Lehrermappe2016 1 - Haus Konstruktiv

Informationsmappe für Lehrpersonen zu den Ausstellungen:
DADA anders ; Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch, Elsa von Freytag-Loringhoven
Ulla von Brandenburg: Manchmal Ja, manchmal Nein
Sadie Murdoch: Sss-Mm
25.2. – 8.5.2016
Inhalt
DADA anders
(S. 2-5)
Ulla von Brandenburg
(S. 6-8)
Sadie Murdoch
(S. 9-10)
Workshops
(S. 11)
Anregungen für die Unterrichtsgestaltung
(S. 12)
Ladina Gerber
Leitung Kunstvermittlung Museum Haus Konstruktiv
[email protected]
Telefon direkt 044 217 70 97
MUSEUM HAUS KONSTRUKTIV
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DADA anders
Elsa von Freytag-Loringhoven, 1915, International News
Photography, © Bettman/Corbis
Sophie Taeuber-Arp in Ascona, 1925, Courtesy Stiftung
Arp e.V., Berlin/Rolandswerth
Sophie Taeuber-Arp, König Hirsch: Clarissa (Replik),
1918/1989, Museum für Gestaltung Zürich,
Kunstgewerbesammlung © ZHdK (Marlen Perez)
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DADA anders
Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch, Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven
kuratiert von Sabine Schaschl, Margit Weinberg Staber und Evelyne Bucher
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der von Zürich ausgegangenen Dada-Bewegung eröffnet
das Museum Haus Konstruktiv das Ausstellungsjahr mit der historischen Gruppenschau «DADA
anders», die sich drei Hauptvertreterinnen der Bewegung – Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch
und Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven – widmet.
In Zürich haben sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei scheinbar gegensätzliche
Kunstrichtungen entfaltet, die die Stadt in den Fokus der Kunstgeschichte rücken sollten: Dada,
am 5. Februar 1916 in der Spiegelgasse 1 gegründet, und die konkrete Kunst, die im Zürich der
1930er Jahre zu einigen ihrer wichtigsten Manifestationen fand. Von beiden Kunstströmungen
gehen bis heute wegweisende Impulse für das internationale Kunstschaffen aus. Und so
unterschiedlich sie erscheinen, weisen sie doch eine entscheidende gemeinsame Schnittstelle
auf: das Streben nach grösstmöglicher Autonomie. Beide brechen radikal mit dem
konventionellen Kunstbegriff ihrer Zeit – Dada in den revolutionären Gesten einer
aktionistischen Anti-Kunst, die konkret-konstruktive Strömung in der konsequenten Befreiung
der künstlerischen Mittel aus ihrer nachbildenden Funktion. Während des Ersten Weltkriegs
wird Zürich zum Zufluchtsort zahlreicher Kriegsgegner. Dada ist deren anarchistische Antwort
auf die Gräuel des Krieges, auf bürgerliche Normen, auf Kunsttraditionen und festgefügte
Rollenmodelle.
In der Ausstellung «DADA anders» richten wir den Fokus auf die drei herausragenden deutschsprachigen
Künstlerpersönlichkeiten Sophie Taeuber-Arp (1889–1943), Hannah Höch (1889–1978) und Elsa von
Freytag-Loringhoven (1874–1927), die die bis anhin eher männlich konnotierte Dada-Bewegung
massgeblich mitgeprägt haben. Gleichzeitig markiert die Auswahl dieser sehr unterschiedlichen
Protagonistinnen auch die drei geografischen Zentren der Dada-Bewegung, die 1916 in Zürich erstmals als
solche benannt wurde, sich nach Berlin ausweitete und in New York ihre amerikanische Ausprägung fand.
