NR. 4 // 23. März 2015 Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung 18.03.2015 Referentenentwurf Referentenentwurf für ein Hospiz- und Palliativgesetz liegt vor Die palliative Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen wird mit dem geplanten „Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland“ integraler Bestandteil der Krankenbehandlung nach dem Sozialgesetzbuch. Auch die pflegerischen Maßnahmen der Sterbebegleitung sollen als Leistung der Pflegeversicherung verankert werden. Der jetzt vorliegende Referentenentwurf setzt im Wesentlichen die parteiübergreifend konsentierten Eckpunkte von November 2014 um. Zum Download Referentenentwurf Hospiz- und Palliativgesetz Versicherte erhalten gegenüber ihrer Krankenkasse einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung bei der Auswahl und Inanspruchnahme von Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung. Die Kassen sollen sich dabei mit anderen Beratungsstellen sowie an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern abstimmen und die Versicherten über die von ihnen abgeschlossenen Verträge zur Palliativversorgung informieren. Vorgesehen ist, dass die Kassen die Aufgabe der Beratung und Hilfestellung grundsätzlich selbst wahrnehmen, es sei denn, andere Leistungserbringer erbringen sie wirtschaftlicher. Ausgeschlossen sind jedoch private Dritte. Vollstationäre Pflegeeinrichtungen können Versicherten in Zukunft eine so genannte „Gesundheitliche Versorgungsplanung zum Lebensende“ anbieten: Dabei soll eine Beratung über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung am Lebensende erfolgen und Hilfen und Angebote der Sterbebegleitung aufgezeigt werden. Das Beratungsangebot wird von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. Mit dem Gesetz sollen die allgemeine ambulante Palliativversorgung und die Vernetzung der unterschiedlichen Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung gestärkt werden. Im vertragsärztlichen Bereich werden dafür zusätzlich vergütete Leistungen für die Koordination und die Steigerung der Qualität eingeführt. Ärzte sollen sich an einem gemeinsamen Fallmanagement mit anderen ambulanten und stationären Leistungserbringern beteiligen. Voraussetzung für die Abrechnung der besonderen medizinischen Leistungen ist eine spezifische Qualifikation der Ärzte. Weil die Versorgung mit spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV) besonders in ländlichen Regionen weiter gefördert werden soll, will der Gesetzgeber ein Schiedsverfahren zur Beschleunigung von Vertragsabschlüssen zur SAPV etablieren. Gleichzeitig stellt er klar, dass die SAPV auch gemeinsam mit der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung von den Kassen in Selektivverträgen geregelt werden kann. Damit könnten Schnittstellenprobleme zwischen den beiden Versorgungsbereichen überwunden und den Vertragspartnern mehr Gestaltungsspielräume gegeben werden, so der Entwurf. Die finanzielle Ausstattung stationärer Hospize für Erwachsene soll verbessert werden: Die Krankenkassen werden künftig 95 statt bisher 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten übernehmen. Der kalendertägliche Mindestzuschuss für stationäre Hospize soll von 198,45 Euro (2015) auf 255,15 Euro erhöht werden (eine Steigerung von 7 auf 9 Prozent der monatlichen Bezugsgröße und damit um einen Prozentpunkt höher als noch in den Eckpunkten). Vollstationäre Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, Kooperationsvereinbarungen mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten abzuschließen (bisher „Kann“-Regelung). Die Teilnahme der Ärztinnen und Ärzte an Kooperationsverträgen wird finanziell gefördert. BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected], Tel. 030-25331-443012 Seite 1 von 4 NR. 4 // 23. März 2015 Anstelle von bundesweit kalkulierten pauschalierten Entgelten (DRG) können stationäre Einrichtungen zukünftig krankenhausindividuelle