Islamischer Staat wirbt im Kosovo um Kämpfer | Manuskript Islamischer Staat wirbt im Kosovo um Kämpfer Bericht: Arndt Ginzel Vor seiner Ausreise nach Syrien war Valdet Gashi aus Baden-Württemberg ein talentierter Sportler; zwei Mal gewann er den Welt- und Europameistertitel im Kickboxen. Im Januar schloss sich der damals 28-Jährige den Kämpfern des selbsternannten Islamischen Staates an. Anfang Juli dann die Todesnachricht. Noch ist unklar, ob er wirklich ums Leben gekommen ist. Eindeutig hingegen sind die Spuren seiner Radikalisierung. Im Internet pflegte Gashi Kontakte zu extremen Islamisten, sah sich Reden radikaler Prediger vom Balkan an. Ob Gashi auch durch die Propagandavideos des IS beeinflusst wurde, wissen wir nicht. Zumindest aber gehörte der gebürtige Kosovare zur Zielgruppe. Wie in diesem aktuellen Propagandavideo wirbt der IS intensiv um Kämpfer – auch um Balkan stämmige Migranten. Werbevideo: Wenn Du kannst, lege einen Sprengsatz unter ihre Autos, in ihre Häuser. Wenn du kannst, vergifte ihr Essen oder ihr Trinken. Tötet sie, vergiftet sie. Tötet sie, wo immer ihr seid. Terrordrohungen auf Albanisch. Bewusst setzt der IS in seinen Rekrutierungsvideos auf albanische und bosnische Kämpfer, erklärt der Südosteuropa-Professor Florian Bieber. Ziel seien nicht nur die Länder des Balkans. Professor Florian Bieber: Wichtig ist, dass die meisten von ihnen nicht Arabisch sprechen können, das heißt da ist diese Rekrutierung in der Sprache auf Albanisch, auf Bosnisch ganz entscheidend. Wenn man sie nicht direkt ansprechen kann, dann ist auch nicht die Möglichkeit, sie direkt zu rekrutieren für derartige Ideen. Somit sind also die Rekrutierungsvideos die auf Bosnisch, auf Albanisch gedreht werden ganz entscheidend und natürlich richten sie sich sowohl an jene Bevölkerung albanischen oder slawischen Hintergrundes in den Ländern der Region selbst, wie auch in Westeuropa, wenn sie aus diesen Ländern kommen. Dass die Hasspropaganda bis nach Deutschland strahlt, hat hierzulande der erste islamistische Anschlag mit Todesopfern gezeigt. 2011 erschoss ein Mann aus dem Kosovo in Frankfurt zwei US-Soldaten. Wir reisen ins Kosovo. Derzeit eine Hochburg der militanten Islamistenszene - Gemessen an der Einwohnerzahl stammen die meisten ausländischen Syrien-Kämpfer von hier. Seit Wochen fürchten Sicherheitsbehörden Anschläge. Öffentliche Veranstaltungen wurden abgesagt, an den Grenzen wird schärfer als sonst kontrolliert. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 Islamischer Staat wirbt im Kosovo um Kämpfer | Manuskript Wie konkret die Bedrohung ist, erfahren wir während der Dreharbeiten. Terroralarm an einem zentralen Wasserwerk von Pristina. Die Ermittlungsbeamten sind angespannt. Übersetzerin: Sie haben sich bewegt und danach wurden sie beobachtet. Reporter: Ist dort oben noch etwas zu sehen? Ich will meine Arbeit nicht verlieren, sagt er. Ein unglaublicher Verdacht: Pristinas Trinkwasserversorgung - so fürchten die Beamten könnte ein mögliches Anschlagsziel gewesen sein. Nachts wurden hier mehrere Männer festgenommen. Unter den fünf Verhafteten auch Syrien-Rückkehrer. Angst und Schrecken verbreiten, ist das Ziel von Terror. Artan Haraqija: Ich glaube, das sind die Leute Artan Haraqija ist Journalist; seit Jahren berichtet er kritisch über die Islamistenszene in seinem Land. Inzwischen muss er um sein Leben fürchten, erzählt er uns. Artan Haraqija: Nachricht privat, private Nachricht auf mein Facebook: Diese Person Johann Kresil sagt: Den Hurensohn soll man enthaupten, wie ISIS macht mit den Journalisten in Syrien. Mitverantwortlich für den Hass und die Rekrutierungen seien vor allem die radikalen Imame, die ihre Botschaften auch im Netz verbreiten. Artan Haraqija, Journalist: Und dann siehst Du all diese Videos zum Beispiel von diesen Imamen im Kosovo oder irgendwo auf der Welt, in Bosnien oder Balkan oder Europa, die voller Hass sind für alle anderen Leute. Also die Vorbereitung beginnt in diese andere Länder zum Beispiel im Kosovo oder in Bosnien oder Albanien oder irgendwo. Und dann, wenn die bereit sind, andere auch zu töten, dann sie werden nach Syrien oder in den Irak geschickt. Sommer 2014. Ermittler durchkämmen Hinterhofmoscheen und Islamistentreffpunkte an mehreren Orten. Es werden mutmaßliche IS-Unterstützer, ehemalige Syrienkämpfer und Imame verhaftet. Das Gefühl vieler junger Islamisten greift Gold AG auf. So nennt sich dieser Rapper. Vor kurzen gastierte er auch in Hannover. Er verachtet Ungläubige und lehnt die europäische Rechtsstaatsmission Eulex im Kosovo ab, der auch deutsche Beamte angehören. Weltweit klickten 7 Millionen das Video an. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 Islamischer Staat wirbt im Kosovo um Kämpfer | Manuskript Professor Florian Bieber, Universität Graz: Es ist aus diesem Gefühl der Benachteiligung oder auch Angst und der Frustration heraus, aus dem Islamischer Staat seine Möglichkeiten schöpft und die bietet sich im Balkan natürlich an, das heißt Balkan ist ein attraktiver Rekrutierungsboden für den Islamischen Staat. Wir fahren nach Kacanik. Viele Syrien-Kämpfer wurden inzwischen angeklagt, ein Großteil kommt aus dieser Gegend; es ist auch die Heimat des weltweit gesuchten IS-Schlächters: Lavdrim Muhaxheri. Seine grausamen Hinrichtungen erschütterten die Weltöffentlichkeit. Keiner weiß, ob Muhaxheri noch am Leben ist. Seit einigen Monaten ist er von der Bildfläche verschwunden. Seine Rekrutierungsvideos richten sich an muslimische Albaner weltweit. Unter den 50.000-Einwohnern von Kacanik grassiert die Arbeitslosigkeit, für die Jugend gibt es wenig zu tun. Auch ihn zog es nach Syrien. Ehemaligen Kämpfern drohen bis zum 15 Jahren Haft. Senad - so nennen wir ihn – will daher nicht identifizierbar sein. Senad: Muhaxheri kannte ich seit meiner Schulzeit. Bevor ich mich entschloss nach Syrien zu gehen, traf ich ihn. Er erzählte mir und anderen, was dort los ist. Lavdrim Muhaxheri schloss sich bereits 2012 der Al-Quaida nahen Al-Nusra-Front in Syrien an. 2013 kehrte er für kurze Zeit nach Kacanik zurück, bevor er sich dem IS anschloss. Er soll einer der führenden Köpfe bei einem Verband namens Islamische Jugend gewesen sein - ein Sammelbecken junger Islamisten. In den Reihen des Verbandes fand Muhaxheri schließlich neue Kämpfer. Auch dieser Mann ließ sich darauf ein. Wir nennen ihn Ibrahim. Die fanatischen Kämpfer flößten ihm Angst ein. Er floh er aus Syrien. Ibrahim: Sie suchen den Tod um jeden Preis. Diese Leute sagen jeden Tag, ich hoffe, dass ich heute sterben werde. Gott mach mich zum Märtyrer! Wenn sie in den Kampf ziehen, sehen sie keine Kugeln - Eigentlich sehen sie auch kein Leben. Das Jihadisten-Netzwerk von Kacanik reicht weit. FAKT hat Einblick in kosovarische Ermittlungsakten genommen. Darin taucht auch ein Deutsch-Kosovare aus Siegburg auf, er soll 2012 nach Syrien gereist sein. Längst hat die deutsche Islamistenszene den Balkan entdeckt. Von besonderem Interesse: Bosnien. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3 Islamischer Staat wirbt im Kosovo um Kämpfer | Manuskript Besuch eines Bonner Salafistenführers bei seinen Glaubensbrüdern. Bemerkenswert auch eine Spendenaktion des vom Verfassungsschutz beobachteten Hilfswerks Ansaar International. Das gesammelte Geld solle dem bosnische Dorf Gornja Maoca zugutekommen, sagt er. Ansaar: Düsseldorf: Dort die Leute sollen, wie soll ich sagen, sollen gläubige, fromme Leute sein, das heißt, das Dorf hat einen guten Ruf. Und so sah es in Gornja Maoca kürzlich noch aus: IS-Fahnen wehen über dem Dorf, für das deutsche Islamisten Geld sammelten. Die Vision des Kalifats: Der Balkan als Einfallstor nach Europa? Professor Florian Bieber, Universität Graz: Im Balkan ist das Potenzial zumindest, sind Kosovo, sind Albanien, sind Bosnien Herzegowina mehrheitlich Muslimische Länder und damit ist zumindest die Idee, die Möglichkeit gegeben dass dieses Staaten sich dem Islamischen Staat oder dem Kalifat anschließen wird, auch wenn man natürlich real gesehen sich anschauen muss, dass diese Vorstellung völlig absurd ist. Längst real sind auf dem Balkan ausgefeilte Rekrutierungsstrukturen, Unterstützernetzwerke des IS und eine Islamistenszene mit besten Kontakten nach Deutschland. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 4
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