Ausschlaggebend für das Ausstellungsprojekt war die Beobachtung, dass zwar einige Frauen im Dada
mitwirkten, sie jedoch oft im Schatten ihrer männlichen Mitstreiter Hans Arp, Raoul Hausmann, Marcel
Duchamp, Man Ray und Tristan Tzara standen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich eine Vielfalt
experimenteller Arbeiten in verschiedenen Medien, wobei insbesondere die multimedialen und performativen
Ansätze der Dada-Frauen noch immer überraschend aktuell erscheinen. Während die Arbeiten von Sophie
Taeuber-Arp und Hannah Höch bis heute weltweit in Ausstellungen gezeigt werden, ist das Œuvre der
«Dada-Baroness» Elsa von Freytag-Loringhoven weitgehend unbekannt. Dabei nahm sie mit ihren skurrilen
Kostümen, radikalen Auftritten, Readymades und visuellen Gedichten eine der provokantesten Positionen
ihrer Zeit ein. Die Ausstellung vereint zahlreiche Werke aus den Jahren 1916–1923, die uns von
bedeutenden Sammlungen aus dem In- und Ausland zur Verfügung gestellt werden.
SOPHIE TAEUBER-ARP
Sophie Taeuber-Arp (1889 geb. in Davos, 1943 gest. in Zürich) gilt heute als eine der vielseitigsten und
experimentierfreudigsten Schweizer Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie war eine wichtige Vertreterin der
Züricher Dadaisten und zugleich eine Pionierin der konstruktiv-konkreten Kunst. Ihr Œuvre umfasst neben
Malerei, Zeichnung, Plastik und Architektur auch Design, Tanz und Szenografie.
1907 tritt sie als Hospitantin in die St. Galler Zeichnungsschule für Industrie und Gewerbe ein, wo sie die
Fächer Dekoratives Malen, Figurenzeichnen, Naturzeichnen, Entwerfen, Ornamentzeichnen, Stillehre und
Kunstgeschichte besucht. Von 1911 bis 1914 absolviert sie eine Weiterbildung am Lehr- und
Versuchsatelier für angewandte und freie Kunst in München sowie an der Hamburger Gewerbeschule.
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1914 zieht sie nach Zürich, wo sie Hans Arp kennenlernt und 1916 ihre Lehrtätigkeit für textiles Entwerfen an
der Zürcher Kunstgewerbeschule aufnimmt. Die Anfänge ihrer künstlerischen Laufbahn fallen mit den regen
Dada-Aktivitäten in Zürich zusammen. Ihren ersten öffentlichen Dada-Auftritt hat sie 1917 anlässlich der
Eröffnung der Galerie Dada, wo sie mit einer Maske von Marcel Janco zu Versen von Hugo Ball tanzt. 1918
unterzeichnet sie gemeinsam mit Hans Arp und anderen Kulturschaffenden das «Dadaistische Manifest».
Taeubers Auseinandersetzung mit abstrakten, geometrischen Formen für Textilentwürfe bilden die Grundlage
für weiterführende Arbeiten. Im Rahmen einer Ausstellung des Schweizerischen Werkbundes erhält sie den
Auftrag, das Stück «König Hirsch» von Carlo Gozzi zu inszenieren und auszustatten. Acht von insgesamt 18
hierfür geschaffenen Marionetten sind nun in der Ausstellung «DADA anders» zu sehen.
Nach ihrer Heirat 1922 reisen Sophie Taeuber und Hans Arp gemeinsam mit Kurt Schwitters und Hannah
Höch auf die Insel Rügen, später nach Pompeji, Florenz und Rom. 1926 übernimmt Taeuber-Arp zusammen
mit ihrem Mann und Theo van Doesburg die Innenausstattung der «Aubette», eines Strassburger
Vergnügungszentrums mit Bar, Kino, Theater und Restaurant. Ab 1928 widmet sie sich der Planung ihres
Atelierhauses in Meudon bei Paris, wo sie gemeinsam mit Arp lebt, bis sie 1940 vor den deutschen
Besatzungstruppen in das französische Grasse fliehen müssen. Sie stirbt 1943 in Zürich infolge einer
Kohlenmonoxidvergiftung im Haus von Max Bill.
