispielsweise um Tempo 30, bauliche Maßnahmen oder zusätzliche Fußgängerüberwege. (ahb) T A GE STHE MA Fasziniert vom Licht der Ostsee Der in Neustadt lebende Sammler Jürgen Lüder gen. Lühr hat ein Standardwerk zur Malerei auf Usedom geschrieben und nennt selbst rund 100 Werke sein Eigen. LOKALSEITE 5 B I T TE U M BLÄT TE RN Spitzenreiter zu Gast bei der TSG Sport: Handball-Drittligist TSG Haßloch empfängt am Samstagabend Spitzenreiter HSG Konstanz. Die Badener haben die zweitbeste Abwehr der Liga. LOKALSEITE 6 Oldies und junge Weine Land: Ein dreitägiges Festival mit Kultur, Kinderprogramm und Weinverkostung soll Ende April zum Höhepunkt im Maikammerer Terminkalender werden. LOKALSEITE 7 S ER VI C E Auf einen Blick LOKALSEITE 2 SO ER RE IC HEN S IE UNS MITTELHAARDTER RUNDSCHAU Verlag und Geschäftsstelle Telefon: Fax: E-Mail: Kellereistr. 12 - 16 67433 Neustadt 06321 8903-0 06321 8903-20 [email protected] Abonnement-Service Telefon: 06321 3850146 Fax: 06321 3850188 E-Mail: [email protected] Privatanzeigen Telefon: Fax: E-Mail: 06321 3850192 06321 3850193 [email protected] Geschäftsanzeigen Telefon: Fax: E-Mail: 06321 3850383 06321 3850384 [email protected] Lokalredaktion Telefon: Fax: E-Mail: 06321 8903-28 06321 8903-36 [email protected] ANZEIGE FREITAG, 22. JANUAR 2016 K OMMEN T AR Ausnahme genehmigt Rückzieher kaum möglich Nach heftiger Debatte hat der Stadtrat gestern Abend mehrheitlich den Weg frei gemacht: Bauplanungsrechtlich soll ermöglicht werden, dass Stadtwerke und die Firma Juwi prüfen können, ob zwei Windräder bei Mußbach rentabel wären. Zu Beginn indes war die CDU noch fürs Vertagen. Die Diskussion war munter, das Ergebnis eindeutig: Mit 24 Ja-Stimmen von SPD, Grünen und Teilen der CDU hat der Stadtrat gestern beschlossen, der Juwi Energieprojekte GmbH eine Ausnahmegenehmigung vom gültigen Flächennutzungsplan zu erteilen. Damit kann sie konkret in die Planung zweier 212 Meter hoher Windräder bei Mußbach einsteigen. Ob tatsächlich gebaut wird, will der Stadtrat je nach Ergebnis entscheiden. Abgelehnt wurde dieses Verfahren von FDP, FWG und vier CDU-Vertretern mit insgesamt 16 Stimmen. Zwei Mitglieder der CDU enthielten sich. Wie am Donnerstag berichtet, gab es zuletzt Überlegungen, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Das hatte CDU-Fraktionschef Clemens Stahler zu Beginn der Debatte auch vorgetragen. Als dann aber die Argumente ausgetauscht waren, wurde die Sitzung auf CDU-Bitte unterbrochen: Nachdem sie sich intern beraten hatte, sprach sie sich für die Abstimmung aus. Das hatten andere Stadtratsmitglieder prognostiziert – und den Grund dafür in den Diskussionsbeiträgen der FWG gesehen. FWG-Chef Marc Weigel war es, der die Bedenken gegen die Ausnahmegenehmigung zuvor formuliert hatte. Mit einer solchen, aus FWGSicht rechtlich unzulässigen Ausnahme werde ein „Lex Juwi“ geschaffen und die Zusammenarbeit der Stadtwerke mit einem Investor gefördert, dessen Geschäftspraktiken fragwürdig seien. Wie berichtet, würde Juwi die Windräder bauen und die Stadtwerke würden sie übernehmen. Weigel plädierte dafür, so zu verfahren wie sonst üblich: Den Flächennutzungsplan fortzuschreiben, dabei ein Vorranggebiet für Windkraft auszuweisen, für das potenzielle Investoren dann Bauan- Wirft nun auch auf Neustadt lange Schatten: die Debatte um Standorte für Windräder. träge einreichen könnten und diese unter anderem unter Beteiligung der Öffentlichkeit geprüft würden. Daneben kritisierte Weigel, dass die Ausnahme nur deshalb komme, weil die Standorte eigentlich nicht rentabel seien. Daher müssten noch 2016 Nägel mit Köpfen gemacht werden, weil sich die öffentlichen Fördermittel danach reduzieren könnten. Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, warum Juwi und Stadtwerke nicht vorab eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorlegen könnten. Die Befürworter der Ausnahmegenehmigung konnten keines dieser Argumente nachvollziehen. Und sie reagierten empört, weil sie die Ausführungen Weigels zu Juwi als üble Nachrede einstuften. Sowohl Gisela Brantl (SPD) als auch Barbara Hornbach (Grüne) nahmen die Stadtwerke in Schutz: Diese hätten sich durchaus Gedanken gemacht und sich bewusst für Juwi entschieden. „Wir wollen starke Stadtwerke mit guten Gewinnen und haben Vertrauen in die Geschäftsführung“, so Hornbach. Mit dem WindparkProjekt werde ihnen ermöglicht, sich unter Umständen ein neues Geschäftsmodell zu eröffnen. Denn die Situation auf einem sich verändernden Energiemarkt sei nicht einfach. Dass Gutachten, Bürgerbeteiligung und mehr nicht kommen würden, wies Oberbürgermeister Hans Georg Löffler (CDU) zurück: Das geschehe über die Prüfung gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz. Er verwies auch darauf, dass einer der Standorte ohnehin in einem fortge- ARCHIVFOTO: M. HOFFMANN schriebenen Flächennutzungsplan liegen würde, der andere nur knapp daneben. Wegen des Immissionsschutz-Prüfverfahrens sei es derzeit auch nicht möglich, die Rentabilität fundiert zu belegen, ergänzte Volker Lichti (CDU). Denn damit könnten Auflagen und folglich auch zusätzliche Kosten verbunden sein. Nur die FDP stimmte grundsätzlich gegen das Projekt: Sie lehnt, wie berichtet, Windräder auf Neustadter Gemarkung ab – wegen des Landschaftsschutzes und fehlender Wirtschaftlichkeit. Fraktionschef Matthias Frey sagte zudem mit Blick auf das Argument, mit der Ausnahme werde nicht der Bau genehmigt: „Wenn so ein Projekt angestoßen ist, fühlt man sich auch gebunden, es fortzusetzen.“ (ahb) KOMMENTAR •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• VON ANKE HERBERT •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• — NR. 18 Die Debatte über Windräder hat jetzt auch Neustadt erreicht. Wie schwierig die Frage ist, zeigt die Zerrissenheit des Stadtrats. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen im Land ist Neustadt bisher von harten Windkraftdebatten verschont geblieben. Das hat sich nun geändert. Mit seiner Entscheidung, eine Ausnahme vom Flächennutzungsplan zu erlauben, gab der Stadtrat gestern zudem den Startschuss für weiteren Streit spätestens dann, wenn das Projekt konkret wird. Neustadt war bislang außen vor, weil bereits das Land entschieden hat, den Haardtrand bis zu einer gewissen Tiefe frei von Windrädern zu halten. Außerdem hat es mittlerweile eingelenkt und ebenso untersagt, dass sich die Rotoren in bewaldeten und unzerschnittenen Bereichen des Biosphärenreservats Naturpark Pfälzerwald drehen. Womit auch ein letztes Neustadter Zipfelchen beim Esthaler Ortsteil Erfenstein vom Tisch ist. Bleibt der Bereich östlich von Mußbach in der Ebene. Für diesen hat der Stadtrat jetzt Tür und Tor geöffnet, auch wenn er davon spricht, dass mit der Ausnahmegenehmigung nichts entschieden sei. Aber warum sollte er einen Rückzieher machen, wenn die Stadtwerke und die Firma Juwi zu dem Ergebnis kommen, dass sich das Projekt rechnet? Wird er dann noch fragen, ob das auch mit weniger Subventionen möglich und nur