Entgelte für die Palliativversorgung vereinbaren. Für Palliativstationen reicht dazu ein schriftlicher Antrag. Bei der Versorgung von schwerstkranken Menschen sind inzwischen große Fortschritte erzielt worden. Dennoch müssen die Hospiz- und die Palliativversorgung weiter verbessert werden. Auch in ländlichen Regionen müssen flächendeckende Angebote zur Verfügung stehen. Dabei sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die verschiedenen Angebote aufeinander abgestimmt und keine Doppelstrukturen aufgebaut werden. Präventionsgesetz Präventionsgesetz – Gegenäußerung der Bundesregierung 17.12.2014 Kabinettsbeschluss In ihrer Gegenäußerung hat die Bundesregierung die Empfehlungen des Bundesrates zum Präventionsgesetz im Großen und Ganzen abgelehnt. Ein Vorschlag der Länderkammer war, die Private Krankenversicherung zu Präventionsmaßnahmen zu verpflichten (wir berichteten, Berlin kompakt 02/2015). Nach Auffassung der Bundesregierung würde es sich dabei jedoch um Eingriffe in die Vertragsfreiheit handeln, eine Ergänzung im Versicherungsvertragsrecht sei daher ohne „vertiefte verfassungsrechtliche Prüfung“ nicht möglich. Auch die Vorschläge des Bundesrates zu Präventionsmaßnahmen in der Pflege, etwa die Erhöhung des Mitteleinsatzes von 0,30 Euro auf 0,70 Euro pro Versichertem, lehnt die Bundesregierung ab. Prüfen wird sie dagegen die Forderung, einen Mechanismus dafür zu entwickeln, dass Krankenkassen den im Gesetz vorgesehenen Mindestwert für Prävention in den nichtbetrieblichen Lebenswelten – geplant sind 2 € pro Versichertem – „tatsächlich verausgaben“. Regelungen für die von Kranken- oder Pflegekassen im betrieblichen Setting und der Pflege nicht ausgegebenen Mindestwerte sind bereits im Gesetzentwurf vorgesehen. Die Bundesregierung greift den Vorschlag auf, den Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) klarer zu formulieren, um eine direkte Intervention der BZgA (und damit Parallelstrukturen) in den Lebenswelten zu vermeiden. Auch mit der Einbeziehung der für Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden zur Verbesserung der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) folgt die Bundesregierung dem Votum der Länderkammer. Qualität muss das bestimmende Merkmal der Präventionsangebote der Krankenkassen in den betrieblichen und nicht-betrieblichen Lebenswelten bleiben. Die Festsetzung von fixen Budgets wird daher weiter abgelehnt. Prävention und Gesundheitsförderung werden von der Bundesregierung als gesamtgesellschaftliche Aufgaben anerkannt. Leider greift die Bundesregierung eine mögliche Konsequenz daraus jedoch nicht auf: die auch von den Bundesländern geforderte Einbeziehung der Privaten Krankenversicherung. 20.03.2015 1. Lesung Bundestag 22.04. bzw. 06.05.2015 Bundestagsanhörung 18.06. bzw. 19.06.2015 2./3. Lesung Bundestag Zum Download Gegenäußerung Bundesregierung Leistungsgesetze führen zu hohem Ausgabenanstieg *Zum Download Bericht Lutz Stroppe Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aufgrund ihrer Finanzreserven von rund 28 Mrd. Euro auf einer soliden Grundlage. Dies sei „auch ein Ergebnis einer sorgfältig abwägenden Gesundheitspolitik, die Einnahmen und Ausgaben gleichermaßen im Blick“ behalte, so Minister Hermann Gröhe anlässlich der Veröffentlichung der GKV-Finanzergebnisse des Jahres 2014. So distanzierte sich Lutz Stroppe, Staatssekretär im BMG, in einem Bericht* an den Ge- BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected], Tel. 030-25331-443012 Seite 2 von 4 NR. 4 // 23. März 2015 * Defizit in Höhe von 1,2 Mrd. Euro. Hierin enthalten sind beispielsweise auch die Prämienausschüttungen von einzelnen Kassen sowie die Ausgaben für zusätzliche Satzungsleistungen, die nicht über Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Kassen zurückfließen. Das um diese Sondereffekte bereinigte Defizit der Kassen, also die Differenz zwischen Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Kassen