HANNAH HÖCH
Hannah Höch (1889 geb. in Gotha, 1978 gest. in West-Berlin) beginnt 1912 ein Studium an der
Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Berlin, wo sie das Entwerfen und Zeichnen von Ornamenten,
Urkunden und Schmuckblättern erlernt. 1915 geht sie eine sieben Jahre währende Beziehung mit Raoul
Hausmann ein und wird durch ihn in die Kreise der künstlerischen Avantgarde Berlins eingeführt. Von 1916
bis 1926 entwirft sie Stick-, Häkel- und Strickmuster für Zeitschriften des Ullstein Verlags, für die sie auch
Texte verfasst. 1918 findet sie zusammen mit Hausmann zur Fotomontage, die stilbildend für ihr späteres
Werk wird. Über Hausmann lernt sie George Grosz, John Heartfield, Wieland Herzfelde, Johannes Baader
und Richard Huelsenbeck kennen, die sich in Berlin zum «Club Dada» zusammenschliessen – mit Hannah
Höch als einziger Frau. Höhepunkt dieser Zeit ist die Erste Internationale Dada-Messe von 1920, auf der
Höch mit Fotomontagen und selbst genähten Dada-Stoffpuppen vertreten ist. Noch im selben Jahr tritt sie
der politisch links stehenden Novembergruppe bei.
Hannah Höchs vielfältiges Œuvre reicht von Collagen und plastischen Arbeiten über Entwürfe für Textilien,
Dada-Puppen und Bühnenbilder bis hin zu grossformatigen Gemälden. Ihre politisch konnotierten und
gesellschaftskritischen Werke thematisieren oftmals ein neues Frauenbild.
ELSA VON FREYTAG-LORINGHOVEN
Elsa von Freytag-Loringhoven (1874 geb. als Elsa Hildegard Plötz in Swinemünde, 1927 gest. in Paris) gilt
heute als erste amerikanische Dada-Künstlerin und Pionierin der Performancekunst. Als 20-Jährige nimmt sie
Schauspielunterricht in Berlin und feiert erste öffentliche Auftritte. Sie knüpft Kontakte zur Berliner
Künstlerszene und steht dem Jugendstilkünstler Melchior Lechter Modell. 1901 heiratet sie den Architekten
August Endell. Im Jahr darauf reist sie nach München, wo sie Zugang zum Kreis der «Kosmiker» findet.
Fasziniert vom dionysischen Prinzip wird sie schnell zur Muse der spirituellen Gruppe, mit der sie Ekstase und
Rausch zelebriert.
Ab 1907 lebt sie in zweiter Ehe mit dem Schriftsteller Felix Paul Greve und übersiedelt 1910 nach Kentucky,
wo sich das Paar kurz darauf trennt. In dieser Zeit beginnt sie zu schreiben, zieht 1913 nach New York und
heiratet dort Baron Leopold von Freytag-Loringhoven. Auf dem Weg zum Standesamt entdeckt sie auf der
Strasse einen eisernen Ring – ein gefundenes Objekt, das sie zu dem Kunstwerk «Enduring Ornament»
erklärt. Aus heutiger Sicht eines der ersten Readymades schlechthin, ist es nun erstmalig in der Schweiz zu
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sehen. Ab 1914 beginnt Freytag-Loringhovens produktivste künstlerische Phase im Umfeld der New Yorker
Kunstszene. Hier entfaltet sie sich als radikale Dichterin, Malerin und vor allem als Performancekünstlerin.
Während sie tagsüber als Aktmodell ihr Geld verdient, geht sie nachts ihren eigenen künstlerischen Arbeiten
nach. Durchdrungen von dadaistischen Ideen ist ihre Bühne die Strasse, ihre Ausdrucksform das Happening
als Anti-Kunst und Demontage bürgerlicher Konventionen. Die Baroness trug Esslöffel als Ohrringe,
Briefmarken als Wangenrouge und Rücklichter an den Gesässpolstern. Als Aktmodell inszenierte sie sich
unbekleidet bis auf einen selbst gemachten Büstenhalter aus zwei kleinen, von einem grünen Band
zusammen gehaltenen Tomatendosen, zwischen denen ein Kanarienvogel in einem winzigen Käfig baumelte.
