Arbeitsblatt 10.3

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Kapitel 10
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Die überholte These
von der Allmacht der Medien:
Das Stimulus-Response Modell
B. F. Skinner (1904 – 1990) hat das Stimulus-Response-Modell (Reiz-Reaktions-Modell)
zur Erklärung von Medienwirkungen herangezogen.
Diese Interpretation besagt, »dass sorgfältig gestaltete Stimuli jedes Individuum
der Gesellschaft über die Massenmedien auf die gleiche Weise erreichen, dass jedes
Gesellschaftsmitglied die Stimuli in der gleichen Weise wahrnimmt und als Ergebnis bei
allen Individuen eine identische Reaktion erzielt wird« (Schenk, Tübingen 1987, S. 22).
Dabei handelt es sich bei den Rezipientinnen und Rezipienten um »eine Masse von
Millionen voneinander isolierter Individuen, die als Leser, Kinobesucher oder Radio­hörer
diese Botschaften aufnehmen« (Vollbrecht, Weinheim 2001, S. 103).
Medienwirkungen im Stimulus-Response Modell
S Stimulus
monokausal
Medienbotschaft
>
Medialer Reiz
direkt unvermittelt >
R Response
>
>
Medienwirkung
Reaktion
Seine hohe Popularität verdankte das S-R-Modell dem Zusammentreffen von bestimm-
ten Faktoren:
– Es passte zu dem Anfang und Mitte des vorigen Jahrhunderts verbreiteten Menschenbild und den darin enthaltenen Vorstellungen über die menschliche Natur, wie sie
sich die Psychologie der Jahrhundertwende vorstellte. Danach wurde der Mensch als
ein Wesen betrachtet, das von instinktgeleiteten und biologisch ver­ankerten Trieben
beherrscht wird, die bewusst nicht zu steuern sind. Die Annahme anthropologischer
Konstanten führt dabei in der Konsequenz zur Behauptung, dass wegen ihrer Vererbtheit alle Individuen auf die gleichen Reize (Stimuli) ähnliche Reaktionen zeigen.
– Es spiegelte herrschende Auffassungen über die innere Verfasstheit moderner
Industriegesellschaften wider, die sich in den Augen vieler Zeitgenossinnen und
Zeitgenossen zu einer »Massengesellschaft« mit millionenfachen Individuen ent­
wickelte. Dazu kam die Vor­stellung, dass diese Individuen angesichts des Zerfalls
sozialer Netze und des Verlustes von Orientierung durch die Religion mehr und
mehr außen­geleitet seien.
medienwirkung
Arbeitsblatt aus dem wdr-Arbeitsbuch Medienkompetenz:
»Radio, Fernsehen, Internet und was dahintersteckt«
Vgl. Bonfadelli, Konstanz 2004, S. 30/Schenk, Tübingen 1987, S. 23
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Vgl. Schenk, Tübingen 1987, S. 23 f.
– Es fügte sich in ein politisches Klima und einen politisch-sozialen Kontext, in dem
die zu Propagandazwecken benutzten Medien aus unterschiedlichen Gründen mit
einfachen Kausalitätsmodellen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen
konnten.
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Vgl. Jäckel, Wiesbaden 2005, S. 62
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Die überholte These
von der Allmacht der Medien:
Das Stimulus-Response Modell
Mit Voranschreiten der Mediengesellschaft erwies sich das S-R-Modell als nicht
mehr haltbar. Die Grundannahme, dass ein Stimulus immer in gleicher Art und Weise
wahrgenommen wird und darum die Reaktion bei allen Individuen gleich ist, stellte sich
als zu eingeschränkte Definition heraus, vor allem im Kontext modernen Mediennutzungsverhaltens.
Die vom Behaviourismus geprägte Sicht auf Medienwirkungen wurde weiterentwickelt
und führte zu neuen Wirkungsmodellen. Ein erster Schritt war die Modifikation des S-RModells durch Edward C. Tolman: Er fügte zwischen Stimulus und Reaktion ein O für
Organismus ein und brachte damit zum Ausdruck, wie relevant innere Einstellungen,
Wünsche und Meinungen des Individuums für den Verbund von Reiz und Reaktion sind.
Die Allmachtsthese der Medienwirkung hat heutzutage für die Forschung keine Bedeutung
mehr. Das Modell kann »allenfalls noch als eine adäquate Beschreibung der Richtung des
Kommunikationsprozesses verstanden werden« (Jäckel, Wiesbaden 2005, S. 65).
Und doch trifft man offenbar immer noch Fürsprecher/innen, die das S-R-Modell für
Manipulationstheorien heranziehen, insbesondere um die negativen Wirkungen des
Fernsehens zu belegen (vgl. Bonfadelli, Konstanz 2004, S. 30).
Arbeitsaufträge
> Erläutern Sie das Stimulus-Response Modell in eigenen Worten.
> Erklären Sie, vor welchen historischen Hintergründen das Modell Verbreitung fand und welche Entwicklungen als Bestätigung der These angesehen werden.
> Das Modell wurde wegen seiner Einfachheit oft kritisiert.
Welche Faktoren müssten Ihrer Meinung nach ergänzt werden?
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Arbeitsblatt aus dem wdr-Arbeitsbuch Medienkompetenz:
»Radio, Fernsehen, Internet und was dahintersteckt«
> Erklären Sie, warum das Modell in der heutigen Medienwirkungsforschung
keine Bedeutung mehr hat.
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