und den tatsächlichen Ausgaben der GKV, beträgt 770 Mio. Euro. sundheitsausschuss deutlich von den Äußerungen Maximilian Gaßners, die dieser in seiner Funktion als Präsident des Bundesversicherungsamtes gemacht hat: Gaßner argumentierte, dass die Ausgaben der Kassen für Medikamente, Arzthonorare oder Kliniken schon jetzt schneller als die Einnahmen stiegen, viele Kassen müssten deshalb bereits an ihre Reserven gehen. Bei gleichbleibender Entwicklung sei bis zum Jahr 2020 ein Defizit von rund 25 Mrd. Euro zu erwarten. Im Jahr 2020 müssten die Kassen deshalb voraussichtlich einen zusätzlichen Beitragssatz von durchschnittlich 2,2 oder 2,3 Prozentpunkten von ihren Versicherten verlangen. Tatsächlich weist die GKV nach den vorläufigen Finanzergebnissen im Jahr 2014 erstmals seit drei Jahren wieder ein Defizit* aus. Der Ausgabenanstieg liegt seit 2013 wieder auf einem hohen Niveau (zum Vergleich: 2011: + 2,0 % je Versicherten; 2012: + 2,4 % ; 2013: + 5,0 %; 2014: 4,9 % ). So öffnet sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen weiter. In den kommenden Jahren werden nach den derzeitigen Prognosen die steigenden Ausgaben nicht durch die Einnahmen gedeckt werden können. Auch die aktuelle Gesetzgebung – unter anderem zur ambulanten und stationären Versorgung, zur Prävention und zur Telematik - wird zu umfangreichen Ausgabensteigerungen führen, die von Relevanz für die zukünftige Höhe des Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung sein werden. Die gesetzliche Krankenversicherung verfügt derzeit in der Tat noch über Reserven. Allerdings unterscheidet sich die Höhe der Rücklagen von Kasse zu Kasse. Angesichts der deutlichen Ausgabenentwicklung müssen die politisch Verantwortlichen für die Auswirkungen der Ausgabensteigerungen sensibilisiert werden. Der Gesetzgeber ist gefordert, einen besonderen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung der Qualität in der Versorgung zu legen: So werden im stationären Bereich noch immer Strukturen finanziert, die schlechte Qualität hervorbringen. So sollten zum Beispiel schlechte Leistungen nicht mit Abschlägen versehen, sondern gar nicht vergütet werden. Nachrichten aus Europa Datenschutz-Grundverordnung Die Justiz- und Innenminister der Europäischen Union haben sich Mitte März auf weitere Teile einer Datenschutz-Grundverordnung verständigt („partielle Einigung“). Danach soll für den Umgang mit Sozial- und Gesundheitsdaten nun doch bereits in den Grundsätzen der Verordnung eine Ausnahmeregelung geschaffen werden. Nationale Datenschutzbestimmungen sollen Vorrang vor einer europäischen Regelung haben. Die Vorgaben des Sozialgesetzbuchs wären damit auch weiterhin maßgeblich für die Verarbeitung von Daten für die Gesundheitsversorgung durch die Sozialversicherungsträger. Sobald sich der Ministerrat auf einen Gemeinsamen Standpunkt zur DatenschutzGrundverordnung verständigt hat, ist der Weg für die so genannten Trilogverhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament frei. Transparenzrichtlinie Die EU-Kommission unter Vorsitz von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nimmt den Vorschlag für eine Richtlinie zur „Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Humanarzneimitteln und ihrer Aufnahme in die staatlichen Kranken- BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected], Tel. 030-25331-443012 Seite 3 von 4 NR. 4 // 23. März 2015 versicherungssysteme“ zurück. Dies kündigt die Kommission in ihrem ersten Arbeitsprogramm mit dem Titel „Ein neuer Start“ für das Jahr 2015 an. Mit der so genannten Transparenzrichtlinie hatte die Kommission einen schnelleren Marktzugang für Arzneimittel in den Mitgliedstaaten schaffen wollen. Zum Download Termine Gesetzgebung Termine laufender Gesetzgebungsverfahren BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected], Tel. 030-25331-443012 Seite 4 von 4
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