Eine Vielzahl ihrer Werke ist nicht mehr erhalten und auch ihre Performances sind nur durch wenige
Fotografien dokumentiert. Zudem wurde die Urheberschaft von «God» (1917), ein Objekt aus zwei
gusseisernen, ineinander verschränkten Abflussrohren, lange Zeit alleine dem Maler Morton Schamberg
zugeschrieben, obschon es sich dabei um eine Zusammenarbeit der beiden Künstler handelt. In diesem
Zusammenhang muss auch die Diskussion um die Zuschreibung einer der bekanntesten Ikonen der
Kunstgeschichte «Fountain» (1917) erwähnt werden. Denn jüngste Forschungen legen nahe, dass auch die
Idee für das mit R. Mutt signierte, auf dem Kopf stehende Pissoir nicht auf Marcel Duchamp, sondern auf Elsa
von Freytag-Loringhoven zurückgeht. Noch ist die Autorenfrage nicht abschliessend geklärt. Unbestritten ist
jedoch, dass die Dada-Baroness mit ihren frühen Readymades, provokativen Auftritten, dem Spiel mit
Geschlechterrollen und ihren visuellen Gedichten, die sie ab 1918 in der Zeitschrift «Little Review»
veröffentlicht, eine Pionierin ihrer Zeit ist und bis heute zahlreiche Künstler inspiriert. Elsa von FreytagLoringhoven verlässt Amerika 1923, kehrt nach Deutschland zurück und stirbt 1927 mittellos in Paris.
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Ulla von Brandenburg: Manchmal Ja, manchmal Nein
Kulisy 2010, Ausstellungsansicht Kunstverein Hannover 2012, Courtesy die Künstlerin und Art:Concept, Pilar
Corrias, Produzentengalerie Hamburg, Foto: Raimund Zakowski
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Shadowplay, 2012, Filmstill, Courtesy die Künstlerin und Art:Concept, Paris; Pilar Corrias, London; Produzentengalerie
Hamburg, Foto: Laurent Montaron
Ulla von Brandenburg – Manchmal Ja, manchmal Nein
kuratiert von Sabine Schaschl
Als erste Schweizer Institution präsentiert das Museum Haus Konstruktiv eine Einzelausstellung der
1974 in Karlsruhe geborenen und in Paris lebenden Künstlerin Ulla von Brandenburg. Ihr komplexes
und sinnliches Œuvre weist spezifisch ausgewählte kulturhistorische Referenzen in grosser medialer
Bandbreite auf. In ihren Schwarz-Weiss-Filmen, Installationen, Performances, Wandmalereien und
Zeichnungen nutzt sie ein Vokabular, das dem Theater entlehnt ist. Ihre Werke verzahnen Realität und
Fiktion, Zuschauer- und Bühnenraum miteinander. Charakteristisch sind der Einsatz von Schatten und
Spiegeln – Sinnbildern der Erkenntnis – sowie assoziativ entstandene, surreal anmutende Texte, die,
gepaart mit den von ihnen unabhängig entstandenen Bildern, neue Sinnzusammenhänge schaffen.
Mit dem Titel «Manchmal Ja, manchmal Nein» bezieht sich Ulla von Brandenburg auf Anton Tschechows
Komödie «Platonow» (1880), deren Titelfigur, ein Lehrer, die Ideen- und Prinzipienlosigkeit der Gesellschaft,
in der er sich selbst gefangen fühlt, zur Sprache bringt.