dann seriös wäre? Die Stadtwerke zu stützen, ist legitim. Aber ebenso legitim wäre es zu fragen, ob sie nicht in Projekte investieren können, die in Sachen Windkraft unzweifelhaft Sinn ergeben – und nicht zwingend auf Neustadter Gemarkung liegen müssen. Vom schwierigen Rechnen bei Flüchtlingszahlen Warum dem Grunde nach gute Initiativen der Landesregierung für Verwirrung sorgen können VON ANKE HERBERT Vergangenen Oktober zählte Neustadt 426 Asylsuchende. Anfang dieses Jahres waren es 577. Rund zwölf Wochen liegen dazwischen. Womit pro Woche etwa zwölf Flüchtlinge dazugekommen wären – obwohl es nach den Zahlen, die das Land Rheinland-Pfalz stets genannt hat und gemäß dem Verteilungsschlüssel für Neustadt 21 bis 26 Neuzugänge wöchentlich hätten sein müssen. Allein bis Jahresende 2015 hatte die Stadt deshalb mit insgesamt 700 Flüchtlingen gerechnet. Kein Wunder also, dass am Mittwoch eine Pressemitteilung aus der Mainzer Staatskanzlei für leichte Verwirrung sorgte. Darin spricht Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) davon, dass die Kommunen entlastet würden. Weil das Land ihnen künftig weniger Asylsuchende pro Woche zuweisen wolle. Warum, Mögliche erste Station: Ex-Kaserne in Kusel. ARCHIVFOTO: M. HOFFMANN Mögliche zweite Station: Flüchtlingsheim in Haardt. ARCHIVFOTO: LM sagt sie auch. Erstens: Die Anzahl an Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen, habe sich derzeit leicht reduziert, ob das so bleibt, sei allerdings ungewiss. Zweitens: In Rheinland-Pfalz würden zusätzli- che Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen demnächst fertiggestellt. Zur Erinnerung: 2012 gab es eine Erstaufnahmeeinrichtung (Trier) mit 700 Plätzen, heute sind es 26 mit 13.000 belegten und 2000 frei- en Plätzen. Drittens: Flüchtlinge sollen länger in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben – nämlich bis zu drei Monaten. Vor allem deshalb, um einen Entscheid über den Aufenthaltsstatus abzuwarten. Im Herbst jedoch hatte der Bundestag ein geändertes Asylgesetz verabschiedet, wonach es bei Menschen aus nicht sicheren Ländern bis zu sechs Monate sein sollen. Nach aktueller Datenlage geht die Landesregierung davon aus, dass die Zuweisungszahlen an die Kommunen ab Februar gedrosselt werden können: Statt 1500 sollen es 1000 pro Woche sein, was für Neustadt 14 wöchentliche Neuzugänge bedeuten würde. Was nicht weniger, sondern zwei mehr wären als zurzeit. Was Kommunen wie Neustadt befürchten, liegt auf der Hand: eine Art Flüchtlingsstau in den Erstaufnahmeeinrichtungen, der voraussichtlich ab April/Mai mit Vehe- menz in die Städte und Kreise abfließt. Deshalb stoppt Neustadt die Suche nach Wohnraum nicht; neben dem Aus- und Neubau von Gemeinschaftsunterkünften geht es auch weiterhin um Wohnungen auf dem privaten Markt. Was das Land allerdings auch nicht leugnet: Bei der Kapazitätsplanung stünden die Kommunen derzeit unter vergleichbarem Druck wie das Land im vergangenen Jahr, betont Dreyer. Was genau aber die Pressemitteilung der Staatskanzlei nun bedeuten soll, bleibt unbekannt. Eine Nachfrage hat (noch) keine Antwort erbracht. Klar ist nur, dass ein Vorschlag der CDU aus kommunaler Sicht auch nicht gerade zielführend wäre: Parteichefin Julia Klöckner hatte am Dienstag gefordert, erst einmal darauf zu verzichten, den Kommunen Flüchtlinge zuzuweisen. Eine Bugwelle aber würde das ebenso wenig verhindern. ANZEIGE 9293214_10_1 neu_hp13_lk-stadt.01
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