Erkennen von Sonoritätsprofilen trotz low-‐pass

Erkennen von Sonoritätsprofilen trotz low-­‐pass-­‐Filter möglich Patrick Mross, Ruben van de Vijver & Dinah Baer-­‐Henney Heinrich-­‐Heine-­‐Universität Düsseldorf In verschiedenen Studien wird angenommen, dass Sprecher Wissen über ihnen unbekannte sprachliche Muster haben (Berent et al. 2007; Berent & Lennertz, 2007). Sprecher des Englischen wissen, dass in wortinitialen Clustern Rises am wenigsten markiert sind, gefolgt von Plateaus und Falls, die am stärksten markiert sind. Laut den Autoren kann dieses Wissen nicht erlernt sein, da die Phonotaktik des Englischen weder Plateaus noch Falls erlaubt und bereits Neugeborene dieses Wissen haben (Gómez et al., 2014). Das Gehör von Ungeborenen funktioniert jedoch schon im 7. Monat der Schwangerschaft, so dass ungeborene Kinder bereits gefiltertes Sprachsignal wahrnehmen können, das durchaus akustische Informationen über Konsonantenkombinationen enthält. Die Frage ist, ob es möglich ist durch das gefilterte Sprachsignal Sonoritätsprofile in Konsonantenclustern zu identifizieren. Unsere Studie soll untersuchen, wie viel Informationen durch einen low-­‐pass-­‐Filter von 400 Hz gelangen. Dabei orientieren wir uns an Studien, die das im Mutterleib ankommende Signal simulieren (Mehler et al., 1988; Nazzi et al., 1998). In unserem ABX Diskriminationsexperiment hörten 20 deutsche Erwachsene die gleichen Stimuli wie in Berent et al. (2007). Die Stimuli wurden von einer russischen Muttersprachlerin neu eingesprochen und anschließend mit dem low-­‐pass-­‐Filter bearbeitet. Die meisten deutschen Onsetcluster enthalten einen Rise. Die Stimuli jedoch teilten sich in Rises, Plateaus und Falls. Die Versuchspersonen hörten pro Durchgang zwei ungefilterte Stimuli mit unterschiedlichem Sonoritätsprofil hintereinander, gefolgt von einem gefilterten Stimulus, der einem der ungefilterten Stimuli entsprach. Die Versuchspersonen mussten den gefilterten Stimulus dem ungefilterten korrekt zuordnen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Versuchspersonen bei allen Sonoritätsprofilen dazu in der Lage waren, siehe Abb. 1. Wir konnten zeigen, dass ein low-­‐pass-­‐Filter von 400 Hz genügend Informationen überträgt, um Sonoritätsprofile zu kategorisieren. Ungeborenen Kindern stehen also bereits relevante akustische Informationen zur Verfügung. Zur Annahme, dass das Wissen über die Markiertheit von Sonoritätsprofilen angeboren ist, kann die alternative Annahme aufgestellt werden, dass dieses Wissen Folge von pränatalem Lernen sein könnte. Abb.1: mittlere Identifikationsrate mit 1.96 SE pro Sonoritätsprofil; rote Linien markieren den Bereich vom Rateniveau. Literatur Berent, I. & Lennertz, T. (2007). What we know about what we have never heard before: Beyond phonetics: Reply to Peperkamp. Cognition, 104(3), 638–643. Berent, I., Steriade, D., Lennertz, T., & Vaknin, V. (2007). What we know about what we have never heard: Evidence from perceptual illusions. Cognition, 104(3), 591–630. Gómez, D. M., Berent, I., Benavides-­‐Varela, S., Bion, R. A., Cattarossi, L., Nespor, M., & Mehler, J. (2014). Language universals at birth. Proceedings of the National Academy of Sciences, 111(16), 5837–5841. Mehler, J., Jusczyk, P., Lambertz, G., Halsted, N., Bertoncini, J., & Amiel-­‐Tison, C. (1988). A precursor of language acquisition in young infants. Cognition, 29(2), 143–178. Nazzi, T., Bertoncini, J., & Mehler, J. (1998). Language discrimination by newborns: Toward an understanding of the role of rhythm. Journal of Experimental Psychology: Human perception and performance, 24(3), 756–766.