Gesellschaftskritik und der Wunsch, das Leben zu verändern, bilden auch das Movens vieler
Kunstbewegungen der Moderne. Ulla von Brandenburg schlägt eine Brücke zu Tschechows Rückführung
des Weltgeschehens auf die Prinzipien Ablehnung und Akzeptanz – also «manchmal Ja, manchmal Nein».
Eine für das Museum Haus Konstruktiv geschaffene Installation aus verschiedenfarbigen Vorhängen bildet
den Auftakt zur Ausstellung. Wie im Theater markieren Vorhänge über einem Bretterboden einen Übergang
zwischen realer Welt und Bühne, wo Spiel und Fiktion vorherrschen und Menschen zu Akteuren werden.
Einzelne Objekte im Raum können sowohl als Requisiten, wie auch als Gestaltungselemente einer den Raum
füllenden Malerei gelesen werden, deren Schattenwürfe eine verlässliche Differenzierung von Wirklichkeit
und Schein erschweren.
Auch die Filme der Künstlerin werden ortsspezifisch, das heisst auf die Gegebenheiten der Architektur
bezugnehmend, als Rauminstallation präsentiert. Sie greifen vielfach soziokulturelle Themen aus
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unterschiedlichen Epochen auf und zeigen fragmentarisch Rituale und Symbole, die in die Gegenwart
überliefert wurden. Ulla von Brandenburgs Filme sind ausschliesslich in Schwarz-Weiss gedreht und
entziehen sich bewusst einer unmittelbaren zeitlichen Zuordnung. Für die meist gesungenen Filmtexte
verwendet die Künstlerin die von den Surrealisten angewandte Methode der «écriture automatique», die
André Breton als «Denk-Diktat ohne jede Kontrolle der Vernunft» beschrieben hat. In «Shadowplay» (2012)
ist ein Schattenspiel in Lebensgrösse zu sehen, mit Schauspielern, die – wie im realen Leben – vor der
Aufführung ihre Kostüme anlegen und Perücken aufsetzen. Sie hängen ihre Kleider auf Bügel, die an
Schnüren nach oben gezogen werden, und spielen mit Scherenschnitt-Figuren ihrer selbst. Sie beklagen
sich über ihr Leben als Schauspieler – mit Sätzen wie «Verbeugen bis zum Knie. Ich mocht’ es nie» oder
«Diese Rolle bis zum Ende». In ihren Anspielungen verschwimmen Rolle und reale Person, womit sich die
Illusion selbst entlarvt – als gleichzeitiges Ja und Nein einer real-fiktiven Existenz.
In den jüngsten Werken arrangiert Ulla von Brandenburg Gegenstände wie Traumfänger, Bänder, Ruten und
Seile mit Leinwandbildern. Die zuvor gefalteten und mit lichtempfindlichen Substanzen behandelten Stoffe
bilden nur mehr die Schatten eingeschriebener Faltenwürfe ab und wirken wie illusionistische Draperien. Sie
scheinen Öffnungen zu bedecken – verborgene Portale, mit denen uns die Künstlerin in eine surreale Welt
lockt.
René Zechlin beschreibt Ulla von Brandenburgs Installationen als «Allegorien über das Theater als Sinnbild
des Lebens und über den vielschichtigen Zusammenhang von Theater und Realität, Illusion und Reflexion.
Sie lässt uns hinter die Bühne des Lebens blicken, ohne die Faszination des eigenen Spiels zu zerstören. Mit
jedem Bild, das von Brandenburg als Illusion, als Schatten oder Spiegelbild entlarvt, entsteht ein ebenso
vielschichtiges Neues».
Die Einzelschau der Künstlerin, die parallel zur Ausstellung von Sadie Murdoch und zur historisch angelegten
Präsentation «DADA anders» stattfindet, erstreckt sich über zwei Stockwerke und zeigt neben Arbeiten der
letzten Jahre auch speziell für die Ausstellung realisierte Inszenierungen.
Im Rahmen der Ausstellung erscheint eine Publikation in Kooperation mit dem ACCA, Melbourne, La
Fonderie Darling, Montréal, und The Power Plant in Toronto, wo die Künstlerin 2016 jeweils eine
Einzelausstellung mit unterschiedlichen Werken präsentiert.
Ulla von Brandenburg kann auf zahlreiche Einzelausstellungen verweisen, u.a.: «Sink Down Mountain, Rise Up
Valley», The Common Guild, Glasgow (2016); «Wagon Wheel», Contemporary Art Museum St. Louis (2015);
«Inside is not Outside», Kunstverein Hannover (2014) und Secession Wien (2013); «Das Versteck des W.L.»,
Kunsthalle Hamburg (2013); Chisenhale Gallery, London (2009); Irish Museum of Modern Art, Dublin
(2008), CCA Wattis Institute for Contemporary Art, San Francisco (2008). Bedeutende
Ausstellungsbeteiligungen hatte sie u.a. in folgenden Einrichtungen: Fondation Louis Vuitton, Paris (2015);
MAMCO, Genf (2015); Centre Pompidou, Paris (2015); CAC Vilnius (2014);
19. Biennale von Sydney (2014); WIELS Contemporary Art Centre, Brüssel (2013); 11. Lyon Biennale
(2011); Schirn Kunsthalle, Frankfurt (2011); 53. Venedig Biennale (2009); Yokohama Triennale (2008); Tate
Modern (2007).
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Sadie Murdoch: Sss-Mm
Immprrecision Optic, 2015, Courtesy die Künstlerin und Roberto Polo Gallery, Brüssel
Dada Kopf, 2015, Courtesy die Künstlerin und Roberto Polo Gallery, Brüssel
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Sadie Murdoch – Sss—Mm
kuratiert von Sabine Schaschl
Mit der Ausstellung Sss—Mm präsentiert das Museum Haus Konstruktiv erstmals Arbeiten der Britin
Sadie Murdoch in der Schweiz. Murdoch (geb. 1965) ist Dozentin am Goldsmiths College in London
und befasst sich in ihrem Werk mit Genderfragen und weiblichen Protagonistinnen in der Kunst der
Moderne. Dabei richtet sie ihre Aufmerksamkeit vor allem auf verschiedene Formen von
Repräsentation, etwa auf fotografisches Archivmaterial, das sie mit ihrem feministischen Blick
decodiert und neu zusammensetzt. Der dadaistisch anmutende Ausstellungstitel ist eine BuchstabenAssemblage aus den Initialen der Künstlerin.
Für ihre Farbfotografien schlüpft Sadie Murdoch in die Rolle verschiedener, auf historischen Fotografien
festgehaltener Personen. Bei diesem Prozess des Reenactment, der Neuinszenierung von Schwarz-WeissAufnahmen in Farbe, für den die Künstlerin ihre Haut in den entsprechenden Grauwerten einfärbt, stellt sie
die Situationen nicht bloss nach, sondern fügt minimale Abweichungen und Manipulationen ein, sodass
Realität und Fiktion, Malerei und Fotografie miteinander verschmelzen. Anhand dieser Auseinandersetzung
mit Archivmaterial untersucht Murdoch, wie die Rezeption der Moderne konstruiert wird.
Für ihre Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv hat die Künstlerin Collagen geschaffen, in denen sie auf
Fotos der von Marcel Duchamp und Man Ray entwickelten «Rotoreliefs» (1926) und der von Sophie
Taeuber-Arp gestalteten «Bar Aubette» (1927/1928) zurückgreift. Dabei kombiniert sie Fragmente von
Aufnahmen ihres eigenen Körpers mit fragmentarischen Aufnahmen der historischen Figuren Elsa von
Freytag-Loringhoven und Josephine Baker. Auch die australische Feministin Germaine Greer ist in diesen
Collagen präsent. Murdochs künstlerischer Aneignungsprozess ist eine buchstäblich körperliche
Inbesitznahme der historischen Werke. Die gedruckten und in ihrer Grösse adaptierten Reproduktionen der
Vorbilder werden dabei so beschnitten, dass die abgelichteten Körperteile der Künstlerin eine
kompositorische Verbindung mit der jeweiligen Archivaufnahme eingehen. Dadurch entsteht eine Synthese
aus historischer Fotografie und aktueller Inbesitznahme. Murdoch spricht von einem «inhabiting», einem
«Bewohnen» des Archivs. Ihre Fotoserien umkreisen Themen der Selbstinszenierung im Spannungsfeld von
Sein und Schein, Realität und Fiktion, Fakt und Mythos.
Sadie Murdochs Collagen stehen im Dialog mit den Werken aus der historischen Gruppenausstellung
«DADA anders», die zeitgleich im Museum Haus Konstruktiv zu sehen ist.
Anlässlich der Ausstellung erscheint ein Künstlerbuch bei Artphilein Editions.
Sadie Murdoch kann auf diverse Forschungsstipendien und Auszeichnungen verweisen. So gehört sie zu den
Preisträgerinnen der Grants for the Arts, Arts Council England (2004), und der Awards to Individual Artists,
London Arts Board (2003). 2002 erhielt sie das Abbey Scholarship der British School at Rome und 1993
ein Promotionsstipendium an der Leeds Metropolitan University.
Ihr Werk wurde in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, beispielsweise in der Roberto
Polo Gallery, Brüssel (2015), The Apartment, Athen (2011), The Agency, London (2009), beim Athens Photo
Festival (2011), im Musée d’art contemporain de Montréal (2010), im New Museum, New York (2009), auf
der Incheon International Women’s Biennale (2007), im Henry Moore Institute, Leeds (2007), im Whitney
Museum of American Art, New York (2004) und in der Whitechapel Gallery, London (1990).
Unterstützt von:
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Workshops für Schulklassen
Workshop I - Dei DADA-Welt als Collage
Happy Birthday DADA.
Zum 100-Jahr-Jubiläum von DADA zeigen wir die historisch wichtigen Frauenpositionen Sophie Taeuber-Arp,
Hannah Höch und Baronessa Elsa von Freytag-Loringhoven. Die Ausstellung gewährt einen Einblick in das
künstlerische Schaffen der drei Pionierinnen und in die DADA-Bewegung, die bis heute grosse Wellen
schlägt und zentral für die Entwicklung der Kunst des 20. Jahrhunderts war. Die ausgestellten Werke reichen
von experimentellen Filmen, farbenprächtigen Ölmalereien über Readymades und Marionetten bis hin zu
detaillierten Papiercollagen, die mit ihren Ausdrucksformen die damalige Kunstwelt revolutionierten.
Ein kunterbunter Strauss, den wir gemeinsam entdecken, untersuchen und als Inspiration ins Kunstatelier
mitnehmen. Dort erstellen wir mit der Technik der Collage eigene fantasievolle Bilder. Im kreativen Prozess
wird zudem der Zufall als wichtiges Gestaltungselement miteinbezogen. Ganz im Sinne von DADA
vermischen sich Spiel und Ernst sowie Bild und Text zu einem eigenen Kunstwerk.
Workshop II - Vorhang auf! Papierfiguren werden zum Leben erweckt
Die 42-jährige deutsche Künstlerin Ulla von Brandenburg hat sich für ihre Kunstwerke vom Vokabular des
Theaters inspirieren lassen. In ihren Werken vermischen sich Realität und Fiktion sowie Zuschauer- und
Bühnenraum. Wir tauchen ein in ihre Welt und verlieren uns in einem Labyrinth von Bühnenvorhängen,
entdecken bewegte Schattenwelten und Bilder, die unsere Sinne täuschen. In Kombination zu Ulla von
Brandenburg's Illusionswelt untersuchen wir einzelne Kunstwerke aus der parallellaufenden Ausstellung
«DADA anders».
Im Anschluss erstellen wir im Kunstatelier eigene überraschende Kunstwerke, die Zeichnung und Leporello in
einer dreidimensionalen Figur zusammenbringen. Um unsere Werke fertigzustellen, lassen wir uns auf die
kreative Unterstützung der anderen MitschülerInnen ein. Die Arbeiten entstehen in direkter Anlehnung an die
kennengelernten Künstlerinnen und Kunstwerke, die ebenfalls mehrere Erscheinungsformen in sich tragen
und teils in Kollaborationen entstanden sind.
Anmeldung und Kosten:
Termine: Workshop nach Vereinbarung, von Dienstag bis Freitag zwischen 9.30 und 17.00 Uhr
Dauer: ca. 2 Stunden
Leitung: Ladina Gerber
Kosten:
Kindergarten und Volksschule aus der Stadt Zürich: kostenlos bei Besuch während der Öffnungszeiten
(11.00–17.00 Uhr) und CHF 50.– bei Besuch ausserhalb der Öffnungszeiten (9.30–11.00 Uhr).
Alle anderen Schulen aus dem Kanton Zürich: CHF 150.–
Gegebenenfalls wird ein Materialgeld von max. CHF 5.- pro Schüler erhoben (auch für Schulklassen der
Stadt Zürich)
Anmeldung: 044 217 70 97 oder [email protected]
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Themen und Anregungen für den Schulunterricht (BG)
Zur Ausstellung: DADA anders
Themen:
Vermischung von Kunst und Alltag / Dada eine Bewegung – eine Revolution in der Kunst /
Readymades / Performances / Martionetten
Unterrichtsgestaltung I - MARIONETTE
Stufe:
Material:
Mittelstufe / Oberstufe
verschiedenes einfaches Material (Holt, Dosen, Karton etc.), Schere, Schnur, Tubenfarbe,
Pinsel
Aufgabe:
Aus verschiedenem Material wird eine eigene Marionette zusammengestellt (die Marionette
muss nicht menschlich aussehen, sondern kann auch einem Roboter, einem Tier etc. ähneln).
Die einzelnen Teile werden zuerst auf dem Tisch ausgebreitet und dann mit einer
selbstgesetzten Regel bemalen (z.B. nur warme Farben). Anschliessend werden sie mit der
Schnur oder Draht miteinander verbunden. Wichtig ist, dass die Extremitäten aus
verschiedenen Gliedern bestehen, damit eine differenziertere Bewegung erzeugt werden
kann.
Zum Schluss wird an die Fuss- und Handteile sowie den Kopf eine Schnur befestigt. Am
anderen Ende der Schnur wird eine Schlaufe erstellt, in welche die Finger gesteckt werden
können und somit die Marionette in Bewegung gebracht wird.
Zusatz: Zu den Marionetten lässt sich in Gruppen ein kurzes Theaterstück erfinden.
Unterrichtsgestaltung II - SCHATTENSPIEL
Stufe:
Kindergarten / Unterstufe / Mittelstufe / Oberstufe
Material:
Leintuch oder weisses Papiertischtuch, starke Lichtquelle (Baustellenleuchte), dickes Papier
oder dünner Karton, Holzstecken (Grillspiessli), Schere, Klebeband
Aufgabe:
Aus dickem Papier oder dünnem Karton wird eine eigene Figur ausgeschnitten. Die Arme
werden separat gezeichnet und ebenfalls ausgeschnitten. Mit Flachklopfklammern werden die
Arme durch 2 Löcher an der Figur befestigt. In kleineren Gruppen wird eine Kurzgeschichte
mit den Figuren ausgedacht, welche anschliessend als Schattentheater den restlichen SuS
vorgeführt wird. Dabei lassen sich zudem Musik, Geräusche etc. einbringen.
Weitere Ideen zu Dada auch bei SRF my SCHOOL
http://www.srf.ch/sendungen/myschool/themen-4#search-results
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